TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/13 LVwG-AV-917/001-2019

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Veröffentlicht am 13.08.2020
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Entscheidungsdatum

13.08.2020

Norm

GewO 1994 §121 Abs1a Z2
GewO 1994 §125 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 9. Juli 2019, Zl. ***, betreffend die Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und Untersagung der Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Verfahrensgang:

a.       erstinstanzliches Verwaltungsverfahren:

i.       Mit Eingabe vom 21.12.2018 meldete Herr A (im Folgenden: Beschwerdeführer) das Gewerbe „Rauchfangkehrer (Handwerk)“ hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994, eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***, bei der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (im Folgenden: belangte Behörde) an (siehe GISA Zl. ***).

ii.      In dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der Wirtschaftskammer Niederösterreich – Landesinnung Rauchfangkehrer – vom 28.12.2018 zur Frage des Vorliegens eines Bedarfs gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 GewO wurde zusammengefasst ausgeführt:

„Der Innung liegen keine Informationen vor, dass einer der im Kehrbezirk vorhandenen Betriebe seine Gewerbeberechtigung gemäß § 85 Abs. 7 GewO 1994 zurückgelegt hat und daher aus diesem Grund Bedarf bestehen würde.

Der Innung liegen keine Informationen vor, wonach die vorhandenen Betriebe nicht zufriedenstellend tätig sind, noch dass alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten nicht ordnungsgemäß vorgenommen werden. Eine zufriedenstellende Verrichtung dieser Arbeiten unter der Bedachtnahme auf die zukünftige Entwicklung ist auch in Hinkunft anzunehmen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt die gefertigte Innung zu der Überzeugung, dass derzeit im Kehrgebiet *** kein Bedarf für einen weiteren Rauchfangkehrerbetrieb besteht. „

iii.    Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer am 08.01.2019 zur Stellungnahme übermittelt.

iv.      Mit Schriftsatz vom 22.01.2019 erstatte der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter eine Stellungnahme und führte in dieser aus, es sei der Wirtschaftskammer Niederösterreich zum Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens offensichtlich nicht bekannt gewesen, dass der bisherige Rauchfangkehrermeister, Herr C, beabsichtige, mit 01.01.2019 in den Ruhestand zu treten. Dies sei in einem Rundschreiben allen Haushalten des Kehrgebietes *** mitgeteilt worden. Darüber hinaus sei den Einwohnern des Kehrgebietes *** durch den Rauchfangkehrbetrieb Firma D mitgeteilt worden, dass dieser mit 01.01.2019 die bisherigen Rauchfangkehrarbeiten der Firma E übernehme.

Es läge auf der Hand, dass aufgrund des Wegfalls eines Betriebes mit 31.12.2018 ein Bedarf für einen weiteren Betrieb gegeben sein müsse, zumal die Gesamtzahl der tätigen Betriebe im Kehrbezirk *** keine Änderung erfahre. Die Firma D sei bereits vor 31.12.2018 tätig gewesen und sei dennoch ein entsprechender Bedarf nach einem weiteren Rauchfangkehrbetreib gegeben gewesen, zumal ansonsten ja bereits für den vormaligen Rauchfangkehrbetrieb des Herrn C kein Bedarf bestanden hätte.

Zudem wurde ausgeführt, im Gutachten seien keine nachvollziehbaren Angaben enthalten, welche konkreten Erhebungen zum Bedarf eines Betriebes getätigt wurden.

Es sei Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde eine entsprechende Bedarfsprüfung – beschränkt auf die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten – durchzuführen und sei eine derartige Bedarfsprüfung bis dato nicht erfolgt. Es werde daher beantragt, die Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers für das Kehrgebiet *** mit dem Standort ***, ***, zu genehmigen.

v.       In weiterer Folge übermittelte der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter der belangten Behörde das mit Dezember 2018 datierte Schreiben von Herrn C, mit welchem dieser den Haushalten des Kehrgebietes *** mitteilte, mit 01.01.2019 den Ruhestand anzutreten. Weiters wurde eine Mitteilung der Firma D übermittelt, mit welcher diese mitteilte, die Rauchfangkehrerarbeiten der Firma E ab 01.01.2019 übernommen zu haben.

vi.      Die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22.01.2019, sowie die von ihm vorgelegten Urkunden wurden in weiterer Folge der Wirtschaftskammer Niederösterreich- Landesinnung Rauchfangkehrer- zur Kenntnis übermittelt und diese um Abgabe einer Stellungnahme zur Frage „inwiefern bereits ein Bedarf an der Gewerbeausübung des Rauchfangkehrers E vorgelegen ist, wenn nunmehr der Rauchfangkehrer D den zu erledigenden Arbeitsanfall ohne weiteres übernehmen kann – vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei einer Gewerbeanmeldung im Sinne des § 120 Abs. 1 2. Satz GewO 1994 (und in der Folge auch bei der Ausübung dieses Gewerbes) ein Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung vorliegen muss“ ersucht.

