TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/24 W165 2204789-1

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Veröffentlicht am 24.06.2020
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Entscheidungsdatum

24.06.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W165 2204795-1/8E

W165 2204789-1/8E

Im NAMEN der republik

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Lesniak als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. XXXX , geb. XXXX , beide vertreten durch den Kindesvater XXXX als gesetzlichen Vertreter, dieser vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, beide StA. Somalia, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 20.06.2018, Zl. ET-ADD-OB-SP01_000125_2017 (1.) und Zl. ET-ADD-OB-SP01_000126_2017 (2.), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides zu lauten hat:

„Die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln sind mangels Berechtigung zu deren Einbringung zurückzuweisen“.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der (angeblich) minderjährige Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und der (angeblich) minderjährige Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: BF2), sind Brüder und Staatsangehörige von Somalia.

Am 31.08.2017 stellte Frau XXXX für die BF, für fünf weitere Geschwister der BF und für sich selbst unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (im Folgenden: ÖB Addis Abeba), Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 (im Folgenden: AsylG).

Als Bezugsperson wurde Herr XXXX , geb. XXXX , genannt, bei dem es sich um den Vater der BF (und ihrer Geschwister) sowie um den Ehegatten von Frau XXXX handeln solle.

Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2017, Zl. W196 2147244-1/12E, rechtskräftig seit 28.06.2017, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Den Einreiseanträgen waren neben Geburtsurkunden und Reisepassauszügen in Kopie ein als „Declaration of Responsibiliy and Adoption“ bezeichnetes Dokument vom 12.08.2017 in englischer Sprache in Kopie angeschlossen, demzufolge Frau XXXX , geb. XXXX , als Mutter der BF (und Mutter von vier ihrer Geschwister) in Anwesenheit von zwei Zeugen vor dem Banadir Regional Court in Mogadischu am 10.08.2017 erklärt habe, dem Vater der BF (und Vater von vier ihrer Geschwister), Herrn XXXX , wohnhaft in Österreich, „full Responsibility and Adoption“ für die BF (und vier ihrer Geschwister) zu übertragen.

Mit Schreiben der ÖB Addis Abeba vom 05.09.2017 wurden die Einreiseanträge samt Unterlagen an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), übermittelt. Im Schreiben wurden Zweifel der Botschaft am aus den vorgelegten Urkunden hervorgehenden Alter der BF, wie auch am Alter eines weiteren antragstellenden Geschwisters der BF, geäußert.

In weiterer Folge wurden seitens des BFA Altersfeststellungen betreffend die BF in die Wege geleitet.

Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 09.11.2017 gab das BFA der ÖB Addis Abeba bekannt, dass eine Gewährung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Begründend wurde in der Mitteilung wie auch in der angeschlossenen Stellungnahme vom 08.11.2017, soweit verfahrensrelevant, ausgeführt, dass schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden. Die Antragstellung der minderjährigen Kinder sei nicht durch die gesetzliche bzw. gewillkürte Vertreterin erfolgt bzw. liege eine Vertretungsvollmacht an XXXX für die Einbringung der Einreiseanträge nicht vor bzw. sei eine solche von der Bezugsperson in Österreich nicht erteilt worden.

Dies teilte die ÖB Addis Abeba den BF mit Schreiben vom 10.11.2017 unter Anschluss des Schreibens des BFA mit und forderte diese zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.

