TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/8 LVwG-411-17/2020-R16

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Veröffentlicht am 08.05.2020
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Entscheidungsdatum

08.05.2020

Norm

FSG 1997 §10 Abs2
AVG §56

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Claudia Brugger über die Beschwerde des L P, L, vertreten durch Heinzle Nagel Rechtsanwälte, Bregenz, gegen den Bescheid Bezirkshauptmannschaft B vom 27.02.2020 betreffend den Antrag auf Feststellung, dass die Voraussetzung „gesundheitliche Eignung“ für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung erfüllt wird, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird aufgrund der Beschwerde der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt abgeändert:

„Gemäß § 10 Abs 2 Z 2 Führerscheingesetz (FSG), BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 74/2015 wird der Antrag auf Feststellung, dass L P die Voraussetzung „gesundheitliche Eignung“ für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung bis 14.04.2021 für die Klassen A und B erfüllt, als unzulässig zurückgewiesen.“

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Mit angefochtenen Bescheid wurde der Antrag vom 27.01.2020 auf Feststellung der gesundheitlichen Lenkeignung für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung bis 14.04.2021 für die Gruppe 1 gemäß §§ 3 Abs 1 Z 3, 8 Abs 1, 2 und 3 Z 2, 10 Abs 2 Z 2 FSG abgewiesen.

2.   Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer sei aufgrund von Schwindelanfällen zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Erwerb der Lenkberechtigung einer amtsärztlichen Untersuchung zugewiesen worden. Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 27.08.2019 sei der Beschwerdeführer positiv auf THC getestet worden. Aufgrund des Verlangens der Amtsärztin habe sich der Beschwerdeführer am 02.10.2019 beim Facharzt für Psychiatrie zur Beurteilung seiner gesundheitlichen Lenkeignung untersuchen lassen. Dort habe der Beschwerdeführer angegeben, mit 17 Jahren zweimal Cannabis probiert zu haben. Danach nie mehr. Am 27.08.2019 sei er offensichtlich wegen passiven Mitrauchen in einem geschlossenen Raum positiv auf THC getestet worden. Der Facharzt für Psychiatrie habe keinerlei Störungen oder Hinweise auf Suchterkrankungen oder Suchtgefährdung festgestellt. Der Facharzt für Psychiatrie habe den Beschwerdeführer auf Substanzen negativ getestet. Trotzdem habe es der Facharzt für Psychiatrie – ohne fachliche Begründung – für erforderlich gehalten, bei bestandener Führerscheinprüfung für die Gruppe 1 die Lenkberechtigung auf ein halbes Jahr zu befristen mit monatlichen Harnkontrollen für ein halbes Jahr. Außerdem habe er eine sechsmonatige Betreuung mit monatlichen Drogenscreening beim C B empfohlen. Bei negativen Harnbefunden und positiver Beurteilung der Drogenberatungsstelle nach sechs Monaten hätten fachärztlich keine Bedenken gegen eine unbefristete Erteilung der Lenkberechtigung die Gruppe 1 bestanden.

Laut Gutachten der Amtsärztin vom 15.10.2020 sei der Beschwerdeführer als bedingt geeignet eingestuft worden. Die Harnkontrolluntersuchungen seien mit einer vierteljährlichen Verlaufskontrolle eines Facharztes für Psychiatrie im Abstand von drei Monaten vorzulegen. Außerdem sei eine amtsärztliche Nachuntersuchung nach sechs Monaten erforderlich. Am 20.12.2019 habe der Beschwerdeführer der Behörde ein Attest des Psychiaters vom 19.12.2019 vorgelegt. Dieser habe die Vorlage der Betreuungsbestätigungen und der negativen Harnbefunde bestätigt. Der Patient sei psychosozial angepasst. Mit Schriftsatz vom 20.01.2020 habe der Beschwerdeführer die Feststellung, dass er die Voraussetzung „gesundheitliche Eignung“ für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung bis 14.04.2021 für die Klassen A und B erfülle, beantragt.

