TE Vwgh Erkenntnis 2020/9/14 Ra 2020/02/0032

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Veröffentlicht am 14.09.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §20 Abs2
StVO 1960 §52 lita Z10a
VStG §44a Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des W in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. August 2019, LVwG-602140/29/DM/EP, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Oktober 2017 wurde der Revisionswerber einer Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO schuldig erkannt, weil er am 20. Mai 2017 um 14:45 Uhr in der Gemeinde O. auf der B 154 bei km 5.191 in Fahrtrichtung Straßwalchen mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten PKW die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 76 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) verhängt.

2        Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) und führte darin unter anderem aus, dass die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck der Bestrafung eine gesetzwidrige Verordnung zugrunde gelegt habe.

3        Mit Erkenntnis vom 15. Mai 2018, LVwG-602140/10/DM, wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

4        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

5        Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 2 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 1. April 2008, Z VerkR01-1395-2008, kundgemacht durch Aufstellen von Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z 10a und 10b StVO, ein.

6        Mit Erkenntnis vom 11. Juni 2019, V 22/2019-10, hob der Verfassungsgerichtshof die genannte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 1. April 2008 als gesetzwidrig auf und verpflichtete die Oberösterreichische Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt.

7        Begründend führte der Verfassungsgerichtshof - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, dass die Anbringung des Verkehrszeichens über das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht den Bestimmungen des § 48 Abs. 5 StVO entspreche, weil das Verkehrszeichen mehr als 2,5 m vom Fahrbahnrand entfernt angebracht sei. Aus diesem Grund sei die in Prüfung gezogene Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht und daher gesetzwidrig.

8        Mit weiterem Erkenntnis vom 11. Juni 2019, E 2685/2018-19, hob der Verfassungsgerichtshof, gestützt auf das eben genannte Erkenntnis, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2018, LVwG-602140/10/DM, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung auf.

9        Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 29. August 2019 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. Oktober 2017 - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die verhängte Strafe auf € 350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 161 Stunden) herabgesetzt wurde (Spruchpunk I.). Weiters sprach es aus, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe und sich der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens auf € 35,-- reduziere (Spruchpunkt II.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

10       Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber am 20. Mai 2017 einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der Freilandstraße B 154 außerhalb des Ortsgebiets in Fahrtrichtung Straßwalchen gelenkt habe, wobei er um 14:45 Uhr bei km 5.191 die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mehr als 50 km/h überschritten habe, wobei die Messtoleranz bereits zu Gunsten des Revisionswerbers abgezogen worden sei.

11       In rechtlicher Hinsicht kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Revisionswerber außerhalb des Ortsgebiets auf einer Freilandstraße die dort gemäß § 20 Abs. 2 StVO zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mehr als 50 km/h überschritten und damit den Tatbestand des § 99 Abs. 2e StVO in objektiver Hinsicht erfüllt habe. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers sei eine Bestrafung nach § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2e StVO anstelle der ursprünglichen Bestrafung nach § 52 lit. a Z 10a iVm § 99 Abs. 2e StVO zulässig. Wegen der Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung durch den Verfassungsgerichtshof habe für den Revisionswerber im Bereich des Tatorts eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und nicht - wie ursprünglich judiziert - von 80 km/h gegolten, sodass die Subsumtion des Sachverhalts unter ein anderes Tatbild nötig geworden sei. Der gegenständlichen Bestrafung nach § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2e StVO sei das ursprüngliche, schon von der belangten Behörde herangezogene Tatsachensubstrat - nämlich die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h - zugrunde gelegt worden. Der Revisionswerber habe den Tatbestand des § 99 Abs. 2e StVO in objektiver Hinsicht erfüllt. Er habe die ihm angelastete Tat auch subjektiv zu verantworten, da für deren Verwirklichung fahrlässiges Verhalten genüge und es dem Revisionswerber nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe.

12       Im Rahmen der Strafbemessung wertete das Verwaltungsgericht das Geständnis des Revisionswerbers sowie die lange Verfahrensdauer als mildernd. Straferschwerungsgründe seien nicht gegeben. Die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe sei sowohl wegen der langen Verfahrensdauer als auch in Anbetracht der Tatsache, dass in der gegenständlichen Entscheidung nur noch von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 56 km/h und nicht mehr - wie ursprünglich angenommen - von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 76 km/h auszugehen gewesen sei, auf € 350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 161 Stunden) herabzusetzen gewesen.

13       Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 27. November 2019, E 3808/2019-5, deren Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 8. Jänner 2020, E 3808/2019-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

14       In der nunmehr erhobenen außerordentlichen Revision beantragt der Revisionswerber, der Verwaltungsgerichtshof möge die Revision zulassen, dieser Folge geben und das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts kostenpflichtig aufheben.

15       Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen und den Revisionswerber zum Kostenersatz zu verpflichten.

16       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision unter Anführung von näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem vor, das angefochtene Erkenntnis leide an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil der Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses im Widerspruch zur Begründung des Erkenntnisses stehe. Weiters wird der Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend gemacht, da dem Revisionswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine Überschreitung der auf Freilandstraßen zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h nicht zur Last gelegt worden sei, weshalb eine Bestrafung nach § 20 Abs. 2 StVO unzulässig sei. Zudem stelle eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO einen unzulässigen Austausch der Tat dar.

18       Die Revision erweist sich aus den geltend gemachten Gründen als zulässig und begründet.

19       Wenn das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen hat, ist dies derart zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides übereinstimmendes Erkenntnis erlassen hat, das an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides tritt (vgl. VwGH 22.11.2016, Ra 2016/03/0083, mwN).