In der Stellungnahme vom 15.03.2019 führte die Landesinnung der Rauchfangkehrer aus, dass sich das Gutachten vom 28.12.2018, zur Frage des Vorliegens des Bedarfes, rein auf die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten bezogen habe und zu diesem Zeitpunkt die Rauchfangkehrerberechtigung von Herrn C aufrecht gewesen sei. Die Ruhendmeldung des Rauchfangkehrergewerbes von Herrn C ändere an diesem Umstand nichts, da eben eine Ruhendmeldung und keine Gewerberücklegung erfolgt sei. Durch die Ruhendmeldung bleibe die Gewerbeberechtigung aufrecht und könne dies allein kein Umstand sein, dass bereits eine neue Gewerbeberechtigung zu erteilen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass das ruhend gemeldete Gewerbe zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausgeübt werde. Aus der Nichtausübung des bedarfsgebundenen Rauchfangkehrergewerbes allein könne man noch keine zwingenden Schlüsse für die Beurteilung der Frage des Bedarfs für dieses Gewerbe ziehen. Herr C habe mit 01.01.2019 sein Gewerbe lediglich ruhend gestellt bzw. seine Gewerbeausübung eingestellt und gerade nicht seine Gewerbeberechtigung zurückgelegt. Ein Bedarf für einen neuen Gewerbebetrieb sei daher nicht gegeben. Es sei mit der Ruhendmeldung kein Rauchfangkehrerbetrieb mit 31.12.2018 weggefallen. Käme eine Rauchfangkehrberechtigung des Beschwerdeführers dazu, ergebe sich an der Gesamtzahl der Rauchfangkehrerbetriebe im Kehrbezirk eine Änderung, diese würde um eine erhöht.

Weiters wurde ausgeführt, die belangte Behörde müsse bei ihrer Bedarfsprüfung – wobei angemerkt sei, dass eine solche aufgrund der rechtlichen Voraussetzungen nicht notwendig sei - die Frage stellen, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Bedarf für einen weiteren Rauchfangkehrerbetrieb bestehe, wobei das Bestehen eines Bedarfs voraussetze, dass die vorhandenen Betriebe alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten derzeit nicht ordnungsgemäß verrichten würden. Der Landesinnung lägen keine Informationen vor, wonach die vorhandenen Betriebe im Kehrbezirk nicht zufriedenstellend tätig seien.

vii.    Seitens der belangten Behörde wurden Erhebungen in den Gemeinden ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, bezüglich der Frage, ob aus feuerpolizeilicher Sicht im Kehrgebiet *** als Ersatz für den in Ruhestand getretenen Rauchfangkehrer E ein Bedarf eines weiteren Rauchfangkehrers erkannt wird, getätigt.

viii.   Die Stellungnahmen der Gemeinden sowie das Gutachten bzw. die Stellungnahme der Landesinnung der Rauchfangkehrer vom 28.12.2018 bzw. vom 15.03.2019 wurden dem Beschwerdeführervertreter zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahe eingeräumt.

ix.      Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter Gebrauch und führte in der Stellungnahme vom 20.05.2019 aus, dass die Landesinnung offenkundig von der unrichtigen Annahme ausgehe, dass Herr C zu einem späteren Zeitpunkt sein ruhend gemeldetes Gewerbe wieder ausüben möchte. Dem entgegen stehe jedoch dessen mit Dezember 2018 datiertes Schreiben, welches die Mitteilung enthält seinen Ruhestand anzutreten und dessen Alter.

Faktum sei, dass durch die Ruhendmeldung des Gewerbes des Herrn C ein Rauchfangkehrbetrieb weniger im Kehrgebiet tätig sei und daher davon auszugehen sei, dass selbst bei gleichbleibendem Bedarf wie zuvor, jedenfalls eine Gewerbeberechtigung an den Antragsteller zu erteilen sei, selbst wenn sich keine Änderung hinsichtlich des Kehrbedarfes bzw. der feuerpolizeilichen Agenden durch steigende und/oder fallende Nachfrage und Angebot ergeben sollte.

Es sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung des Vorliegens eines Bedarfes der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Wege einer Befragung der in dem in Rede stehenden Kehrgebiet liegenden Gemeinden vorzunehmen und sei der Bedarf zur Gewerbeausübung in dem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage festzustellen.

Die Behörde habe entsprechende Stellungnahmen bei den betroffenen Gemeinden eingeholt und eine Vielzahl von Gemeinden habe den Bedarf eines weiteren Rauchfangkehrbetriebes, insbesondere auch für die feuerpolizeilichen Agenden, befürwortet.

Hinsichtlich der negativen Stellungnahmen einiger Gemeinden sei festzuhalten, dass sie diese ohne jegliches Ermittlungsverfahren, insbesondere ohne anzuführen, aufgrund welcher Daten und Zahlen sie einen Bedarf als nicht existent angesehen haben, erstattet hätten. Dies sei nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreichend. Es sei schon aufgrund der vorliegenden positiven Stellungnahmen einiger Gemeinden und des von diesen erkannten Bedarfes die Gewerbeberechtigung zu erteilen. Darüber hinaus sei sowohl die Bevölkerungszahl als auch die Gebäude- und Wohnungsanzahl im Kehrgebiet *** gestiegen, weshalb von einem erhöhten Bedarf auszugehen sei.

x.       Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 09.07.2019, Zl. ***, wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO, eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***, GISA Zahl ***, nicht vorliegen weshalb dem Beschwerdeführer die Ausübung dieses Gewerbes untersagt wurde.