Zutreffend habe die Erstbehörde über den Antrag meritorisch abgesprochen. Die Erstbehörde habe zwar nicht näher ausgeführt, aus welchen Gründen sie einen Feststellungsbescheid für zulässig halte. Aus dem von der Erstbehörde wiedergegebenen § 10 Abs 1 FSG über die Bedingungen für die Zulassung zur praktischen Fahrprüfung ergebe sich jedoch, dass die Erstbehörde das Feststellungsinteresse zutreffend darin erkannt habe, dass der Beschwerdeführer zur praktischen Fahrprüfung ohne weitere ärztliche Begutachtung und Erfüllung sonstiger Auflagen und Bedingungen zugelassen werden wolle, solange das amtsärztlichen Gutachten vom 15.10.2019 zeitliche Gültigkeit habe, das sei bis 14.04.2021 und das darüber mit Feststellungsbescheid abzusprechen sei, weil die Behörde diese Meinung nicht teile.

Geringfügiger Suchtmittelgenuss ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen berühre die gesundheitliche Lenkeignung nicht (VwGH 24.05.2011, 2011/11/0026; 25.05.2004, 2003/11/0310 mit weiteren Nachweisen). Mehr als geringfügiger Probiergenuss – bei gezählten zwei Gelegenheiten – liege dem Beschwerdeführer nicht zur Last. Überdies liege zwischenzeitlich eine dokumentierte mehrmonatige Abstinenz des Beschwerdeführers vor (VwGH 15.10.2020, Ra 2015/11/0080). Das Abverlangen der Vorlage weiterer Kontrolluntersuchungen sowie einer Anschlussstellungnahme des Psychiaters (eine solche hat nicht mal der Psychiater selbst für nötig erachtet) sei rechtlich nicht gedeckt. Überhaupt nicht nachvollziehbar sei aus welchem Grund der Beschwerdeführer die Vorlage von Harntests auf Metaboliden und andere Substanzen als Cannabis auferlegt worden sei.

Aufgrund der Ergebnisse der amtsärztlichen Untersuchung sowie des Gutachtens vom 15.10.2019 sowie der inzwischen vorgelegten weiteren Befunde sei die gesundheitliche Eignung als uneingeschränkt gegeben zu beurteilen und der Antragsteller zu gegebener Zeit, insbesondere auch nach dem 15.04.2020, jedenfalls bis 14.04.2021 (§ 8 Abs 1 Satz 2 FSG) zur theoretischen Fahrprüfung zuzulassen, sofern die weiteren Voraussetzungen gemäß § 10 Abs 2 Z 1 und 3 FSG gegeben seien. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer die gesundheitliche Eignung für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung bis 14.04.2021 für die Klassen A und B erfülle.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer ist Führerscheinwerber.

Am 20.08.2019 unterzog sich der Beschwerdeführer der ärztlichen Untersuchung nach § 8 Führerscheingesetz bei Dr. C H, Facharzt für Innere Medizin, Praxis für Allgemeinmedizin, L. Laut dessen Gutachten ist der Beschwerdeführer gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der angeführten Klassen geeignet. Aufgrund der im Zuge der Befundaufnahme angegebenen Schwindelanfälle wurde der Beschwerdeführer dem Amtsarzt zugewiesen.

Nach Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie, erstattet die Amtssachverständige für Medizin, Dr. A S, ein ärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers. Laut Gutachten vom 15.10.2019 ist der Beschwerdeführer zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse AM, B bedingt geeignet.

Mit Eingabe vom 27.01.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung, dass er die Voraussetzung „gesundheitliche Eignung“ für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung bis 14.04.2021 für die Klassen A und B erfüllt.

4.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der Aktenlage als erwiesen angenommen und ist unbestritten.

5.   Nach § 10 Abs 2 Führerscheingesetz (FSG), BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 74/2015 sind Kandidaten zur theoretischen Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 2 nur zuzulassen, wenn sie

- verkehrszuverlässig sind

- gesundheitlich geeignet sind und

- die theoretische Ausbildung im Rahmen einer Fahrschule absolviert haben.

