TE Bvwg Beschluss 2020/5/15 W213 2112365-2

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Veröffentlicht am 15.05.2020
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Entscheidungsdatum

15.05.2020

Norm

AVG §38
GehG §20c
VwGVG §17

Spruch

W213 2112365-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG in der Beschwerdesache von XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Salzburg vom 19.03.2020, GZ. PAD/20/00486479/001/AA, betreffend Abweisung eines Antrags auf Auszahlung einer Jubiläumszuwendung, beschlossen:

Das Verfahren wird gemäß § 38 AVG i.V.m. § 17 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegen das hg. Erkenntnis vom 31.01.2020, GZ. W122 2185920-1/33E, erhobene ordentliche Revision ausgesetzt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I.1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht als Beamter des Ruhestandes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war zuletzt der Landespolizeidirektion Salzburg zur Dienstleistung zugewiesen.

I.2. Mit Schreiben vom 02.04.2015 beantragte der Beschwerdeführer die Auszahlung der Jubiläumszuwendung (40 bzw. 35 Jahre). Mit Bescheid vom 16.12.2013, Zl. P6/23504/2013, sei von der Dienstbehörde der "maßgebliche Stichtag" mit 01.03.1974 ermittelt worden. Somit habe er bereits am 01.03.2014 die erforderlichen 40 Jahre erreicht.

I.3. Mit Bescheid vom 29.07.2015, Zl. P6/18953-PA/15, wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen und begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass als Dienstzeiten für die Berechnung des Anspruches auf Jubiläumszuwendung (nur) die zur Gänze für den Vorrückungsstichtag angerechneten Zeiten herangezogen werden können, nicht aber die zur Hälfte berücksichtigten Zeiten.

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen und sinngemäß zusammengefasst aus, dass der Bescheid "nichtig" durch die Zitierung des § 169 Abs 10 GehG sei, vielmehr sei als maßgebliche Bestimmung § 169e Abs 1 GehG heranzuziehen. Zudem sei der ermittelte Stichtag der 01.03.1974. Aus der genannten Übergangsbestimmung folge, dass die Jubiläumszuwendung mit 01.03.2014 angefallen sei. Er begehre deren Auszahlung samt 4% Zinsen ab 01.07.2014.

I.5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 18.09.2017, W129 2112365-1/7E, wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG iVm § 20c sowie § 169e Abs 1 Gehaltsgesetz 1956 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte Rechtsgrundlage anstelle von "§ 169 Abs 10 GehG 1956" richtigerweise "§ 169e Abs 1 GehG 1956" zu lauten habe.

I.6. Mit Erkenntnis des VwGH vom 27.05.2019, Ra 2017/12/0116-15, wurde das angefochtene Erkenntnis aufgrund einer dagegen eingebrachten außerordentlichen Revision ein wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes behoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte insbesondere in Rz 32 aus, dass nicht nur der Vorrückungsstichtag, sondern auch der Jubiläumsstichtag in unionsrechtskonformer Weise zu ermitteln gewesen wäre.

I.7. Mit Beschluss vom 23.09.2019, W129 2112365-1/20E, hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde vom 29.07.2015, Zl. P6/18953-PA/15, auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die Behörde zurück. Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass aus dem bekämpften Bescheid nicht ersichtlich sei, ob der Jubiläumsstichtag in unionsrechtskonformer Weise (zuletzt EuGH 08.05.2019 sowie - auf den vorliegenden Beschwerdefall bezogen - VwGH 27.05.2019, Ra 2017/12/0116-15, insbesondere Rz 32) ermittelt worden sei.

