TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 L508 2228496-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

L508 2228496-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch Verein ZEIGE, Zentrum für Europäische Integration und Globalen Erfahrungsaustausch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2019, XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG, § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 3, § 15 b Abs. 1 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 Abs. 1 und 2 sowie § 55 Abs. 1 a FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan, der Volksgruppe der Punjabi zugehörig und sunnitischen Glaubens, reiste am 09.07.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte erstmals am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz (Aktenseite des ersten Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: EAS] 5, 27).

2. Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass ihn die schwierige Arbeitsmarktsituation in Pakistan gezwungen habe woanders hinzugehen (EAS 11). Eine Rückkehr würde für ihn den finanziellen Ruin bedeuten (EAS 13). Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt (nachfolgend: BAA) am 26.07.2012 (EAS 81 – 107) gab der Beschwerdeführer hingegen zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass sein Onkel mütterlicherseits vor fünf oder sechs Jahren zwei Männer umgebracht habe und dann nach Spanien geflüchtet sei. Die Angehörigen der Ermordeten hätten dann den Cousin des BF getötet. Zweimal sei er selbst von diesen Leuten angegriffen worden. Einmal hätten sie ihm mit einer Axt den Fuß gebrochen, das zweite Mal hätten sie ihm mit Messern in den linken Oberarm gestochen. Er hätte auch sehr viele Anzeigen erstattet, aber die Polizei habe immer verlangt, dass sein Onkel vorstellig gemacht werde. Einmal habe die Polizei die Mörder festgenommen, aber nach einer Woche seien diese wieder freigekommen. Dann sei er nach Lahore gekommen, aber auch dort hätten sie zwei- bis dreimal Männer zu ihm geschickt. Diese Leute hätten die Grundstücke seines Onkels besessen und dessen Restaurants schließen lassen. Sie hätten auch ihn umbringen wollen. Deshalb hätte er dann Pakistan verlassen. Eine Verfolgung seitens des Staates sowie aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit und Religion wurde dezidiert verneint.

3. Mit Bescheid des BAA vom 27.07.2012 (EAS 111 ff) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Im Wesentlichen wurde dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit versagt.

4. Die gegen den Bescheid vom 27.07.2012 erhobene Beschwerde (EAS 183 ff) wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.12.2012, Zl. E3 428.605-1/2012/4E, gemäß §§ 3, 8, und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis wurde - unter näher dargelegten Gründen - ausgeführt, warum das Vorbringen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen könne, warum kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei und warum die Ausweisung nach Pakistan zulässig sei. Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und im Rahmen einer Eventualbegründung wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde und er staatlichen Schutz in Anspruch nehmen könnte. Hinsichtlich der geltend gemachten wirtschaftlichen Probleme wurde begründet dargetan, dass diesen keine Asylrelevanz beizumessen sei.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 13.12.2012 in Rechtskraft.

5. Am 05.07.2014 stellte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer brachte ihm Rahmen der Erstbefragung vor, dass seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Neue Fluchtgründe hätte er nicht, aber die Lage habe sich verschlechtert. Man verfolge ihn sicher auch, weil sein Onkel gesucht werde. Sein Onkel habe ihm davon erzählt, dass sein Cousin von der Polizei wegen der Sache erschossen worden sei. Davon gebe es im Internet auch ein Video. Andere oder ganz neue Gründe könne er nicht vorbringen. Er könne keine neuen Bescheinigungsmittel einbringen.

6. Am 26.08.2015 wurde durch die Landespolizeidirektion Wien beim BF ein pakistanischer Reisepass sichergestellt.

7. Dieses zweite Verfahren des BF wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) mit Aktenvermerk vom 08.09.2015 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers weder bekannt, noch sonst leicht feststellbar war.

8. Am 03.07.2018 wurde der BF vom BFA bezüglich seines Aufenthaltes und zur Prüfung der Verhängung einer Schubhaft einvernommen.

