TE Lvwg Beschluss 2020/8/6 VGW-031/062/3897/2020

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Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG 2014 §9
AVG §10
AVG §13 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seine Richterin Mag. Holl, LL.M. über die Beschwerde der Frau Mag. A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., vom 19.02.2020, Zl. VStV/..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO) iVm Kraftfahrgesetz (KFG), folgenden

BESCHLUSS

I. Die Beschwerde wird gemäß § 50 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG und § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG iVm §§ 38 VwGVG, 24 VStG, 10 iVm 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, sofern diese nicht bereits nach § 25a Abs. 4 VwGG bzgl. des Spruchpunktes 2.) des Straferkenntnisses ausgeschlossen ist.

Begründung

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 19.2.2020 zur GZ: VStV/..., zugestellt durch Hinterlegung am 26.2.2020, wurde der Beschwerdeführerin Folgendes zur Last gelegt:

„1.

Datum/Zeit:                  02.09.2019, 07:35 Uhr

Ort:             Wien, C.-gasse

Betroffenes Fahrzeug:   Anhängerwagen, Kennzeichen: W-... (A)

Sie sind als Lenker/in des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.

2.

Datum/Zeit:                  02.09.2019, 07:35 Uhr

Ort:             Wien, C.-gasse

Betroffenes Fahrzeug:   Anhängerwagen, Kennzeichen: W-... (A)

Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben

nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die genannte Person(en) in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, (Zulassungsbesitzer mit dem Kennzeichen BN-...) einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.

3.

Datum/Zeit:                  02.09.2019, 07:35 Uhr

Ort:             Wien, C.-gasse

Betroffenes Fahrzeug:   Anhängerwagen, Kennzeichen: W-... (A)

Sie sind mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, zumal Sie die Unfallstelle sofort verlassen haben.

4.

Datum/Zeit:                  16.01.2020, 07:35 Uhr

Ort:             Wien, D.-gasse

Betroffenes Fahrzeug:   Anhängerwagen, Kennzeichen: W-... (A)

Sie wurden als Zulassungsbesitzer/in des KFZ-Anhängerwagen mit dem Kennzeichen W-... mit Schreiben der Wien LPD vom 20.12.2019 aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen am 02.09.2019 um 07:35 Uhr in Wien auf der C.-gasse bei Hausnummer Höhe 5 gelenkt hat.

Sie haben diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 4 Abs. 1 lit. a StVO

2. § 4 Abs. 5 StVO

3. § 4 Abs. 1 lit. c StVO

4. § 103 Abs. 2 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist,  Freiheitsstrafe von    Gemäß Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 100,00   22 Stunden       § 99 Abs. 2 lit.a StVO

2. € 150,00   2 Tage 21 Stunden      § 99 Abs. 3 lit.b StVO

3. € 100,00   22 Stunden       § 99 Abs. 2 lit.a StVO

4. € 200,00  1 Tag 16 Stunden     § 134 Abs. 1 KFG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 55,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 605,00

Mit E-Mail vom 13.3.2020, abgeschickt von B.A.@gmail.com, wurde Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 19.2.2020 zur GZ: VStV/... erhoben, wobei der Verfasser des E-Mails der Ehegatte der Beschwerdeführerin Hr. E. B. (geb. 1952) war. Diese E-Mail enthielt folgenden Text:

„Einspruch und dies ist eine warnung an sie, dass hier so viele ungereimheiten gibt, dass ich, ehemann von fr mgr B. A., mba, für 5 punkte eine sachverhaltsdarstellung an die staatsanwaltschaft wien am montag, 16.03.2020 abgeben muss.

Beide strafverfügungen sind, meinem verdacht nach, mit hilfe von behörden entstanden.

Die staatanwaltschaft soll das ganze klären.

B.“

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor (ha. eingelangt am 25.3.2020).

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes vom 30.4.2020 wurde der Ehegatte der Beschwerdeführerin als Einschreiter binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung aufgefordert, seine Vertretungsbefugnis durch eine Vollmacht nachzuweisen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und gemäß § 9 Abs. 1  Z 4 VwGVG ein Begehren zu enthalten hat; das Vorbringen in der E-Mail vom 13.3.2020 aber weder Begründung noch Begehren aufweist. Dementsprechend wurde dem Einschreiter gemäß § 13 Abs. 3 AVG eine zweiwöchige Frist ab Zustellung des Schreibens zur Behebung der Mängel eingeräumt und darauf hingewiesen, dass bei fruchtlosem Ablauf dieser Frist das Anbringen zurückgewiesen wird.