Insbesondere habe die Behörde jedoch keine Ermittlungen bzw. Feststellungen zur Tatbestandsvoraussetzung der "treuen Dienste" vorgenommen, sondern die Abweisung des Antrages lediglich mit dem Nichterreichen des Jubiläums begründet. Gegen den Beschwerdeführer seien mehrere Disziplinarverfahren nicht nur eingeleitet, sondern auch - zumindest teilweise - mit Schuldsprüchen rechtskräftig abgeschlossen worden (zuletzt BVwG 26.03.2018, W136 2165311-1/22E; Revisionsentscheidung: VwGH 26.06.2019, Ra 2018/09/0080-8). Eine Verletzung von Dienstpflichten, in der nicht zugleich strafrechtliche Verstöße liegen, könne im Fall einer entsprechenden Schwere und Häufung sowie unter Berücksichtigung der dienstlichen Position und des Aufgaben- und Verantwortungsbereiches des Beamten für eine Versagung der Jubiläumszuwendung genügen (vgl. VwGH 16.3.2005, 2003/12/0189). Eine solche Verletzung von Dienstpflichten könne hinsichtlich der Frage der "treuen Dienste" jedoch nur insoweit bei der Prüfung einer Zuerkennung bzw. Versagung der Jubiläumszuwendung berücksichtigt werden, als die Verletzung der Dienstpflichten vor dem Erreichen des Dienstjubiläums sei (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0090).

Somit hätte die belangte Behörde nicht nur den Jubiläumsstichtag in unionsrechtskonformer Weise zu ermitteln gehabt, sondern auch Ermittlungen und Feststellungen hinsichtlich der Art, des Umfangs und des Zeitpunktes der Verletzung von Dienstpflichten (sowie in weiterer Folge Erwägungen hinsichtlich des Vorliegens der treuen Dienste unter Beachtung der vom VwGH entwickelten Kriterien) vornehmen müssen.

I.8. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Inhalt hatte:

"Ihr Antrag vom 02. April 2015 auf Ausbezahlung der Jubiläumszuwendung wird gem. § 20c GehG 1956 idgF BGBI. l Nr. 35/2012 iVm § 169e Abs. 1 GehG 1956, BGBI. Nr. 112/2019, idgF, abgewiesen."

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.01.2020, GZ. W122 2185920-1/33E, in Erledigung einer vom Beschwerdeführer erhobenen Säumnisbeschwerde nach Berechnung des Vergleichsstichtages das um einen Tag verbesserte Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum Stichtag 30. September 2015 mit 30 Jahren, 09 Monaten und 02 Tagen, festgesetzt habe. Das Verfahren über eine dagegen anhängige ordentliche Revision ist gegenwärtig noch immer beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften (§ 20c GehG 1956, in der bis zum Ablauf des 11.02.2015 geltenden Fassung, BGBI.I Nr. 35/2012, §169eAbs 1 GehG 1956, BGBI. Nr. 112/2019, idgF, §12 GehG 1956, idF BGBI. Nr. 96/2007) wurde weiter ausgeführt, dass bis zur Besoldungsreform 2015 (Kundmachung durch BGBI l Nr. 32/2015 mit 11.02.2015) für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung gem. § 20c Abs. 1 GehG 1956, idF BGBI. l Nr 35/2012, u.a. die Vollendung einer Dienstzeit von 25 bzw. 40 Jahren erforderlich gewesen sei.

Gem. § 20c Abs. 2 GehG idF BGBI. l Nr 35/2012 zählten zur Dienstzeit im Sinne des Abs. 1 u.a. auch die im § 12 Abs. 2 und 2f GehG idF BGBI. l Nr. 96/2007 angeführten Zeiten, soweit sie für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages (nunmehr Vergleichsstichtages) berücksichtigt worden seien.

§169e Abs1 GehG 1956, BGBI. l Nr. 112/2019, besage, dass für die am 11.02.2015 im Dienststand befindlichen Beamten die Bestimmungen über die Jubiläumszuwendung (§20c) in der bis zum Ablauf des 11. Februar 2015 geltenden Fassung, BGBI. l Nr. 35/2012, auch weiterhin anzuwenden seien. Der Beschwerdeführer habe sich am 11.02.2015 im Dienststand befunden.

Als Zeiten die gem. § 20c Abs. 2 GehG 1956 zur Berechnung des Anspruches auf Jubiläumszuwendung herangezogen werden können, kämen beim Beschwerdeführer, außer der im bestehenden Dienstverhältnis verbrachten und für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit, lediglich die in § 12 Abs. 2 GehG 1956 idF BGBI. l Nr. 96/2007 angeführten Zeiten in Betracht.