Begründend dazu wurde ausgeführt, dass nach § 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994 die Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung erfordere. Es lägen weder der Landesinnung der Rauchfangkehrer noch der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach Informationen vor, wonach die vorhandenen Betriebe nicht zufriedenstellend tätig seien oder dass die aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten nicht ordnungsgemäß vorgenommen würden. Es sei zwar im Kehrbezirk ein Rauchfangkehrergewerbe ruhend gemeldet worden, die Gewerbeberechtigung sei jedoch aufrecht, weshalb kein Rauchfangkehrerbetrieb weggefallen sei und die Gesamtzahl der Rauchfangkehrerbetriebe im Kehrbezirk gleichgeblieben sei. Die Ruhendmeldung bedeute daher nicht, dass bereits eine neue Gewerbeberechtigung zu erteilen sei und bereits Bedarf bestehe.

b.       Beschwerde, Beschwerdevorbringen:

i.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, mit der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Erteilung der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrers beantragt wurde.

Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nicht ersichtlich sei, in welcher Form die entsprechenden Bedarfsprüfungen von Seiten der Gemeinden, als auch, aufgrund welcher Fragestellung der belangten Behörde die diesbezüglichen Rückäußerungen der betreffenden Gemeinden im Kehrgebiet erfolgt seien.

Die Behörde habe den gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf zu ermitteln und habe sie die Ermittlungstätigkeiten nur unzureichend erledigt.

Die Ruhendmeldung durch Herrn C sei nur erfolgt um den von ihm namhaft gemachten Betrieb des Herrn G, die Erweiterung dessen Betriebes durch Übernahme des Kundestockes zu ermöglichen.

Die Ausführungen der belangten Behörde bzw. der Landesinnung der Rauchfangkehrer, es lägen keine Informationen vor, wonach die feuerpolizeilich erforderlichen Arbeiten von den bestehenden Betrieben nicht ordnungsgemäß vorgenommen werden, seien nicht überzeugend. Folge man diesem Argument, bedeute dies, dass, solange auch nur ein einziger Rauchfangkehrerbetrieb für den gesamten Kehrbezirk *** die feuerpolizeilichen Arbeiten ordnungsgemäß ausführe, eine Genehmigung eines weiteren Rauchfangkehrerbetriebes nicht möglich sei. Dies widerspreche einen fairen Wettbewerb.

Des Weiteren treffe die belangte Behörde die Pflicht, den gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf zu ermitteln. Auch aus dem Gutachten ergebe sich nicht, ob ein objektiv gegebenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bestehe bzw. ob die vorhandenen Betriebe zur Zufriedenheit der Kunden tätig seien oder nicht.

Der Bestimmung des § 121 Abs. 2 GewO sei nicht zu entnehmen, dass als Voraussetzung für die Genehmigung – neben der Bedarfsprüfung hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Aufgaben – auch eine nicht ordnungsgemäße Durchführung der sicherheitsrelevanten Agenden durch die bestehenden Betriebe erforderlich sei. Die Versagung der Genehmigung verhindere jeglichen Wettbewerb, was jedenfalls den verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufe.

c.       Verwaltungsgerichtliches Verfahren:

i.       Die belangte Behörde legte, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 13.08.2019 die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt, ZI. ***, zur Entscheidung vor.

ii.      In weiterer Folge ersuchte das erkennende Gericht mit Schreiben vom 17.09.2019 die Gemeinden ***, ***, ***, ***, ***, *** sowie *** um ergänzende bzw. erstmalige Stellungnahme betreffend die Frage, ob aus feuerpolizeilicher Sicht im Kehrgebiet *** - als Ersatz für den ruhend gemeldeten Rauchfangkehrer E – ein Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung durch einen weiteren Rauchfangkehrer erkannt wird. Es wurde darauf hingewiesen, dass dabei insbesondere berücksichtigt werden möge, ob insbesondere alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß und zeitgerecht vorgenommen werden und deren zufriedenstellende Verrichtung unter Bedachtnahme auf die gegenwärtige und künftige Entwicklung angenommen werden könne.

iii.    Mit Schreiben vom 07.11.2019 übermittelte das erkennende Gericht die eingeholten Stellungnahmen an die Landesinnung Rauchfangkehrer und ersuchte diese, das Gutachten vom 15.03.2019 unter Berücksichtigung der Stellungnahmen zu ergänzen.

Die Landesinnung der Rauchfangkehrer führte in ihrem Gutachten vom 12.12.2019 aus, dass die Befragung der Gemeinden des Kehrgebietes rechtlich sinnvoll sei, die Fragestellung allerdings ausreichend präzise sein müsse, da dem Gutachten ansonsten kein tauglicher Befund zugrunde gelegt werden könne.

Die Fragestellung, ob aus feuerpolizeilicher Sicht im Kehrgebiet ***, als für den in Ruhestand getretenen Rauchfangkehrer E, ein Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung durch einen weiteren Rauchfangkehrer erkannt werde, sei vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des VwGH unzureichend. Aus der Aktenlage sei auch nicht zu erschließen, dass Herr C in Ruhestand getreten sei, er habe sein Rauchfangkehrergewerbe bloß ruhend gemeldet.

