TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 L517 2229553-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

AuslBG §4 Abs3
B-VG Art133 Abs4
Richtlinie 2013/33/EU Aufnahme-RL Art15

Spruch

L517 2229182-1/4E

L517 2229553-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Sanja SOVIC und Mag.a Kristina TOMA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , vom 12.02.2020, GZ: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.

Verfahrensgang:

19.11.2019 – Antrag von XXXX (beschwerdeführende Partei bzw. bP) auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für XXXX (beantragte Arbeitskraft bzw. Arbeitnehmer und weitere Partei), geb. am XXXX , Staatsangehörigkeit: Afghanistan, beim AMS XXXX (belangte Behörde bzw. bB) als zahnärztliche Assistentin (in Ausbildung)

26.11.2019 – Schreiben der bB an die bP

06.12.2019 – Vermittlungsauftrag bzgl. Ersatzkraftverfahren für XXXX

06.12.2019 und 05.02.2020 – Texteinträge der bB

12.02.2020 – Sitzung des Regionalbeirates

12.02.2020 – Bescheid der bB, Abweisung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung vom 19.11.2019, Bescheidausfertigung der bB gemäß § 20 Abs. 3 AuslBG

27.02.2020 – Beschwerde der bP

03.03.2020 – Beschwerdevorlage am BVwG

07.05.2020 – Urgenz der bP

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0.    Feststellungen (Sachverhalt):

Am 19.11.2019 stellte die bP beim AMS den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die oben genannte Arbeitnehmerin (Staatsangehörigkeit: Afghanistan, geb. am XXXX , Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005, berufliche Tätigkeit: Zahnärztliche Assistentin (in Ausbildung), Entlohnung brutto/Monat € 600,-- (Aufzahlung bei entsprechender Leistung); Anzahl der Wochenstunden: 40, Vermittlung von Ersatzkräften erwünscht: nein: „Fr. XXXX wurde bereits bzgl. Wunschprofil getestet: Feinmotorik ist excellent, gut Team kompatibel; parallel wurde übers AMS bereits gesucht, leider kein Erfolg. Wir würden uns wirklich diese Arbeitskraft wünschen! Bitte um Unterstützung.“

Mit Schreiben vom 26.11.2019 zum Betreff „Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Arbeitskraft“ informierte die bB die bP, dass Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden können, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulassen. Dies sei dann der Fall, wenn für den Arbeitsplatz keine inländischen oder integrierten ausländischen Arbeitskräfte sowie EWR Bürger anstelle der beantragten Arbeitskraft vermittelt werden können (dies gelte auch für die befristete Zulassung von ausländischen Arbeitskräften im Rahmen von Kontingenten – hier seien solche Ausländer, die bereits über einen Aufenthaltstitel verfügen oder Niederlassungsfreiheit genießen, zu bevorzugen). Ob solche Arbeitskräfte (Ersatzkräfte) zur Verfügung stehen, könne aber nur mit Hilfe der bP und mit deren Einverständnis geklärt werden. Das AMS biete der bP daher an, geeignet erscheinende Bewerber oder Bewerberinnen auszusuchen, die in den kommenden Tagen bei der bP vorsprechen würden. Die bP habe Gelegenheit, innerhalb von acht Tagen ab Zustellung dieses Schreibens, zu diesem Angebot Stellung zu nehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt werde die sechswöchige Entscheidungsfrist gehemmt. Sollte die bP eine Vermittlung von geeigneten Bewerber/-innen ohne nachvollziehbare Begründung ablehnen, wäre eine der Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht erfüllt. Das Arbeitsmarktservice behalte sich in diesem Fall die Ablehnung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung vor.

Am 06.12.2019 legte die bP das ausgefüllte Formular „Vermittlungsauftrag bzgl. Ersatzkraftverfahren für XXXX beim AMS vor und wurde daraufhin ein Ersatzkraftverfahren eingeleitet (vgl. Texteinträge der bB vom 06.12.2019 sowie vom 05.02.2019).

