TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/30 W213 2228404-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2020
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Entscheidungsdatum

30.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §23a
GehG §23b

Spruch

W213 2228404-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des Gruppeninspektor XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17.12.2019, GZ. PAD/18/02006054, betreffend Abweisung eines Antrages auf Auszahlung einer Geldaushilfe nach den Bestimmungen des §§ 23a und 23b GehG, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Schreiben vom 14.02.2019 beantragte er die Zuerkennung von Verdienstentgangs-und Schmerzengeldzahlungen nach § 23 a GehG, wobei er vorbrachte, dass er am 27.09.2018 Lkw-Kontrollen durchgeführt habe. Nach Beendigung der Kontrollen habe er sich den Handrücken der linken Hand an der Platte eines im Polizei-KT (Kleinbus) eingebauten Arbeitstisches angeschlagen. Da der Handrücken immer mehr anschwoll und schmerzte habe er sich in ärztliche Behandlung begeben müssen, wo ein Gelenksreizerguss sowie Weichteilinfiltrationen im Bereich des linken Handwurzelknochens festgestellt wurden. Am 23.10.2018 sei nach einer CT-Untersuchung eine starke Prellung der linken Hand diagnostiziert und zur Schonung des Handgelenks eine Gipsschiene verordnet worden.

I.2. Mit Schreiben vom 04.07.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs mit, dass er sich am 27.09.2018 während des Ausbaus eines Tisches aus dem Bus für die Bereitschaft nach der Lkw-Schwerpunktkontrolle verletzt habe. Es liege unstreitig ein Dienstunfall vor. Der Dienstunfall sei jedoch nicht bei der Ausübung unmittelbarer dienstlicher Pflichten durch Fremdeinwirkung eingetreten. Eine Gewährung der besonderen Hilfeleistung nach § 23 b Abs. 4 GehG könne nur in Betracht kommen, wenn ein Täter/Verursacher (Fremdeinwirkung einer anderen Person) vorhanden sei.

Zweifellos habe sich der Beschwerdeführer selbst (ohne Fremdeinwirkung) verletzt, somit seien die Voraussetzungen für eine positive Absprache gemäß § 23 b Abs. 4 GehG nicht gegeben.

I.3. Der Beschwerdeführer hielt dem mit Schreiben vom 06.08.2018 entgegen, dass ihm klar sei, dass er keinen Anspruch auf Schmerzengeld habe. Wohl aber stünde ihm eine Entschädigung für den entstandenen Verdienstentgang zu. Seiner Meinung nach gehörten die Tätigkeiten, die zum Dienstunfall mit Verletzungsfolgen geführt hätten, zu seinen unmittelbaren dienstlichen Pflichten. Der Tisch sei in den letzten Jahren regelmäßig von ihm und einem Kollegen in den Bus ein-und ausgebaut worden. Eine Schwerverkehrskontrolle erfordere technische Geräte wie Laptop, Drucker etc. Für den Einsatz dieser Geräte sei ein Tisch unbedingt notwendig.

I.4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Inhalt hatte:

"Ihr Antrag auf Gewährung einer Geldaushilfe für Verdienstentgang gemäß §§ 233 ff GehG vom 14.02.2019 wird als unbegründet abgewiesen.

Geltende Rechtsgrundlagen (zum Unfallzeitpunkt):

§ 23a GehG, BGBI. Nr. 54/1956 i.d.F. BGBI. l Nr. 60/2018

§ 23b GehG, BGBI. Nr. 54/1956 i.d.F. BGBI. l Nr. 60/2018"

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen aus, der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Exekutivbeamter einen von der BVA anerkannten Dienstunfall erlitten habe, dieser Dienstunfall eine Körperverletzung zur Folge hatte und dadurch dessen Erwerbsfähigkeit für insgesamt 27 Kalendertage gemindert gewesen sei. Die Höhe des dem Beschwerdeführer dadurch entstandenen Verdienstentganges sei mit ? 1.049,79 beziffert worden.

Der Beschwerdeführer habe sich die Verletzung ohne jegliche Fremdeinwirkung zugezogen, weshalb ein Anspruch auf Schmerzengeld von vornherein ausscheide, was der Beschwerdeführer in seiner E-Mail vom 07.08.2019 auch ausdrücklich akzeptiert habe.

Eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzengeldbetrag gegen den Täter sei nicht zulässig bzw. könne eine solche erst gar nicht erfolgen. Daher bestehe ein Anspruch auf eine Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld nicht, wenn eine Schadenszufügung ohne Fremdeinwirkung sei und somit kein gegen eine andere Person gerichteter Schmerzengeldanspruch bestehe.

Strittig sei nur mehr, ob der vom Beschwerdeführer erhobene Anspruch auf Verdienstentgang zu Recht bestehe.

§ 23b GehG normiere folgende Voraussetzungen für die Erbringung der vorläufigen Übernahme von Ansprüchen als besondere Hilfeleistung:

1. Das Erleiden

a) eines Dienstunfalles gemäß § 90 Abs. i des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes B-KUVG, BGBI. Nr. 200/1967, oder

b) eines Arbeitsunfalles gemäß § 175 Abs. i ASVG, BGBI. Nr. 189/1955,

durch einen Beamten in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten, und

2. eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung als Folge dieses Dienst- oder Arbeitsunfalles und

3. das Erwachsen von Heilungskosten oder die voraussichtliche Minderung der Erwerbsfähigkeit

durch mindestens zehn Kalendertage.

In Zusammenhang mit § 23b GehG stelle sich also die Frage, ob dem Beschwerdeführer der Dienstunfall in unmittelbarer Ausübung seiner dienstlichen Pflichten widerfahren sei.

Wie auch den Erläuterungen zur Gesetzesänderung zu entnehmen ist, sei der mit der Eingliederung des WHG in das GehG erfolgte Wegfall des Begriffes der "unmittelbaren Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten" bzw. die Abänderung in die Formulierung, "unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten" als Voraussetzung für die Hilfeleistung aus der Notwendigkeit entstanden, die Hilfeleistung des Bundes füralle Bundesbediensteten (Beamtinnen und Beamte sowie Vertragsbediensete und Zivildiener) gleichermaßen erbringen zu können, da auch auf nicht exekutive Bedienstete vermehr tätliche Übergriffe festgestellt worden seien.

Den ErlRV 196 BlgNR, XXVI. GP, S. 9f, sei zu entnehmen, dass die Hilfeieistungen des Bundes von Amts wegen für alle Bundesbediensteten (Beamtinnen und Beamte sowie Vertragsbedienstete) gleichermaßen zu erbringen seien, weil in den vergangenen Jahren neben anderen Dienst- und Arbeitsunfäilen vermehrt tätliche Übergriffe auf Bedienstete festzustellen seien, die nicht ausschließlich einer gefahrengeneigten Tätigkeit nachgingen und derartigen Angriffen schutzlos ausgesetzt seien. Dies zeige nicht zuletzt die ansteigende Zahl an Übergriffen etwa auf Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher oder die tragische Ermordung einer Rechtspflegerin durch eine Partei. § 23b GehG enthalte die Voraussetzungen, die für die Erbringung der besonderen Hilfeleistung durch den Bund vorliegen müssten.

Daher stehe fest, dass sich diese mit der Dienstrechtsnovelle 2018 vorgenommene Erweiterung der Anwendungsfälle der vorläufigen Übernahme von Ansprüchen durch den Bund nach Dienst- und Arbeitsunfällen vielmehr auf den begünstigten Kreis der davon erfassten Bediensteten bezieht, als auf die Art und Weise der davon erfassten Dienstunfälle.

Insofern sei die Änderung der gesetzlichen Grundlage keinesfalls so auszulegen, dass nunmehr auch Unfälle, die sich bei normalen alltäglichen Tätigkeiten während der Dienstzeit ereigneten, die Voraussetzung für einen Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung nach den §§ 23a f GehG erfüllten.

Mit anderen Worten bleibe auch bei Heranziehung des (neuen) § 23b GehG bei Exekutiv- bzw. Wachebediensteten für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund nach Dienst- und Arbeitsunfällen die Voraussetzung, dass sich der Dienstunfall bei der Ausübung von unmittelbaren exekutivdienstlichen Pflichten zugetragen haben müsse, bestehen.

