TE Vwgh Beschluss 2020/9/25 Ra 2020/06/0160

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Veröffentlicht am 25.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des H T in M, vertreten durch Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Talstraße 4a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 9. März 2020, LVwG-2019/36/0559-5, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schwaz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4        Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 15.5.2020, Ra 2018/06/0015, mwN); auch der Verweis in der Zulässigkeitsbegründung auf Vorbringen im Beschwerdeverfahren ersetzt die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsgründe in der Revision nicht (vgl. etwa VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005, mwN).

5        Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 7. Juli 2014 wurde dem Revisionswerber als Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes der KG M gemäß näher angeführter Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2011 u.a. die Nutzung des genannten Grundstückes als Abstellfläche für Kraftfahrzeuge untersagt. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14. Februar 2019 wurde der Revisionswerber (nach zwei im selben Zusammenhang rechtskräftig verhängten Verwaltungsstrafen im Jahr 2016) der Übertretung des § 67 Abs. 1 lit. n iVm § 46 Abs. 6 lit. a bis c iVm § 71 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2018 iVm dem genannten Bescheid vom 7. Juli 2014 zu drei näher genannten Tatzeitpunkten schuldig erkannt und über ihn eine Verwaltungsstrafe in näher bezeichneter Höhe verhängt. Mit dem gegenständlich angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (in der Folge: LVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insofern Folge, als es die verhängte Geldstrafe herabsetzte; gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das LVwG habe die seitens des Revisionswerbers „mehrmals gerügte Befangenheit des Sachverständigen“ nicht aufgegriffen und dessen fachliche Ausführungen auch dem Rechtsmittelverfahren zugrundegelegt. Das Gutachten, welches dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zugrunde gelegen sei, sei von derselben Person erlassen worden, welche schon im vorhergehenden Verfahren „interessiert war“, dem Revisionswerber „Verletzungen gegen die Vorschriften der Tiroler Bauordnung anzulasten“. Weiters sei das entgegen § 52 AVG von einem nicht amtlichen Sachverständigen erstellte Gutachten „nicht schlüssig“ und lasse „wesentliche Probleme außer Acht“. Im Falle eines unschlüssigen Sachverständigengutachtens sei es nicht erforderlich, ein Gegengutachten zu erstellen; das LVwG habe sohin „in wesentlichen Punkten erforderliche Prüfungen und Sachverhaltsfeststellungen unterlassen“. Da das Erkenntnis des LVwG ausschließlich auf dem Gutachten des bautechnischen Sachverständigen beruhe und „bei Prüfung der Befangenheit bzw. Schlüssigkeit allenfalls ein anderer Sachverständiger zu bestellen gewesen wäre, der die Fehlerhaftigkeit und Unschlüssigkeit des Gutachtens aufgezeigt hätte, wäre diesbezüglich ein anderes Urteil zu erwarten gewesen“.

7        Die Revision ist unzulässig:

8        Hinsichtlich der Behauptung des Vorliegens einer Befangenheit des Amtssachverständigen der Marktgemeinde M., aufgrund dessen fachlicher Beurteilung die auf dem in Rede stehenden Grundstück aufgebrachte Oberfläche als bauliche Anlage in Form eines Schotterrasens qualifiziert wurde, ist auszuführen, dass ein Vorbringen hinsichtlich einer allfälligen Befangenheit weder im Verfahren vor dem LVwG, noch vor der Verwaltungsstrafbehörde erstattet wurde, und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage nicht mit einem Vorbringen begründet werden kann, das unter das Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG fällt (vgl. für viele etwa VwGH 25.10.2016, Ra 2016/07/0083, mwN). Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass der Umstand allein, dass sich ein Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf die gutachterlichen Ausführungen eines im verwaltungsbehördlichen Verfahren beigezogenen (Amts-)Sachverständigen gestützt hat, noch keine Bedenken gegen dessen volle Unbefangenheit zu begründen vermag (vgl. etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2016/06/0150, mwN).

9        In Bezug auf die sonstigen Ausführungen der Zulässigkeitsbegründung ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG sein können, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. z.B. VwGH 24.2.2016, Ra 2016/05/0010, oder auch 13.12.2016, Ra 2016/05/0121, jeweils mwN), wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, was heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 12.6.2019, Ra 2017/06/0030, oder auch 26.2.2019, Ra 2019/06/0011, jeweils mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, zu welchen anderen Feststellungen die Einholung eines - im Sinn des Revisionswerbers - ergänzenden Sachverständigengutachtens (hinsichtlich dreier Tatzeitpunkte im Jahr 2017) geführt hätte und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten (vgl. z.B. VwGH 29.3.2017, Ra 2017/05/0036, oder auch 24.10.2017, Ra 2017/06/0191, jeweils mwN); zu bemerken ist, dass der Revisionswerber die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens vor dem LVwG nicht beantragt hat und sich das LVwG entgegen der diesbezüglichen Behauptung in der Zulässigkeitsbegründung im angefochtenen Erkenntnis mit den Ausführungen des Amtssachverständigen in schlüssiger Weise auseinandergesetzt hat. Bei der Frage, ob es sich bei dem gegenständlichen „Schotterrasen“ um eine bauliche Anlage im Sinne der Tiroler Bauordnung handelt, handelt es sich um eine Rechtsfrage. Den vom LVwG für die Beurteilung dieser Rechtsfrage herangezogenen, auf die Ausführungen des Amtssachverständigen der Marktgemeinde M. gestützten Sachverhaltsgrundlagen tritt der Revisionswerber in der Sache nicht entgegen, sondern beschränkt sich auf das Vorbringen, die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht schlüssig und ließen „wesentliche Probleme außer Acht“. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist damit nicht ersichtlich.

10       Ausführungen hinsichtlich der sonstigen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.

11       Da somit in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war diese gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060160.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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