Die Landespolizeidirektion Wien leitete eine E-Mail der Beschwerdeführerin vom 3.5.2020 (adressiert an Post Ombudsmann) dem Verwaltungsgericht Wien zur Kenntnisnahme weiter. Darin verwies die Beschwerdeführerin auf ihren Ehegatten samt Adresse in Wien, F.-straße und gab an, dass dieser „alle Fälle“ mit der Post bearbeite.

Der Mängelbehebungsauftrag vom 30.4.2020 wurde dem Einschreiter mehrmals in Wien, F.-straße mittels Rsb-Brief zugestellt, zuletzt durch persönliche Übernahme am 10.7.2020.

Bis dato gab weder der Einschreiter noch die Beschwerdeführerin eine (inhaltliche) Stellungnahme auf das Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30.4.2020 ab.

II. Beweiswürdigung

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen, die E-Mail vom 13.3.2020 gewürdigt und dem Ehegatten der Beschwerdeführerin als Einschreiter mit Schreiben vom 30.4.2020 ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt. Die (letzte) Zustellung dieses Schreibens durch persönliche Übernahme am 10.7.2020 ergibt sich zweifelsfrei aus dem Rsb-Zustellnachweis der Post (öffentliche Urkunde gemäß § 292 ZPO).

Das Verwaltungsgericht Wien ermittelte anhand des ZMR Auszugs und Versicherungsdatenauszugs der Beschwerdeführerin die persönlichen Daten ihres Ehegatten und seine Zustelladresse (vgl. übereinstimmend mit den Angaben laut E-Mail vom 3.5.2020).

Bis dato erfolgte keine Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom 30.4.2020.

III. Rechtsvorschriften

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, lauten auszugsweise:

Inhalt der Beschwerde

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

      1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

      2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

      3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

      4. das Begehren und

      5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

         (…)“

VwGVG idF BGBl. I Nr. 33/2013:

„Anzuwendendes Recht

  § 38. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 57/2018, lauten auszugsweise:

II. Teil: Verwaltungsstrafverfahren

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, § 39 Abs. 3 bis 5, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.“

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, lauten auszugsweise:

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen. (…)

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten. (…)

Anbringen

§ 13. (…)

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(…)“

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Vollmachtsmangel

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Einschreiter schon zum Zeitpunkt seines Handelns zumindest schlüssig zu erkennen geben, dass er als Vertreter eines bestimmten Dritten tätig wird. Der Mangel an Vollmacht bei einer auf ein Vertretungsverhältnis hinweisenden Eingabe ist als Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu werten, der durch einen entsprechenden Verbesserungsauftrag zu beheben ist (vgl. VwGH 24.2.2005, 2004/07/0170).

In Entsprechung eines derartigen Auftrages kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch – bei mündlicher Bevollmächtigung im Innenverhältnis – erst im Nachhinein errichtet werden. Entscheidend ist nämlich nicht die – möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende – Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern dass das Vertretungsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Einschreiter bereits bestanden hat (vgl. VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093, VwGH 21.5.2012, 2008/10/0085).

Dies bedeutet aber, dass nur der Mangel des Vollmachtnachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung – zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung – selbst behebbar ist (vgl. VwGH 26.1.1982, 0577/80). Das Vollmachtverhältnis selbst muss daher vor dem Ablauf der Frist für eine Verfahrenshandlung begründet oder die Verfahrenshandlung innerhalb dieser Frist nachträglich genehmigt werden (vgl. VwGH 8.7.2004, 2004/07/0101, VwGH 8.9.2009, 2009/21/0072). Ist dies nicht der Fall, so kann der vom Einschreiter gesetzte Akt der Partei selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn die Bevollmächtigung innerhalb der Verbesserungsfrist erfolgt (vgl. VwGH 24.2.1995, 94/09/0296).

Im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz vom 13.3.2020 hat sich der Einschreiter als Vertreter der Bescheidadressatin zu erkennen gegeben. Ein Fall des § 10 Abs. 4 AVG liegt schon mangels Amtsbekanntheit des Ehegatten der Beschwerdeführerin nicht vor (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 10, Rz 14). Es wurde keine mündliche Vollmacht vor der Behörde erteilt und ist auch keine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person eingeschritten, bei der die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht den urkundlichen Nachweis derselben ersetzt hätte. Die für die beschwerdeführende Partei einschreitende Person hätte sich daher gemäß § 10 Abs. 1 zweiter Satz AVG durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen müssen. Auf diesen Umstand wurde der Einschreiter vom Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 30.4.2020 auch ausdrücklich hingewiesen. Das Fehlen der schriftlichen Vollmacht stellt somit einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz AVG).