Der Ausbau eines Tisches aus einem Kleintransporter stehe in keinem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht eines Exekutivbeamten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr (Einsatzort) oder des Verbleibens im Gefahrenbereich (Tatort). Insofern falle der gegenständliche Sachverhalt aus dem Anwendungsbereich des § 23b GehG genauso heraus, wie etwa das Hängenbleiben mit dem Daumen beim Einsteigen in das Dienstkraftfahrzeug im Zuge von Diebstahlserhebungen oder ein Sturz auf einer abfallenden Zufahrtsrampe in die Dienstgarage im Zuge eines Munitionstransportes.

Ganz abgesehen davon, lasse sich aus § 23b GehG eindeutig entnehmen, dass die besonderen Hilfeleistungen des Bundes als Vorschussleistungen (vorläufige Übernahme von Ansprüchen) konzipiert seien, deren Bestehen entweder durch eine rechtskräftige Entscheidung gegen den Täter oder durch Zuspruch an den Bediensteten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche nachgewiesen würden.

Gemäß Abs. 6 leg. cit gingen die Ansprüche des Beamten gegen den Täter, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über. Auch insofern sei eine vorläufige Übernahme des Verdienstentganges des Beschwerdeführers durch den Bund nicht denkbar, weil der gegenständliche Dienstunfall eine Selbstverletzung ohne Zutun einer dritten Person gewesen sei und daher etwaige Leistungen an den Beschwerdeführer von niemandem zurückgefordert werden könnten.

Es fehle daher - abgesehen vom oben ausgeführten Nichtvorliegen der Voraussetzung eines Dienstunfalles in unmittelbarer Ausübung von dienstlichen Pflichten - für die Gewährung eines Vorschusses des Verdienstentganges des Beschwerdeführers zudem eine Beteiligung an einem Strafverfahren, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche gegen den Täter abgeschlossen werde (§ 23b Abs. i Zif. i GehG) oder ein rechtskräftiger Zuspruch solcher Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche (§ 23b Abs. 1 Zif. 1 GehG).

In diesem Sinne habe auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner jüngsten Entscheidung vom 14.10.2019 (GZ. W257 2221776-1/2E) festgestellt, dass mangels Vorliegens der beiden alternativen Voraussetzungen des § 23b GehG Ansprüche auf die vorläufige Übernahme von Verdienstentgang und Heilungskosten nicht bestünden.

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 19.01.2020 fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Exekutivbeamter einen von der BVA anerkannten Dienstunfall erlitten habe. Dieser Dienstunfall habe auch eine Körperverletzung zur Folge gehabt, wodurch die Erwerbsfähigkeit insgesamt für 27 Kalendertage gemindert gewesen sei. Die Höhe des dem Beschwerdeführer dadurch entstandenen Verdienstentganges mit ? 1049,79 sei von der belangten Behörde selbst bemessen worden. Diese Umstände seien daher außer Streit gestellt.

Die belangte Behörde führe weiters aus, dass da sich der Beschwerdeführer die Verletzung ohne Fremdeinwirkung zugezogen habe, wodurch ein Anspruch auf Schmerzengeld von vornherein ausscheide, was der Beschwerdeführer auch mit E-Mail vom 07.08.2019 zur Kenntnis genommen und akzeptiert habe. Auch dieser Umstand könne außer Streit gestellt werden.

Strittig sei daher nur mehr, ob der durch den Beschwerdeführer erhobene Anspruch auf Verdienstentgang zurecht besteht oder nicht.

Zusammengefasst sei die belangte Behörde der Ansicht, dass Unfälle, die sich bei normalen alltäglichen Tätigkeiten während der Dienstzeit ereignen, die Voraussetzung für einen Vorschuss von Hilfeleistungen nach den §§ 23 a ff GehG 1956 nicht erfüllten.

Vielmehr gehe die Behörde davon aus, dass auch weiter davon auszugehen sei, dass sich der Dienstunfall bei der Ausübung von unmittelbar " exekutiv "dienstlichen Pflichten zugetragen haben müsse, um in Sinne der Gesetzesstelle der Gewährung einer Geldaushilfe für Verdienstentgang zugängig zu sein.

Da der Ausbau eines Tisches aus einem dienstlichen Kleinbus in keinem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Dienstpflicht eines Exekutivbeamten in seinem eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr (Einsatzort) oder des Verbleibens im Gefahrenbereich (Tatort) bringen lasse, gehe die belangte Behörde in rechtswidriger Weise davon aus, dass diesbezüglich auch keine Vorschussleistungen hinsichtlich des Verdienstentganges vorzunehmen seien.

