TE Vwgh Erkenntnis 1987/11/25 87/09/0174

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Veröffentlicht am 25.11.1987
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Index

Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §28 Abs1
AVG §10 Abs2
AVG §13 Abs3
EGVG Art8 Abs1 litd

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde der GP in W, vertreten durch Dr. Alfred Haberhauer, Rechtsanwalt in Wien II, Taborstraße 88, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Mai 1987, Zl. MA 62-III/699/86/Str, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 13./14. Wiener Gemeindebezirk vom 28. August 1986 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, als Arbeitgeber im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Zeit vom 11. Mai 1985 bis 6. Juni 1986 eine nach ihren persönlichen Daten bezeichnete Ausländerin als Hausbesorgerin für das Haus Wien, E-gasse 4, beschäftigt zu haben, ohne daß diese Ausländerin im Besitze eines Befreiungsscheines war bzw. ohne daß für diese Ausländerin eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden war. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 218, begangen. Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a des genannten Gesetzes wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 7.000,-- bzw. ein Ersatzarrest von 10 Tagen verhängt. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe der Rechtslage und der - bereits vorher wiedergegebenen - im Spruch bezeichneten Tat weiter ausgeführt, daß der Beschwerdeführerin im Ladungsbescheid im Falle ihres ungerechtfertigten Ausbleibens die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens ohne Anhörung angedroht worden sei. Da die Beschwerdeführerin trotz ausgewiesener Zustellung des Beschuldigten-Ladungsbescheides zu der für den 19. August 1986 anberaumten Strafverhandlung unentschuldigt nicht erschienen sei, sei gemäß § 41 Abs. 3 VStG 1950 das Strafverfahren ohne ihre Anhörung durchgeführt worden. Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat sei durch die Anzeige des Arbeitsamtes Persönliche Dienste-Gastgewerbe erwiesen. Das Ausmaß der verhängten Strafe sei unter Zugrundelegung mittlerer Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie unter Bedachtnahme auf die Strafobergrenze von S 60.000,-- als schuldangemessen festgesetzt worden. Bei der Strafbemessung seien weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 23. Oktober 1986, erstattet auf Kopfpapier der „Wiener Hausverwaltungshilfe und Gebäudeverwaltungskanzlei JH KG“, Berufung wie folgt erhoben: „Gegen dieses Straferkenntnis erhebe ich im Vollmachtsnamen der Frau GP in offener Frist Berufung und begründe diese wie folgt:“.

Gezeichnet ist dieser Schriftsatz von dem genannten Hausverwalter persönlich. In der Berufung selbst wird die Frage der Bevollmächtigung bei der mündlichen Verhandlung behandelt und Herabsetzung der Geldstrafe auf das Mindestmaß verlangt.

In der Folge erging der an die Beschwerdeführerin gerichtete angefochtene Bescheid, mit dem die vom genannten Hausverwalter eingebrachte Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei gegen das an die Beschwerdeführerin gerichtete Straferkenntnis in deren „Vollmachtsnamen“ erhoben worden. Der Berufung sei keine schriftliche Vollmacht angeschlossen gewesen. Da in der Berufung auf ein zwischen dem Einschreiter und der Beschuldigten bestehendes Vollmachtsverhältnis hingewiesen worden sei, sei die Unterlassung der Vollmachtsvorlage als Formfehler anzusehen. Der Einschreiter sei daher gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 mit Schreiben der belangten Behörde vom 25. Marz 1987 unter Hinweis auf die Rechtsfolge aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zustellung dieses Schreibens eine auf ihn lautende Vollmacht vorzulegen, welche seine Befugnis zur Einbringung der Berufung ausweise. Innerhalb dieser Frist habe der Einschreiter jedoch nur eine Verwaltervollmacht (.... „in allen Angelegenheiten, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringt“ .....) vorgelegt, welche zur Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berechtige. Dem Begriff der ordentlichen Verwaltung konnten nämlich nur solche Maßnahmen zugeschrieben werden, die dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung der Liegenschaft dienen, die sich im gewöhnlichen Lauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, im wesentlichen den Interessen des Eigentümers dienen und keine besonderen Kosten erfordern würden. Die Vertretung in einem Verwaltungsstrafverfahren diene aber weder der Erhaltung noch der Verwaltung der Liegenschaft und könne auch nicht dem „gewöhnlichen Lauf der Dinge“ zugeordnet werden.

Da somit dem behördlichen Auftrag vom 25. März 1987 nicht entsprochen worden sei, sei die vom genannten Hausverwalter eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und kostenpflichtige Aufhebung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bringt im wesentlichen vor, daß die Auffassung der belangten Behörde, die Vollmacht des namentlich genannten Hausverwalters reiche für die Vertretung im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren nicht aus, verfehlt sei. Der vom österreichischen Verband der Immobilientreuhänder empfohlene Text der Vollmacht umfasse alle Angelegenheiten, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringe, insbesondere die Vertretung vor Behörden, die Machthaberschaft im Sinne des § 1008 ABGB und die Prozeßvollmacht im Sinne des § 31 ZPO. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei die Vollmacht nicht auf Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung beschränkt, sondern wurde für alle Angelegenheiten, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringe, erteilt, daher auch für Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung oder wie gegenständlich die Vertretung betreffend Angelegenheiten der Beschäftigung des Hausbesorgers. Die Vorgangsweise der belangten Behörde verletze § 10 AVG, zumal sich die Behörde - soferne ihre Auffassung richtig wäre, daß die vorgelegte Vollmacht nicht ausreiche - nicht an den genannten Hausverwalter, sondern von Amts wegen an die Beschwerdeführerin selbst zur Beibringung einer ausreichenden Vollmacht hätte wenden müssen und dies nicht nur in zweiter Instanz, sondern bereits in erster Instanz.