Seine sonstigen Zeiten, die die Erfordernisse des § 12 Abs. 2 GehG 1956 idF BGBI. l Nr. 96/2007 nicht erfüllten, könnten auch weiterhin für die Ermittlung des Stichtages für die Jubiläumszuwendung nicht herangezogen werden.

§ 169e Abs. 1 letzter Satz GehG 1956, BGBI. Nr. l 112/2019 verweise darauf, dass bei Beamten deren besoldungsrechtliche Stellung nach § 169fAbs. 1, 2 oder 3 GehG 1956 BGBI. l Nr. 112/2019 neu festgesetzt worden sei, iZm § 20c Abs. 2 Z. 2 GehG 1956 BGBI. l Nr 35/2012 der Vergleichsstichtag an Stelle des Vorrückungsstichtages trete.

Der Vergleichsstichtag des Beschwerdeführers sei vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 31.01.2020, GZ. W122 2185920-1/33E, mit 11.11.1976 berechnet und das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers zum 30.09.2015 (Tag der Ruhestandsversetzung) mit 30 Jahren 09 Monaten und 02 Tagen festgesetzt worden. Sein Besoldungsdienstalter habe sich dadurch um einen Tag verbessert.

Im Zeitraum der für die Berechnung des Vergleichsstichtages zu berücksichtigen sei (ab Vollendung des 14. Lebensjahres - am 23.11.1971 - bis zum Tag der Anstellung bei der Bundespolizeidirektion Salzburg am 01.11.1980) lägen folgende Zeiten:

23.11.1971 -05.07.1974: Schul- und Ferienzeiten HS Admont, Realgymnasium Bad Aussee

06.07.1974-08.09.1974: Zeiten ohne Beschäftigung

09.09.1974-30.09.1977: Bäckerlehrling/-geselle, Fa. Pichler, Admont

01.10.1977-02.10.1977: Zeiten ohne Beschäftigung

03.10.1977 - 06.11.1978: Präsenzdienst ÖBH

07.11.1978 - 03.12.1978: Zeiten ohne Beschäftigung

04.12.1978 - 03.02.1979: freiwillige Waffenübung ÖBH

04.02.1979 - 04.02.1979: Zeiten ohne Beschäftigung

05.02.1979 - 31.10.1980: außerordentlicher Präsenzdienst ÖBH

Bereits der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, GZ. Ra 2017/12/0116-15, ausgeführt, dass auf jenen Jubiläumsstichtag abzustellen wäre, der bereits in der Vergangenheit bei unionsrechtskonformer Interpretation unter Anwendung des § 20c iVm §12 Abs. 2 GehG idF vor der Besoldungsreform 2015 hätte ermittelt werden müssen.

Weiters habe er ausgeführt, dass wenn die durch den Bescheid vom 16. Dezember 2013 zusätzlich für den Vorrückungsstichtag angerechneten Zeiten solche gewesen wären, die unter § 12 Abs. 2 GehG idF vor der Besoldungsreform 2015 zu subsumieren gewesen wären, sodann eine Neuermittlung des Jubiläumsstichtages erforderlich gewesen wäre. Jener Stichtag wäre gemäß § 169eAbs. 1 GehG 1956 somit weiterhin als Jubiläumsstichtag maßgeblich gewesen.

Daher sei zu prüfen, ob die zusätzlich zum Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers angerechneten Zeiten unter § 12 Abs. 2 GehG idF vor der Besoldungsreform 2015 zu subsumieren seien.

Der Beschwerdeführer habe sein Dienstverhältnis bei der Bundespolizeidirektion Salzburg am 01.11.1980 begonnen. Seine Dienstzeiten beim österreichischen Bundesheer vom 03.10.1977 bis zum 06.11.1978 (400 Tage), vom 04.12.1978 bis zum 03.02.1979 (62 Tage) und vom 05.02.1979 bis zum 31.10.1980 (635 Tage), sei ihm bereits bisher gem. § 20c Abs. 2 Z. 2 GehG 1956, BGBI. l Nr. 35/2012 iVm § 12 Abs. 2 GehG 1956, BGBI. l Nr. 96/2007 auf die Jubiläumszuwendung angerechnet worden.