Am 20.11.2017 langte eine Stellungnahme der BF (sowie von fünf ihrer Geschwister und von XXXX ), eingebracht durch deren bevollmächtigten Vertreter, Österreichisches Rotes Kreuz, ein. Der Stellungnahme war eine Vollmachtserteilung von XXXX an das Österreichische Rote Kreuz vom 18.11.2017 angeschlossen. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die antragstellenden Kinder die Kinder der Bezugsperson aus erster Ehe seien und Frau XXXX die erste Ehefrau der Bezugsperson sei. Die Ehe sei am 19.02.2011 nach islamischem Ritus geschieden worden, was am 26.02.2011 durch ein Gericht bestätigt worden sei. Am 15.04.2011 habe die Bezugsperson XXXX geheiratet und kümmere sich diese im Einverständnis mit der leiblichen Mutter um die BF und deren Geschwister. Den BF, ihren Geschwistern und XXXX sei offenbar nicht auf verständliche Art vermittelt worden, dass eine Vertretungsvollmacht an Frau XXXX für die Einbringung der Einreiseanträge der Kinder notwendig sei. Die Antragstellung durch XXXX sei jedoch selbstverständlich im Einverständnis mit der Bezugsperson erfolgt. Eine entsprechende Vollmacht werde der Stellungnahme beigelegt.

Einer der Stellungnahme vom 20.11.2017 angeschlossenen (in Somalisch und Deutsch abgefassten) „Erlaubnis“ vom 17.11.2017 ist unter Anführung der Namen und der (behaupteten) Geburtsdaten der BF sowie vier ihrer Geschwister folgender Text zu entnehmen:

„Erlaubnis Ich XXXX geboren am XXXX , derzeit wohnhaft in XXXX , Elternteil von […] erteile hiermit Vollmacht oben genannter minderjähriger Kinder an XXXX , geb. XXXX , Reisepassnr. XXXX . Ich erlaube meinen minderjährigen Kindern einen Antrag auf Familienzusammenführung gemäß § 35 AsylG einzubringen und nach Österreich einzureisen. Ich ermächtige oben genannte Person die Einreiseanträge meiner minderjährige Kinder zu ermöglichen, den involvierten Behörden alle benötigten Dokumente bereitzustellen und an den Verfahrensschritten für die Familienzusammenführung teilzunehmen. Die oben genannte Person hat die Zustimmung in meinem Namen und im Interesse meiner minderjährigen Kinder zu handeln. Unterschrift“

Den Akten einliegenden Schreiben eines medizinischen Zentrums vom 23.12.2017 ist zu entnehmen, dass laut Röntgenuntersuchung des Handgelenkes und des Ellenbogens das Alter des BF1 mit 18 Jahren, das Alter des BF2 zwischen 16 und 18 Jahren anzunehmen sei, wobei offenbleibt, ob sich dieses Ergebnis auf den Zeitpunkt der Antragseinbringung oder den Zeitpunkt der Untersuchung bezieht.

Mit neuerlicher Stellungnahme vom 19.06.2018 gab das BFA zur übermittelten Stellungnahme der BF mit näherer Begründung bekannt, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde.

Mit Bescheiden der ÖB Addis Abeba vom 20.06.2018 wurden die Einreiseanträge der BF, ihrer Geschwister und von XXXX gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Gegen diese Bescheide erhoben die BF (und ihre Geschwister), vertreten durch die Bezugsperson als gesetzlicher Vertreter, dieser vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, fristgerecht Beschwerden infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensfehlern. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass XXXX am 31.08.2017 die gegenständlichen Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG für sich und ihre minderjährigen Stiefkinder eingebracht habe. Mit Stellungnahme vom 20.11.2017 sei unter anderem eine Vollmacht an XXXX zur Einbringung der Einreiseanträge der minderjährigen BF vorgelegt worden. Im April 2018 sei die Ehegemeinschaft zwischen XXXX und der Bezugsperson einvernehmlich aufgelöst worden und sei XXXX in der Folge zu ihrer Familie in Somalia zurückgekehrt. Es bestehe ihrerseits kein Wille mehr, ihrem Ehemann nach Österreich nachzuziehen.

Mit am 03.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben des BMI vom 28.08.2018 wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und darauf hingewiesen, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde.

