TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/4 L515 1245751-2

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Veröffentlicht am 04.02.2020
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Entscheidungsdatum

04.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §88
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 1245751-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 88 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ein armenischer Staatsangehöriger, welcher derzeit über ein befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt (Rot-Weiss-Rot-Karte plus bis zum 04.03.2019), stellte am 20.10.2017 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses. Verwendet wurde hierfür das entsprechende Formular und wurde hierbei die Rubrik für die beantragte Ausstellung eines Fremdenpasses für ausländische Staatsangehörige, die die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ erfüllen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument zu beschaffen gemäß § 88 Abs. 1 Z. 3 FPG markiert. In der Rubrik „Ergänzende Angaben – Fremdenpässe im Interesse der Republik Österreich“ findet sich der handschriftliche Zusatz „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus, gültig bis 04.03.2016. Die bP legte eine Stellungnahme bei, in der sie ausführte, dass sie bei der armenischen Botschaft versucht habe, einen armenischen Reisepass zu erlangen, dies aber nicht möglich gewesen sei, da dafür ein Militärdienstnachweis bzw. eine Heeresdienstbefreiung Armeniens notwendig und ausschlaggebend sei. Da die bP seit 2003 ohne Unterbrechung in Österreich lebe, hätte sie einen derartigen Militärdienst in Armenien nie leisten können. Es sei davon auszugehen, dass die strikte Forderung der Einhaltung des Militärdienstes mit der politisch-militärischen Situation Armeniens mit Aserbaidschan zusammenhänge, da sich diese Länder seit 20 Jahren im Dauerkriegszustand befänden und im Falle eines großen Krieges eine höchstmögliche Zahl an Soldaten und Kriegskräften einberufen werden soll. Das Schreiben der armenischen Botschaft mit den Voraussetzungen zur Erlangung eines armenischen Reisepasses wurde beigelegt. Nicht bekannt gegeben wurde, zu welchem Zwecke sie den Fremdenpass benötige und warum eine Passausstellung im Interesse der Republik Österreich liege.

I.2. Das BFA als belangte Behörde („bB“) übermittelte daraufhin dem Beschwerdeführer ein als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichnetes Schriftstück vom 30.10.2017, in welchem die bP davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass die bB beabsichtige, den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs 1 Z. 3 FPG im Interesse der Republik Österreich abzuweisen mit dem Hinweis, dass die bP das Interesse der Republik Österreich nachweisen hätte müssen, dem jedoch in seiner bisherigen Stellungnahme nicht nachgekommen wäre. Die bB räumte der bP eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung für die Abgabe einer erneuten Stellungnahme zur beabsichtigten Abweisung des Antrags ein. Eine derartige Stellungnahme des bP langte bei der bB nicht ein. Der -nicht mit einer Vertretungsvollmacht ausgestattete- Arbeitgeber der bP brachte nach Ablauf der Stellungnahmefrist vor, dass die bP als Servicetechniker für den Raum Österreich und Deutschland tätig ist und ohne den Besitz eines Fremdenpasses in ihrer Reisetätigkeit, auch im Zusammenhang mit ihrem Beruf stark eingeschränkt ist.

I.3. Der Antrag auf Ausstellung des Fremdenpasses wurde in der Folge seitens der bB mit der Begründung abgewiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausstellung eines solchen Passes nicht vorliegen.

Die bP habe kein Interesse der Republik Österreich im Hinblick auf eine Ausstellung eines Fremdenpasses nachweisen können, weshalb der Antrag der bP gemäß § 88 Abs. 1 Z. 3 FPG mangels Erfüllung der Voraussetzungen abzuweisen war.

I.4. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 13.03.2018 fristgerecht Beschwerde, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.

Begründend führte die bP im Wesentlichen aus, das die gesamte Begründung der bP in sich widersprüchlich sei, da die bB in der rechtlichen Beurteilung ausführte, die bP sei irakischer Staatsbürger, während in der Beweiswürdigung davon ausgegangen wird, dass die bP seine Staatsangehörigkeit nicht belegen konnte und in den Feststellungen wiederum die armenische Staatsbürgerschaft angenommen wird. Die bB habe den Anforderungen der Begründung eines Bescheids nicht entsprochen, weshalb ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege.