Angesichts seines Eintrittsdatums vom 01.11.1980 und erneuter Prüfung aller gem. § 20cAbs. 2 GehG 1956 idgF BGBI l Nr. 35/2012 auf das Dienstjubiläum anrechenbarer Dienstzeiten ab Vollendung seines 14. Lebensjahres falle sein Stichtag für die Jubiläumszuwendung nach wie vor auf den 01.11.1977. Die Dienstzeiten beim Österreichischen Bundesheer seien dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom 07.11.1980 der Bundespolizeidirektion Salzburg für die Vorrückung angerechnet worden und seien in Entsprechung des § 20c GehG 1 956, BGBI. l Nr. 32/2015 iVm § 169e Abs 1 GehG 1956, BGBL.I Nr. 112/2019 als anrechenbare Zeiten auch für das Dienstjubiläum zu werten. Der Jubiläumsstichtag sei daher von der Dienstbehörde richtigerweise mit 01. November 1977 ermittelt worden.

Über diese bereits berücksichtigten Dienstzeiten beim Österreichischen Bundesheer hinaus seien der oben angeführten Aufstellung keine zusätzlichen Zeiten die gem. § 20c Abs. 2 GehG 1956, BGBI. I Nr. 35/2012 bei der Feststellung des Jubiläumsstichtages zu werten wären, zu entnehmen. Die Ernennung des Beschwerdeführers in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis am 01.11.1980 sei in die Verwendungsgruppe W3 erfolgt. Das erfolgreiche Studium an einer höheren Schule sei für die Ernennung in diese Verwendungsgruppe nicht erforderlich gewesen. Eine 12. Schulstufe (Maturastufe) habe der Beschwerdeführer nicht absolviert. Darüber hinaus unter § 12 Abs. 2 u. 2f GehG 1956, BGBI. l Nr. 96/2007 einzuordnende und damit zu berücksichtigende Zeiten lägen ebenfalls nicht vor. Als maßgeblicher Jubiläumsstichtag verbleibe somit auch nach erfolgter Prüfung der 01.11.1977.

Der Jubiläumsstichtag und der Vorrückungsstichtag seien nicht zwingend ident. Die mit Bescheid vom 16.12.2013 erfolgte Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages (01.03.1974) habe keine Auswirkungen auf den Jubiläumsstichtag (01. November 1977).

Der Beschwerdeführer habe daher die Voraussetzungen für die Gewährung der Jubiläumszuwendung (40 Jahre) bis zum Übertritt in den vorzeitigen Ruhestand (30.09.2015) nicht erfüllt. Aufgrund der Nichterfüllung der Erfordernisse und somit fehlender Anspruchsvoraussetzung sei auch eine nähere Prüfung hinsichtlich der "treuen Dienste" des Beschwerdeführers entbehrlich gewesen.

I.9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das BVwG explizit festgestellt habe, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.12.2013, P6/23504/2013, der Vorrückungsstichtag für den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung bestimmter Schul- und Lehrzeiten mit 01.03.1974 festgesetzt worden sei. Weiters sei die belangte Behörde gerügt worden, dass im bekämpften Bescheid nicht ersichtlich sei, ob der Jubiläumsstichtag in unionsrechtskonformer Weise ermittelt worden sei. An diese Rechtsverweise wäre die belangte Behörde gebunden gewesen.

Der bekämpfte Bescheid weise keinerlei Berücksichtigung einer unionsrechtskonformen Entscheidung auf. Der Beschwerdeführer sehe sich gegenständlich in den unionsrechtlichen Bestimmungen des Art. 2 der RL 2000/78/EG und Art. 21 iVm. Art. 51 GRC durch die Nichtberücksichtigung seines auf Grund Unionsrechts erwirkten Vorrückungsstichtages wegen des Alters diskriminiert. Die Nichtgewährung der Jubiläumszuwendung unter Heranziehung seines früheren (diskriminierenden) Vorrückungsstichtages wäre eine neuerliche Diskriminierung auf Grund des Alters. Das BVwG habe in seinem Beschluss auf Seite 3, Punkt 8., den Sukkus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung für die belangte Behörde unmissverständlich so determiniert, dass die belangte Behörde auch den Jubiläumsstichtag in unionsrechtskonformer Weise zu ermitteln gehabt hätte.