In weiterer Folge brachten die BF durch eine rechtsanwaltliche Vertretung einen Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht beim Verwaltungsgerichtshof ein. Mit verfahrensleitender Anordnung des VwGH vom 14.05.2018, Fr 2020/19/0012 bis 0018-9, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 18.05.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, die Entscheidung binnen drei Monaten zu erlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF sind Brüder und Staatsangehörige von Somalia. Am 31.08.2017 stellte Frau XXXX für die BF unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der ÖB Addis Abeba Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG. Als Bezugsperson wurde der in Österreich asylberechtigte Vater der BF, XXXX , genannt.

Im Zeitpunkt der Antragstellung lag eine Übertragung der Elternrechte von der leiblichen Mutter der BF an den Vater der BF vor. Eine Vertretungsvollmacht des Vaters als gesetzlicher Vertreter der BF an XXXX lag im Antragszeitpunkt nicht vor. Am 20.11.2017 wurde eine mit 17.11.2017 datierte, als „Erlaubnis“ bezeichnete Vollmacht des Vaters und gesetzlichen Vertreters der BF an XXXX vorgelegt. Mit diesem Schriftstück wurde ein im Zeitpunkt der Einbringung der Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG vorgelegen habendes Bevollmächtigungsverhältnis nicht nachgewiesen.

Im Übrigen werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der ÖB Addis Abeba und wurden auch von den BF nicht bestritten. Hieraus ergibt sich auch insbesondere die Feststellung, dass im Zeitpunkt der Antragstellung keine Vertretungsvollmacht des Vaters als gesetzlicher Vertreter der BF an XXXX vorgelegen ist. Eine derartige Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Antragstellung wurde im gesamten Verfahren auch nicht behauptet. Den Ausführungen der BF ist vielmehr zu entnehmen, dass diesen nicht bewusst gewesen sei, dass eine solche Vollmacht zur Antragstellung erforderlich sei. Die Feststellung der Übertragung der Elternrechte von der leiblichen Mutter der BF an den Vater der BF gründet sich auf eine im Zuge der Antragstellung vorgelegte „Declaration of Responsibiliy and Adoption“ vom 12.08.2017. Dass eine Vollmacht des Vaters der BF an XXXX vom 17.11.2017 nachträglich vorgelegt wurde, basiert auf dem diesbezüglichen, der Stellungnahme vom 20.11.2017 beigelegten, als „Erlaubnis“ bezeichneten Schriftstück.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegeneiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Wie festgestellt, brachte XXXX am 31.08.2017 die gegenständlichen Einreiseanträge für die beiden (angeblich) minderjährigen BF ohne Nachweis einer schriftlichen Vollmacht durch den gesetzlichen Vertreter hiezu, ein. Eine schriftliche Bevollmächtigung wurde erst mehr als zweieinhalb Monate später, nämlich am 20.11.2017, durch Vorlage einer mit 17.11.2017 datierten „Erlaubnis“ des Vaters der BF an XXXX , beigebracht.

Zunächst ist im gegebenen Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bereits dem Schreiben der Botschaft an das BFA vom 05.09.2017, mit welchem die Einreiseanträge übermittelt wurden, kein Hinweis in die Richtung zu entnehmen ist, dass die zwecks Einbringung der Anträge persönlich bei der Botschaft vorsprechende XXXX erwähnt hätte, dass sie von der Bezugsperson hiermit betraut worden wäre.

Grundsätzlich stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. z.B. VwGH vom 13.10.2011, Zl. 2010/22/0093). Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst, behebbar ist (vgl. VwGH vom 19.02.2014, Zl. 2011/10/0014; vom 09.09.2009, Zl. 2004/10/0116; vom 08.07.2004, Zl. 2004/07/0101, vom 26.03.2003, Zl. 2003/17/0096 und vom 26.06.2002, Zl. 2001/04/0209).

