TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/6 I407 2211173-1

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Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z3
FPG §94
FPG §94 Abs1
FPG §94 Abs5
StGB §107 Abs1
StGB §107 Abs2
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2211173-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. staatenlos, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2018, Zl. 83779008/180151135, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer stellte am 13.02.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte gemäß § 94 Abs. 1 FPG.

2.       Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 30.10.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab und begründete dies mit dem Vorliegen eines Versagungsgrundes aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

3.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in der im Wesentlichen auf die langjährige positive Integration des Beschwerdeführers verwiesen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der staatenlose Beschwerdeführer stammt aus Angola. Ihm wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 18.04.1991, Zl. 272.963/7-III/13/89, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

(1)      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.02.2000, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

(2)      Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 15.11.2001, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je ATS 200,-- rechtskräftig verurteilt.

(3)      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.11.2007, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall, 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 erster Fall, 27 Abs. 1 sechster Fall und Abs. 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ein Teil von 14 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

(4)      Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 10.09.2010, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt.

(5)      Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.11.2012, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 2, 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

(6)      Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.10.2015, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten rechtskräftig verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Verwaltungsakt, welcher auch eine Kopie der Urteilsausfertigung der letzten Verurteilung des Beschwerdeführers beinhaltet, sowie aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 06.08.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Nach § 94 Abs. 5 FPG gilt u.a. § 92 FPG sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

Gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Asylberechtigten ist gemäß § 94 Abs. 1 FPG grundsätzlich auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen. Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG (Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 16.05.2013, Zl. 2013/21/0003).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse vom 04.06.2009, Zl. 2006/18/0204, 25.11.2010, Zl. 2008/18/0458, 16.05.2013, Zl. 2013/21/0003, 02.12.2008; Zl. 2005/18/0614, 27.01.2004, Zl. 2003/18/0155 sowie vom 24.01.2012, Zl. 2008/18/0504) stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, weshalb selbst bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Konventionsreisepass dazu benutzen werde, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Auch wurde eine Dauer an Wohlverhalten im Ausmaß von vier Jahren nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung als nicht lange genug qualifiziert, um die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

Unter Zugrundelegung der Leitgedanken der zitierten Entscheidungen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die begehrte Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu Recht versagte:

Zwar wird nicht verkannt, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner letzten Verurteilung im Jahr 2015 wohlverhalten hat, dem gegenüber steht jedoch die massive und über Jahrzehnte andauernde Delinquenz des Beschwerdeführers, welche in insgesamt sechs rechtskräftigen Verurteilung endete, wobei vier von diesen in Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz begründet waren.

Gerade im Hinblick auf diese Verurteilungen und die Tatsache, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde, angesichts der vier vorliegenden Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen verschiedener Suchtgiftdelikte zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen würden die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der Beschwerdeführer könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, rechtfertigen (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis des VwGH vom 02.12.2008, Zl. 2005/18/0614).

Da die österreichische Strafgerichtsbarkeit den Beschwerdeführer nicht von der wiederholten Begehung von Delikten u.a. nach dem Suchtmittelgesetz abzuhalten vermochte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer ein ihm neuerlich aufgestelltes Konventionsreisedokument im Bedarfsfall zur Begehung von grenzüberschreitenden Delikten nach dem Suchtmittelgesetz nützen würde.

Es wurden in der Beschwerde keine Umstände aufgezeigt, die nach den obigen Ausführungen geeignet wären, einen anderslautenden Bescheid herbeizuführen. Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 04.06.2009, Zl. 2006/18/0204).

Im Ergebnis ist somit der Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG erfüllt ist, beizutreten und sind - im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Statusrichtlinie - zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die der Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen, zu bejahen. Umstände, die im Beschwerdefall eine andere Prognose nahelegen würden und die die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, sind nicht ersichtlich.

3.2. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zwar wurde im vorliegenden Fall ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, es konnte jedoch der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH vom 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080), sondern beschränkte sich der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz im Wesentlichen auf die Hervorhebung integrativer Merkmale, welchen angesichts des massiven strafgerichtlichen Fehlverhaltens – wie umseits ausgeführt – keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Im vorliegenden Beschwerdefall handelt es sich ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Integration Konventionsreisepass Körperverletzung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtmitteldelikt Versagungsgrund Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I407.2211173.1.00

Im RIS seit

22.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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