TE Vfgh Erkenntnis 2020/9/21 E2225/2020

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

EU-Grundrechte-Charta Art47 Abs2
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §10
FremdenpolizeiG 2005 §52
BFA-VG §21 Abs7
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach China; kein Ermittlungsverfahren in entscheidungswesentlichen Punkten; keine Klärung des Sachverhalts auf Grund der Aktenlage

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach China und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) sowie im Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Art47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der am 10. Februar 1989 geborene Beschwerdeführer ist chinesischer Staatsangehöriger. Er ist im Alter von 14 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Dem damals minderjährigen Beschwerdeführer wurde vom 10. März 2003 bis zum 30. Oktober 2003, vom 28. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2004 sowie vom 19. Jänner 2005 bis zum 31. Juli 2005 ein Aufenthaltstitel zum Zweck einer Schulausbildung (Einreise mittels Schülervisum) erteilt. Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2003/2004 eine öffentliche Informatikhauptschule und im Schuljahr 2004/2005 eine Kooperative Mittelschule mit Schwerpunkt Informatik. Der Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers ist mit 31. Juli 2005 abgelaufen. Er stellte am 10. Oktober 2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß §56 AsylG 2005.

2. Mit Bescheid vom 12. Februar 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §56 AsylG 2005 ab. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach China zulässig ist. Des Weiteren räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 5. Mai 2020 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinen Feststellungen zunächst aus, der nun volljährige Beschwerdeführer sei jung, gesund, arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten. Er wohne in einer Wohngemeinschaft, verfüge über einen Arbeitsvorvertrag mit Einstellungszusage nach Erteilung eines Aufenthaltstitels in einer Pizzeria sowie eine unbefristete Patenschaftserklärung gemäß §2 Abs1 Z26 AsylG 2005 vom 25. Juni 2018. In Österreich verfüge der Beschwerdeführer weder über Verwandte noch sonstige Personen, zu denen er ein besonderes Naheverhältnis habe. Dies ergebe sich – so das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung – im Wesentlichen aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

3.2. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung geht das Bundesverwaltungsgericht im Zuge der nach §9 BFA-VG im Hinblick auf Art8 EMRK gebotenen Interessenabwägung von folgenden Umständen aus: Der Beschwerdeführer verfüge über Deutschkenntnisse auf sehr einfachem Niveau, weshalb nur von einer "rudimentären sprachlichen Integration" gesprochen werden könne. Er habe keine relevanten, besonders zu berücksichtigenden sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Weder bestehe eine Verwandtschaftsbeziehung noch eine sonstige besondere, schützenswerte Nahebeziehung. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bezüglich seines Lebensgefährten und Paten stehe im Widerspruch zu den im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemachten Angaben, wo er ihn bloß als "guten Freund" bezeichnet habe. Mit einer Patenschaftserklärung werde auch lediglich eine finanzielle Unterstützung dokumentiert, jedoch kein Integrationsaspekt. Mit seinen sonstigen sozialen Kontakten könne er den Kontakt über moderne Kommunikationsmittel aufrechterhalten.

Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen wögen die öffentlichen Interessen gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers schwerer. Es gebe zwar Hinweise, die zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Treffen geführt werden könnten, wie die bedingte Einstellungszusage, diese belege jedoch eine allenfalls künftige, aber keine bestehende Integration. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht straffällig geworden sei, bewirke keine erhöhte Schutzwürdigkeit.

Zusammenfassend kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass zwar der langen Aufenthaltsdauer von 17 Jahren im Bundesgebiet bedeutendes Gewicht zukäme, dieses jedoch durch die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes relativiert werde, keine wesentlichen Integrationsschritte vorlägen und somit dem persönlichen Interesse am Verbleib im Bundesgebiet ein entsprechend verstärktes, gewichtiges öffentliches Interesse an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehe. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher dringend geboten gewesen. Die Abschiebung sei zulässig und die 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise zu Recht festgelegt worden.

3.3. Zwar führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die relevanten Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auf Grund "der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen" getroffen wurden. Ansonsten findet sich in der Entscheidung aber kein Hinweis auf eine mündliche Verhandlung und auch keine Begründung, weshalb eine solche unterbleiben konnte. Außerdem wurde dem Verfassungsgerichtshof vom Bundesverwaltungsgericht mit den Gerichtsakten auch keine Niederschrift einer mündlichen Verhandlung vorgelegt. Folglich ist davon auszugehen, dass, wie auch in der Beschwerde vorgebracht, eine mündliche Verhandlung ohne weitere Begründung unterblieb.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Das angefochtene Erkenntnis sei willkürlich und verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Zudem liege eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren gemäß Art47 GRC vor, weil das Bundesverwaltungsgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen habe. Der Beschwerdeführer werde außerdem in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK verletzt.