In der Sitzung des Regionalbeirates am 12. Februar 2020 wurde ausgeführt: „[…] Stellungnahme des SFU ([Service für Unternehmen]) zur Ersatzkraftstellung und Datum der Stellungnahme: Arbeitsmarktpolitische Stellungnahme EKV neu: vermittelt wurden: XXXX : noch nicht verfügbar, geht zur Schule, XXXX : derzeit Betreuung FBZ XXXX , XXXX : hat sich nicht beworben, unzuverlässig, XXXX : geht noch zur Schule, noch nicht verfügbar, XXXX : geht noch zur Schule, noch nicht verfügbar, XXXX : nicht beim AMS vorgemerkt – Bewerbung wurde an DG per Mail geschickt -> bis dato keine Rückmeldung, XXXX : Bewerbung per Post an DG -> scheinbar nicht angekommen, Ergänzung zur Stellungnahme: Anruf Fr. XXXX : Frau XXXX hat bereits eine Lehrstelle, wäre genommen worden, Frau XXXX kommt nicht in Frage, nicht „belastbar“ – wird zu Kollegin Fr. XXXX weitervermittelt. Abschließende Beurteilung der rechtlichen Voraussetzung zur Erteilung oder Versagung der Bewilligung durch das AFZ (lt. BRL SFU-SAB-Richtlinie Aus/2-2014): Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber in Lehre. Arbeitsmarktprüfung durchgeführt. Aus derzeitiger Erlasslage ist es seitens des AMS nicht möglich, eine Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber in Lehre zu erteilen. Entscheidung wird erbeten.“ Die Entscheidung erging seitens der AN und der AG positiv, seitens des AMS negativ (vgl. Beiratsvorlage für XXXX für die Sitzung am 12. Februar 2020).

Mit Bescheid der bB vom 12.02.2020 wurde der Antrag der bP vom 19.11.2019 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die Arbeitnehmerin, Staatsangehörigkeit: Afghanistan, für die berufliche Tätigkeit als zahnärztliche Fachassistentin (Lehrling/Auszubildende) gemäß § 4 Abs. 3 AuslBG abgewiesen. Die bB begründete ihre Entscheidung wie folgt: „In der Regionalbeiratssitzung vom 12. Februar d. J. konnte keine Einhelligkeit erzielt werden. Der Regionalbeirat hat im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet. Darüber hinaus liegt nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auch keine der sonstigen im § 4 Abs. 3 genannten Voraussetzungen vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden." Am selben Tag erfolgte eine Bescheidausfertigung der bB gemäß § 20 Abs. 3 AuslBG.

Am 27.02.2020 erhob die bP fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom

27.01.2020

. Es wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, die bP suche seit längerer Zeit intensiv eine geeignete Mitarbeiterin für die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin in ihrer kieferorthopädischen Ordination. Die beantragte Arbeitskraft habe durch ihre Kenntnisse und Eigenschaften einen höchst positiven Eindruck hinterlassen. Trotz intensiver Bemühungen (AMS, Aushang in der Ordination, usw.), sei keine geeignete Bewerberin gefunden worden. Da die bP aber dringendst eine weitere Mitarbeiterin in diesem Bereich benötige, wäre es ihr ein großes Anliegen, wenn die Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Arbeitskraft ehestmöglich erteilt werden könnte.

Am 03.03.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

Am 07.05.2020 erging seitens der bP eine Urgenz ans BVwG.

Laut telefonischer Auskunft des BFA vom 19.05.2020 ist der negative Asylbescheid mit 09.03.2018 datiert.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“; (vgl. dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032).

Die Feststellungen zum negativen Asylbescheid, zum Antrag auf Beschäftigungsbewilligung, zur Durchführung des Ersatzkraftverfahrens, zur Abweisung des gegenständlichen Antrages mangels einhelliger Zustimmung des Regionalbeirates sowie zur Beschwerde der bP, ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsverfahrensakt (vgl. dazu insbesondere Antrag auf Beschäftigungsbewilligung vom 19.11.2019, Beiratsvorlage für XXXX für die Sitzung am 12. Februar 2020, Bescheid vom 12.02.2020, Beschwerde vom

27.02.2020

, Fremdenregisterauskunft und AV vom 19.05.2020).

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF

- Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013

- Ausländerbeschäftigungsgesetz AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idgF

- Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung BHZÜV, BGBl. 278/1995 idgF

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20g Abs. 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl. 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl. 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung – entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 – eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art. 6 Abs. 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur – wie es § 21 vorsieht – bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9 ff, § 21 Rz 2). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.

Der ausländische Arbeitnehmer hat im Verfahren um Erteilung einer ihn betreffenden Beschäftigungsbewilligung Parteistellung.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.5. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 218/1975 idgF lauten:

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,

10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und

11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.

(2) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen ausländischen Lehrling zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt (Arbeitsmarktprüfung), keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen und die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 bis 9 vorliegen.