Unzulässig bringe die belangte Behörde auch die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Existenz eines Täters einerlei ob dieser schuldhaft gehandelt habe oder nicht ob dieser gerichtlich verfolgt werden könne oder nicht auch mit der Vorschussleistungen des Verdienstentganges in Zusammenhang. Dies sei seitens des Verwaltungsgerichtshofes niemals so zum Ausdruck gebracht worden. Vielmehr habe der Verwaltungsgerichtshof gefordert, dass zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 83 c GehG 1956 (einmalige Geldaushilfe für entgangenes Schmerzengeld, als Vorgängerregelung der Bestimmung der § 23 a iVm 23 b GehG 1956) gewesen sei, dass grundsätzlich ein Täter existent, sohin eine Fremdeinwirkung einer anderen Person vorhanden sein müsse.

Dies habe der Verwaltungsgerichtshof jedoch niemals für eine Vorschussleistungen nach §§ 4 iVm 9 WHG für den entgangenen Verdienst gefordert, welche die Vorgängerregelung des nunmehr anzuwendenden §§ 23a iVm 23b GehG gewesen sei. Vielmehr habe der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich entschieden, dass der von der Behörde wie auch nunmehr angewandte Begriff der unmittelbaren Ausübung "exekutiv"dienstlicher Pflichten von der belangten Behörde durch Abstellen auf die Elemente des Aufsuchens einer Gefahr oder des Verbleibens im Gefahrenbereich als zu eng anzusehen sei.

In der Entscheidung VwGH Zl. 2010/12/0178 vom 20.10.2014 werde Nachstehendes ausgeführt:

"Die Beschwerde moniert unter anderem, die belangte Behörde lege die Worte "unmittelbare Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten " zu eng aus. Die belangte Behörde wolle unter der "unmittelbaren Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten " lediglich "das Aufsuchen von Gefahren im Rahmen des Dienstes" oder den "Verbleib im Gefahrenbereich " verstanden wissen. Dieses enge Begriffsverständnis entspreche im Wesentlichen dem des sicherheitspolizeilichen Einsatzes im Rahmen sicherheitspolizeilicher Gefahrenabwehr und werde weder durch das Gesetz selbst noch durch Sinn und Zweck desselben gestützt. Durch die Novelle BGB/. I Nr. 87/2001 wurde in § 4 Abs. 1 Zl WHG der letzte Teilsatz durch die Wortfolge "in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen Pflichten erleidet" ersetzt. In den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 636 BlgNR 21. GP, 87) zu dieser Novelle wurde dazu ausgeführt: "Nach dem derzeit geltenden § 4 Abs. 1 WHG hat ein Wachebediensteter nur dann Anspruch auf besondere Hilfeleistungen, wenn er einen Dienst- oder Arbeitsunfall erleidet, der in einem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht des Wachebediensteten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr und des Verbleibens im Gefahrenbereich steht. Im praktischen Vollzug haben sich aber diese Anspruchsvoraussetzungen als zu eng erwiesen (tödlicher Unfall von zwei Polizisten auf der Südosttangente bei einer Verkehrskontrolle) und sollen nun in Anbetracht des häufig unter besonders gefährlichen Umständen auszuübenden Exekutivdienstes auf Dienst- und Arbeitsunfälle erweitert werden, die sich in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten ereignen."

Mit dieser Novelle sei daher bereits im Jahre 2001 dieses Tatbestandselement dahin geändert worden, dass alle Arbeits- und Dienstunfälle erfasst worden seien, die in unmittelbarer Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten erlitten worden seien, und eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge gehabt hätten.

Als Definition für den Exekutivdienst in Anlehnung an den § 2 Abs. 2 der Exekutivdienstrichtlinien (Erlass vom 18. Februar 1993, Zl. 2102/10-11/5/93) habe der VwGH diesen Begriff auch für die Vorschussleistungen nach dem Wachebediensteten Hilfeleistungsgesetz und da sich diesbezüglich die Judikatur nicht geändert habe, sohin auch für die Nachfolgebestimmung der §§ 23 a, 23 b ff GehG 1956 so verstanden wissen wollen, dass "Exekutivdienst" die Gesamtheit der von einem Gendarmeriebeamten außerhalb des inneren Dienstes entfalteten Innen- und Außendiensttätigkeiten zum Vollzug jener Aufgaben und Befugnisse darstelle, die ihm im Rahmen der Sicherheits- und Verwaltungspolizei sowie der Strafrechtspflege entsprechend seiner behördlichen Zuordnung oblägen.