Es wurde daher der Einschreiter aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung vom 30.4.2020 eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, aus welcher hervorgeht, dass das Vollmachtverhältnis bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bestanden hat.

Das Schriftstück wurde dem Einschreiter nachweislich mittels Rsb-Brief durch persönliche Übernahme zuletzt am 10.7.2020 zugestellt.

Dieser Aufforderung ist der Einschreiter innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist, die mit Ablauf des 24.7.2020 endete, und auch bis zum hg. Entscheidungszeitpunkt nicht nachgekommen. Das Vorliegen eines Vollmachtverhältnisses wurde daher nicht nachgewiesen.

Die Beschwerde war sohin bereits aus diesem Grund zurückzuweisen.

2. Mängel gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG

Zunächst wird festgehalten, dass die grundsätzlichen Anforderungen an bei Verwaltungsgerichten eingebrachten Beschwerden gegenüber den Anforderungen des AVG an Berufungen nicht verschärft werden sollten (vgl. VwGH 18.12.2015, Ra 2015/02/0169, VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066). Die von der Rechtsprechung des VwGH bezüglich der Anforderungen an eine Berufung aufgestellten Grundsätze gelten daher auch für die Anforderungen an eine Beschwerde (vgl. VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0055).

Im Lichte der Judikatur zu § 63 Abs. 3 AVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid, dessen Spruch rechtlich teilbar ist, hinsichtlich jedes trennbaren Teils, der bekämpft wird, eine Begründung zu enthalten (gilt auch im Verwaltungsstrafverfahren, vgl. VwGH 22.10.1996, 94/08/0029).

Nach der Rechtsprechung ist das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages einer Verbesserung zugänglich, § 13 Abs. 3 AVG dient aber nicht dazu, einen verfehlten Berufungsantrag zu korrigieren; bei der Auslegung des Begriffs "begründeter Berufungsantrag" ist kein übertriebener Formalismus anzuwenden, vielmehr sind der wesentliche Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, sowie die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. VwGH 27.2.2015, Ra 2014/17/0035). Diesem an den Inhalt einer Beschwerde in Verwaltungsstrafsachen nach § 9 VwGVG angelegten Maßstab (vgl. VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066) genügt es, wenn das Rechtsmittel der Partei vor dem Verwaltungsgericht erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. 24.5.2016, Ra 2016/03/0037).

Das bedeutet aber nicht, dass schon die bloße Erkennbarkeit des mangelnden Einverständnisses mit einem Bescheid einen begründeten Berufungsantrag darstellt (VwGH 29.11.1989, 89/01/0275). Dies ist ja eine Voraussetzung dafür, dass eine Eingabe überhaupt als Rechtsmittel gewertet werden kann. Für die Erfüllung der Voraussetzung eines begründeten Berufungsantrages ist vielmehr erforderlich (aber auch ausreichend), dass aus einer als Berufung zu wertenden Eingabe einerseits - unter dem Gesichtspunkt des Berufungsantrages - erkennbar ist, was der Berufungswerber mit seinem Rechtsmittel anstrebt, das heißt ob er eine gänzliche oder nur teilweise (und diesfalls welche) Abänderung oder Behebung des bekämpften Bescheides bezweckt, und dass die Berufung andererseits - unter dem Gesichtspunkt der Begründung des Berufungsantrages - erkennen lässt, womit (d.h. mit welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen) der Berufungswerber seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Wenn der Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber zu entnehmen ist, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides nach Auffassung des Berufungswerbers gelegen sein soll, so fehlt es jedenfalls am Erfordernis der Begründung des Berufungsantrages (vgl. VwGH 23.2.1993, 92/08/0193 mwN, VwGH 21.6.2005, 2002/06/0121).

Ähnliches gilt auch für das Erfordernis eines Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 VwGVG, Rz 39). Das Erfordernis des § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG richtet sich an rechtsunkundige Parteien und darf daher ebenfalls nicht formalistisch ausgelegt werden (vgl. VwGH 29.3.1995, 92/05/0227 und VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0037). § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG verlangt vom Beschwerdeführer keine formell und inhaltlich vollendete Darstellung (vgl. VwGH 23.2.1993, 92/08/0193). Den gesetzlichen Erfordernissen des § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG ist bereits entsprochen, wenn die Beschwerde insgesamt mit hinreichender Klarheit erkennen lässt, was die Partei anstrebt – d.h. welcher Erfolg durch das Rechtsmittel erreicht werden soll (siehe dazu Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §9 VwGVG, Rz 40, mit umfassenden Judikaturnachweisen). Im Fall einer Bescheidbeschwerde muss also daraus hervorgehen, ob der Beschwerdeführer entweder die Behebung oder eine bestimmte Abänderung des angefochtenen Bescheides bzw. eine bestimmte anderslautende Entscheidung in der Sache selbst begehrt (vgl. VwGH 23.2.1993, 92/08/0193).