Die belangte Behörde sei daher gehalten, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem sie im erforderlichen Ausmaß jede ihm entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse (vgl. EuGH C-184/89, Nimz, Rn 19).

Das BVwG hat in seinem Beschluss zutreffend insbesondere auf die Randziffer 32 des in dieser Rechtssache bereits ergangenen Erkenntnisses des VwGH hingewiesen, welche wie folgt lautet:

Wären daher die mit Bescheid vom 16.12.2013 zusätzlich angerechneten, vor dem 18. Geburtslag des Revisionswerbers gelegenen Zeiten solche gemäß § 12 Abs. 2 GehG in seiner Fassung vor der Besoldungsreform BGBI. I Nr. 32/2015, worunter insbesondere auch Schulzeiten zu verstehen waren, hätte die Behörde infolge der Änderung des Vorrückungsstichtages mit Bescheid vom 16.12.2013 auch eine Änderung des rechtens heranzuziehenden Jubiläumsstichtages 'festzuhalten" bzw. diesen anders zu "ermitteln" gehabt. Dieser nach der Rechtslage vor der Besoldungsreform rechtlich richtig ermittelte Stichtag wäre sodann nach § 169e Abs. 1 GehG weiterhin maßgeblich für die Frage, ob die Voraussetzungen für die rechtsgestaltende Zuerkennung der Jubiläumszuwendung gegeben seien.

Der Beschwerdeführer habe die Neufestsetzung eines unionsrechtskonformen, diskriminierungsfreien Vorrückungsstichtag erreicht und sei dieser Umstand zur Vermeidung einer unionsrechtlich verpönten Diskriminierung auf Grund des Alters auch im Anwendungsbereich des § 169e Abs. 1 GehG zu berücksichtigen. Mit dieser Begründung habe der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses des BVwG im ersten Rechtsgang aufgezeigt.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis bei der Lösung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die beantragte Jubiläumszuwendung gebühre, in den Randziffern 30 und 31 zur unionsrechtskonformen Rechtsauslegung zwei Optionen vorgegeben:

"Eine unionsrechtskonforme (insbesondere Art. 47 GRC als auch der Richtlinie 2000/78/EG Rechnung [ragende) Lösung wäre im Revisionsfall daher entweder im Auslegungsweg dadurch zu erzielen, dass § 169e Abs. 1 GehG dahin verstanden würde, dass auf jenen Jubiläumsstichtag abzustellen wäre, den die Behörde "bisher", also vor Erlassung der Besoldungsreform am 11.02.2015, korrekterweise hätte ermitteln müssen (vgl. VwGH 30.4.2014, 2013/12/0220).

Scheiterte hingegen der Versuch einer solchen unionsrechtskonformen Interpretation, käme der Anwendungsvorrang des Unionsrechts zum Tragen. Diesfalls hätte zwecks Erzielung eines dem Unionsrecht entsprechenden Ergebnisses die in § 169e Abs. 1 GehG enthaltene Wortfolge "bisher von der Dienstbehörde ermittelten" unangewendet zu bleiben. Die verbleibende Wortfolge "nach dem Stichtag" wäre dann ebenfalls in dem oben dargestellten Sinn, also bezogen auf den vor der Erlassung der Novelle BGBI. I Nr. 32/2015 relevanten Stichtag, wie er rechtens zu ermitteln gewesen wäre, zu verstehen."

Beide Lösungen führen in unionsrechtskonformer Weise zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer den Jubiläumsstichtag mit exakt 01.03.2014 erreicht habe und ihm die Jubiläumszuwendung daher zustehe.

