TE Vwgh Beschluss 2020/10/6 Ra 2020/09/0051

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
24/01 Strafgesetzbuch
40/01 Verwaltungsverfahren
64/03 Landeslehrer

Norm

AVG §38 impl
AVG §52
B-VG Art133 Abs4
LDG 1984 §11
LDG 1984 §12
LDG 1984 §13c
LDG 1984 §32 Abs1
LDG 1984 §32 Abs2
LDG 1984 §70
LDG 1984 §70 Abs1 Z4
LDG 1984 §71
LDG 1984 §71 Abs1
LDG 1984 §73 Abs2
MRK Art6
StGB §27
StGB §32 Abs1
StGB §34 Abs1 Z11
StGB §34 Abs1 Z2
StGB §34 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch die DAX Wutzlhofer & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7400 Oberwart, Wienerstraße 8a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 2. Juli 2020, E 212/08/2020.001/012, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission für Landeslehrer für Berufsschulen bei der Bildungsdirektion für Burgenland), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der 1960 geborene Revisionswerber stand bis zu der hier gegenständlichen Entlassung als Direktor einer Berufsschule in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland.

2        Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis sprach das Landesverwaltungsgericht Burgenland den Revisionswerber schuldig, er habe (1.) im November 2015 den Schulsekretär der Berufsschule angewiesen, bei der Gemeinde durch Abfrage im Zentralen Melderegister das Geburtsdatum und die Adressen der drei minderjährigen Kinder des neuen Freundes seiner ehemaligen Freundin ausfindig zu machen; (2.) im Dezember 2015 Briefe an diese Kinder mit CDs bzw. einer Geschichte jeweils mit pornografischen Inhalten geschickt, die den Eindruck erweckt hätten, seine frühere Freundin sei die Absenderin; (3.) im Dezember 2015 im Brief an die noch unmündige Tochter die Drohung im Namen seiner ehemaligen Geliebten ausgesprochen: „... Ich schwöre dir, wenn du nochmals schuld bist, dass dein Vater und ich nicht glücklich sind, werden wir dir sehr, sehr weh tun! Ich garantiere dir, diesen Schmerz wirst du nie vergessen...“; (4.) im November 2015 gegenüber den Mitarbeitern der Ombudsstelle einer näher bezeichneten Sparkasse verleumdet, dass deren Mitarbeiterin - seine Ex-Freundin - im Jänner 2015 einen von ihm an sie übergebenen Geldbetrag in der Höhe von 100.000 Euro nicht entsprechend veranlagt, sondern veruntreut habe. Er habe dadurch gegen die allgemeinen Dienstpflichten nach § 29 Abs. 1 und 2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) und die Dienstpflichten des Leiters nach § 32 Abs. 1 und 2 LDG 1984 verstoßen, weshalb über ihn gemäß §§ 70 und 71 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde.

3        Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Unter anderem wegen dieser Vorwürfe war der Revisionswerber mit den Urteilen des Landesgerichts Eisenstadt vom 8. Mai 2018 und vom 22. Jänner 2019 wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB, mehrerer Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB, des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 zweite Alternative, 288 Abs. 1 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach §§ 107a Abs. 1 und 2 Z 1 und 4, 15 StGB, schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro (im Uneinbringlichkeitsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden.

5        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        In der Revision wird unter diesem Gesichtspunkt zunächst vorgebracht, das Landesverwaltungsgericht habe den vorliegenden Fall, abweichend von dem im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes [vom 28. Juni 2017,] Ra 2017/09/0016, behandelten entschieden, obwohl er diesem auffallend ähnlich gelagert sei. Damit zeigt der Revisionswerber die Zulässigkeit seiner Revision schon deshalb nicht auf, weil diese Fälle bereits auf Sachverhaltsebene keineswegs miteinander vergleichbar sind (vgl. demgegenüber etwa VwGH 21.4.2015, Ra 2014/09/0040).

8        Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen hat sich das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschafft und diesen bei seiner Prognoseentscheidung auch verwertet. So begründete es die negative Prognose für dessen zukünftiges Verhalten nicht bloß mit Zeugenaussagen zum Führungsstil des Revisionswerbers, sondern vor allem auch damit, dass dieser in der mündlichen Verhandlung nicht erklären konnte oder wollte, weshalb er eine Lehrerkollegin auf deren privaten Laptop die von ihm handschriftlich verfassten inkriminierten Briefe an die Kinder übertragen ließ. Vor allem aber kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es unter diesem Gesichtspunkt zu Lasten des Revisionswerbers wertete, dass dieser noch während des anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens abermals im Zusammenhang mit seiner beruflichen Stellung als Berufsschuldirektor straffällig wurde.

9        In Beziehung auf die des Weiteren angesprochene Nichteinholung eines psychiatrischen Gutachtens wird in der Revision zwar die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtig dargestellt, wonach das Verwaltungsgericht verpflichtet ist, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auch die Pflicht hat, auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Es darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen. Beweisanträgen ist somit grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 19.10.2017, Ra 2017/09/0038, mwN).