9. Mit Bescheid des BFA vom 11.07.2018 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Des Weiteren wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid erwuchs mit 09.08.2018 in Rechtskraft.

10. Am 26.03.2019 stellte der BF seinen dritten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (Aktenseite des gegenständlichen Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: AS] 4).

Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung (AS 3 - 9) gab der BF zu Protokoll, dass er bereits im Jahr 2012 nach Österreich gekommen sei und damals seine Fluchtgründe bei seiner Erstbefragung angegeben habe. Es sei neu hinzugekommen, dass sein Bruder vor etwa einem Monat von seinen Verfolgern ermordet worden sei, weil diese seinen Aufenthaltsort wissen hätten wollen. Danach seien auch seine Frau und Kinder verfolgt worden, weshalb diese gemeinsam mit seiner Schwester in den Iran geflüchtet seien. Dies seien all seine Fluchtgründe, die er angegeben habe. Andere Gründe habe er nicht. Bei einer Rückkehr würde er fürchten, unschuldig ins Gefängnis zu kommen, da seine Verfolger gegen ihn eine falsche Mordanzeige erstattet hätten.

11. Mit Note des BFA vom 04.04.2019 (AS 71) wurde dem BF zur Wahrung des Parteiengehörs vorab die Möglichkeit eingeräumt, schriftlich zu seinen Fluchtgründen Stellung zu nehmen.

12. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 19.07.2019 (AS 93 f) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 b AsylG 2005 iVm § 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, in einem näher bezeichneten Quartier durchgehend Unterkunft zu nehmen.

13. Im Rahmen einer weiteren Einvernahme vor dem BFA am 05.08.2019 (AS 99 – 112) gab der BF unter anderem an, im Jahr 2011 nach Karachi gezogen zu sein. Sein Onkel habe im Jahr 2011 zwei Personen ermordet und sei deshalb danach zu ihnen nach Hause gekommen. Die getöteten Personen würden aus einer sehr einflussreichen Familie stammen. Sein Onkel sei derzeit in Österreich auch Asylwerber und nach ihm ausgereist. Sein Onkel habe in Spanien kein Asyl erhalten und sei deswegen 2013 oder 2014 nach Österreich eingereist. Sein Onkel sei ein Arbeiter gewesen. Er wisse nicht mehr, was er in seinem Erstverfahren zur Arbeit seines Onkels angegeben habe. Ein Cousin von ihm sei im Jahr 2014 ermordet worden. Sein Haus sei angegriffen und zwei Monate vor seinem heurigen Asylantrag sei sein Bruder in Lahore ermordet worden. Auch seine Töchter seien auf dem Schulweg angegriffen worden, weshalb seine Schwester Anfang 2019 seine Ehegattin und seine Kinder in den Iran gebracht habe. Seine Familie sei von jenen Personen angegriffen worden mit denen sein Onkel Probleme gehabt habe. Sein Onkel habe deren Angehörige getötet, weil sie miteinander ein Problem gehabt hätten. Was das Problem gewesen sei, wisse er nicht. Im Übrigen habe seine Gattin im Oktober 2018 einen Drohanruf von den Frauen der Widersacher erhalten.

14. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.09.2019 (AS 117 - 198) wies das BFA den Antrag vom 26.03.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht (Spruchpunkt VII.). Unter Spruchpunkt VIII. wurde festgehalten, dass dem BF gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen wurde, ab 19.07.2019 in einem genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass entschiedene Sache vorliege und das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem rechtskräftig beendeten Verfahren bereits als nicht glaubwürdig erachtet worden sei. Insoweit seine gesteigerten Angaben im Folgeantrag auf einen unglaubwürdig befundenen Sachverhalt im ersten Verfahren aufbauen würden, begehre er faktisch die Auseinandersetzung mit seinen bereits im vorangegangenen - rechtskräftig beendeten - Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbotes hielt die belangte Behörde fest, dass seine Verstöße gegen das österreichische Rechtssystem eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würden. Der Beschwerdeführer sei insbesondere dem Ausreisebefehl in sein Heimatland nicht nachgekommen. Er habe behördlichen Anordnungen nicht Folge geleistet und diese gröblich missachtet. Ferner wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Schließlich wurde erläutert, weshalb gemäß § 55 Absatz 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und weshalb dem BF aufgetragen wurde, ab 19.07.2019 in einem genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.

15. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.09.2019 (AS 211 – 213) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

16. Gegen den Bescheid des BFA vom 28.09.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 04.02.2020 in vollem Umfang wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufgrund von Feststellungs- und Begründungsmängeln Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (AS 285 - 297). Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

16.1. In der Beschwerde werden zunächst nach kurzer Wiederholung des Verfahrensganges Überlegungen zu den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffen.

16.2. In der Folge wird moniert, dass es das BFA unterlassen habe, Ermittlungen zu wesentlichen Teilen des die Verfolgungsgefahr und Flucht begründenden Sachverhaltes zu tätigen, entsprechende Feststellungen zu treffen und diese dann anschließend in der Gesamtschau aller zu berücksichtigenden Umstände ganzheitlich einer Würdigung zu unterziehen.

Die vom BFA getätigte Identitätsunterstellung zum Fluchtvorbringen des BF entbehre einer tragfähigen Begründung. Die belangte Behörde habe Teile des Vorbringens des BF ignoriert, sei nicht auf die Punkte des hier relevanten Themenkreises eingegangen und habe es folglich auch unterlassen, konkret in Bezug zu seinem individuellen Fluchtvorbringen stehende Recherchen durchzuführen. Wenn jedoch Teile des Vorbringens ignoriert worden seien und die entsprechenden konkreten Feststellungen hierzu fehlen würden, dann müsse die Beweiswürdigung unschlüssig bleiben.

Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rückkehrsituation hätte sich das BFA selbst dann, wenn sie dem BF Unglaubwürdigkeit unterstelle, mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der BF im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit Verfolgungshandlungen zu rechnen habe. Dazu hätte es einer konkreten Einschätzung des Verfolgungsrisikos bedurft, inwieweit den Behörden und Personen in Pakistan das Ausweichen des BF nach Österreich bekannt geworden sei und ob daran mit ernstzunehmender Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen geknüpft seien.

Derartige Erhebungen, Erwägungen und Feststellungen habe das BFA ganz unterlassen. Ohne die hierzu erforderlichen Feststellungen könne jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr keine Verfolgungsmaßnahmen seitens Pakistan zu befürchten habe.

Die belangte Behörde hätte die Rückkehrsituation des BF im Lichte der aktuellen Länderinformationen zu seinem Herkunftsland einer besonders genauen Prüfung unterziehen müssen, damit eine Gefährdung nach Artikel 3 EMRK im Falle einer Rückkehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne.

Somit habe sich die belangte Behörde aufgrund der dargelegten Verfahrensmängel der Gefahr ausgesetzt, die Sachlage in mehrfacher Hinsicht zu verkennen. Hinsichtlich der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, liege es durchaus im Bereich der Wahrscheinlichkeit, dass das Fluchtvorbringen des BF asylrelevant im Sinne der GFK sei.

16.3. Abschließend wird beantragt,

- eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen und

- hilfsweise die Angelegenheit zur Sanierung der Verfahrensmängel an das BFA zurückzuverweisen.

16.4. Mit diesem Rechtsmittel wurde kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

17. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt des BFA langte am 12.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieser wurde mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

18. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

19. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten des Erst- und des Zweitverfahrens sowie in den gegenständlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen (Sachverhalt):

II.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Pakistan und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Punjabi an und ist sunnitischen Glaubens.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angegebenen Namen und ist an dem im Spruch angegebenen Datum geboren.