Nach der Rechtsprechung sei es für die Frage des Bedarfes alleine maßgeblich, ob die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden oder nicht. Es läge aus keiner der abgefragten Städte bzw. Gemeinden eine Rückmeldung vor, wonach die bestehenden einschlägigen Betriebe nicht zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig seien. Das Gutachten vom 15.03.2019 sei daher auch auf der erweiterten Beurteilungsgrundlage zu bestätigen, wonach für das Kehrgebiet *** kein Bedarf für einen weiteren Rauchfangkehrer bestehe.

iv.      Nach Übermittlung des Gutachtens der Landesinnung der Rauchfangkehrer vom 12.12.2019 an den Beschwerdeführervertreter, erstattete dieser am 13.02.2020 einen vorbereitenden Schriftsatz in welchem vorgebracht wurde, dass sich aus dem Schreiben des Herrn C vom Dezember 2018 ergebe, dass dieser am 01.01.2019 seinen Ruhestand antreten werde. Die gewerberechtliche Ruhendmeldung diene demnach bloßen Umgehungszwecken.

Es käme – entgegen der Darstellung im Gutachten – nicht einzig und allein darauf an, ob hinsichtlich der befragten Städte bzw. Gemeinden die bestehenden Rauchfangkehrbetriebe nicht zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig seien. Vielmehr käme es nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte bei der Bedarfsprüfung darauf an, welches objektive Verhältnis von Angebot und Nachfrage im Hinblick auf die durchzuführenden Rauchfangkehrarbeiten gegeben sei.

Es wäre erforderlich gewesen, auf der Nachfrageseite zu eruieren, wie viele Haushalte in welchen Gebäuden vorhanden sind, welche Einwohneranzahl hinsichtlich der betroffenen Gemeinden gegeben sei bzw. mit welcher künftig zu rechnen sei und wie sich die künftige bauliche Entwicklung der betroffenen Gemeinden darstelle. Dem sei gegenüber zu stellen, welche Rauchfangkehrbetriebe tatsächlich gegeben sind und zuletzt auch, ob diese ihre Tätigkeiten zur Zufriedenheit der Bevölkerung ausüben.

Die Stellungnahmen der Gemeinden würden diesbezüglich kaum Schlüsse zulassen, da diese nicht ausführen, aufgrund welcher Umstände sie davon ausgehen, dass kein Bedarf vorläge. Das Ermittlungsverfahren sei daher zu ergänzen.

v.       Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 24.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer Herr A, der Beschwerdeführervertreter Herr B, sowie Herr F als informierter Vertreter der WKO NÖ teilnahmen.

Beweis wurde erhoben durch die Verlesung des verwaltungsbehördlichen Aktes zur Zl. *** sowie des bezughabenden Gerichtsaktes zur Zl. LVwG-AV-917/001-2019.

Im Rahmen der Verhandlung wurde Herr F beauftragt das Gutachten vom 12.12.2019 hinsichtlich folgender Fragen zu ergänzen:

1.   Werden aufgrund der Anzahl der im Kehrgebiet *** tätigen einschlägigen Betriebe die feuerpolizeilichen Aufgaben von diesen ordnungsgemäß, zufriedenstellend und zeitgerecht erfüllt. Dabei ist auf die Stellungnahmen der Gemeinde Rücksicht zu nehmen, sowie auf die von der Statistik Austria, betreffend das Kehrgebiet ***, übermittelten Bevölkerungs- und Gebäudezahlen. Dabei mögen die Zahlen der Statistik Austria betreffend Einwohner und Gebäude aktualisiert werden und allfällige der WKO NÖ zur Kenntnis gebrachte Missstände von Gemeinden berücksichtigt werden.

 

2.   Bei der Ergänzung des Gutachtens möge auf den Umstand Rücksicht genommen werden, dass Herr C seinen Betrieb ruhend gemeldet hat und aktuell die notwendigen Arbeiten von zwei anderen einschlägigen Betrieben fortgeführt werden. Da bei der Beurteilung des Bedarfs auch Feststellungen über einen zu erwartenden Bedarf dahingehend zu treffen sind, ob alle aus feuerpolizeilicher Sicht erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vorgenommen werden und die zufriedenstellende Entwicklung unter Bedachtnahme auf die künftige Entwicklung auch in Hinkunft angenommen werden kann, ist weiters zu prüfen, ob die aktuell vorhandenen einschlägig tätigen Betriebe die Erfüllung der Aufgaben tatsächlich ordnungsgemäß und zufriedenstellend gewährleisten.

vi.      Im Ergänzungsgutachten der Landesinnung vom 30.04.2020 wurde ausgeführt, dass aufgrund der Stellungnahmen der im Kehrgebiet *** liegenden Gemeinden keine unerledigten sicherheitsrelevanten Tätigkeiten des öffentlich zugelassenen Rauchfangkehrers ersichtlich seien. Vielmehr sei von der überwiegenden Mehrheit festgestellt worden, dass alle feuerpolizeilichen Aufgaben von den im Kehrgebiet *** tätigen einschlägigen Betrieben ordnungsgemäß, zufriedenstellend und zeitgerecht erfüllt werden.

Der Innung seien zum Zeitpunkt der Ermittlung keine Verfehlungen bzw. Anzeigen wegen nicht Erledigung der gesetzlich vorgeschriebenen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten bekannt und lägen auch keine Beanstandungen vor.

Im Zeitraum von 2011 bis 01.01.2019 habe die Bevölkerung um rund 3,7 % und die Anzahl der Objekte im selben Zeitraum um 4,8 % zugenommen. Gleichzeitig habe sich jedoch der Anfall der Rauchfangkehrerarbeiten erheblich verringert, da die Anzahl der durch die landesgesetzlich vorgeschriebenen sicherheitsrelevanten Überprüfungen im Kehrgebiet *** aufgrund gesetzlicher Änderungen aber auch aufgrund des Technologiewandels - hin zu solchen Wärmeerzeugungssystemen, welche nicht von einem Rauchfangkehrer betreut werden müssen - deutlich weniger geworden sei.