Ein gesonderter physischer Nachweis über die Absolvierung der theoretischen Ausbildung ist nicht erforderlich. Zur praktischen Fahrprüfung sind Kandidaten nur zuzulassen, wenn sie den Nachweis gemäß § 3 Abs 1 Z 5 und den Nachweis über die Absolvierung der gesamten jeweils erforderlichen Ausbildung in der Fahrschule erbracht haben, wobei diese Ausbildung vor nicht länger als 18 Monaten abgeschlossen worden sein darf.

Das Führerscheingesetz normiert in § 10 Abs 2 FSG die Voraussetzungen für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 2 FSG. Werden vom Führerscheinwerber die dort genannten Voraussetzungen erfüllt, so ist er zur theoretischen Fahrprüfung zuzulassen. Im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens gilt es daher zu klären, ob ein Kandidat die Voraussetzungen nach § 10 Abs 2 FSG erfüllt, somit ob der Kandidat ua die Voraussetzung „gesundheitlichen Eignung“ aufweist.

In der Praxis wird die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung formlos geschehen. Wird ein Kandidat nicht zur Fahrprüfung zugelassen, weil eine der in § 10 Abs 2 Z 1 bis Z 3 bzw im zweiten Satz genannten Voraussetzungen fehlt, so ist darüber mit Bescheid abzusprechen (Nedbal-Bures/Pürstl, FSG7 § 10 RZ 6, Stand 1.7.2019, rdb.at).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden nur dann befugt Feststellungsbescheide im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hierfür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts Anderes bestimmen. Unzulässig ist es hingegen, über die den Gegenstand des Feststellungsantrages bildende Rechtsfrage einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn diese Frage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu entscheiden ist (vgl 14.12.2007, 2006/05/0071).

Eine Frage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, kann nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden.

Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf ist, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtslage zu klären, nicht vorhanden sind oder nicht zumutbar sind (VwGH 14.12.2007, 2007/05/0190).

Ein Feststellungsbescheid, dessen Gegenstand ein Recht oder ein Rechtsverhältnis ist, ist nicht nur zulässig, wenn er im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, sondern auch dann, wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt, oder wenn er für eine Partei ein notwendiges Mittel zum Zweck entsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse einer Partei liegt. Ein Feststellungsbescheid ist dann ein notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung, wenn sich solche Parteien im Falle, als sie die Rechtslage ungeklärt lassen, der Gefahr einer Bestrafung aussetzen, was ihnen nicht zugemutet werden kann (VkSlg 6392).

Die Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Frage, ob ein Kandidat die Voraussetzung „gesundheitliche Eignung“ für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung hat oder nicht, ist im Führerscheingesetz nicht vorgesehen. Vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Anbetracht des entsprechenden Zulassungsverfahrens nach § 10 Abs 2 FSG der Antrag und in weiterer Folge die Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Frage, ob ein Kandidat die Voraussetzungen für die Zulassung zur theoretischen Fahrprüfung gemäß § 11 Abs 2 erfüllt, insbesondere, ob ein Führerscheinwerber die gesundheitliche Eignung aufweist oder nicht, nicht zulässig.

Der gegenständliche Feststellungsbescheid ist zudem nicht notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung, weil über die mit der Feststellung zu klärenden Frage in einem eigenen Zulassungsverfahren (§ 10 Abs 2 FSG) abzusprechen ist. Im Übrigen kann es für den Beschwerdeführer nicht zu Nachteilen im Sinne von Bestrafung kommen, wenn er den gesetzlich vorgesehenen Weg des Zulassungsverfahrens geht.

Nachdem die Voraussetzungen für eine Feststellung auf Antrag nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

6.   Nach § 24 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), LGBL I Nr 33/2013 idF LGBl I 138/2017, hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist.

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei (Antrag auf Feststellung) zurückzuweisen ist, konnte die Verhandlung – trotz Antrag des Beschwerdeführers – entfallen.

7.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Führerschein, Feststellungsbescheid über Voraussetzungen für Zulassung Fahrprüfung unzulässig

Anmerkung

Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (11.09.2020, Ra 2020/11/0115) zurückgewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.411.17.2020.R16

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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