Der Beschwerdeführer reiste im Juli 2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte Anfang Juli 2012 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF nach rechtskräftig negativem Abschluss des Erstverfahrens im Dezember 2012 Österreich im Jahr 2014 in Richtung Italien verließ.

Der Beschwerdeführer stellte am 05.07.2014 einen ersten Folgeantrag, wobei dieses Verfahren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Aktenvermerk vom 08.09.2015 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht eingestellt wurde. Aufgrund des Ablaufes von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens war eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 11.07.2018 erteilte das BFA dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Des Weiteren wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Am 26.03.2019 stellte der BF seinen zweiten Folgeantrag bzw. den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.12.2012 hielt sich der Beschwerdeführer - abgesehen von der Zeit seines ersten Folgeverfahrens - jedenfalls bis zur zweiten Folgeantragsstellung unrechtmäßig in Österreich auf.

Er verfügte noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens. Gegen ihn bestand seit 13.12.2012 (Datum der Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes im Erstverfahren) eine erste durchsetzbare Ausreiseverpflichtung. Ferner bestand gegen den BF seit 09.08.2018 einer weitere durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Den Ausreiseverpflichtungen nach Pakistan kam er nie nach.

Der Beschwerdeführer stellte in Österreich dreimal einen Antrag auf internationalen Schutz; alle Anträge wurden abgewiesen, eingestellt bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Er verfügt ab dem Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung wiederum über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich.

Im gegenständlichen Verfahren ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen.

Der Beschwerdeführer stützte seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz zunächst auf die gleichen Fluchtgründe, die er bereits im ersten Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz geltend gemacht hatte und über welche bereits vom BAA und Asylgerichtshof rechtskräftig abgesprochen wurde. Ansonsten hat er keine glaubwürdigen neuen Gründe vorgebracht.

In Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein gesamtes Vorbringen als wahr qualifizieren und daher annehmen würde, dass der BF und seine Familienangehörigen in Zusammenhang mit einem vor allem seinen Onkel betreffenden Streit durch Privatpersonen bedroht und verfolgt worden waren bzw. werden, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde. Der Beschwerdeführer könnte eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen und wäre dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In Anbetracht der vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, Pakistan betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität in größeren Städten sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt. Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen. Im Jahr 2017 verzeichnete das Hauptstadtterritorium drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet (PIPS 7.1.2019). Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der private Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in Pakistan. Der BF ist mit einer in Pakistan oder im Iran aufhältigen Frau verheiratet und verfügt in Österreich - abgesehen von einem Onkel - über keine familiären oder sonstigen nennenswerten sozialen Bindungen.

Der Onkel des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX , stellte am 09.03.2013 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des BAA vom 26.03.2013 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan ebenso wenig zugesprochen und gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt. Die gegen den Bescheid des BAA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 22.04.2013, Zl. E12 434.293-1/2013-4E, gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Der Onkel des BF stellte sohin am 05.07.2014 einen Folgeantrag. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 09.04.2019, Zl. 830301301 - 14767336, abgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei und schließlich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Der Onkel des Beschwerdeführers erhob dagegen fristgerecht Beschwerde, das Beschwerdeverfahren ist unerledigt beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Dem BF ist die derzeitige Wohnadresse seines Onkels aufgrund eines Streites nicht bekannt.

Der BF verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Unterstützungserklärungen brachte er nicht in Vorlage.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Deutschkenntnisse und hat weder einen entsprechenden Kurs noch eine Deutschprüfung erfolgreich absolviert.

Der Beschwerdeführer bezog seit der Antragstellung lediglich kurzfristig von 10.07.2012 bis 30.07.2012 und von 26.03.2019 bis 12.04.2019 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Der BF war während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Übrigen als Beifahrer, Zeitungszusteller, Werbeverteiler und Paketzusteller erwerbstätig. Im Jahr 2019 betrug sein monatliches ihm zur Verfügung stehendes Einkommen etwa € 1.100,00. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF die zuvor genannten Tätigkeiten legal ausübt(e) und ob er über einen - allenfalls erforderlichen - entsprechenden Gewerbeschein verfügt(e). Auch kann nicht festgestellt werden, dass der BF tatsächlich seiner Abgaben- und Versicherungspflicht nachkam bzw. nachkommt.

