TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/2 I421 2228577-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
StGB §107 Abs1
StGB §127
StGB §83
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2228577-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. UNGARN, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des BFA RD Oberösterreich Außenstelle XXXX vom 01.07.2020, Zl. 1171673103-190116604,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.05.2020, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 24 Monate herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 20.11.2019 (AS 121ff) forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich (im Folgenden: BFA, RD ÖO) den Beschwerdeführer auf, zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, seinen persönlichen Verhältnissen und gesetzten Integrationsschritten binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom 03.12.2019 nach (AS127f).

2. Mit den im Spruch angeführten Bescheid vom 07.01.2020, dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt am 14.01.2020, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

3. Mit Schreiben vom 10.02.2020, beim BFA eingebracht am folge Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid.

Darin wurde beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben und das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu dieses deutlich herabzusetzen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. In der Beschwerde wird auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht:

Die Beschwerde sei zulässig und rechtzeitig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte Bürger sei nur zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sei. Dabei sei ein sehr strenger Maßstab anzulegen. Die Erlassung eines auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes im Falle des Beschwerdeführers erfolge zu Unrecht, da keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vom Beschwerdeführer ausgehe. Die Behörde führe in ihrer Begründung verschiedene Rechtssätze des VwGH an, gehe aber nicht auf den konkreten Fall des Beschwerdeführers ein. So führe die Behörde eine VwGH-Entscheidung an, verkenne aber, dass es bei dieser Entscheidung um schwere Suchtmittelkriminalität gehe, der unter anderem eine Verurteilung zu einer unbedingten viereinhalb jährigen Haftstrafe zugrunde liege. Der Beschwerdeführer habe gegen das SMG verstoßen, um seinen Eigenbedarf zu decken, was auch aus dem Urteil des LG XXXX ersichtlich sei, wobei die belangte Behörde diesen Aspekt völlig außer Acht gelassen habe. Der Beschwerdeführer habe Suchtmittel ein – und ausgeführt um seinen Eigenkonsum zu decken, weil er selbst Konsument der Suchtmittel gewesen sei. Die vom LG XXXX erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren lasse jedenfalls auf eine positive Zukunftsprognose des entscheidenden Gerichts schließen. Schließlich wird noch vorgebracht, der belangten Behörde seien Verfahrensfehler unterlaufen.

4. Die Staatsanwaltschaft XXXX hat mit Verständigung vom 22.04.2020 mitgeteilt, dass gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen § 83 Abs 2 und § 107 Abs 1 StGB erhoben wurde.

5. Am 26.05.2020 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, zu der der Beschwerdeführer nicht erschienen ist. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers teilte mit, dass der Beschwerdeführer in stationärer Behandlung in einer psychiatrischen Abteilung sei, wobei sie keine Unterlagen dazu vorlegen konnte und auch nicht vorgelegt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist ungarischer Staatsbürger, ledig, lebt in einer Lebensgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin, einer ungarischen Staatsbürgerin, den gemeinsamen beiden minderjährigen Kindern, in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer hält sich mit den vorgenannten Personen, die seine Kernfamilie bilden, seit Juli 2017 in Österreich auf. Weitere Familienangehörige oder Verwandte hat der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bestehen freundschaftliche Verhältnisse zu Personen im Umfeld des Beschwerdeführers.

1.2. Als ungarischer Staatsbürger ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger und hält sich legal in Österreich auf. Er verfügt seit 23.10.2017 über eine Anmeldebescheinigung. Während seines bisherigen Aufenthalts in Österreich hatte der Beschwerdeführer mehrere Beschäftigungsverhältnisse als Arbeiter, er bezog aber auch über mehrere Monate Arbeitslosenunterstützung.

1.3. Der Beschwerdeführer hat in der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt und wurde strafgerichtlich verurteilt.

Aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug hinsichtlich des Beschwerdeführers ergeben sich folgende Verurteilungen:

Landesgericht XXXX zu XXXX vom 9.8.2019, Schuldspruch wegen § § 15,127 StGB und § 107 Abs. 1 StGB, Datum der Tat 1.3.2019, verhängte Strafe: Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je vier Euro, wovon 90 Tagsätze bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurden.

