TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/16 96/06/0230

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Veröffentlicht am 16.10.1997
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Index

L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;
L81705 Baulärm Salzburg;
L82005 Bauordnung Salzburg;

Norm

BauPolG Slbg 1973 §9 Abs2;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs6;
GdO Slbg 1994 §80 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde B, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, Kajetanerplatz/Schanzlgasse 8, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. September 1996, Zl. 1/02-34.632/7-1996, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 18. Oktober 1993 (eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 8. November 1993) beantragte der Mitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für eine Geländeaufschüttung und die Errichtung einer Stützmauer auf dem Grundstück Nr. 864/2, KG Bergheim I. Nach einer mündlichen Verhandlung am 8. November 1996, in der der Bausachverständige u. a. feststellte, die Stützwand bzw. Böschung vom Parkplatz zur Grundgrenze sei dahingehend zu korrigieren, daß sie dem Böschungswinkel von 45 Grad oder weniger entsprächen, wurden vom Mitbeteiligten korrigierte Einreichpläne (vom 14. März 1994) vorgelegt. In der Darstellung des Grundrisses des Vorhabens in diesem Einreichplan ist zu der in diesem aufgezeigten Böschung zur Grundgrenze zum Grundstück Nr. 861/13 hin angemerkt "Böschungswinkel an der Grundgrenze 45 Grad vom nat. Gel. weg". Der im Einreichplan dargestellte Schnitt enthält zur Neigung der Böschung zu dem genannten Nachbargrundstück keine Hinweise. Die im Plan enthaltene Südansicht betreffend die Errichtung einer Böschungsmauer zur Herstellung eines PKW-Abstellplatzes enthält in Bezug auf den Winkel der in Frage stehenden Böschung eine Korrektur auf 45 Grad. In der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 1994 ist dazu festgestellt, daß die Stützwand bzw. Böschung vom Parkplatz zur Grundgrenze planlich "in etwa unter 50 Grad korrigiert" worden sei (nachgemessen ergibt die Korrektur einen Winkel von 45 Grad), jedoch textlich eindeutig mit 45 Grad vom natürlichen Gelände weg auf dem Einreichplan beschrieben sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 21. Juli 1994 wurde die baubehördliche Genehmigung "zur Errichtung einer Böschungsmauer zur Herstellung eines PKW-Abstellplatzes auf Parz. 864/2, KG Bergheim I, nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen von ..., soweit diese nicht durch die unter Spruchteil II angeführten Auflagen als geändert anzusehen sind", erteilt. In Spruchpunkt II ist unter Punkt 1. folgende Auflage in bautechnischer Hinsicht vorgeschrieben:

"Das Urgelände an der Nachbargrenze, das im Einreichplan eingetragen wurde, darf im unmittelbaren Grenzverlaufsbereich nicht verändert werden. Auf Höhe dieses bestehenden Geländes ist auf eigenem Grund ein Gerinne aus Betonsteinen mit einer ca. Breite von 20 cm vorzusehen. Ab der Rinnenkante ist der Böschungwinkel 45 Grad einzuhalten. Der im Plan dargestellte Höhenverlauf stimmt nicht mit der zu errichtenden Korbsteinwand überein. Es ist von jedem beliebigen Punkt des Geländes die Höhe der Geländeveränderung gleich dem Abstand vom obersten Böschungspunkt zum Fußpunkt an der Gerinnenkante."

Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid im Hinblick auf den Böschungswinkel von 45 Grad zur Grenze zum Grundstück Nr. 861/13 hin Berufung. Es seien keine erheblich nachteiligen Wirkungen für das benachbarte Grundstück zu erwarten, die eine Änderung des bereits errichteten Neigungswinkels von ca. 60 auf 45 Grad rechtfertigen würden. Unter Punkt 5. dieser Berufung erklärte sich der Mitbeteiligte bereit, die Mauerkrone im oberen Bereich um ca. 1 m zurückzuversetzen, um die Böschung im oberen Bereich entsprechend flacher auszurichten.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 4. Oktober 1994 wurde die Berufung des Mitbeteiligten abgewiesen, da der Mitbeteiligte dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestimmt habe. Es seien somit die Präklusionsfolgen entsprechend § 42 AVG eingetreten. Abgesehen davon wurde festgestellt, daß der bemängelte Böschungswinkel von 45 Grad bereits in der ursprünglichen Baugenehmigung zur Errichtung des Wohnhauses am 21. Februar 1980 festgesetzt worden sei.

Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Februar 1995 der Berufungsbescheid vom 4. Oktober 1994 behoben und zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde zurückverwiesen. Die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG kämen grundsätzlich nur für die Antragsgegner, nicht für den Antragswerber in Betracht bzw. schließe die Zustimmung zum Verhandlungsergebnis die Bekämpfung einer Auflage aus rechtlichen Gründen nicht aus.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. Oktober 1995 wurde nach kurzer Darstellung des eingeholten Gutachtens des Dipl. Ing. W.W. vom 24. Juli 1995 sowie der dazu erfolgten Stellungnahme des Mitbeteiligten dazu die Berufung des Mitbeteiligten neuerlich als unbegründet abgewiesen. In dieser Entscheidung wird insbesondere darauf verwiesen, daß das Einreichprojekt selbst einen Böschungswinkel von 45 Grad beinhalte. Im Grundrißplan des Einreichprojektes vom 14. März 1994 werde der Böschungswinkel zur nachbarlichen Grundgrenze textlich mit 45 Grad angegeben. Da das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstelle, sei es der Baubehörde sogar verwehrt gewesen, über Böschungsmauern mit anderen Böschungswinkeln zu entscheiden.

Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufungsbescheid vom 20. Oktober 1995 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der Gemeinde Bergheim zurückverwiesen. Die Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, wobei der Bauwille des Antragwerbers maßgeblich sei. Sache im Sinne der Verwaltungsvorschriften sei nicht (nur) das konkrete, der Baubehörde erster Instanz vorliegende Bauvorhaben, sondern der Wille des Bauwerbers, eine mehr oder weniger bestimmte Bausubstanz bzw. eine bestimmte Art von Bau zu errichten. Sowohl die Baubehörde erster Instanz als auch die zweiter Instanz habe es offensichtlich unterlassen festzustellen, in welcher Form der Mitbeteiligte die Stützmauer errichten wolle, konkret in welchem Winkel die Stützmauer zur Ausgestaltung kommen solle. Es hätten bereits bei Antragstellung und Beibringung der gesetzlich erforderlichen Unterlagen gemäß § 4 Sbg. Baupolizeigesetz die widersprüchlichen Angaben hinsichtlich des Neigungswinkels einerseits bzw. der Tatsache der bereits tatsächlichen Ausführung der Stützmauer mit 60 Grad von der Baubehörde geklärt werden müssen. Das neuerliche Vorstellungsvorbringen des Mitbeteiligten richte sich gegen die Vorschreibung der Einhaltung eines Böschungswinkels von 45 Grad und es werde zum Ausdruck gebracht, daß es Wille des Mitbeteiligten gewesen sei, die derzeitige Ausgestaltung der Mauer bestehen zu lassen. Von der Berufungsbehörde sei nochmals ein Gutachten zu der Vorschreibung eines Böschungswinkels von 45 Grad eingeholt worden, um als Grundlage einer Beurteilung im Sinne des § 57 BauTG herangezogen zu werden. Es sei weder durch das Gutachten noch durch die Begründung des Berufungsbescheides erkennbar und nachvollziehbar, warum gerade bei der Einhaltung eines Winkels von 45 Grad - und nicht etwa bei 60 Grad - keine erhebliche nachteilige Wirkung für das benachbarte Grundstück bewirkt werde. Der im Gutachten herangezogene mögliche Nachteil einer Belastung des Fremdgrundstückes durch Oberflächenwässer sei kein Grund, da diese nachteilige Wirkung nicht durch das Bauvorhaben "Stützmauer" verursacht werde oder werden könne, sondern durch eine nicht ausreichende Oberflächenentwässerung der Parkflächen. Dies sei allenfalls Gegenstand eines wasserrechtlichen Verfahrens bzw. eines Verfahrens nach § 21 Abs. 3 Sbg. BauPolG. Zum anderen kenne weder das Baupolizeigesetz noch das Bautechnikgesetz ein Nachbarrecht auf Lichteinfall, sodaß auch diese gutachterliche Feststellung eines Nachteils ins Leere gehe. Unschlüssig sei auch die weitere Begründung, daß die vom Mitbeteiligten im Berufungsverfahren vorgeschlagene Abänderung der Versetzung der Mauerkrone um einen Meter als nicht mehr geringfügige Projektmodifikation angesehen worden sei, andererseits aber als projektändernde Auflage die Einhaltung eines Winkels von 45 Grad vorgeschrieben worden sei. Der Auffassung, es sei Antragswille gewesen, die Stützmauer in einem Böschungswinkel von 45 Grad zu errichten, könne nicht gefolgt werden. Die Baubehörden hätten abklären müssen, was Wille des Mitbeteiligten und damit Gegenstand des Bewilligungsverfahrens sei. Es ergebe sich aus dem allgemeinen Erfahrungsbereich, daß gerade bei einer bereits bestehenden baulichen Anlage die Intention und der Antragswille des Einschreiters auf die Erwirkung der (nachträglichen) Bewilligung des Bestandes gerichtet sei, sodaß für die belangte Behörde der Schluß zu ziehen sei, daß vom Mitbeteiligten bereits vom Beginn des Verfahrens an die Errichtung der Stützmauer über einen Winkel von 45 Grad gewollt und demgemäß die planliche Darstellung so erfolgt sei. Zudem sei im Spruch des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides vom 21. Juli 1994 die baubehördliche Genehmigung "nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen" erteilt und auf die angeführten - das Projekt ändernden - Auflagen verwiesen worden. Aufgrund der Rechtslage nach den Salzburger Bauvorschriften (§ 9 Abs. 2 Sbg. BauPolG) würden in der Literatur projektsändernde Auflagen als unzulässig angesehen. Entscheidend für die Erteilung einer Baubewilligung und deren Grundlage seien grundsätzlich die entsprechenden Einreichpläne. Gemäß § 9 Abs. 6 Sbg. BauPolG könnten Änderungen, die sich im Zuge der Verhandlung ergeben, in diesen (Unterlagen) vorgenommen werden. Bei der nachprüfenden Kontrolle durch die belangte Behörde sei es mangels entsprechender Vermerke in der Verhandlungsschrift bzw. in den Plänen selbst nicht nachvollziehbar, inwieweit und ob die Errichtung der Stützmauer in einem Böschungswinkel von 45 Grad als eine vom Bauwillen des Antragstellers umfaßte Änderung zu gelten habe bzw. ergebe sich aus dem Verwaltungsgeschehen vielmehr, daß dies eine behördliche Abänderung in Form einer Auflage darstelle. Es sei im gesamten Verfahren nicht ausreichend und schlüssig begründet worden, warum die bauliche Maßnahme nicht in der "bestehenden bzw. nur bei Einhaltung der Auflage bewilligungsfähig" sei und sei im fortgesetzten Verfahren eindeutig zu klären, was bzw. in welcher Form die verfahrensgegenständliche Stützmauer Bewilligungsgegenstand sei.