Das Erfordernis eines Begehrens nach § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG ist hingegen nicht erfüllt, wenn aus der Beschwerde bloß das mangelnde Einverständnis mit dem angefochtenen Bescheid hervorgeht (vgl. VwGH 23.2.1993, 92/08/0193) oder der Bescheid darin bloß „beeinsprucht“ wird (vgl. VwGH 26.11.1991, 91/11/0149).

Die gegenständliche E-Mail vom 13.3.2020 enthält überhaupt keine Begründung (lediglich Verweis auf „ungereimheiten“) und es ist unklar, warum das Straferkenntnis bzw. welche der vier Spruchpunkte rechtswidrig sein soll/en. Der Beschwerde fehlt es daher im Lichte der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an einer Begründung nach § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG.

Darüber hinaus wurde in der E-Mail vom 13.3.2020 das Straferkenntnis lediglich „beeinsprucht“, weshalb auch das Erfordernis eines Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG nicht gegeben ist, zumal fraglich ist, ob damit die Einstellung des Verfahrens oder die Herabsetzung der Strafe begehrt wird bzw. welche Art von Begehren sich gegen welche der vier Spruchpunkte richtet.

Aufgrund dieser Mängel war gemäß § 13 Abs. 3 AVG ein Verbesserungsauftrag an den Beschwerdeführer zu richten. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu verpflichtet ist, der Partei Anleitungen dahingehend zu geben, mit welchen rechtlichen Mitteln und welchen Anträgen sie ein von ihr allenfalls angestrebtes Ziel erreichen könnte (VwGH 26.7.2012, 2011/07/0143). Im gegenständlichen Fall erging der Verbesserungsauftrag mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30.4.2020 an den Einschreiter, wobei die Zustellung durch persönliche Übernahme erfolgte. Die zweiwöchige Frist zur Mängelbehebung war auch angemessen, da kein neuen Unterlagen beschafft werden mussten, sondern lediglich das Beschwerdevorbringen zu ergänzen bzw. zu präzisieren gewesen ist (vgl. VwGH 17.12.2015, 2013/07/0068).

Wird einem Verbesserungsauftrag nicht oder nicht vollständig oder nicht innerhalb der gesetzlichen Frist nachgekommen, ist die Beschwerde zurückzuweisen. Bei einem Auftrag zur Verbesserung eines fristgebundenen Antrags, insbesondere eines Rechtsmittels, bewirkt nur die rechtzeitige Behebung des Mangels die ursprüngliche richtige Einbringung der Eingabe (vgl. VwGH 21.6.2001, 99/22/0465 noch zu § 63 Abs. 3 AVG).

Der Auftrag zur Behebung der gegenständlichen Mängel wurde dem Einschreiter laut Rsb-Zustellnachweis (öffentliche Urkunde gemäß § 292 ZPO) zuletzt am 10.7.2020 durch persönliche Übernahme nach § 13 Abs. 1 ZustG zugestellt. Hinsichtlich einer etwaigen Ortsabwesenheit oder eines Zustellmangels lassen sich aus dem Akteninhalt keine Hinweise entnehmen und machte der Einschreiter dazu auch keine Angaben. Die zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme begann daher am 10.7.2020 und endete am 24.7.2020.

Der Einschreiter oder die Beschwerdeführerin erstatteten bis dato kein (fristgerechtes) Vorbringen, weshalb die Begründungsmängel der Beschwerde iSd § 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG nicht behoben wurden. Daher ist die Beschwerde vom 13.3.2020 auch aus diesen Gründen zurückzuweisen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Für die Beschwerdeführerin ist bzgl. des Spruchpunktes 2.) des Straferkenntnisses gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, weil es sich um eine Verwaltungsstrafsache handelt, bei der eine Geldstrafe von weniger als 750,– Euro verhängt werden durfte und lediglich eine Geldstrafen von 150,- Euro verhängt wurde (gilt auch bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen, u.a. VwGH 1.12.2015, Ra 2015/02/0224).

Im Übrigen ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerde; Inhalt; Vertretung; Mängel; Verbesserungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.062.3897.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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