10       Das Landesverwaltungsgericht hat von der Aufnahme des Beweises abgesehen, weil es die vom Revisionswerber vorgebrachte Tatsache, dass er sich bei Tatbegehung in einem psychischen Ausnahmezustand befand, (wie bereits das Strafgericht) seiner Entscheidung ohnedies zugrunde legte. Die Einholung eines Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen beantragte der Revisionswerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber trotz Befragung in der mündlichen Verhandlung zu von ihm in Anspruch genommenen Therapien nur zum Beweis dafür, dass er sich im Tatzeitraum von Herbst, Winter 2015/16 bis Anfang 2016 aufgrund einer depressiven Störung mit suizidalen Tendenzen und panikartigen Angstzuständen in einer erheblichen psychischen Ausnahmesituation befunden habe.

11       Dementsprechend gelingt es dem Revisionswerber mit seinem in diesem Zusammenhang erstatteten Vorbringen nicht, einen relevanten Verfahrensmangel oder eine grundsätzliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Soweit das Verwaltungsgericht aus dem festgestellten Sachverhalt jedoch andere Schlüsse zog, als vom Revisionswerber angestrebt, und insbesondere zu keiner positiven Zukunftsprognose kam, stellte dies keinen Verfahrensmangel dar. Bei seiner Prognosebeurteilung konnte sich das Landesverwaltungsgericht - wie ausgeführt - jedoch auf das Verhalten des Revisionswerbers nach der Tat und den persönlichen Eindruck von ihm in der mündlichen Verhandlung stützen. Inwieweit die Umstände der Tat und ihrer Ausführung in die Strafbemessung einzufließen haben stellt jedoch eine rechtliche Beurteilung dar und ist nicht Gegenstand eines Sachverständigenbeweises.

12       Auch die unter Hinweis auf die nach § 73 Abs. 2 LDG 1984 gegebene Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen vorgetragene Rüge der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung zeigt eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht auf. Die in § 73 Abs. 2 LDG 1984 normierte Bindungswirkung eines Strafurteils bezieht sich nämlich nicht auch auf die Strafbemessung durch das Strafgericht (siehe etwa VwGH 5.9.2013, 2013/09/0058, zu § 95 Abs. 2 BDG 1979). Während nach § 32 Abs. 1 StGB Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters ist, ist nach § 71 Abs. 1 LDG 1984 das Maß für die Höhe der (Disziplinar-)Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Auch wenn das Strafgericht keine Strafe verhängt hat, die zum Amtsverlust gemäß § 27 StGB führt, sind die Disziplinarbehörden nicht gehindert, aus eigenem Ermessen die für die disziplinarrechtliche Ahndung der in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen aus disziplinarrechtlicher Sicht angemessene Disziplinarstrafe, also auch die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen (VwGH 26.6.2012, 2011/09/0210).

13       Wenn sich das Zulässigkeitsvorbringen im Übrigen vorwiegend gegen die als unvertretbar bezeichnete Strafbemessung wendet, ist vorweg festzuhalten, dass die Strafbemessung als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unterliegt, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Soweit weder Ermessensmissbrauch noch -überschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. VwGH 15.7.2020, Ra 2020/09/0028, mwN). Eine solche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird für die hier zu beurteilende Ausmessung einer Disziplinarstrafe im Hinblick auf die Schwere der Dienstpflichtverletzung auch nicht durch Wiedergabe von Literatur zum Strafgesetzbuch und strafgerichtlicher Judikatur dargetan.

14       Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis mit den nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden, (bloß) dem Sinne nach zu berücksichtigenden Gründen (§ 71 Abs. 1 LDG 1984) auseinandergesetzt und nachvollziehbar dargelegt, weshalb sich aus spezial- und generalpräventiven Gründen die bereits von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde verhängte Strafe der Entlassung als rechtskonform erweist. Eine Doppelverwertung des Umstands, dass der Revisionswerber einen Teil der vorgeworfenen Taten unter Ausnützung seiner Stellung als Beamter beging, liegt schon deshalb nicht vor, weil der Revisionswerber im Disziplinarverfahren nicht - wie er vorbringt - wegen des Straftatbestands des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB verurteilt, sondern wegen mehrerer Dienstpflichtverletzungen für schuldig befunden wurde.