Ergänzend werde nur angeführt, dass, soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf Seite 2 (unten) anführe, dass mit Erkenntnis des BVwG vom 31.01.2020, GZ. W 122 2185920-1/33E, das Besoldungsdienstalter zum Stichtag 20.09.2015 mit 30 Jahren, 9 Monaten und 2 Tagen festgesetzt worden sei, sie Angaben wider besseren Wissens mache, weil dieses Erkenntnis insbesondere deswegen auch mit einer außerordentlichen Revision angefochten worden sei, weil die belangte Behörde dem BVwG im bezogenen Verfahren in Mentalreservation die unrichtigen Angaben des früheren Vorrückungsstichtages mitgeteilt habe.

Soweit sich die belangte Behörde zu ihrer Begründung darin übe, den Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers nunmehr neu zu berechnen, sei darauf hinzuweisen, dass sie damit gegen das Prinzip "ne bis in idem" verstoße. Als Rechtsquelle sei ausschließlich der rechtskräftige Bescheid der belangten Behörde vom 16.12.2013, P6/23504/2013, heranzuziehen, der dem Rechtsbestand angehöre und keinen Raum für eine andere Interpretation oder eine Neuberechnung zulasse.

Dieser Bescheid sei auch für die unionsrechtskonforme und diskriminierungsfreie Berechnung des Jubiläumsstichtages mit dem Ergebnis heranzuziehen, dass der Beschwerdeführer den Jubiläumsstichtag für sein 40-jähriges Dienstjubiläum am 01.03.2014 erreicht habe. Jede andere Interpretation wäre eine bewusste Diskriminierung auf Grund des Alters.

Es werde daher beantragt

* eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und der Beschwerde Folge zu geben;

in eventu

* den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit wiederum zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

*

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht als Beamter des Ruhestandes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war zuletzt der Landespolizeidirektion Salzburg zur Dienstleistung zugewiesen und wurde mit Ablauf des 30.09.2015 in den Ruhestand versetzt.

Mit Bescheid vom 16.12.2013, Zl. P6/23504/2013, wurde von der Dienstbehörde der 01.03.1974 als "maßgeblicher Stichtag" festgesetzt. Aufgrund einer vom Beschwerdeführer erhobenen Säumnisbeschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.01.2020, GZ. W122 2185920-1/33E, dessen besoldungsrechtliche Stellung zum 30.09.2015 wie folgt festgesetzt:

Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2, Gehaltsstufe 16,

Besoldungsdienstalter: 30 Jahre, 9 Monate und 2 Tage.

Der Beschwerdeführer hat gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision eingebracht. Das Verfahren ist gegenwärtig beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus der unstrittigen Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Bei der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG handelt es sich um einen verfahrensleitenden Beschluss (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Rz 17 zu § 34, S 360).

Die im Beschwerdefall gemäß § 17 VwGVG anzuwendende Bestimmung des § 38 AVG lautet:

"§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 11.02.2015 dem Dienststand angehört hat und seine besoldungsrechtliche Stellung zum 30.09.2015 (Ruhestandsversetzung) durch das hg. Erkenntnis vom 31.01.2020, GZ. GZ. W122 2185920-1/33E, festgesetzt wurde. Gemäß § 169 f Abs. 1 GehG tritt in Ansehung der Prüfung der Gewährung einer Jubiläumszuwendung in derartigen Fällen der Vergleichsstichtag an die Stelle des Vorrückungsstichtags.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in obzitierten Erkenntnis im Zuge der Feststellung des Besoldungsdienstalters des Beschwerdeführers zum Stichtag 30.09.2015 den Vergleichsstichtag mit 11.11.1976 berechnet.

Derzeit ist zu dieser Entscheidung ein Revisionsverfahren beim VwGH anhängig, dessen Ausgang entscheidende Bedeutung auch für das gegenständliche Beschwerdeverfahren hat, weil im gegenständlichen Verfahren nur jene Zeiten herangezogen werden können, die auch zur Berechnung des Vergleichsstichtages berücksichtigt worden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aussetzung Jubiläumsstichtag Jubiläumszuwendung ordentliche Revision Polizist Ruhestandsbeamter Vorfrage VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2112365.2.00

Im RIS seit

15.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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