Es sei damit eindeutig widerlegt, dass ein Bevölkerungs- und Gebäudezuwachs mit einem Zuwachs an Rauchfangkehrerarbeiten einhergehe, das Gegenteil sei der Fall.

Auch der Umstand, dass Herr C sein Rauchfangkehrergewerbe per 01.01.2019 ruhend gemeldet habe und zwei andere Rauchfangkehrbetriebe mit der Fortführung der notwendigen Arbeiten betraut habe, ändere nichts an der Tatsache, dass kein Bedarf für einen weiteren Rauchfangkehrerbetrieb bestehe.

Hinsichtlich des zukünftigen Bedarfes sei aber nicht der prognostizierte Gebäudezuwachs alleine, sondern auch der tatsächliche und zukünftige Energieverbrauch, sowie die Energieerzeugung entscheidend. In Zukunft werde die energetische Verbesserung der Bauwerke bei gleichzeitiger Abnahme der dann gebrauchten Energie zunehmen. Weiters seien solche Energieträger im Vormarsch, die schon heute nicht mehr der Überprüfungs-und Kehrpflicht der Rauchfangkehrer unterliegen. Obwohl sich die Auswirkungen der energie- und gesellschaftspolitischen Zukunftsentwicklungen nicht mengenmäßig bestimmen lassen, würden sie dazu führen, dass die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten des öffentlich zugelassenen Rauchfangkehrers trotz Bevölkerungs- und Gebäudezuwachs in Zukunft rückläufig seien.

Eine Mehrarbeit im Bereich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten des öffentlich zugelassenen Rauchfangkehrers werde nicht ausgelöst, weshalb die vorhandenen Betriebe auch künftig in der Lage wären, die sicherheitsrelevanten Arbeiten im Kehrgebiet zu erledigen.

vii.    Nach Weiterleitung des Ergänzungsgutachtens der Landesinnung an den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers, führte dieser in seiner Stellungnahme vom 27.05.2020 aus, dass es durch die aktuell geltende Kehrperiodenverordnung zwar hinsichtlich der Kehrbesuche im Jahr zu geringfügigen und vernachlässigbaren Herabsetzungen der Kehrintervalle gekommen sei, jedoch im Gutachten völlig unberücksichtigt bleibe, dass weitere arbeitsintensive Tätigkeiten der Rauchfangkehrer normiert wurden, welche zuvor nicht vorgeschrieben waren.

Des Weiteren sei mit Inkrafttreten der Kehrperiodenverordnung mit 01.01.2017 eine neue Bestimmung hinzugekommen, welche den Rauchfangkehrern die Führung von Aufzeichnungen gemäß § 20 NÖ FG 2015 vorschreibe und diese verpflichte ein standardisiertes betriebliches Qualitätsmanagement zu errichten und anzuwenden. Dies führe zu einem arbeitszeitlichen Mehraufwand.

Aus den Stellungnahmen der Gemeinden sei ersichtlich, dass es einige Gemeinden ausdrücklich begrüßen würden, wenn ein weiterer Rauchfangkehrbetrieb vorhanden wäre.

Der geplante Pensionsantritt von Herrn C sei aktenkundig und ergebe sich daraus, dass dieser nicht beabsichtige sein ruhend gemeldetes Gewerbe wiederaufzunehmen. Der Rechtsmissbrauch sei hier offenkundig.

Der im Gutachten angestellte Vergleich zwischen dem Jahr 2016 und 2020 hinsichtlich der Anzahl der Kehrtätigkeiten sei unvollständig und stelle eine – tatsächlich nicht vorhandene Verminderung – der Kehrleistungen dar, weil dieser die zusätzlichen Aufgaben, die die einzelnen Betriebe zu erfüllen hätten nicht darstelle. Auch seien die zwangsläufigen Mehraufwendungen, die die einzelnen Betriebe intern durch das neu installierte Qualitätsmanagement hätten, nicht erfasst worden.

Es sei unzutreffend, dass trotz Zuwachs der Bevölkerung und der Objekte die sicherheitsrelevanten Überprüfungen deutlich weniger wurden, da die hinzu gekommenen Aufgaben vorwiegend verwaltungstechnischer Natur wären und diese völlig außer Acht gelassen wurden.

Aus dem Gutachten ergebe sich, dass kleine Anlagen rückläufig seien, jedoch mittlere Anlagen und Großanlagen enorme Steigerungen aufweisen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sich insbesondere bei mittleren Anlagen oftmals Nachbarn zusammenschließen um eine gemeinsame Pellets- oder Hackgutanlage zu errichten. Diese Anlagen seien aber ebenfalls von Rauchfangkehrerbetrieben zu überprüfen und würden einen erheblichen Mehraufwand, sowohl an technischen Knowhow, als auch an Arbeitszeit erfordern.

Es kämen auch weiterhin, neben alternativen Energieträgern, alternative Heizmöglichkeiten wie Heizöfen und -kamine und Herde zum Einsatz. Außerdem käme insbesondere im ländlichen Raum weiterhin der Brennstoff Holz zum Einsatz, da viele der bestehenden Objekte über einen Wald verfügen würden. Eine Verringerung der Überprüfungs- und Kehrtätigkeiten der Rauchfangkehrer sei nicht ableitbar, vielmehr sei eine Steigerung zu erwarten.