20       Durch die Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers in Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses hat das Verwaltungsgericht somit den Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde bestätigt, in welchem dem Revisionswerber eine Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO vorgeworfen wird. Dazu im Widerspruch stehend lastet das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO an. Damit werden dem Revisionswerber - wie in der Revision zutreffend aufzeigt wird - jeweils unterschiedliche Tathandlungen im Spruch und in der Begründung vorgeworfen.

21       Da sich dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung nicht bloß als terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, sondern vielmehr die Wahl unterschiedlicher Begriffe eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, haftet dem angefochtenen Erkenntnis nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits deshalb inhaltliche Rechtswidrigkeit an (vgl. VwGH 24.6.2019, Ra 2018/02/0049 und 0050, mwN).

22       Soweit der Spruch des Straferkenntnisses durch das angefochtene Erkenntnis bestätigt wird, ist zudem anzumerken, dass - wie das Verwaltungsgericht selbst zutreffend erkannt hat - die Heranziehung des § 52 lit. a Z 10a StVO als Rechtsgrundlage für die gegenständlich angelastete Übertretung sowohl gegen die Anlassfallwirkung nach Art. 139 Abs. 6 B-VG (vgl. dazu im Allgemeinen VwGH 20.12.2016, Ro 2015/03/0020, mwN) als auch gegen die gemäß § 87 Abs. 2 VfGG zu beachtende Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes verstoßen würde.

23       Wenn das Verwaltungsgericht sodann im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Erkenntnisses die Bestimmung des § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2e StVO als Rechtsgrundlage für die Bestrafung des Revisionswerbers heranzieht, weicht es damit aber ebenso von der hg. Rechtsprechung ab.

24       Das Verwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass aufgrund der Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung durch den Verfassungsgerichtshof die angelastete Tat nicht mehr - wie im Straferkenntnis der belangten Behörde ausgesprochen - auf die Bestimmungen des § 52 lit. a Z 10a iVm § 99 Abs. 2e StVO gestützt werden könne, sondern diese nunmehr unter § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2e StVO zu subsumieren sei.

25       Damit hat das Verwaltungsgericht aber - wie in der Revision ebenfalls zutreffend aufgezeigt wird - den gegenständlichen Tatvorwurf auf unzulässige Weise ausgetauscht.

26       „Sache“ des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (vgl. VwGH 25.3.2020, Ra 2020/02/0033; VwGH 20.5.2019, Ra 2018/02/0043, jeweils mwN).

27       Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

28       Eine Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben, was erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (vgl. erneut VwGH 25.3.2020, Ra 2020/02/0033; sowie VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226, jeweils mwN).

29       Eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) ist nur dann zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. erneut VwGH 25.3.2020, Ra 2020/02/0033; VwGH 20.5.2019, Ra 2018/02/0043, jeweils mwN).

30       Im gegenständlichen Fall bezog sich der Tatvorwurf der belangten Behörde im gesamten Verwaltungsstrafverfahren stets auf eine Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO. Der Tatbestand dieser Übertretung besteht im Überschreiten einer durch Vorschriftszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit (vgl. VwGH 17.4.1996, 96/03/0017).

31       In der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses wird dem Revisionswerber nunmehr jedoch - erstmals - eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO angelastet. Der Tatbestand der Übertretung nach dem dritten Fall des § 20 Abs. 2 StVO erfordert, dass der Lenker eines Fahrzeuges auf einer nicht als Autobahn zu qualifizierenden Freilandstraße schneller als 100 km/h fährt. Wesentliches Tatbestandsmerkmal dieser Verwaltungsübertretung ist somit die Begehung der Tat auf einer solchen Freilandstraße (vgl. VwGH 12.12.2001, 99/03/0006, mwN).

32       Dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal war jedoch nicht Gegenstand der von der Behörde gesetzten Verfolgungshandlungen und wurde dem Revisionswerber innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist - beginnend mit dem Tatzeitpunkt am 20. Mai 2017 - auch nicht zum Vorwurf gemacht, sondern eine Überschreitung der durch Vorschriftszeichen kundgemachten erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h angelastet. Mit dem Vorwurf, auf einer Freilandstraße die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten zu haben, wurde der Revisionswerber erstmals im angefochtenen Erkenntnis bzw. in der vom Verwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang durchgeführten Verhandlung - nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist - konfrontiert.

33       Das Verwaltungsgericht übersieht in seiner Entscheidung, dass den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 StVO und des § 52 lit. a Z 10a StVO jeweils unterschiedliche Tatvorwürfe zugrunde liegen, nämlich im Fall des § 20 Abs. 2 dritter Fall StVO die Überschreitung der auf Freilandstraßen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und im Fall des § 52 lit. a Z 10a StVO die Überschreitung einer durch Vorschriftszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit (vgl. idS erneut VwGH 12.12.2001, 99/03/0006, mwN; VwGH 18.2.1998, 97/03/0169, mwN; VwGH 17.4.1996, 96/03/0017).

34       Hingegen ist das konkrete Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - kein Tatbestandselement einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO (vgl. VwGH 3.9.2003, 2001/03/0150, 0176; VwGH 26.1.2000, 98/03/0089, jeweils mwN).

35       Indem das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung somit erstmals § 20 Abs. 2 StVO als verletzte Norm heranzieht und hierzu Feststellungen trifft, hat es keine bloße Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung, sondern einen unzulässigen Austausch der Tat durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegten Sachverhalts vorgenommen. Zu einer solchen Abänderung des Tatvorwurfs war das Verwaltungsgericht jedoch nicht berechtigt, weshalb das Erkenntnis auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet ist. Auf das weitere Revisionsvorbringen musste somit nicht mehr eingegangen werden.

36       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

37       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. September 2020

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Überschreiten der Geschwindigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020032.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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