TE Vwgh Beschluss 2020/10/2 Ra 2020/06/0148

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Veröffentlicht am 02.10.2020
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Kärnten
L82000 Bauordnung
L82002 Bauordnung Kärnten
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
AVG §8
BauO Krnt 1996 §10 Abs1 litb
BauRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der V K eG in K, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 20. Mai 2020, KLVwG-290/10/2020, betreffend Versagung der Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Ferlach; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde F. vom 10. Dezember 2019, mit welchem ihr Antrag auf Erteilung der Baubewilligung betreffend Entfall der Sheddächer und Belichtung des Obergeschoßes - Zubau sowie betreffend Fensteröffnungen in der Fassade der auf näher bezeichneten Grundstücken befindlichen Gebäude abgewiesen worden war, mit einer Maßgabe im Spruch als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die nunmehrige Eigentümerin des zu überbauenden Nachbargrundstückes die gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Kärntner Bauordnung erforderliche Zustimmung, welche der Voreigentümer zunächst erteilt habe, widerrufen habe, sodass der erforderliche liquide Zustimmungsnachweis nicht vorliege. Die erforderliche Zustimmung sei bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht auch nicht durch eine rechtskräftige Entscheidung eines Zivilgerichtes ersetzt worden.

6        Die revisionswerbende Partei bringt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, dass der Voreigentümer den beantragten baulichen Änderungen zugestimmt habe, wodurch die Präklusionsfolgen im Sinn des § 42 AVG bereits eingetreten seien. Der Widerruf dieser als Zustimmung aufzufassenden Erklärung sei rechtlich wirkungslos (Hinweis auf VwGH 18.11.1974, 0273/74, VwSlg. 8708 A). Zudem habe das Landesgericht Klagenfurt mit Urteil vom 19. März 2020 festgestellt, dass die nunmehrige Eigentümerin des zu überbauenden Grundstückes die zwischen dem Voreigentümer und der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei getroffene Vereinbarung gemäß dem Inhalt des gegenständlichen Baubewilligungsänderungsantrages gegen sich gelten lassen müsse und somit auch die vom Voreigentümer erteilte Zustimmung samt Antragstellung zur Erteilung der Änderungsbewilligung inklusive Einreichplänen zu dulden habe. Auch wenn dieses von der revisionswerbenden Partei dem Verwaltungsgericht vorgelegte zivilgerichtliche Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei, sei unter den besonderen Umständen des gegenständlichen Falles von einer Vorfrage im Sinn des § 38 AVG auszugehen (wird näher ausgeführt). Dementsprechend hätte das Verwaltungsgericht bei der Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens, das Verfahren entweder bis zum Vorliegen eines in Rechtskraft erwachsenen Gerichtsurteiles auszusetzen oder die Vorfrage selbst zu beurteilen, darauf Bedacht nehmen müssen, dass die revisionswerbende Partei durch die Versagung der Baubewilligung zum Rückbau des bereits fertiggestellten Bauvorhabens verpflichtet wäre. Weiters habe das Verwaltungsgericht in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch keine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben, warum es in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens mit seiner Entscheidung nicht bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteiles hätte zuwarten können, zumal sich das zivilgerichtliche Verfahren bereits im Berufungsstadium befinde.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

7        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann - entgegen der von der revisionswerbenden Partei vertretenen Ansicht - eine bereits erteilte Zustimmung des Grundeigentümers (Miteigentümers) zum Bauansuchen bis zur rechtskräftigen Erteilung der Baubewilligung formlos zurückgezogen werden, wobei es baurechtlich irrelevant ist, ob der Grundeigentümer (Miteigentümer) zur Verweigerung oder zum Widerruf seiner Zustimmungserklärung berechtigt ist (vgl. etwa VwGH 10.4.2019, Ra 2018/06/0330, mwN). Der dem hg. Erkenntnis VwGH 18.11.1974, 0273/74, VwSlg. 8708 A, zugrundeliegende Sachverhalt, der die Erhebung von Nachbareinwendungen gegen ein Bauvorhaben zum Gegenstand hatte, ist mit dem Revisionsfall nicht vergleichbar, sodass von der revisionswerbenden Partei damit kein Abweichen von der hg. Rechtsprechung aufgezeigt wird (vgl. auch dazu VwGH 10.4.2019, Ra 2018/06/0330).

8        Auch mit ihrem umfangreichen Vorbringen zum behaupteten Vorliegen einer Vorfrage im Sinn des § 38 AVG sowie zur nicht erfolgten Aussetzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht legt die revisionswerbende Partei keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar. Dies schon deshalb, weil - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, dass § 38 AVG einer Partei keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung eines Verfahrens einräumt (vgl. etwa VwGH 30.1.2014, 2013/05/0214, und VwGH 15.5.2012, 2009/05/0056, mwN), weshalb die revisionswerbende Partei durch die nicht erfolgte Aussetzung des Verfahrens nicht in ihren Rechten verletzt sein kann und das Schicksal der Revision demnach nicht von der Beantwortung der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Fragen abhängt. Abgesehen davon stellt die Frage des Vorliegens der erforderlichen Zustimmung des Grundeigentümers zum Bauansuchen keine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG dar (vgl. etwa VwGH 5.5.2020, Ra 2019/06/0023, VwGH 11.12.2012, 2011/05/0019, jeweils mwN, sowie zur Kärntner Bauordnung VwGH 29.4.2015, 2013/06/0151), woran auch der Umstand, dass die revisionswerbende Partei die beantragten baulichen Änderungen bereits vor Erteilung der Baubewilligung vorgenommen hat, nichts zu ändern vermag.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. Oktober 2020

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060148.L00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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