Die Veränderung der Kehrperiodenverordnung sei von Seiten der Innung nicht vollständig im Gutachten berücksichtigt worden, da neu hinzu gekommene Aufgaben gänzlich in ihren Auswirkungen ignoriert wurden.

Es sei zwar durch die aktuelle Kehrperiodenverordnung zu einem geringfügigen Wegfall von reinen Kehrtätigkeiten gekommen, diese wurden jedoch durch neue, vormals nicht vorhandene Tätigkeitsfelder mehr als kompensiert, weshalb ein tatsächlicher gegenwärtiger Bedarf für einen weiteren Betrieb gegeben sei. Weiters sei ein steigender Bedarf jedenfalls schon allein aufgrund der prognostizierten Bevölkerungs- und Gebäudezuwachse zu erwarten.

viii.   Die öffentliche mündliche Verhandlung wurde am 07.07.2020 fortgesetzt, wobei dem informierten Vertreter der Wirtschaftskammer Niederösterreich – Landesinnung Rauchfangkehrer - bereits mit Ladung vom 04.06.2020 aufgetragen wurde, in der Verhandlung zu folgenden Fragen - betreffend das Gutachten vom 30.04.2020 - Stellung zu nehmen:

1.) Welche neuen Tätigkeiten ergeben sich für das gegenständliche Gewerbe auf Grund der aktuell geltenden Überprüfungs- und KehrperiodenVO (wie z.B. Führung von Aufzeichnungen und Einrichtung eines Qualitätsmanagements) und würde bei Berücksichtigung auch dieser neuen Aufgaben ein Bedarf bestehen.

2.) Aufklärung der widersprüchlichen Angaben auf Seite 8 und auf Seite 9 des do. Gutachtens betreffend die angeführten Objektszahlen.

3.) Stellungnahme zu allfälligen Zusatzheizungen (z.B. Kamine, Heizöfen) und Auswirkung auf einen allfälligen Bedarf.

4.) Stellungnahme zum angeblichen Mehraufwand in Folge der Betreuung von mittleren und Großanlagen und Auswirkungen auf den Bedarf.

Im Zuge dieser Verhandlung wurde seitens des informierten Vertreters der Wirtschaftskammer NÖ ein mit 07.07.2020 datierter Auszug aus dem GISA zur Zl. *** (Beilage ./A), sowie eine Stellungnahme vom 06.07.2020, in welcher auf die oben genannten Fragen eingegangen wurde, vorgelegt.

Hinsichtlich der Frage, welche neuen Tätigkeiten sich für das gegenständliche Gewerbe auf Grund der aktuell geltenden Überprüfungs- und KehrperiodenVO (wie z.B. Führung von Aufzeichnungen und Einrichtung eines Qualitätsmanagements) ergeben und ob bei Berücksichtigung dieser neuen Aufgaben ein Bedarf bestehen würd, führte der informierte Vertreter der Landesinnung Rauchfangkehrer in seiner schriftlichen Stellungnahme bzw. im Rahmen der mündlichen Erörterung zusammengefasst aus, dass die die Betriebsdichtheitsprüfung, welche nunmehr alle 5 bzw. 10 Jahre durchzuführen ist, sowie das Qualitätsmanagement zusätzliche Aufgaben darstellen würden, welche sich seit der Verordnung 2017 neu ergeben hätten. Das Qualitätsmanagement stelle jedoch gerade keine bedarfsbegründende sicherheitsrelevante Tätigkeit dar, vielmehr hätten schon immer Aufzeichnungspflichten bestanden und diene das Qualitätsmanagement hauptsächlich einer internen Standardisierung. Aus diesen Aufgaben ergebe sich daher kein zusätzlicher Bedarf für einen neuen Rauchfangkehrerbetrieb.

In Bezug auf Punkt 2.) legte der informierte Vertreter dar, dass ein Anstieg von Objekten im Allgemeinen zu keinem Anstieg der von Rauchfangkehrern zu betreuenden Objekten führen müsse. Das Hinzukommen von Häusern mit alternativen Heizformen führe zu keinem Anstieg der von Rauchfangkehrern zu betreuenden Objekte. Die Arbeitsleistung in den von Rauchfangkehrern betreuten Objekte habe sich reduziert.

Zur Frage ob Zusatzheizungen Auswirkungen auf einen allfälligen Bedarf hätten, wurde ausgeführt, dass Zusatzheizungen, welche als Alternative zu einer anderen Hauptheizung eingesetzt werden, zwei Mal pro Jahr zu überprüfen und zu kehren seien. Jene, die im Notbetrieb verwendet werden, wären hingegen einmal im Jahr zu überprüfen. Auch habe der führende Marktführer für Rauchfänge bestätigt, dass aufgrund einer jährlichen österreichweiten Studie über den Kaminmarkt im Neubaubereich im Zeitraum der letzten 10 Jahre - von 2009 bis 2019 - die Anzahl an verkauften Rauchfängen kontinuierlich um insgesamt 40% gesunken sei.

Es bestehe daher auch bei Berücksichtigung dieser alternativen Zusatzheizungen kein Bedarf für einen zusätzlichen Rauchfangkehrerbetrieb.

