TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/6 96/20/0025

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Veröffentlicht am 06.11.1997
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z3;
WaffG 1986 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in Ried, vertreten durch Dr. Wilhelm Winkler, Dr. Gebhard Heinzle und Dr. Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. November 1995, Zl. III-4609/93, betreffend Entziehung eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 9. Mai 1995, mit dem dem Beschwerdeführer die im Februar 1991 ausgestellte Waffenbesitzkarte und der im Oktober 1991 ausgestellte Waffenpaß entzogen worden waren, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Zeitraum von Februar 1991 bis Anfang 1992 insgesamt 15 Pistolen bzw. Revolver nach Österreich eingeführt und selbst oder durch seinen jugoslawischen Freund, der nur im Besitz eines in Zagreb ausgestellten waffenrechtlichen Dokuments gewesen sei, nach Zagreb gebracht bzw. bringen lassen. Er habe angegeben, sich bei der Überlassung von Waffen an seinen Freund nichts weiter gedacht zu haben, weil er davon ausgegangen sei, daß die Waffen nach Jugoslawien mitgenommen würden und sein Freund zum Besitz von Waffen berechtigt sei, und er habe das ihm vorgeworfene Verhalten, von dem ihm erst im nachhinein bewußt geworden sei, daß es nicht dem Gesetz entsprochen habe, 1992 aus freien Stücken eingestellt. Für die belangte Behörde bestehe kein Zweifel, daß der Beschwerdeführer insgesamt zehn funktionstüchtige Faustfeuerwaffen einer Person überlassen habe, die zum Besitz von Waffen in Österreich nicht berechtigt gewesen sei, und daß zum Zeitpunkt dieser Handlungen die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 WaffG 1986 jedenfalls nicht gegeben gewesen sei. Wäre der Sachverhalt früher bekannt geworden, so hätte er schon zum damaligen Zeitpunkt zum Entzug der waffenrechtlichen Urkunden führen müssen. Es treffe zu, daß Erhebungen durch die Gendarmerie ergeben hätten, daß der beruflich u.a. bei einem Wachdienst tätige Beschwerdeführer als sehr zuverlässig beschrieben werde und abgesehen von den beschriebenen Vorgängen im Zeitraum von Februar 1991 bis Anfang 1992 nichts vorliege, was an seiner waffenrechtlichen Verläßlichkeit zweifeln ließe. Dem Argument des Beschwerdeführers, er sei "jedenfalls jetzt wieder" verläßlich, könne "vor allem deshalb" nicht gefolgt werden, weil zum Zeitpunkt der Übergabe bzw. Ausfuhr von Waffen durch den Beschwerdeführer in Kroatien bereits Kriegshandlungen stattgefunden hätten. Es sei nur allzu wahrscheinlich, daß die Waffen anläßlich der kriegerischen Auseinandersetzungen auch zum Einsatz gekommen seien. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahreswechsel 1991/92 keine weiteren Sachverhalte mehr verwirklicht habe, die Zweifel an seiner waffenrechtlichen Verläßlichkeit zuließen, könne angesichts der krassen Sorgfaltswidrigkeit der Verbringung von Waffen in ein in kriegerische Auseinandersetzungen verwickeltes Land und der Aussage, sich dabei nichts weiteres gedacht zu haben, wegen der daraus ersichtlichen Sinnesart nichts daran ändern, daß die Annahme, der Beschwerdeführer sei nicht verläßlich im Sinne des Waffengesetzes, nach wie vor gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Nach § 20 Abs. 1 des im vorliegenden Fall anzuwendenden WaffG 1986 hat die Behörde die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte "spätestens alle fünf Jahre" zu überprüfen. Ergibt sich "hiebei oder aus anderem Anlaß", daß die Verläßlichkeit nicht mehr gegeben ist, so sind die Urkunden zu entziehen.

Nach § 6 Abs. 1 Z. 3 WaffG 1986 ist eine Person nur dann als verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen, wenn

"Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie ... Waffen nicht

an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind".