In der dagegen von der Gemeinde erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht auf Einhaltung der Prüfungsbefugnis durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 80 Abs. 4 Sbg. Gemeindeordnung 1994 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Auffassung, daß sie es unterlassen hätte, den Bauwillen des Mitbeteiligten klarzustellen. Aus der Bauverhandlungsschrift vom 1. Juli 1994 und aus der Einreichplanung der

B. Gesellschaft m.b.H. (vom 14. März 1994) ergebe sich unzweifelhaft, daß der Antragswille des Mitbeteiligten eindeutig klargestellt worden sei und zwar, daß die Böschungsmauer in einem Winkel von 45 Grad errichtet werden solle (auch das nachträgliche Baubewilligungsverfahren sei ein Projektgenehmigungsverfahren, in dem es nicht auf das tatsächlich ausgeführte, sondern auf das in den Plänen und Baubeschreibungen dargestellte Bauvorhaben ankomme).

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kommt es zwar auf den Inhalt des Projektes an, das Gegenstand des Bauansuchens ist und mit dem der Bauwille des Bauwerbers nach außen in Erscheinung tritt, wobei dabei die Einreichpläne von maßgeblicher Bedeutung sind. Es ist aber im Ergebnis zutreffend, daß das Bauansuchen in Bezug auf den fraglichen Böschungswinkel nicht klar und eindeutig war. Die Anmerkung zum Grundriß des Vorhabens, daß der Böschungswinkel an der fraglichen Grundgrenze 45 Grad vom natürlichen Gelände weg ausmache, gibt deshalb keine klare Aussage über den beantragten Böschungswinkel an der Grundgrenze, weil sich das natürliche Gelände, von dem dieser Winkel aus zu messen ist, im Bereich der Stützwand zur Grundgrenze zu dem Grundstück Nr. 861/13 hin nicht aus den Plänen ergibt. Was aber die in der Verhandlungsschrift erwähnte Korrektur des Planes in Bezug auf die Ansicht betrifft, ergibt sich nichts aus dem Akt, daß dahin gedeutet werden könnte, der Beschwerdeführer habe sein Projekt in diesem Sinne geändert. Aus dem Umstand, daß der Mitbeteiligte dem Verhandlungsergebnis zugestimmt hat, kann nicht zwingend eine solche Projektänderung abgeleitet werden.

Die belangte Behörde hat aber auch zutreffend die Auffassung vertreten, daß aufgrund des vorliegenden Gutachtens des Dipl. Ing. W.W. vom 24. Juli 1995 und aufgrund der Begründung des Berufungsbescheides nicht nachvollziehbar ist, warum gerade bei der Einhaltung eines Neigungswinkels von 45 Grad und nicht etwa bei einem größeren Winkel keine erhebliche nachteilige Auswirkung für das benachbarte Grundstück im Sinne des § 57 Sbg BauTG bewirkt wird.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Berufungsbescheid vom 20. Oktober 1995 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde zurückverwiesen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996060230.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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