TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/22 2001/04/0032

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Veröffentlicht am 22.05.2003
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §102 Abs1 Z3;
GewO 1994 §120;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Ing. M in L, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Dezember 2000, Zl. Ge 218338/38-2000-Myh/Csch, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Dezember 2000 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des am 2. März 1998 durch den Beschwerdeführer angemeldeten Gewerbes für das Rauchfangkehrergewerbes, eingeschränkt auf das Kehrgebiet U, im Standort Hstraße 126, L, nicht vorlägen und die Ausübung des Gewerbes untersagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es hätten von sämtlichen befragten Gemeinden des Bezirks U-Umgebung lediglich die Gemeinden R i.M., H i.M. und O i.M. dahin gehende (positive) Stellungnahmen abgegeben, dass mit einer Zunahme der Wohneinheiten im jeweiligen Gemeindegebiet zu rechnen sei. Im Übrigen seien aber auch in diesen drei Gemeinden keine Beschwerden oder Unzufriedenheiten mit dem in den jeweiligen Gemeindegebieten tätigen Rauchfangkehrern aufgetreten. Die Gemeinde W habe zwar das Tätigwerden eines weiteren Rauchfangkehrerunternehmens begrüßt, im Übrigen aber inhaltlich das Vorliegen eines Bedarfes nicht dargelegt. Die restlichen Gemeinden hätten allesamt negative Stellungnahmen zu den - im Einzelnen dargestellten - Bedarfsfragen erstattet. Die Landesinnung Oberösterreich der Rauchfangkehrer habe in ihrer Stellungnahme dargelegt, dass sämtliche im Kehrbezirk tätigen Rauchfangkehrer, die schon heute als Kleinstbetriebe zu bezeichnen seien, eindeutig zum Ausdruck gebracht hätten, es würden alle anfallenden und zusätzlich angebotenen Leistungen ordnungsgemäß, zeitgerecht und zufrieden stellend erbracht; die gesetzmäßige Durchführung aller feuerpolizeilichen Aufgaben sei sichergestellt. Im Kehrbezirk schreite die Gasversorgung und der Ausbau der Fernwärme zügig voran. Seit der letzten Befragung der betroffenen Rauchfangkehrer seien die Gebiete Bad Leonfelden, Zwettl, Albendorf und Unterweitersdorf mit Erdgas versorgt worden. In den Orten Reichenthal, Schenkenfelden, Vorderweißenbach und Reichenau bestünden bzw. entstünden zentrale Wärmeversorgungsanlagen und die Entwicklung schreite weiter voran. Die SBL-Stadtbetriebe Linz GmbH habe mitgeteilt, dass 12 Gemeinden im Bezirk U-Umgebung großteils mit einem Erdgasnetz aufgeschlossen seien. Die näher zu Linz liegenden Gemeinden wiesen einen Aufschließungsgrad von 50 -70 % auf, die weiter entfernt liegenden nur 30 - 50 %. Die Gemeinde Eigenberg sei auf Grund der Verbauungsstruktur nahezu nicht aufgeschlossen. In Zukunft würden von der SBL-Stadtbetriebe Linz GmbH voraussichtlich keine weiteren Gemeinden mehr aufgeschlossen. In den bereits versorgten Gebieten sei nur mehr eine Arrondierung vorgesehen. Die OÖ Ferngas AG habe im Wesentlichen ausgeführt, dass in den letzten 5 Jahren in einigen Gemeinden der Ausbau des Erdgasnetzes erfolgt sei. Für die kommenden 5 Jahre werde daher durch den jetzt schon hohen Aufschließungsgrad eine geringere Entwicklung in der Größenordnung von 100 - 150 neuen Anschlüssen und ca. 5 bis 10 km Leitungsnetzzuwachs pro Jahr erwartet. Der politische Bezirk U werde in geringem Ausmaß auch mit Fernwärme versorgt. So verfügten etwa die Gemeinden Reichenthal, Bad Leonfelden, Schenkenfelden und Altenberg über Biomasse-Heizanlagen über 250 kW. Zusammenfassend könne daher gesagt werden, dass die Befassung der örtlich berührten Gemeinden sowie der Landesinnung der Rauchfangkehrer als Basis für eine Beurteilung des "Bedarfes" ergeben habe, dass von einem gesättigten Markt für Dienstleistungen des Rauchfangkehrergewerbes ausgegangen werden müsse und weder ein gegenwärtiger noch ein zukünftiger zusätzlicher Bedarf angenommen werden könne. Soweit der Beschwerdeführer auf Bautätigkeiten verwiesen habe, sei ihm zu entgegnen, dass ein generelles Ruhen von Bautätigkeiten in keinem Kehrbezirk Österreichs anzunehmen sei. Der Umstand, dass Bautätigkeiten vorgenommen würden, lasse aber noch nicht auf das Vorliegen eines zusätzlichen Bedarfes nach Rauchfangkehrerleistungen schließen. Dies könnte erst dann angenommen werden, wenn durch Bautätigkeiten der Nachfragerückgang durch Umstellung auf Erdgas sowie der Wegfall von Feuerstätten durch Anschluss an ein Fernwärmeversorgungssystem qualifiziert übersteigen würde. Für ein derartiges Ausmaß an Bautätigkeiten bestehe nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens kein Anhaltspunkt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Wegfall zweier Gewerbeberechtigung im Kehrgebiet U sei a priori bedarfsbegründend, sei zu entgegnen, dass die (angesprochenen) Gewerbeberechtigungen H und E nach wie vor aufrecht seien und das Vorbringen des Beschwerdeführers daher nicht nachvollzogen werden könne; im Übrigen sei das Kehrgebiet U durch die Kehrgebietsverordnung 1999 um das Stadtgebiet Linz nördlich der Donau verkleinert worden. Auch zukünftig sei daher ein Bedarf nach einem weiteren Rauchfangkehrerbetrieb für das Kehrgebiet U nicht zu erwarten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Ausübung des angemeldeten Rauchfangkehrergewerbes verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die von der belangten Behörde gesetzten Ermittlungsschritte seien nicht geeignet (gewesen), eine gesetzmäßige Bedarfsermittlung zu ermöglichen. Eine Befragung "der Konkurrenz" könne von vornherein keine brauchbaren Beweisergebnisse liefern. Unrichtig sei, dass es im Bezirk U-Umgebung eine teilweise Versorgung mit Fernwärme gebe. Hier gebe es vielmehr keine Fernwärmeversorgung. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren auch geltend gemacht, dass die Gewerbeberechtigungen H und E weggefallen seien; dies sei nicht berücksichtigt worden. Nicht entsprechend berücksichtigt worden seien auch die Mitteilungen der Gemeinden, die die Gewerbeanmeldung des Beschwerdeführers begrüßt und einen Bedarf als vorhanden erachtet hätten. Im Übrigen fehlten exakte Bedarfserhebungen, d.h. konkrete Erhebungen bei Bau- und Feuerpolizeibehörden der betroffenen Gemeinden. Nur den Fachabteilungen der jeweiligen Gemeindeämter sei nämlich bekannt, inwieweit es Differenzen zwischen Rauchfangkehrern und Kunden gebe und inwieweit tatsächlich Missstände, Unzulänglichkeiten und bedarfsbegründende Faktoren bestünden. Auch hätten exakte Anfragen an die konkreten Gemeinden betreffend den Stand und die Entwicklung der Bautätigkeit im Bereich U gestellt und insbesondere diesbezüglich konkrete Erhebungen zum zukünftigen Bedarf getroffen werden müssen. Die Kehrordnung 1999 habe die Rauchfangkehrerleistungen im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde nicht beschränkt. Die Haltung der Rauchfangkehrerschaft und ihrer Standesvertretung gegenüber dem Beschwerdeführer sei von Willkür und vom Bemühen getragen, die alten Strukturen wieder herzustellen und die Zusammenlegung von Linz-Stadt und Linz-Land wieder zurückzunehmen. Den Stellungnahmen dieser Institutionen komme daher keine Beweiskraft zu.