Hinsichtlich eines angeblichen Mehraufwandes in Folge der Betreuung von mittleren und Großanlagen wurde erörtert, dass eine Anlage ca. 126 Abnehmer mit Wärme versorge. Der Aufwand der Überprüfung einer großen Anlage nehme zwar mehr Zeit in Anspruch als die Überprüfung einer kleineren Anlage, dieser Aufwand sei jedoch nicht 126-mal größer.

2.   Feststellungen:

Mit Eingabe vom 21.12.2018 meldete der Beschwerdeführer das Gewerbe Rauchfangkehrer (Handwerk) hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***, mit Standort ***, ***, bei der belangten Behörde an.

Herr C meldete mit 01.01.2019 die Gewerbeberechtigung des Rauchfangkehrers im Kehrgebiet *** ruhend. Die Gewerbeberechtigung ist nach wie vor aufrecht und erfolgte die Meldung des Wiederbetriebes mit 01.07.2020.

In der überwiegenden Anzahl der Gemeinden des Kehrbezirkes *** besteht kein Bedarf nach der Gewerbeausübung eines weiteren Rauchfangkehrers. Die vorhandenen Betriebe sind zufriedenstellend tätig und werden auch die aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß und zeitgerecht vorgenommen.

Nur einzelne Gemeinden begrüßen - vor allem aus Wettbewerbsgründen - das Tätigwerden eines weiteren Rauchfangkehrerbetriebes. Die bestehenden einschlägigen Betriebe werden jedoch in allen Gemeinden des Kehrgebietes *** zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig.

Seitens der WKO NÖ wurde festgestellt, dass das Qualitätsmanagement nicht zu einem vermehrten Aufwand führt, weil diese nicht sicherheitsrelevante Tätigkeit in Form von Aufzeichnungspflichten bereits früher, wenn auch in anderer Form - bestanden hat und jetzt lediglich einer internen Standardisierung dient. Die Arbeitsleistung in den von Rauchfangkehrern betreuten Objekten hat sich reduziert und muss ein Anstieg von zu betreuenden Objekten nicht auch zu einem Anstieg von Arbeitsleitung führen, dies weil aktuell zahlreiche alternative Heizformen zunehmen und Heizungen, welche im Notbetrieb verwendet werden, nur mehr einmal im Jahr zu überprüfen sind. Auch habe der führende Marktführer für Rauchfänge bestätigt, dass aufgrund einer jährlichen österreichweiten Studie über den Kaminmarkt im Neubaubereich im Zeitraum der letzten 10 Jahre - von 2009 bis 2019 - die Anzahl an verkauften Rauchfängen kontinuierlich um insgesamt 40% gesunken ist.

Bei Berücksichtigung von alternativen Zusatzheizungen besteht kein Bedarf für einen zusätzlichen Rauchfangkehrerbetrieb. Auch ein allfälliger Mehraufwand durch die Betreuung von mittleren und Großanlagen führt nicht zu einem Bedarf eines weiteren Betriebes, weil eine derartige Anlage ca 126 Abnehmer mit Wärme versorgt. Der Aufwand der Überprüfung einer großen Anlage nimmt naturgemäß mehr Zeit in Anspruch als die Überprüfung einer kleinen Anlage, dieser Aufwand ist jedoch nicht 126-mal größer und führt insgesamt nicht zu einem zusätzlichen Bedarf.

Insgesamt ist kein Bedarf für einen weiteren Betrieb gegeben und führen die vorhanden Betriebe die sicherheitsrelevanten feuerpolizeilichen Tätigkeiten zufriedenstellend, ordnungsgemäß und zeitgerecht durch.

3.   Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, ZI. ***, sowie des Verwaltungsgerichtsaktes zur ZI. LVwG-AV-917/001-2019.

Die Meldung des Wiederbetriebes des Rauchfangkehrergewerbes des Herrn C mit 01.07.2020 ergibt sich aus der Mitteilung des informierten Vertreters der WKNÖ in der mündlichen Verhandlung, dass Herr C den Wiederbetrieb der WKO NÖ bereits gemeldet hat, sowie aus dem von der Wirtschaftskammer Niederösterreich im Anschluss an die Verhandlung übermittelten Mitgliederstammblatt des Herrn C.

Die Feststellung, wonach kein Bedarf nach einem weiteren Rauchfangkehrerbetrieb besteht, ergibt sich aus den von der BH Mistelbach und vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeholten Stellungnahmen der Gemeinden des Kehrgebietes ***, sowie aus den vorliegenden (Ergänzungs-) Gutachten der Landesinnung Rauchfangkehrer vom 28.12.2018, 15.03.2019, 12.12.2019, 30.04.2020 und 06.07.2020.

Die Gutachten wurden in den Verhandlungen erörtert. Insbesondere das Gutachten vom 6.7.2020 entkräftet die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Bedenken und stellt schlüssig und nachvollziehbar dar, dass kein Bedarf gegeben ist.

4.   Rechtslage:

Die maßgebliche Bestimmung des VwGVG lautet:

§ 28

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 lauten:

§ 121

[…]

(1a) Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz weiters

1. dass der Anmelder nicht schon im selben oder in zwei verschiedenen Kehrgebieten das Rauchfangkehrergewerbe als Gewerbeinhaber ausübt oder als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist, und

2. das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.

