TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/28 97/14/0045

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Veröffentlicht am 28.10.1997
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

EStG 1988 §67 Abs6;
KommStG 1993 §5 Abs1;
KommStG 1993 §5 Abs2 litb;
UrlaubsG 1976 §10 Abs1;
UrlaubsG 1976 §10;
UrlaubsG 1976 §6 Abs1;
UrlaubsG 1976 §6;
UrlaubsG 1976 §9 Abs1;
UrlaubsG 1976 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister Dr. Franz Dobusch, 4040 Linz, Hauptstraße 1 - 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. März 1997, Gem-521129/2-1997-AP, betreffend Kommunalsteuer (mitbeteiligte Partei: I-GmbH in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Aufwandersatzbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der beschwerdeführenden Landeshauptstadt Linz wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei Kommunalsteuer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis zum 31. Dezember 1995 in Höhe von 65,202.660 S festgesetzt, was gegenüber der erklärten Kommunalsteuer zu einer Nachforderung von 236.374 S führte.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte die mitbeteiligte Partei vor, die Nachforderung ergebe sich dadurch, daß die Behörde Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen habe. Gemäß § 5 Abs. 2 KommStG gehörten aber Bezüge iSd § 67 Abs. 3 und 6 - zu diesen zählten auch Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen - nicht zur Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer.

Der Stadtsenat der Beschwerdeführerin wies die Berufung ab. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid seien ua Urlaubentschädigungen und Urlaubsabfindungen in Höhe von insgesamt 7,879.137 S der Kommunalsteuer unterzogen worden. Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 seien nicht kommunalsteuerpflichtig. Unter diese Bestimmung fielen Bezüge, die aus der Beendigung eines Dienstverhältnisses resultierten. Gemeint seien Abfertigungen und Abfindungen, die nicht im Zusammenhang mit dem aktiven Dienstverhältnis stünden, sondern für einen Zeitraum nach dessen Ablauf erbracht würden. Demgegenüber gebühre gem. § 9 Abs. 1 Urlaubsgesetz, BGBl. 390/1976 (UrlG), dem Arbeitnehmer eine Urlaubsentschädigung in Höhe des (noch ausstehenden) Urlaubsentgeltes, wenn das Arbeitsverhältnis nach Entstehen des Urlaubsanspruches, aber vor dessen Verbrauch ende. Die Urlaubsentschädigung stehe sohin im Zusammenhang mit dem aktiven Dienstverhältnis. Urlaubsentschädigung und auch Urlaubsabfindung würden für den während des Aktivstandes nicht konsumierten Urlaub gewährt und stünden daher in keinem Kausalzusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Auch bei aufrechten Dienstverhältnissen komme es zu Abfindungen des Urlaubsanspruches. Die in Rede stehenden Bezüge seien in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzubeziehen.

Die mitbeteiligte Partei erhob Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Stadtsenates der Beschwerdeführerin auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die "Landeshauptstadt Linz" zurück. Die Berufungsbehörde habe die Ansicht vertreten, daß Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen nicht im direkten Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses stünden - deshalb stellten sie keine Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG dar -, weil es zu derartigen Abgeltungen auch bei aufrechten Dienstverhältnissen kommen könne. Die Berufungsbehörde negiere damit das zweiseitig zwingende Urlaubsablöseverbot des § 7 UrlG. Gemäß § 7 UrlG seien Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die für den Nichtverbrauch des Urlaubes Geld oder sonstige vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers vorsehen, rechtsunwirksam. Nur für den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sähen die §§ 9 und 10 UrlG die Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubes in Form der Urlaubsentschädigung und der Urlaubsabfindung vor; aus diesem Grunde müsse die Kausalität dieser Bezüge mit der Beendigung des Dienstverhältnisses außer Streit stehen. Dies werde überdies durch die Anführung des Begriffes "Abfindungen" in § 67 Abs. 6 EStG 1988 klargestellt. Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen seien daher unter der Voraussetzung, daß sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht überstiegen, als sonstige Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 KommStG zu subsumieren und nicht in die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Landeshauptstadt Linz.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Gegenschrift und beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 KommStG bildet die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer. Durch § 5 Abs. 2 lit. b KommStG werden die im § 67 Abs. 3 und 6 EStG 1988 genannten Bezüge aus der Bemessungsgrundlage ausgenommen.

Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen), mit dem Steuersatz des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfaßt die begünstigte Besteuerung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist (vgl. die bei Hofstätter/Reichel, § 67 Abs. 6 EStG 1988 Tz 3 zitierte hg. Judikatur).

Gemäß § 2 Abs. 1 UrlG gebührt dem Arbeitnehmer für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub von 30 bzw. 36 Werktagen. Gemäß § 2 Abs. 2 UrlG entsteht der Anspruch auf Urlaub in den ersten sechs Monaten des ersten Arbeitsjahres im Verhältnis zu der im Arbeitsjahr zurückgelegten Dienstzeit, nach sechs Monaten aber bereits in voller Höhe. Ab dem zweiten Arbeitsjahr entsteht der gesamte Urlaubsanspruch mit Beginn des Arbeitsjahres.

Gemäß § 6 Abs. 1 UrlG behält der Arbeitnehmer während des Urlaubes den Anspruch auf das (regelmäßige) Entgelt (Urlaubsentgelt).

§ 9 Abs. 1 UrlG regelt, daß dem Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des noch ausstehenden Urlaubsentgeltes gebührt, wenn das Arbeitsverhältnis nach Entstehung des Urlaubsanspruches, jedoch vor Verbrauch des Urlaubes durch einen der taxativ im Gesetz aufgezählten Vorgänge beendet wird.

Wenn das Arbeitsverhältnis vor Verbrauch des Urlaubes endet und kein Anspruch auf Urlaubsentschädigung besteht, gebührt dem Arbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 UrlG eine Urlaubsabfindung. Diese beträgt für jede Woche seit Beginn des Urlaubsjahres, in dem ein Urlaub nicht verbraucht wurde, ein Zweiundfünfzigstel des Urlaubsentgeltes. Gemäß § 10 Abs. 2 UrlG gebührt die Abfindung nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt.

§ 7 UrlG normiert, daß Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die für den Nichtverbrauch des Urlaubes Geld oder sonstige vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers vorsehen, rechtsunwirksam sind.

Während des Urlaubes stellt der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung, erbringt also dem Arbeitgeber keine Leistung, behält aber den Anspruch auf Entlohnung (Urlaubsentgelt). Aufgrund des § 6 UrlG hat der Arbeitnehmer für den Zeitraum des Urlaubes Anspruch auf das regelmäßige Entgelt. Dieses Urlaubsentgelt steht in keinem Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Das Urlaubsentgelt, welches dem Arbeitnehmer bei aufrechtem Dienstverhältnis sohin ohne weitere Gegenleistung seinerseits zusteht, gebührt aufgrund des § 9 UrlG zur Gänze oder aufgrund des § 10 UrlG zumindest anteilig auch dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht (vollständig) konsumiert hat. Damit wird der Arbeitnehmer, der vor dem Verbrauch seines Urlaubes aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, jenem Arbeitnehmer (teilweise) gleichgestellt, der bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen Urlaub konsumiert hat. Der durch § 6 UrlG dem Arbeitnehmer eingeräumt Anspruch auf das regelmäßige Entgelt für den Zeitraum des Urlaubes besteht sohin (teilweise) auch dann, wenn es wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zum Verbrauch des Urlaubes kommt.