15       Ferner stellt die bisherige Unbescholtenheit des Revisionswerbers - entgegen den dahingehenden Revisionsausführungen - keinen Grund dar, dass bei den hier zu beurteilenden Taten nicht von einer „hohen kriminellen Energie“ ausgegangen werden dürfte. Diese wurde vom Verwaltungsgericht nicht unvertretbar mit dem über einen längeren Zeitraum hinweg gesetzten, beharrlichen und planvollen Vorgehen des Revisionswerbers begründet, der sich bei seinen Taten sogar der Mitwirkung dritter Personen bediente und auch ein - inhaltlich unrichtiges - Schreiben eines Rechtsanwalts an seine ehemalige Geliebte veranlasste. Die psychische Ausnahmesituation, in der sich der Revisionswerber bei Begehung der Dienstpflichtverletzungen befand, wurde vom Verwaltungsgericht ohnedies mildernd berücksichtigt, was jedoch die Verhängung auch der strengsten Disziplinarstrafe nicht grundsätzlich ausschließt. Mit dem im Zusammenhang mit der Verneinung des Milderungsgrunds einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer erstatteten Vorbringen wird ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls nicht aufgezeigt, ist die Dauer des Verfahrens doch in erster Linie auf den Umstand der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens während der Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens gegen den Revisionswerber zurückzuführen (siehe etwa VwGH 5.9.2013, 2011/09/0147).

16       Dem Revisionswerber ist zwar zuzustimmen, wenn er im Zulässigkeitsvorbringen weiter ausführt, dass er im Zeitpunkt der Begehung der verfahrensgegenständlichen Disziplinarvergehen disziplinär und strafrechtlich unbescholten war. Gegenteiliges wird jedoch - trotz der gebrauchten Formulierung, dass „kein ordentlicher Lebenswandel vor[liegt]“ - auch im angefochtenen Erkenntnis nicht behauptet. Zunächst hat das Verwaltungsgericht zu Gunsten des Revisionswerbers die bisherigen Leistungen in seiner Berufslaufbahn, die sich in vielen Anerkennungs- und Dankesschreiben verschiedenster Organisationen und Organe wiederspiegeln, gewertet. Es hat jedoch zu Recht auch berücksichtigt, dass der Revisionswerber inzwischen abermals wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauchs, weil er am 28. Jänner 2018 Schüler angewiesen hatte, Hackschnitzelgut in einen Lagerraum zu entladen, und wegen des Vergehens des Betruges, weil er am 1. Februar 2018 falsche Angaben von zu von ihm angeblich unterrichteten Stunden gemacht hatte, am 12. September 2019 strafgerichtlich und am 20. November 2019 disziplinär belangt wurde. Stellt aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst ein Wohlverhalten seit der Tat während aufrechter Suspendierung und eines anhängigen Disziplinarverfahrens keinen Milderungsgrund dar (VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0208, mwN), ist es vertretbar, das Begehen weiterer Delikte durch den Revisionswerber während des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bei der Ausmessung der Disziplinarstrafe zu berücksichtigen.

17       Den Milderungsgrund der - finanziellen - Schadensgutmachung hat das Verwaltungsgericht hingegen ohnedies berücksichtigt, dabei aber zu Recht einschränkend festgehalten, dass Zahlungen erst nach strafgerichtlichem Privatbeteiligtenzuspruch und eine weitere nach einem zivilgerichtlichen Verfahren geleistet wurden.

18       Wenn die Zulässigkeit der Revision mit dem Fehlen von Rechtsprechung zur Verhängung einer Zusatzstrafe in einer solchen Konstellation begründet und dazu auf die Bestimmungen § 77a (Wiener) Dienstordnung 1994 und §§ 31, 40 StGB Bezug genommen wird, genügt es darauf hinzuweisen, dass einerseits diese Normen im hier zu beurteilenden Disziplinarverfahren nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz nicht anzuwenden sind und sich andererseits solche Bestimmungen in letzterem nicht finden.

19       Soweit der Revisionswerber schließlich meint, es wäre bei der Strafbemessung (zu seinen Gunsten) zu berücksichtigen gewesen, dass im Hinblick auf sein Ansuchen um Versetzung in den Ruhestand seine Rückkehr in den Schuldienst „nicht angedacht“ gewesen sei, ist er nicht im Recht. Die Frage, ob ein Beamter in den Ruhestand versetzt wird oder nicht ist keine Vorfrage für eine Entlassung, geht es doch bei der Versetzung in den Ruhestand um eine künftige Rechtsgestaltung. Dem Gesetz lässt sich auch keine Verpflichtung entnehmen, mit der Entscheidung im Disziplinarverfahren bis zum Ausgang eines bereits anhängigen Ruhestandsversetzungsverfahrens zuzuwarten (VwGH 20.11.2001, 2001/09/0014). Auch mit den unter Hinweis auf § 71 Abs. 1 LDG 1984, wonach bei der Strafbemessung auch auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Rücksicht zu nehmen sei, ins Treffen geführten Umstände seines Alter von mittlerweile 60 Jahren und der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt zeigt der Revisionswerber keinen Grund auf, der die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung durch das Verwaltungsgericht als unvertretbar erscheinen ließe.

20       Die Revision war daher mangels Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren unter Absehen von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGG) zurückzuweisen.

Wien, am 6. Oktober 2020

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Sachverständiger Entfall der Beiziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090051.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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