Dies ist jedoch gegenständlich der Fall. Bei der nachträglich in Vorlage gebrachten „Erlaubnis“ des Vaters der BF an XXXX handelt es sich um den Nachweis einer erst nach Antragstellung erfolgten Bevollmächtigung und demnach nicht um den Nachweis eines bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Einreiseanträge bestehenden Vollmachtverhältnisses. Eine anderslautende Deutung kommt schon deshalb nicht in Betracht, zumal die BF sinngemäß selbst einräumen, dass ihnen das Erfordernis einer Vollmacht zur Antragstellung nicht bewusst gewesen und demnach eine solche damals auch nicht begründet worden sei. Der auch in sprachlicher Hinsicht in die Zukunft weisenden „Erlaubnis“ sind auch weder erläuternde Bemerkungen angeschlossen noch finden sich solche in der Stellungnahme vom 20.11.2017, wonach diese Erlaubnis - entgegen ihrer sprachlichen Abfassung - allenfalls rückbezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu lesen sein sollte. Der Vorhalt der Botschaft in ihrer Aufforderung zur Stellungnahme war unmissverständlich darauf gerichtet, dass gegenständlich das Problem einer fehlenden Vertretungsvollmacht von XXXX vorliege und wurde dies von der rechtlichen Vertretung der XXXX unzweifelhaft auch so verstanden. Es ist davon auszugehen, dass das Österreichische Rote Kreuz diesbezüglich mit der in Österreich lebenden Bezugsperson in Kontakt getreten ist. Offenbar dürfte jedoch auch die Bezugsperson dem Österreichischen Roten Kreuz nicht die Auskunft erteilt haben, dass diese seinerzeit die XXXX (mündlich) mit der Einbringung von Einreiseanträgen für ihre Kinder beauftragt hätte. So ist es zu erklären, dass auch mit der Stellungnahme des Roten Kreuzes vom 20.11.2017 keine auf den Antragszeitpunkt bezogene, sondern lediglich eine in die Zukunft gerichtete Vollmacht vorgelegt wurde. Dementsprechend wird auch in der Stellungnahme lediglich vage und ohne weiteren Kommentar bemerkt, dass XXXX im Einverständnis mit der Bezugsperson vorgegangen sein soll. Davon, dass die - sich nach Antragstellung von der Bezugsperson getrennt habende und nun freiwillig in ihrem Herkunftsstaat (intendiert ohne die Kinder der Bezugsperson) verbleibende - XXXX seinerzeit von der Bezugsperson mit der Einbringung von Einreiseanträgen für deren Kinder betraut worden wäre, ist jedenfalls nicht die Rede. Ist ein Vollmachtverhältnis vor Stellung der Einreiseanträge jedoch nicht begründet worden, können die Antragstellungen den BF auch bei nachträglicher Bevollmächtigung nicht zugerechnet werden. Da sohin im Antragszeitpunkt keine Bevollmächtigung des gesetzlichen Vertreters an XXXX zur Einbringung von Einreiseanträgen für seine Kinder vorlag, hätte die ÖB Addis Abeba die Einreiseanträge mangels Berechtigung von XXXX zu deren Einbringung nicht in Behandlung zu nehmen, sondern zurückzuweisen gehabt.

Im Hinblick darauf kann es auch dahingestellt bleiben, ob die BF im Antragszeitpunkt bereits volljährig waren oder dies nicht der Fall ist. Sollten die BF - der Röntgenbefund weist zumindest bezüglich des BF1 in diese Richtung - im Antragszeitpunkt tatsächlich bereits volljährig gewesen sein, hätte einem Einreiseantrag, ob persönlich oder über eine gewillkürte Vertretung eingebracht, von vornherein kein Erfolg beschieden sein können.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In den vorliegenden Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Fallgegenständlich erfolgte die Abweisung der Beschwerden wegen der Nichterfüllung des formalen Erfordernisses der Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Antragstellung. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Berichtigung Einbringung Einreisetitel Familienzusammenführung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2204789.1.00

Im RIS seit

06.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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