Der belangten Behörde, die ihre Entscheidung auf diese Bestimmungen gestützt hat, hält der Beschwerdeführer zunächst entgegen, zu dem im angefochtenen Bescheid erstmals herangezogenen Gesichtspunkt, in Kroatien hätten zum Zeitpunkt der Übergabe von Waffen durch den Beschwerdeführer bereits Kriegshandlungen stattgefunden, sei ihm im Verwaltungsverfahren kein rechtliches Gehör gewährt worden. Tatsächlich sei der Krieg zwischen Kroatien und Serbien erst Ende 1991 ausgebrochen. Im gerichtlichen Strafverfahren wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen das Kriegsmaterialgesetz sei der Beschwerdeführer freigesprochen worden. Er gebe auch zu bedenken, daß gerade in einem Krisengebiet auch ein erhöhter Bedarf an erlaubter Selbstverteidigung bestehe. Die Annahme, die Waffen seien für kriegerische Auseinandersetzungen verwendet worden, sei nicht gerechtfertigt, denn für solche Zwecke würden "ganz andere Arten von Waffen in ganz anderen Mengen benötigt".

Hierauf erwidert die belangte Behörde in der Gegenschrift, die Kriegshandlungen im ehemaligen Jugoslawien hätten im Juli 1990 in der Krajina begonnen. Die im angefochtenen Bescheid gezogenen Schlüsse aus der Verbringung von Waffen in ein in kriegerische Auseinandersetzungen verwickeltes Land würden daher aufrechterhalten.

Einer näheren Auseinandersetzung mit diesem Aspekt des Falles bedarf es nicht, weil das Verhalten des Beschwerdeführers - wie er selbst zugesteht - seine waffenrechtliche Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 WaffG 1986 zunächst jedenfalls ausschloß und seit der Einstellung dieses Verhaltens im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht einmal vier Jahre verstrichen waren. Dieser Zeitraum ist zu kurz, um aus dem in der Zwischenzeit bewiesenen Wohlverhalten mit hinreichender Sicherheit auf eine dauerhafte Änderung des Verhaltens und der ihm zugrunde liegenden, den waffenrechtlichen Anforderungen nicht genügenden Einstellung des Beschwerdeführers zu schließen. Die Beteuerung des Beschwerdeführers, nach seinem "Lernerlebnis" werde er Waffen "keinesfalls mehr" unbefugten Personen überlassen, vermag daran nichts zu ändern.

Für den Beschwerdeführer ist auch nichts daraus zu gewinnen, daß er, wie er in der Beschwerde weiter ausführt, den Waffenpaß aus beruflichen Gründen benötige und u.a. seiner beruflichen Interessen wegen die Annahme gerechtfertigt sei, er werde Waffen nicht mehr an unbefugte Personen überlassen. Aus der Tatsache eines Bedarfes im Sinne des § 18 WaffG 1986 kann - wie gerade der Fall des Beschwerdeführers zeigt - nicht auf das zusätzliche Erfordernis der Verläßlichkeit im Sinne des § 6 WaffG 1986 geschlossen werden. "Berufliche Interessen" sind angesichts eines Verhaltens wie des vom Beschwerdeführer gesetzten weder ausreichende "Tatsachen" im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG 1986, noch kann ein besonders ausgeprägter Bedarf im Sinne des § 18 WaffG 1986 zu einer Herabsetzung der Anforderungen an die Verläßlichkeit unter das nach § 6 Abs. 1 WaffG 1986 gebotene Ausmaß führen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. Juni 1989, Zl. 89/01/0153).

Daß seit der Überlassung von Waffen an eine unbefugte Person durch den Beschwerdeführer inzwischen noch eine viel längere Zeit verstrichen ist als bis zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides, kann bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Rolle spielen. Diesen Gesichtspunkt kann der Beschwerdeführer nur durch die neuerliche Beantragung der Ausstellung waffenrechtlicher Urkunden zur Geltung bringen.

Die Beschwerde ist daher unbegründet und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996200025.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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