Er ist als erwerbsfähig anzusehen, etwaige wesentliche gesundheitliche Einschränkungen des Beschwerdeführers sind nicht aktenkundig. Er leistet keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit und ist kein Mitglied in einem Verein.

Der BF gilt als strafrechtlich unbescholten.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

II.1.2. In Bezug auf die zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan zu treffenden Feststellungen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den seitens des BFA getroffenen Feststellungen an:

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie (“Line of Control”) zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad (“Islamabad Capital Territory”) bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan ca. 207,8 Millionen Einwohner ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit-Baltistan (PBS 2017a), wo zusammengerechnet weitere ca. 5,5 Millionen Menschen leben (AJK PDD 2017 + Khan 2017 S 88-89). Das Land ist der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 5.2.2019).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf (USDOS 13.3.2019), jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019) insbesondere gegen die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League–Nawaz (PML-N) (FH 1.2019). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlverlauf als transparent und gut durchgeführt ein, jedoch erschwerte die Selbstzensur der Berichterstatter das Treffen von qualifizierten Wahlentscheidungen für die Wähler (EUEOM 27.7.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Der Fokus der PTI-Koalitionsregierung liegt laut offizieller Darstellung auf dem Kampf gegen Korruption, der Sanierung von Wirtschaft und Finanzen sowie einem besseren Bildungs- und Gesundheitssystem (AA 1.2.2019a). In der Praxis dominiert das Militär wichtige Politikbereiche, insbesondere innere sowie äußere Sicherheit und Beziehungen zu - für Pakistans äußere Sicherheit zentralen - Staaten wie Afghanistan, Indien und USA (AA 21.8.2018; vgl. FH 1.2019). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des Inter-Services Intelligence (ISI) gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan—innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019

?        AJK PDD – Azad Government of the State of Jammu and Kashmir – Planning & Development Department (2017): Azad Jammu & Kashmir at a Glance 2017, https://pndajk.gov.pk/uploadfiles/downloads/At%20a%20Glance%202017.pdf, Zugriff 4.4.2019

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Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).

Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).

Das Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) registrierte für die Jahre 2017, 2018 bzw. das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) für gesamt Pakistan sowie die unterschiedlichen Provinzen bzw. Gebiete nachfolgende Zahlen an terroristischen Anschlägen und Todesopfern (Quellenangabe siehe Tabelle; Darstellung BFA Staatendokumentation):

Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von 2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).

Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019). Siehe dazu auch Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..

Nach dem Angriff auf die Militärschule in Peschawar im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).

Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die „korrigierende religiöse Bildung“, Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).

Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).

Quellen:

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?        Reuters (3.3.2019): India-Pakistan border quiet but Kashmir tense amid militancy crackdown, https://www.reuters.com/article/us-india-kashmir-pakistan-idUSKCN1QK093, Zugriff 6.3.2019

?        Spiegel (2.3.2019): "Die roten Linien wurden verschoben", http://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-die-roten-linien-verschoben-a-1255811.html, Zugriff 2.4.2019

?        Standard, der (2.4.2019): Pakistan meldet mehrere Tote nach Beschuss aus Indien, https://derstandard.at/2000100638494/Pakistan-meldet-mehrere-Tote-nach-Beschuss-aus-Indien-in-Kaschmir, Zugriff 3.4.2019

?        Time (28.2.2019): From Suicide Bombing to Captured Pilot: A Timeline of the Latest Crisis in Kashmir, http://time.com/5541090/india-pakistan-2019-tensions-timeline/, Zugriff 2.4.2019

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?        USDOS – US Department of State (19.9.2018): Country Report on Terrorism 2017 - Chapter 1 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444941.html, Zugriff 2.4.2019
Allgemeine Menschenrechtslage

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert: Grundrechte, Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum, Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz; Verbot willkürlicher Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist in Pakistan nach wie vor nicht abgeschafft) (AA 21.8.2018).

Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung und die gesellschaftliche Realität voneinander ab. Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet. Die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 5.3.2019).

Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt kritisch. Grundsätzlich bekennt sich die pakistanische Regierung zu den Menschenrechten. In vielen Fällen fehlt ihr jedoch der politische Wille, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird. Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Militanz werden Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Führenden Politikern fehlt vielfach das Grundverständnis für die Relevanz menschenrechtlicher und anderer völkerrechtlicher Normen, zu deren Einhaltung sich Pakistan verpflichtet hat (AA 21.8.2018).

Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte sind u.a. extralegale und gezielte Tötungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Folter, willkürliche und überlange Untersuchungshaft, willkürliche und ungesetzliche Verletzung der Privatsphäre, Zensur, Blockieren von Webseiten, willkürliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Journalisten, schwere Schikanen und Einschüchterungen und medienwirksame Angriffe gegen Journalisten und Medienherausgeber, staatliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit inklusive übermäßig restriktive Gesetze gegen internationale NGOs, Einschränkungen der Religionsfreiheit und Diskriminierung religiöser Minderheiten, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Korruption in den Behörden, Rekrutierungen und Einsatz von Kindersoldaten durch nichtstaatliche militante Gruppen, fehlende Ermittlungen und Rechenschaftspflicht in Fällen von Vergewaltigung, sexueller Belästigung, sogenannter Ehrverbrechen, weiblicher Genitalverstümmelung und Gewaltverbrechen aufgrund von Geschlecht, Genderidentität und sexueller Orientierung, gesetzliches Verbot gleichgeschlechtlicher Handlungen, Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, transnationaler Menschenhandel und die schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019). Wegen fehlender Rechenschaftspflicht der Regierung bleiben Vergehen oft ungeahndet, was zu einer Kultur der Straflosigkeit der Täter führt, unabhängig davon, ob es sich um staatliche oder nicht-staatliche Täter handelt. Die Behörden bestrafen Beamte nur selten für Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019, AI 21.2.2018).

Gemäß Angaben der vom Innenministerium eingesetzten Kommission zur Ermittlung erzwungenen Verschwindens (COIOED) wurden im Zeitraum 2011 bis 31.1.2019 COIOED 5.777 Fälle zur Kenntnis gebracht und davon 3.599 Fälle abgeschlossen; 2.178 Fälle sind noch offen (COIOED 1.2.2019). Im Jahr 2018 wurden von COIOED 1.098 neue Fälle registriert und 671 Fälle abgeschlossen; 2017 wurden 868 neue Fälle aufgenommen und 555 Fälle abgeschlossen (COIOED 23.2.2019).

Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form der sogenannten „police encounters“ vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Militanten oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Laut der NGO „Human Rights Commission of Pakistan“ kamen 2017 landesweit hunderte Personen bei „police encounters“ ums Leben. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht (AA 21.8.2018). Im Jänner 2019 wurde im Punjab vier Personen, darunter Eltern und ihre Tochter, von der Polizei erschossen. Gemäß offiziellen Angaben waren die Toten Mitglieder des Islamischen Staates, Zeugenaussagen und Amateurvideos geben jedoch an, dass die Familie, die mit dem Auto unterwegs war, grundlos beschossen wurde. Nachdem die Videos veröffentlicht wurden, ordnete der Provinzminister eine Untersuchung, sowie die Verhaftung aller am Ereignis beteiligten Beamten an (Dawn 20.1.2019).