Gemäß § 102 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2001, erfordert die Ausübung des Handwerks der Rauchfangkehrer das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Ausübung des Handwerks. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist bei der Feststellung des Bedarfes vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der Bedarf nach der Gewerbeausübung in dem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage seinen Ausdruck finden. Hiebei ist auf die bestehenden einschlägigen Betriebe Bedacht zu nehmen. Ein Bedarf ist nicht gegeben, wenn die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden, wobei der Wunsch der Kunden nach Leistungen eines bestimmten Betriebes für die Beurteilung des Bedarfes ohne Bedeutung ist. Entscheidend für das Vorliegen eines Bedarfes ist daher nicht ein bestimmtes Verhältnis zwischen den nachgefragten Leistungen eines Rauchfangkehrerbetriebes einerseits und den personellen Ressourcen der vorhandenen Rauchfangkehrerbetriebe andererseits, sondern allein die tatsächliche Deckung des Bedarfes durch die vorhandenen Betriebe (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1999, Zl. 99/04/0058, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Vorgangsweise der belangten Behörde, den für die Beurteilung des Vorliegens eines Bedarfes entscheidenden Sachverhalt im Wege einer Befragung der in dem in Rede stehenden Kehrbezirk liegenden Gemeinden, sowie durch Einholung von Stellungnahmen der Landesinnung der Rauchfangkehrer (§ 109 Abs. 3 GewO 1994) und von Erdgasversorgungsunternehmen zu erheben, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der belangten Behörde seien im Zuge der Feststellungen zur Beurteilung des Bedarfes Verfahrensverstöße unterlaufen, übersieht er zunächst, dass gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht jeder Verfahrensverstoß zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt, sondern nur ein solcher, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangen hätte können. Ist die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht offenkundig, obliegt es dem Beschwerdeführer, durch konkretes Vorbringen, also durch Mitteilung jenes konkreten Sachverhalts, zu dem die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensverstoßes gelangt wäre, diese Relevanz darzutun (vgl. z.B. nochmals das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1999).