In der Sache moniert die Beschwerde insbesondere, dass das Bundesverwaltungsgericht eine nähere Auseinandersetzung mit der Integration des Beschwerdeführers unterlassen habe. Das Bundesverwaltungsgericht stütze sich zur Gänze auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Sachverhaltsfeststellungen des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Es habe weder eigene Feststellungen im Hinblick auf das Privatleben und die Integration des Beschwerdeführers getroffen noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt, um sich selbst insbesondere etwa über die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers einen Eindruck zu verschaffen. Die vom Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Lebensgefährten und Paten geltend gemachten Widersprüche lägen nicht vor.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die erlassene Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach China und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise richtet, begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Solche, in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1. Grundsätzlich indiziert ein Aufenthalt von über zehn Jahren ein überwiegendes Interesse des Betroffenen am Verbleib im Bundesgebiet. Allerdings gilt diese Grenze nicht absolut (vgl VfSlg 18.223/2007 und 18.224/2007 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (insb. EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl 54.273/00, Newsletter Menschenrechte 2001, 159) abgeleiteten Determinanten bei der Interessenabwägung vor Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen werden in der nicht abschließenden Aufzählung in §9 Abs2 BFA-VG positiviert. Von der Annahme einer Aufenthaltsverfestigung bei Vorliegen einer, wie im vorliegenden Fall erheblichen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet kann zu Lasten des betroffenen Fremden abgewichen werden, so insbesondere, wenn dem Fremden ein – massives – strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist (VfSlg 17.851/2006) oder wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 26.1.2017, Ra 2016/21/0168; 23.2.2017, Ra 2016/21/0340).

Das Bundesverwaltungsgericht begründet das Überwiegen öffentlicher Interessen an der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme insbesondere mit fehlenden "relevanten und besonders zu berücksichtigenden sozialen Bindungen in Österreich" und der "rudimentären sprachlichen Integration". Dabei lässt das Bundesverwaltungsgericht außer Acht, dass nach den Angaben des Beschwerdeführers eine langfristige Beziehung zu seinem Lebensgefährten, der auch finanzielle Verantwortung für ihn übernommen habe, bestehe. Wenn das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich auf einen (vermeintlichen) Widerspruch in der Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verweist, in der lediglich von einem "gute[n] Freund" die Rede sei, so lässt es außer Acht, dass in dieser Niederschrift ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer diese Person bereits 2006 getroffen, diese den Beschwerdeführer aufgenommen sowie "immer unterstützt" habe und "zu [seiner] Familie geworden" sei und sie "sehr sehr gute Freunde" seien. Wenn das Bundesverwaltungsgericht ohne weitere Begründung davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse "nur auf sehr einfachem Niveau" aufweise und eine Verständigung "teilweise nur mit Hilfestellung" möglich sei, ist – auch angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer über einen Pflichtschulabschluss in Österreich verfügt – nicht nachvollziehbar, worauf das Bundesverwaltungsgericht diese Annahme stützt.

Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Recht auf Aspekte hinweist, die gegen das Gewicht des persönlichen Interesses des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet ins Treffen zu führen sind, wie der offenbar überwiegend unrechtmäßige Aufenthalt (ohne dass das Bundesverwaltungsgericht weitere Ermittlungen anstellt, um die näheren Umstände und die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nachzuvollziehen).

Das ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die hier maßgeblichen Kriterien in entscheidungswesentlichen Punkten ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren überhaupt unterlassen und damit sein Erkenntnis mit Willkür belastet hat.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat ohne weitere Begründung auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dass das Bundesverwaltungsgericht textbausteinartig ausführt, dass die relevanten Feststellungen zum Herkunftsstaat auf Grund der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingebrachten Erkenntnisquellen getroffen wurden, beruht offensichtlich auf einem Irrtum.

Im vorliegenden Fall kann, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter Punkt 3.1. ergibt, jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist. Indem das Bundesverwaltungsgericht dennoch keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, hat es den Beschwerdeführer auch im Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Art47 GRC) verletzt (vgl etwa VfGH 5.3.2014, U2553/2013).

4. Im Übrigen – soweit die Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß §56 AsylG 2005 abgewiesen wurde – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß §56 AsylG 2005 richtet, abzusehen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach China und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 sowie im Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht gemäß Art47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden.

Das Ergebnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Verhandlung mündliche, EU-Recht, Rückkehrentscheidung, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E2225.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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