Damit habe der Verwaltungsgerichtshof der strikten und engen Auslegung der Behörde, auf die sich auch die belangte Behörde im gegenständlichen Bescheid berufe, nämlich das notwendige Element des Aufsuchens der Gefahr oder des Verbleibens im Gefahrenbereich während des Dienstunfalles heranzuziehen, eine klare Absage erteilt. Diese Judikatur sei bis dato nicht geändert worden.

Unter dem daher geltenden weiteren Begriff des Exekutivdienstes sei die Tätigkeit des Beschwerdeführers, zu welcher dieser nicht nur dienstlich angehalten gewesen sein, sondern die eine Notwendigkeit zur Weiterverwendung des Behördenfahrzeuges dargestellt habe, jedenfalls zu subsumieren. Wenn dieser Dienstbus zur Schwerverkehrskontrolle verwendet worden sei, habe der gegenständliche vom Dienstgeber zur Verfügung gestellte Tisch eingebaut werden müssen, um technische Geräte wie einen Laptop, einen Drucker und dergleichen die für die Durchführung solcher Kontrollen notwendig seien, zu montieren. Wenn die Schwerverkehrskontrollen in der Folge nicht am Dienstplan gestanden seien, sei dieser Umbau notwendig gewesen, um das Fahrzeug wieder für den normalen Streifdienst einsetzen zu können. Auch der Dienststellenleiter sowie der Verkehrsreferent des Bezirkspolizeikommandos XXXX seien derselben Ansicht.

Dies sei der belangten Behörde am 06.08.2019 in der Stellungnahme des Beschwerdeführers auch mitgeteilt worden. Ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren sei nicht durchgeführt worden. Daher sei der Bescheid auch mit formeller Rechtswidrigkeit behaftet.

Die erfolgte Tätigkeit des Ausbaus des Tisches aus dem Dienstbus des BPK XXXX , bei der sich der Beschwerdeführer ohne Fremdeinwirkung verletzt habe, sei sohin jedenfalls von der Begrifflichkeit der unmittelbaren Ausübung der dienstlichen Pflichten umfasst und die Behörde daher verhalten gemäß §§ 23 a iVm 23 b ff GehG dem Beschwerdeführer den Betrag des Verdienstentganges in der Höhe von ? 1.049,79 auszubezahlen.

Es werde daher beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst zu erkennen, den bekämpften Bescheid Landespolizeidirektion Oberösterreich aufzuheben und den außer Streit stehenden Verdienstentgang zuzusprechen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, wo er im Bereich der Polizeiinspektion XXXX Dienst versieht, in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 27.09.2018 führte er gemeinsam mit einem weiteren Exekutivbeamten Lkw-Kontrollen als Schwerverkehrskontrollorgan durch. Nach Beendigung der Kontrollen musste am späten Nachmittag dieses Tages ein für diese Kontrollen im Polizei-KT (Kleinbus) eingebauter Arbeitstisch ausgebaut werden, da in den folgenden Tagen der Kleinbus nicht für derartige Kontrollen benötigt wurde bzw. das Fahrzeug für eventuelle Einsätze der Einsatzeinheit zur Verfügung stehen sollte. Der Beschwerdeführer stellte zunächst mehrere Taschen neben dem Kleinbus auf den Boden. Danach drehte er sich um und schlug mit dem Handrücken der linken Hand gegen die ca. 1,5 cm starke Tischkante bzw. die Ecke des noch eingebauten Tisches.

Am Handrücken entstand in der Folge eine Schwellung. Da sich in den folgenden Tagen keine Besserung zeigte begab sich der Beschwerdeführer in ärztliche Behandlung. Dabei wurde ein Gelenksreizerguss sowie Weichteilinfiltrationen im Bereich des linken Handwurzelknochens festgestellt. Am 23.10.2018 wurde nach einer CT-Untersuchung eine starke Prellung der linken Hand diagnostiziert und zur Schonung des Handgelenks eine Gipsschiene verordnet worden.