Diesem Erfordernis kommt die Beschwerde nicht nach. Soweit sie die Unterlassung konkreter Erhebungen gerügt wird, ist nicht zu erkennen, welchen - von dem von der belangten Behörde festgestellten - abweichenden Sachverhalt die vom Beschwerdeführer vermissten Erhebungen ergeben hätten. Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer behauptete Haltung der Rauchfangkehrerschaft und der Landesinnung ihm gegenüber und dass diese Institutionen die Zusammenlegung der Kehrgebiete Linz-Stadt und Linz-Land rückgängig machen wollten.

Soweit der Beschwerdeführer aber geltend macht, es hätten konkrete Erhebungen bei den für bau- und feuerpolizeilichen Angelegenheiten zuständigen Fachabteilungen der betroffenen Gemeinden gepflogen werden müssen, übersieht er, dass die Bau- und Feuerpolizei in die Zuständigkeit der Gemeinde und ihrer Organe fällt, die sich dabei der "Fachabteilungen" bedienen. Mit dem Vorbringen, es sei die Gemeinde und nicht die Fachabteilung befragt worden, zeigt die Beschwerde daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Soweit der Beschwerdeführer aber "exakte Anfragen" an die betroffenen Gemeinden vermisst, hat er es nicht nur unterlassen, darzustellen, welchen Inhalt diese Anfragen nun konkret aufzuweisen gehabt hätten, sondern auch, welcher entscheidungsrelevante Sachverhalt durch solche Anfragen hätte festgestellt werden können.

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers, im Kehrgebiet U wären die Gewerbeberechtigungen H und E "weggefallen", als nicht nachvollziehbar bezeichnet, weil die beiden Gewerbeberechtigungen für das Kehrgebiet U nach wie vor aufrecht seien. Wenn der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde ohne seine Behauptung auch nur ansatzweise zu begründen, darauf beharrt, durch den "Wegfall dieser Gewerbeberechtigungen" werde das Vorliegen eines Bedarfes indiziert, so zeigt er mit diesem Vorbringen keinen Umstand auf, demzufolge die belangte Behörde davon auszugehen gehabt hätte, die beiden Gewerbeberechtigungen gehörten nicht mehr dem Rechtsbestand an; er zeigt daher auch mit diesem Vorbringen nicht auf, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Bedarfsbeurteilung auf unzutreffenden Grundlagen fußt.

Als unzutreffend erweist sich der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe angenommen, die Rauchfangkehrerleistungen seien durch die Kehrordnung 1999 eingeschränkt worden; eine solche Feststellung ist dem angefochtenen Bescheid nämlich nicht zu entnehmen. Aber auch der Vorwurf, die belangte Behörde hätte zum Ergebnis gelangen müssen, dass es in U-Umgebung keine Fernwärmeversorgung gibt, führt selbst im Fall, dass diese Behauptung zutreffen sollte, nicht zum Ergebnis, dass die belangte Behörde die Bedarfssituation anders zu beurteilen gehabt hätte; hat die belangte Behörde doch selbst dargelegt, dass die Versorgung mit Fernwärme im Bezirk U nur in einem "geringen Ausmaß" erfolgt. Die Annahme einer Versorgung mit Fernwärme war also keineswegs bestimmend für die Verneinung des Bedarfes nach Ausübung der vom Beschwerdeführer angemeldeten Gewerbeberechtigung.

Schließlich lässt auch der Beschwerdehinweis, es gäbe Mitteilungen von Gemeinden, die einen Bedarf für vorhanden erachtet und die Gewerbeanmeldung des Beschwerdeführers begrüßt hätten, die Feststellung der belangten Behörde, von den Gemeinden, die sich positiv zur Gewerbeanmeldung des Beschwerdeführers geäußert hätten, seien Umstände, die inhaltlich auf das Vorliegen eines Bedarfes schließen ließen, nicht vorgebracht worden, nicht als unzutreffend erscheinen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Mai 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001040032.X00

Im RIS seit

15.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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