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn

1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder

(Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

5. der Ausländer gemäß § 5 befristet beschäftigt werden soll oder

6. der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§ 63 NAG) oder Student (§ 64 Abs. 1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder

7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§ 18) oder

(Anm.: Z 8 aufgehoben durch Art. 1 Z 8, BGBl. I Nr. 66/2017)

9. der Ausländer gemäß § 57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder

10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß § 16a AÜG bzw. § 40a Abs. 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Z 1 bis 3 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 Z 1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder

11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder

12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, hat oder

13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder

14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs. 4 angehört.

(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und – sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt – den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.

Abs. 5 – Abs. 6 […]

(7) Die Arbeitsmarktprüfung gemäß Abs. 1 und 2 entfällt bei

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch Art. 1 Z 9, BGBl. I Nr. 66/2017)

2. Schülern und Studenten (Abs. 3 Z 6) für eine Beschäftigung, die 20 Wochenstunden nicht überschreitet,

3. Studienabsolventen (§ 12b Z 2),

4. Fachkräften hinsichtlich einer Beschäftigung in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf,

5. Ausländern, die besonderen Schutz genießen (Abs. 3 Z 9) und

6. registrierten befristet beschäftigten Ausländern (§ 5 Abs. 7).

Prüfung der Arbeitsmarktlage

§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

[…] Abs. 2 – Abs. 3

Übergangsbestimmungen

§ 32. Abs. 1 – Abs. 9 […]

(10) Verordnungen, die vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 25/2011 aufgrund des § 12a Abs. 2 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 14 Abs. 3 weiter.

(11) […]

(12) Verordnungen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 72/2013 aufgrund des § 14 Abs. 3 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 4 Abs. 4 weiter.

§ 1 BHZÜV in der Fassung BGBl. II Nr. 206/2011 lautet auszugsweise:

§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 14 Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für

1. Ausländer, deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten erscheint;

Abs. 2 – Abs. 13 […]

Artikel 15 und Artikel 28 der RICHTLINIE 2013/33/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, lauten:

Artikel 15

Beschäftigung

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

(2) Die Mitgliedstaaten beschließen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei sie gleichzeitig für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller sorgen.

Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen.

(3) Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.

Artikel 28

System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung

(1) Die Mitgliedstaaten führen im Einklang mit ihrer verfassungsrechtlichen Struktur Mechanismen ein, um eine geeignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile sicherzustellen.

(2) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unter Verwendung des Vordrucks in Anhang I spätestens am 20. Juli 2015 die entsprechenden Informationen.

3.6. Gegenständlichen Fall betreffend ist auf die Entscheidung des VwGH vom 28.04.2020, Ro 2019/09/0011-5, hinzuweisen, aus welcher sich Nachfolgendes ergibt:

„Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union obliegt die sich aus der Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten. Das nationale Gericht hat, soweit es das nationale Recht bei der Anwendung einer Richtlinie auszulegen hat, seine Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Ist eine den Anforderungen der Richtlinie genügende Anwendung des nationalen Rechts nicht möglich, so ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, „indem es notfalls jene Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gegen diese Richtlinie verstoßenden Ergebnis führen würde, während die Nichtanwendung dieser Bestimmung das nationale Recht mit der Richtlinie in Einklang bringen würde“ (vgl. zum Ganzen EuGH 22. 5. 2003, Rs C-462/99, Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH, Rn. 38, 40).

Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass der Asylwerber „spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat“; die Mitgliedstaaten haben weiters „für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller [zu] sorgen“ (Abs. 2 der Richtlinie). Für den Zeitraum nach der (ablehnenden) erstbehördlichen Entscheidung sieht Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie einen Schutz dahingehend vor, dass dem Antragsteller „das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden darf.“ (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof).

Nach dem selbst vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführten Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur RL 2013/33/EU (COM/2008/815/FINAL) dürfe der tatsächliche Zugang von Asylwerbern zu einer Beschäftigung nicht in unangemessener Weise beschränkt werden und es müsse eine faire Chance auf Zugang zu einer Beschäftigung bestehen.