Das Urlaubsentgelt wird in Form von Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung gewährt, weil der Arbeitnehmer während des aufrechten Dienstverhältnisses das Urlaubsentgelt mangels Urlaubskonsumation nicht bezogen hat. Der Arbeitnehmer hat, obwohl der Anspruch auf Urlaub (idR mit Beginn des Arbeitsjahres) bereits entstanden gewesen ist, diesen nicht verbraucht und daher das Urlaubsentgelt noch nicht angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Erkenntnissen vom 25. Jänner 1995, 94/13/0030, und vom 26. Juli 1995, 92/15/0104, die Ansicht vertreten, der Grund für die Zahlung einer Urlaubsentschädigung sei darin zu erblicken, daß der Arbeitnehmer während des aufrechten Dienstverhältnisses den ihm zustehenden Erholungsurlaub nicht konsumiert hat. Es bestehe demnach kein Kausalzusammenhang zwischen dieser Abgeltung des nicht konsumierten Urlaubes und der Beendigung des Dienstverhältnisses. Zu einer derartigen Abgeltung könne es auch bei aufrechtem Dienstverhältnis kommen. Die Besteuerung habe daher nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 bzw. 1972 zu erfolgen.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Ansicht aufrecht, daß die Versteuerung von Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen (§§ 9 und 10 UrlG) nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu erfolgen hat. Bei derartigen Bezügen handelt sich um das volle (Urlaubsentschädigung) oder anteilige (Urlaubsabfindung) Urlaubsentgelt. Auch ein anläßlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahltes Urlaubsentgelt ist aber nicht als unmittelbar durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursacht anzusehen, sondern hängt vielmehr mit dem schon früher entstandenen Urlaubsanspruch zusammen. Wäre es nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen, so hätte der Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt gleichfalls erhalten, und zwar in Zusammenhang mit der Konsumation seines Urlaubes.

Zu Recht zeigt die Beschwerdeführerin sohin auf, daß Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen zwar bei Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen, ihre unmittelbare Ursache aber nicht in der Beendigung des Dienstverhältnisses haben, weil der Zusammenhang mit dem bereits entstandenen Urlaubsanspruch und dem hiefür gesetzlich vorgesehenen Urlaubsentgelt gegeben ist.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann aus der Anführung des allgemeinen Begriffes "Abfindungen" in § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht abgeleitet werden, daß die Bestimmung auf "Urlaubsabfindungen" abstellen würde. Überdies wäre kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, Urlaubsabfindungen anders zu versteuern als Urlaubsentschädigungen.

Soweit die belangte Behörde damit argumentiert, daß gemäß § 7 UrlG Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die für den Nichtverbrauch des Urlaubes Geld oder sonstige vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers vorsehen, rechtsunwirksam sind, ist darauf zu verweisen, daß Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen dem Urlaubsentgelt entsprechen, also der regelmäßigen Entlohnung für einen bestimmten Zeitraum. Vermögenswerte Leistungen für einen vereinbarten Nichtverbrauch des Urlaubes stellen sie nicht dar.

Die mitbeteiligte Partei verweist in ihrer Gegenschrift auf die Bestimmung des § 67 Abs. 5 EStG 1988, nach welcher Urlaubsentgelt und Abfindung gemäß den §§ 8 bis 10 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, BGBl. 414/1972 (BAUG), zur Hälfte als sonstiger Bezug zu behandeln ist, es sei denn, daß ein Anwendungsfall des Absatzes 6 vorliegt. Diesem Vorbringen muß entgegengehalten werden, daß sich die Regelung nach dem BAUG von jener des UrlG unterscheiden: Gemäß § 4 Abs. 1 BAUG gebührt dem Arbeitnehmer ein Urlaub jeweils erst nach Beschäftigungszeiten von 46 Anwartschaftswochen; der Arbeitnehmer erwirbt gemäß § 4 Abs. 2 BAUG laufend eine Anwartschaft auf den Zuschlagswert. § 10 Abs. 1 BAUG räumt dem Arbeitnehmer den Anspruch auf Abfindung im Ausmaß der bereits erworbenen Anwartschaften ein, wenn er a) seit mindestens sechs Wochen in keinem Arbeitsverhältnis mehr steht, auf welches das BAUG anzuwenden ist, oder b) eine Pension nach dem Bestimmungen des ASVG zuerkannt erhalten hat. Eine Abfindung nach § 10 BAUG kommt sohin auch in Betracht, wenn gem. § 4 Abs. 1 BAUG noch kein Anspruch auf Urlaub aufgrund der laufenden Arbeitsleistung besteht.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Gemäß § 49 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 88/1997 konnte der von der Beschwerdeführerin begehrte Schriftsatzaufwand nicht zugesprochen werden, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997140045.X00

Im RIS seit

22.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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