TE Vwgh Beschluss 2020/9/24 Ra 2020/11/0142

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz

Norm

AVG §69 Abs1
B-VG Art144
FSG 1997 §26 Abs3 Z1
FSG 1997 §7 Abs3 Z4
StVO 1960 §99 Abs2e
VwGVG 2014 §32 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des M G in V, vertreten durch Ing.Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 18. Juni 2020, Zl. KLVwG-2382/9/2019, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses entzog das Landesverwaltungsgericht Kärnten - in Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers vom 20. November 2019 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2019 - dem Revisionswerber gemäß § 7 Abs. 3 Z 4 iVm § 26 Abs. 3 Z 1 FSG die Lenkberechtigung für einen Zeitraum von zwei Wochen. Mit Spruchpunkt II. gab das Verwaltungsgericht der „Beschwerde“ des Revisionswerbers vom 20. Februar 2020 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 2020, mit welchem diese (neuerlich) eine Entziehung der Lenkberechtigung wegen desselben Vorfalls ausgesprochen hatte, Folge und behob diesen Bescheid ersatzlos. Mit Spruchpunkt III. sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zu Spruchpunkt I. zu Grunde, der Revisionswerber sei mit rechtskräftigem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 13. Jänner 2020 gemäß § 99 Abs. 2e StVO 1960 wegen einer qualifizierten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bestraft worden.

3        Gegen dieses Erkenntnis - dem ganzen Inhalt der Revision nach allerdings nur gegen dessen Spruchpunkt I. - richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, der Revisionswerber habe gegen das Erkenntnis vom 13. Jänner 2020 eine Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhoben, weswegen dieses Erkenntnis nicht rechtskräftig und im Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung nicht bindend sei. Das Verwaltungsgericht hätte dieses Verfahren daher entweder „bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsstrafverfahrens“ unterbrechen oder die Frage, ob der Revisionswerber die ihm angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe, selbständig beurteilen müssen.

8        Angesichts der Rechtskraft der Bestrafung des Revisionswerbers (aufgrund des angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 13. Jänner 2020) stand für das Verwaltungsgericht die Begehung einer Übertretung nach § 99 Abs. 2e StVO 1960 bindend fest, was gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 FSG zwingend eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen nach sich zu ziehen hatte (vgl. VwGH 11.6.2018, Ra 2018/11/0102).

9        Mit der Abweisung der gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde gerichteten Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist das Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen und entfaltet bindende Wirkung im Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung (vgl. VwGH 21.4.2016, Ra 2016/11/0039). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ändert auch die Einbringung einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof nichts an der Rechtskraft der Bestrafung (vgl. etwa VwGH 25.10.2017, Ra 2017/11/0258; 12.2.2020, Ra 2020/11/0010). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits entschieden, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung von der Bindungswirkung einer Bestrafung auch dann ausgehen kann, wenn gegen das Straferkenntnis des Verwaltungsgerichts eine Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurde (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2018/11/0239). Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Straferkenntnisses könnte gegebenenfalls einen Wiederaufnahmegrund bilden (vgl. VwGH 31.8.2015, Ro 2015/11/0012).

10       Das Verwaltungsgericht ist demnach nicht von der hg. Rechtsprechung abgewichen.

11       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110142.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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