Unter Berücksichtigung des eindeutigen, keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlautes von Art. 15 der Richtlinie ist unter Gewährung eines „effektiven“ Arbeitsmarktzuganges zu verstehen, dass der Antragsteller einen tatsächlichen und wirksamen Zugang erhält, der also nicht in unangemessener Weise beschränkt ist, wie es im Einklang dazu im genannten, bezughabenden Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates heißt; ein unbeschränktes Offenstehen sämtlicher Berufsfelder kann nach dem Wortlaut und Zweck der Regelung daraus aber nicht abgeleitet werden. Darüber hinaus sieht Abs. 1 nach seinem Wortlaut die Verpflichtung der Einräumung eines solchen Zugangs nur bis zur Erlassung einer erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vor. Ein Schutz vor Entzug des Rechts auf Arbeitsmarktzugang im Rechtsmittelverfahren über den Antrag auf internationalen Schutz (nach Abs. 3 der Richtlinie) setzt voraus, dass die Gewährung des Rechts, also des Arbeitsmarktzuganges durch Erteilung einer (entsprechenden) Beschäftigungsbewilligung vor Erlassung der (ablehnenden) erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren erfolgte. Diese Auslegung von Art. 15 der Richtlinie in seinem Gesamtzusammenhang führt dazu, dass ein Asylwerber innerhalb der ersten Monate seines Aufenthaltes in Österreich nach Zulassung zum Asylverfahren (nach einer Wartefrist von drei Monaten) dem Arbeitsmarkt während des laufenden (behördlichen) Asylverfahrens zugeführt werden kann. Eine weitergehende Anwendung auf Fälle der Antragstellung nach Vorliegen einer ablehnenden behördlichen (erstinstanzlichen) Asylentscheidung findet darin keine Deckung. Der vom Bundesverwaltungsgericht und den Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht eines allein aus Art. 15 der Richtlinie ableitbaren Anspruches auf einen solcher Arbeitsmarktzugang auch zu einem späteren Zeitpunkt - also wie hier im Rechtsbehelfsverfahren - kann daher nicht gefolgt werden.

Im vorliegenden Fall steht - wie die Amtsrevision zutreffend aufzeigt - der unmittelbaren Anwendung von Art. 15 der Richtlinie schon entgegen, dass der gegenständliche Antrag am 7. Februar 2019 und somit erst nach der ablehnenden Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren vom 6. August 2018 gestellt wurde. Die Zulässigkeit der Einschränkung des Zugangs von Asylwerbern zum österreichischen Arbeitsmarkt auf Kontingentbewilligungen nach § 5 AuslBG kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

Indem das Bundesverwaltungsgericht dies verkannte und die Voraussetzungen für die Ausstellung der beantragten Beschäftigungsbewilligung als gegeben sah, hat es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass diese gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.“

Der Sachverhalt des verfahrensgegenständlichen Falles entspricht im Wesentlichen den Ausführungen der oben angeführten Entscheidung des VwGH. So steht auch hier der unmittelbaren Anwendung von Art. 15 der Richtlinie schon entgegen, dass der gegenständliche Antrag am 19.11.2019 und somit erst nach der ablehnenden Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren vom 09.03.2018 gestellt wurde.

Die Voraussetzungen für die Ausstellung der beantragten Beschäftigungsbewilligung sind daher nicht gegeben und war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.7. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.

Gegenständlich wurde die bP nicht vom Ergebnis des Beweisverfahrens verständigt.

Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).

Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).

Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).

Die bP hatte mit der Beschwerdemöglichkeit ausreichend Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen und hat dies auch genutzt. Die Verletzung des Parteiengehörs war daher als saniert anzusehen.

3.8. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung „wenn es dies für erforderlich hält“ schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.

Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das Gericht lediglich über Rechtsfragen zu entscheiden hat, die nicht besonders komplex sind. Dies wird etwa wie in der zitierten Entscheidung dann der Fall sein, wenn die festgestellten Tatsachen im gesamten Verfahren nicht bestritten wurden, eine einschlägige ständige Rechtsprechung besteht und der Bf (die bP) keine rechtlichen oder faktischen Fragen aufgeworfen hat, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur der Höchstgerichte sowie Heranziehung der vorliegenden Akten als auch des festgestellten Sachverhaltes und der daraus resultierenden Ermittlungsergebnisse und unter Beachtung der Beschwerde der bP wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen. Dies begründet sich u.a. aus dem Umstand, dass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtsfrage erwarten lässt und auch der festgestellte Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig scheint. Weiteres besteht auch keine zwingende gesetzliche Bestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in der anhängigen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen („…Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche … Fragen betrifft, zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint.“), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs. 4 VwGVG mit § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich.

3.9. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen (vgl. jüngst VwGH vom 28.04.2020, Ro 2019/09/0011). Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren Asylwerber Beschäftigungsbewilligung Ersatzkraft Lehrausbildung Rechtsanschauung des VwGH Regionalbeirat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2229553.1.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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