In der Sache selbst habe die belangte Behörde verkannt, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren das Schuldprinzip gelte. Da sich die Beschwerdeführerin seit vielen Jahren anstandslos von ihrem Hausverwalter vertreten habe lassen, der auch die gegenständlichen Beschäftigungsbewilligungen der seit 1. Juni 1970 ununterbrochen im Haus der Beschwerdeführerin Beschäftigten Hausbesorgerin anstandslos besorgt habe, sei der Beschwerdeführerin auch keine Fahrlässigkeit zuzurechnen, sodaß das Verwaltungsstrafgesetz im § 5 verletzt worden sei. Rechts- oder Ordnungswidrigkeiten dieser Art seien nicht der Beschwerdeführerin gegenüber, sondern gegenüber dem Hausverwalter verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden. Mit der Höhe der Strafe werde auch § 28 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verletzt, weil bei der Strafbemessung nicht von einem Wiederholungsfall ausgegangen werden hätte dürfen. In erster Instanz hätte überdies, nachdem die Vertreterin des genannten Hausverwalters nicht zugelassen worden sei, die Beschwerdeführerin direkt aufgefordert werden müssen, für ihre Vertretung Sorge zu tragen.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert ist, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Der Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richtet sich gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen. Als Bevollmächtigte sind nach Abs. 3 der genannten Bestimmung solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

Mit der vom Hausverwalter vorgelegten Vollmacht ist dieser von der Beschwerdeführerin zwar persönlich aber offenbar in seiner Funktion als Immobilienverwalter zur Vertretung in allen Angelegenheiten, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringt, bevollmächtigt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28. Februar 1962, Zl. 2334/59, Slg. N.F. Nr. 5734/A, ausgesprochen, daß die Vertretung in Strafsachen auf keinen Fall zu den Obliegenheiten der Gebäudeverwaltung im Bereich der ordnungsgemäßen Verwaltung des ihm anvertrauten Objektes gezählt werden kann. Wegen des strafrechtlichen Charakters handle es sich vielmehr um eine persönliche Angelegenheit des Hauseigentümers.

Im Beschwerdefall wird nicht vorgebracht, daß der Hausverwalter die in Rede stehende Parteienvertretung nur im Einzelfall übernommen habe. Es ist vielmehr eindeutig, daß die Vollmacht dem Hausverwalter in dem durch seine berufliche Tätigkeit abgesteckten Rahmen erteilt worden ist. Abgesehen davon ist die im Beschwerdefall strittige Frage der Berechtigung zur Vertretung in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verwaltungsstrafverfahren - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - weder im Sinne der Vollmacht eine Angelegenheit, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringt, noch darüber hinaus - wie sich aus dem vorher genannten Erkenntnis ergibt - im Rahmen der beruflichen Obliegenheiten eines Immobilienverwalters gedeckt. Nach dem Wortlaut der erteilten Vollmacht bezieht sich diese auf Angelegenheiten der Verwaltung einer Liegenschaft. Die Vertretung in einer Verwaltungsstrafsache wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, begangen durch die bewilligungslose Beschäftigung einer Ausländerin als Hausbesorgerin auf dieser Liegenschaft, ist aber nicht mehr eine „Angelegenheit der Verwaltung einer Liegenschaft“.

Wenn die Beschwerde - wie dargelegt - in Alternative zur vorher behandelten Frage des Inhaltes der Vollmacht weiters rügt, daß nicht die Beschwerdeführerin, sondern nur der Hausverwalter zur Beibringung einer ausreichenden Vollmacht aufgefordert worden sei, und wenn sie darin einen Verfahrensmangel zu erkennen meint, ist - unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 - auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1981, Zl. 81/03/0065, zu verweisen. Für die belangte Behörde ist - wie sie auf Grund der Aktenlage zu Recht annehmen durfte - der Hausverwalter als Einschreiter im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 aufgetreten. Aus diesem Grunde war auch ihm als grundsätzlich für eine Bevollmächtigung geeignete physische Person die Behebung des nach der Lage im Beschwerdefall als Formgebrechen zu wertenden Bevollmächtigungsmangels aufzutragen.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen und unter Berücksichtigung des durch den angefochtenen Bescheid bestimmten Gegenstandes des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann dem übrigen Beschwerdevorbringen keine für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides wesentliche Bedeutung beigemessen werden, so daß sich ein weiteres Eingehen insbesondere auf die Fragen der Schuld und der Strafbemessung erübrigt.

Die Beschwerde war aus den vorher dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 25. November 1987

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Bejahung Einschreiter Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1987:1987090174.X00

Im RIS seit

21.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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