Das öffentliche Interesse der Republik Österreich wurde damit begründet, dass der bP bereits ein Fremdenpass ausgestellt worden sei, zwischenzeitlich keine gravierenden Änderungen in Bezug auf die Person der bP eingetreten sind und die bP einen Reisepass für seine Anstellung als Servicetechniker benötige. Beantragt wird eine Entscheidung im Sinne der Beschwerdeschrift.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt)

Bei der beschwerdeführenden Partei handelt es sich um einen Staatsbürger der Republik Armenien. Die bP verfügte über einen am 19.09.2014 ausgestellten und am 15.09.2016 abgelaufenen Fremdenpass. Es besteht kein Hinweis, dass die bP staatenlos ist oder aus dem armenischen Staatsverband ausschied.

Die bP stammt aus einen Staat, welcher die Existenz seiner Bürger, sowie Personenstandsfälle dokumentiert und –falls ein armenischer Staatsbürger unter Bekanntgabe seiner wahren Identität bei den armenischen Behörden vorspricht- bescheinigt. Diese Möglichkeit steht auch der bP offen.

Am 02.03.2012 wurde der bP erstmals eine bis 02.03.2013 befristete „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ vom XXXX - ausgestellt, welche zuletzt bis 04.03.2019 verlängert wurde.

Im Interesse der Republik Österreich gelegene Umstände bezüglich der Ausstellung eines Fremdenpasses für den Beschwerdeführer liegen nicht vor.

Die bP ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2.       Beweiswürdigung

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum derzeit befristeten Aufenthaltsrecht der bP sind dem insoweit unstrittigen Akteninhalt zu entnehmen.

II.2.3. Als armenischer Staatsbürger erhält die bP im Falle einer Antragstellung grundsätzlich vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen einen armenischen Reisepass (vgl. Art. 4 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes).

II.2.4. Der Inhalt des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes wird für die bP als armenischer Staatsbürger und die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt vorausgesetzt und ergibt sich hieraus, dass die bP zweifelsfrei armenischer Staatsbürger ist. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Ausstellung eines Reisepasses an die Ableistung des Militärdienstes geknüpft wird und es sich beim Militärdienst um eine Verpflichtung handelt, welche ausschließlich männliche Staatsbürger trifft.

II.2.5. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass der objektive Aussagekern der von der belangten Behörde vorgenommenen freien Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen in sich schlüssig und stimmig ist.

Die Ausführungen der bB sind für sich im Rahmen de oa. Ausführungen als tragfähig anzusehen, weshalb sich das ho. Gericht diesen anschließt und –soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Gegenteiliges ergibt- im zitierten Umfang zu den Ausführungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhebt und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerte, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätte, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstattete, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

Sofern in der Beschwerde die Ansicht vertreten wird, dass allein die Tatsache, dass der bP bereits ein Fremdenpass ausgestellt wurde, zwischenzeitlich keine gravierenden Änderungen in Bezug auf die Person der bP eingetreten sind, indiziert, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses im öffentlichen Interesse liegt, irrt sie. Aus einer allenfalls bisher vorgenommenen Ausstellung eines Fremdenpasses kann kein Rechtsanspruch auf eine Stattgebung weiterer Anträge abgeleitet werden. Vielmehr ist aus Anlass eines jeden Antrags von neuem zu prüfen, ob die im Gesetz normierten Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses gegeben sind (VwGH 2011/21/0242, 19.03.2013).

3.       Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Mangels einer von oa. Bestimmung abweichenden Rechtsnorm liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.

II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

II.3.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.4. Weitere relevante Bestimmungen des FPG
„Ausstellung von Fremdenpässen

§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1.         Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2.         ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3.         ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4.         ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5.         ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status eines Subsidiär Schutzberechtigten zukomme und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen“

In § 88 Abs. 1 FPG sind 5 Tatbestände angeführt, bei deren Erfüllung die Ausstellung eines Fremdenpasses in Betracht kommt. In allen Fällen ist Voraussetzung, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 11. Mai 2009, Zlen. 2007/18/0659 bis 0661; ebenso Erk. d. VwGH vom 15.11.2011, 2009/21/0288).