(2) Bei der Feststellung des Bedarfes ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

§125

[…]

(4) Vor der Erlassung des Bescheides nach § 340 Abs. 2a hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Landesinnung der Rauchfangkehrer aufzufordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen ein Gutachten zur Voraussetzung gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 abzugeben. Widerspricht die Entscheidung der Behörde dem fristgerecht abgegebenen Gutachten der Landesinnung der Rauchfangkehrer oder wurde sie nicht zur Abgabe eines Gutachtens aufgefordert, so steht der Landesinnung der Rauchfangkehrer das Recht der Beschwerde gegen den Bescheid zu.

5.   Erwägungen:

Gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994 erfordert die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten die Feststellung des Vorliegens eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung. Bei der Feststellung des Bedarfs ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen (§ 121 Abs. 2 GewO).

Hinsichtlich der Beurteilung des Vorliegens des Bedarfs ist die Befragung der in dem in Frage kommenden Kehrbezirk gelegenen Gemeinden sowie die Einholung von Stellungnahmen der Landesinnung der Rauchfangkehrer als zulässig anzusehen (vgl. VwGH 22.05.2003, 2001/04/0032). In diesem Zusammenhang verpflichtet § 125 Abs. 4 GewO die Bezirksverwaltungsbehörde vor Erlassung des Bescheides ein Gutachten der Landesinnung der Rauchfangkehrer zur Voraussetzung gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 GewO, also zum Vorliegen des Bedarfs, einzuholen.

Dem ist die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht im Zuge des Ermittlungsverfahrens nachgekommen und liegen Gutachten der Wirtschaftskammer Niederösterreich - Landesinnung Rauchfangkehrer - vom 28.12.2018, 15.03.2019, 12.12.2019, 30.04.2020 und vom 06.07.2020 vor.

Die Ermittlung des gegenwärtigen Bedarfes erfolgt anhand des objektiv gegebenen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage nach Leistungen des Gewerbes. Hierbei ist auf die bestehenden einschlägigen Betriebe Bedacht zu nehmen. Ein Bedarf ist nicht gegeben, wenn die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden. Entscheidend für das Vorliegen eines Bedarfes ist daher nicht ein bestimmtes Verhältnis zwischen den nachgefragten Leistungen eines Rauchfangkehrerbetriebes einerseits und den personellen Ressourcen der vorhandenen Rauchfangkehrerbetriebe andererseits, sondern allein die tatsächliche Deckung des Bedarfes durch die vorhandenen Betriebe (VwGH 22.05.2003, 2001/04/0032).

Wie bereits ausgeführt, ist bei der Bedarfsbeurteilung auch der zu erwartende Bedarf miteinzubeziehen. Die Behörde hat Feststellungen über einen zu erwartenden Bedarf dahingehend zu treffen, ob insbesondere alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vorgenommen werden und deren zufriedenstellende Verrichtung unter Bedachtnahme auf die künftige Entwicklung auch in Hinkunft angenommen werden kann (VwSlg 9344 A/1977). Bei der Prüfung des zu erwartenden Bedarfs genügt somit nicht die bloße Annahme, dass aufgrund der Anzahl der im Kehrbezirk tätigen Betriebe eine ordnungsgemäße und zufriedenstellende Erfüllung feuerpolizeilicher Aufgaben denkbar wäre, sondern es ist zu prüfen, ob dies auch tatsächlich zutrifft.

Seitens der belangten Behörde sowie des erkennenden Gerichts wurde der Bedarf umfassend in den einzelnen, vom Kehrgebiet *** umfassten, Gemeinden erhoben, insbesondere ob auch die Deckung des Bedarfes durch die vorhandenen Betriebe gegeben ist bzw. ob alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vorgenommen werden und ob deren zufriedenstellende Entwicklung auch in Hinkunft angenommen werden kann.

Dabei haben die Gemeinden des Kehrgebietes *** im Wesentlichen allesamt bekannt gegeben, dass die aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vorgenommen werden und sie keinen Bedarf nach einem weiteren Rauchfangkehrerbetrieb sehen, da die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden.

Hinsichtlich der einzelnen Gemeinden, welche in ihren Stellungnahmen betreffend den Bedarf angaben, sie würden einen weiteren Rauchfangkehrbetrieb – unter anderem aus Wettbewerbsgründen – begrüßen, ist auszuführen, dass eine Befürwortung der Ausübung des Handwerks der Rauchfangkehrer durch den Antragsteller durch Gemeinden des Kehrbezirkes für die Bedarfsermittlung betreffend den gegenwärtigen Bedarf nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs irrelevant ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführervertreters wonach schon aufgrund der vorliegenden positiven Stellungnahmen einiger Gemeinden die Gewerbeberechtigung zu erteilen sei, geht demnach ins Leere.

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse war nicht anzunehmen, dass – entgegen der eingeholten Stellungnahmen der Gemeinden – ein durch die bestehenden Betriebe nicht oder nicht zufriedenstellend gedeckte Nachfrage nach Leistungen des Rauchfangkehrerhandwerkes bestehen würde.

Insgesamt war aufgrund der eingeholten Stellungnahmen der Gemeinden sowie der Gutachten der Landesinnung festzustellen, dass ein Bedarf gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 GewO nicht vorliegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Rauchfangkehrer; Feststellung; Bedarf; Gewerbeausübung; Untersagung; Prognose;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.917.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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