Der Beschwerdeführer war in der Zeit vom 10.10.2018 bis 05.11.2018 im Krankenstand.

Mit Schreiben vom 08.11.2018 teilte die BVA, dass der gegenständliche Unfall als Dienstunfall gewertet wird.

Durch den Entfall der Aufwandsentschädigung gemäß § 20 GehG, der Sonn- und Feiertagszulage (§ 17 GehG), der Journaldienstzulage (§ 17 a GehG), der Gefahrenzulage (§ 19 b GehG), der Überstundenvergütung (§ 16 GehG) und der Erschwerniszulage (§§ 82a und 82b GehG) kam es zu einem Verdienstentgang von insgesamt ? 1049,79.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der unstrittigen Aktenlage getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass der Unfallshergang und die Höhe des entstandenen Verdienstentganges außer Streit stehen, wobei die Feststellungen hinsichtlich des Unfallsherganges auf Grundlage der schriftlichen Schilderung durch den Beschwerdeführer im Schreiben vom 14.02.2019 getroffen wurden. Die Höhe des Verdienstentganges ergibt sich aus der Beschwerdeführer unbestrittenen Bereechnung der belangten Behörde vom 08.02.2019.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt - mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß 3 Abs.1 letzter Satz VwGbk-ÜG gilt die vorliegende Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG

Zu A)

§ 23a und § 23b GehG haben nachstehenden Wortlaut:

"Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn

1. eine Beamtin oder ein Beamter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes - B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über."

Schon der Wortlaut des § 23 b zeigt, dass lediglich eine Bevorschussung von Geldleistungen intendiert ist, später vom Täter durch den Bund hereingebracht werden sollen (Legalzession gemäß Abs. 6 leg.cit.). Da in Abs. 4 leg. cit. kein Unterschied zwischen Schmerzengeld und Verdienstentgang gemacht wird, davon auszugehen, dass die zur früheren Rechtslage ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Zuerkennung einer Geldaushilfe gemäß § 83c GehG nicht in Betracht komme, wenn die Schadenszufügung ohne fremde Einwirkung erfolgt ist und somit kein gegen eine andere Person gerichteter Schmerzengeldanspruch besteht, auch für den gegenständlichen Fall weiterhin relevant ist (vgl. Vw GH, 13.11.2014, GZ. 2011/12/0037). Da der gegenständliche Unfall ohne jegliche Fremdeinwirkung offenbar auf einem Eigenverschulden des Beschwerdeführers beruht, kommt vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage eine Bevorschussung des aufgrund des Unfalls eingetretenen Verdienstentgangs nicht in Betracht.

Darüber hinaus, kann keine Rede davon sein, dass der Unfall in unmittelbarer Ausübung der dienstlichen Pflichten des Beschwerdeführers entstanden ist. Wie der Beschwerdeführer selbst angibt, hat er sich nach dem Abstellen einer Tasche auf dem Boden umgedreht, und ist dabei mit dem Handrücken der linken Hand an einer Tischkante angeschlagen. Der Unfall ereignete sich daher weder bei der Durchführung von Schwerverkehrskontrollen noch beim Entfernen des im Kleinbus angebrachten Tisches.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine bloße Manipulationstätigkeit ohne jeden Bezug auf die dienstlichen Pflichten des Beschwerdeführers. Der Dienstunfall des Beschwerdeführers stand daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu den dienstlichen Pflichten des Beschwerdeführers (vgl. VwGH, 20.10.2014, GZ. 2010/12/0178).

Angesichts der oben dargestellten Rechtslage ist daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Bevorschussung des durch den Dienstunfall vom 27.09.2018 entstandenen Verdienstentganges zusteht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Angesichts der oben dargestellten Rechtslage bzw. Judikatur erscheint die hier zu beurteilende Frage des Anspruchs auf Bevorschussung eines durch einen Dienstunfall ohne Fremdbeteiligung entstandenen Verdienstentganges eindeutig geklärt.

Schlagworte

besondere Hilfeleistung besondere Hilfsleistung für Wachebedienstete dienstliche Aufgaben Dienstunfall Exekutivdienst Fremdeinwirkung Geldaushilfe Gesundheitsschädigung Körperverletzung Manipulation Verdienstentgang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2228404.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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