In zahlreichen Fällen bleiben Strafgefangene über viele Jahre hinweg widerrechtlich inhaftiert, obwohl ihre Haftstrafe bereits verbüßt ist. Ein häufiger Grund ist, dass die Strafgefangenen oder ihre Familienangehörigen nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, die gleichzeitig mit der Haftstrafe verhängte Geldbuße nach Ablauf der Haftzeit zu begleichen. Ein anderer Grund ist, dass Gerichtsurteile nicht konsequent umgesetzt werden. Andere Personen werden, ohne dass gegen sie eine Haftstrafe verhängt wurde, nur deshalb in Haft genommen, weil sie nicht in der Lage sind, gegen sie verhängte Bußgelder zu begleichen (AA 21.8.2018).

Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind Blasphemiefälle. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 21.8.2018).

Der Senat und die ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechten halten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen mit Bezug auf die Menschenrechte ab. Per Gesetz von 2012 wurde 2015 die Nationale Kommission für Menschenrechte als unabhängiges Komitee eingerichtet. Im November 2015 wurde wieder ein unabhängiges Ministerium für Menschenrechte eingerichtet (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.3.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan--innenpolitik/205010, Zugriff 12.3.2019

?        AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/, Zugriff 4.4.2018

?        COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (1.2.2019): Monthly Progress on Cases of Alleged Enforced Disappearances – January 2019, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/20190101SUBMISSION-OF-MONTHLY-SUMMARY-JANUARY-2019.doc, Zugriff 12.3.2019

?        COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (23.2.2019): Month Wise Receipt/Disposal of Cases by COIOED, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/MONTH-WISE-RECEIPT-DISPOSAL-OF-CASES-BY-COIOED-2nd.doc, Zugriff 12.3.2019

?        Dawn (20.1.2019): Outrage over family’s killing by Punjab police, https://www.dawn.com/news/1458676/outrage-over-familys-killing-by-punjab-police, Zugriff 12.3.2019

?        HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html, Zugriff 12.3.2019

?        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019
Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019)

Die Regierung verbietet Reisen nach Israel. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein „no objection certificate“ einholen, doch von Studenten wird dies selten verlangt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene, gegen die ein Kriminalverfahren vor höheren Gerichten anhängig ist, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 13.3.2019). Die NGO HRCP gibt an, dass Personen aus politischen Gründen auf die Exit Control List gesetzt werden und die genauen Voraussetzungen, wann eine Person auf diese Liste kommt, nicht transparent sind (HRCP 3.2019).

Reisebewegungen von bestimmten religiösen und Gender-Minderheiten bleiben gefährlich (HRCP 3.2019). Seit 2009 haben pakistanische Bürger das Recht, sich in Gilgit Baltistan anzusiedeln, jedoch gibt es weiterhin Einschränkungen für eine Ansiedlung in Azad-Jammu und Kaschmir (FH 1.2018). Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gibt es für Bewohner der ehemaligen FATA durch Ausgangssperren, Umzäunungen und eine starke Zunahme an Kontrollpunkten (ICG 20.8.2018).

Quellen:

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?        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019

Meldewesen

Pakistan verfügt über eine der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). Um als Wähler in einem Wahlkreis registriert zu werden, muss man mittels Digitaler Nationaler Identitätskarte (CNIC) nachweisen, Bewohner dieses Wahlkreises zu sein (ECP o.D.). Auf der CNIC ist neben der permanenten Adresse auch die derzeitige Wohnadresse der Person angeführt (VB 4.11.2018).

IRBC gibt an, dass die Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie das Hauptstadtterritorium Islamabad ein System für die Registrierung der Bewohner haben. IRBC konnte keine Quellen zu solchen Systemen in Azad-Jammu und Kaschmir, Gilgit-Baltistan und die ehem. FATA finden. Die Meldung der Bewohner ist verpflichtend. Die Gesetze werden nur lückenhaft umgesetzt, aber Vergehen werden in allen Provinzen streng geahndet. Die zuständige Behörde zur Erhebung der Meldedaten ist die Polizei. Die Distriktleiter der Polizei si

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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