Kein solches öffentliches Interesse liegt im Wunsch der bP, zukünftig bloß Reisen durchführen zu wollen, vor (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070), ebensowenig im Bestreben der Schaffung klarer passrechtlicher Verhältnisse oder zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft und für die Eheschließung (vgl. Erk. d. VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070). Ein öffentliches Interesse wird jedoch anzunehmen sein, wenn die Republik sich zur Ausstellung eines Reisedokuments gemeinschaftsrechtlich verpflichtet hat oder wenn Geschäfts- oder Dienstreisen unternommen werden müssen (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014, § 88 FPG Anm 1 mwN) ist die zweite Variante sichtlich auch im Rahmen der gebotenen restriktiven Auslegung dahingehend zu qualifizieren, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses nur dann vorliegen, wenn das Unterbleiben der Geschäfts- oder Dienstreise durch die konkrete Partei einen relevanten Schaden für die Republik herbeiführen würde.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder aus dem Vorbringen der bP (im Rahmen eines antragsbedürftigen Verfahrens ergibt sich der von der Behörde zu prüfende maßgebliche Sachverhalt gem. § 37 AVG aus der Begründung der Partei und hat sie darüber hinaus nicht in alle erdenklichen Richtungen zu ermitteln) noch aus den sonstigen bekannten Tatsachen, dass ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses vorliegt. Die Republik Österreich übernimmt durch die Ausstellung des Passes Verpflichtungen gegenüber den Gastländern, weshalb dem Gebot der restriktiven Auslegung der genannten Bestimmung bezüglich des öffentliche Interesses zu folgen ist.

Soweit die bP bzw. ihr Arbeitgeber vorbringen, dass sie als Servicetechniker arbeitet und zur Wahrnehmung von Aufträgen und Schulungen außerhalb Österreichs einen Reisepass benötige, ist anzumerken, dass es sich bei den Arbeiten der bP als Servicetechniker um vertretbare Leistungen handelt, die nicht zwingend von ihr persönlich ausgeführt werden müssen und liegt eine derartige persönliche Durchführung durch die bP im Interesse der Republik.

Ein öffentliches Interesse der Republik ist daher in diesem Fall nicht gegeben. Ebenso sei darauf hingewiesen, dass der bP der österreichische Arbeitsmarkt in jenen Sparten, in denen keine Auslandsreisen zu unternehmen sind, zur Gänze offen steht.

Soweit der Beschwerdeführer daher im gegenständlichen Verfahren einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stellt, ohne taugliche Nachweise darüber vorzulegen, dass die Ausstellung im öffentlichen Interesse der Republik Österreich steht -wie die bB richtig ausführte- ist diesbezüglich der Antrag der bP auf Ausstellung eines Fremdenpasses abzuweisen, auch wenn es der bP nicht möglich ist einen armenischen Reisepass zu erlangen, da diese Voraussetzung zusammen mit dem öffentlichen Interesse der Republik Österreich vorliegen muss.

Insgesamt gesehen kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 FPG nicht vorliegen.

Da bereits das Vorliegen des Interesses der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses verneint wurde, stellte sich die Frage, ob sich die bP ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen kann, nicht. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass diese Frage seitens des ho. Gerichts nicht zu verneinen ist, zumal keine Hinweise darauf bestehen, dass es der bP –wie jedem anderen männlichen armenischen Staatsbürger auch- nicht zumutbar wäre, den Wehr- oder Zivildienst abzuleisten oder bei der Härtekommission die Befreiung von der Wehrpflicht zu beantragen. Ein entsprechender, die bP betreffender qualifizierter Sachverhalt wurde seitens der bP nicht vorgetragen und ergab sich auch nicht im Rahmen der amtswegigen Ermittlungen. Ebenso wenig liegt es nicht im Interesse Österreichs, dass die bP ihren in ihrem Herkunftsstaat Armenien bestehenden, sich aus ihrer Staatsbürgerschaft ergebenden Verpflichtungen entzieht.

II.3.5. Eine Übersetzung der maßgeblichen Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses konnte aufgrund der Sprachkenntnisse der bP unterbleiben.

II.4. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts allgemein folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

-        Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-        Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-

-        In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

-        Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

B.) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen der Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, welcher keine andere als die hier gewählte Auslegung zulässt, abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen, soweit diese im gegenständlichen Verfahren noch anwendbar sind (z. B. in Bezug auf § 88 FPG die entsprechenden Bestimmungen der §§ 76 bzw. 55 FPG aF).

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fremdenpass öffentliche Interessen Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L515.1245751.2.00

Im RIS seit

30.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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