Landesgericht XXXX zu XXXX vom 13.11.2019, Schuldspruch wegen Paragraf § 28a Abs. 1 zweiter Fall, dritter Fall SMG und § § 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG und § 15 StGB, Datum der (letzten) Tat 31.7.2019, verhängte Strafe: Neun Monate Freiheitsstrafe, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren als Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX .

Die Erstverurteilung erfolgte also aufgrund des Vergehens der gefährlichen Drohung und des Vergehens des versuchten Diebstahls (Urteil einliegend im Behördenakt AS 85).

Die Zweitverurteilung erfolgte aufgrund des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall SMG und wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften. Vom Landesgericht XXXX als Strafgericht wurde über den Beschwerdeführer aufgrund dieser Straftaten eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verhängt, wobei diese verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Ebenso wurde vom Widerruf der zu XXXX des LG XXXX gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen. Als mildernd hat das Straflandesgericht das Geständnis, die Unbescholtenheit und, dass die Taten teilweise beim Versuch geblieben sind gewertet. Als Erschwerungsgründe wurden das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens gewürdigt (Urteil einliegend im Behördenakt AS 117 ff).

Die amtswegige Abfrage des europäischen Strafregister-Informationssystems hat bezüglich des Beschwerdeführers ergeben, dass in diesem System keine Verurteilungen vorgemerkt sind.

1.4. Der Beschwerdeführer wohnt seit seiner Einreise nach Österreich durchgehend in Oberösterreich. Er wohnt derzeit mit seiner Lebensgefährtin, seinem Sohn, geboren am XXXX 2009 und seiner Tochter, geboren am XXXX 2004 in XXXX .

Er hat in Ungarn die Schulausbildung absolviert und eine technische Schule besucht, die er aufgrund finanzieller Einschränkungen seiner Familie abbrechen musste.

Er leidet an keiner schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Krankheit, er ist arbeitsfähig, wobei es gelegentlich zu Krankenständen aufgrund chronischer Migräne und Reflux kommt. Diese Erkrankungen werden mit Schmerztabletten und öfteren Kontrollterminen beim Hausarzt behandelt.

Der Beschwerdeführer ist als Automechaniker berufstätig und hat sich über diese Tätigkeit einen Freundeskreis erschlossen. Der Beschwerdeführer spricht deutsch auf dem Sprachniveau B1.

1.5. Der Beschwerdeführer hat keine verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Verbindungen zu Ungarn, insbesondere verfügt er derzeit dort über keine Wohnmöglichkeit und sohin auch über keine Wohnanschrift.

2. Beweiswürdigung:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben. Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich daraus vollständig und zweifelsfrei.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Staatsbürgerschaft, seinem Privat- und Familienleben, seiner Berufstätigkeit und zu seinen beiden strafgerichtlichen Verurteilungen, können widerspruchsfrei und zweifelsfrei auf den vorliegenden Behördenakt gestützt werden, indem sich insbesondere auch die beiden Strafurteile befinden. Amtswegig wurde eine Abfrage des zentralen Melderegisters durchgeführt, ebenso eine ECRIS-Abfrage, eine Abfrage des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister, zudem wird dieser festgestellte Sachverhalt in der Beschwerde, ausgenommen der zweiten strafgerichtlichen Verurteilung, nicht in Zweifel gezogen. Insbesondere stützen sich diese Feststellungen aber auch auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers selbst, die dieser mit Schreiben vom 3.12.2019 an die belangte Behörde eingebracht hat und welche Angaben in den entscheidungswesentlichen Sachverhalt eingeflossen sind.

Strittig verbleibt also die Bewertung der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX . Hier wird in der Beschwerde vorgebracht (Seite 3 des Beschwerdeschriftsatzes), die Verurteilung des Beschwerdeführers sei wegen Ein-und Ausfuhr von Suchtmitteln zum Eigenkonsum erfolgt. Das trifft nicht zu, und wird insofern in der Beschwerde diesem Schuldspruch ein (milderer) Tatunwert beigemessen. Wie sich aus dem vorliegenden im Akt befindlichen Strafurteil zweifelsfrei ergibt, erfolgte der Schuldspruch aufgrund zweier Straftatbestände. Zu Punkt 1.) erfolgte die Verurteilung, weil der Angeklagte den Tatbestand des Suchtgifthandels gemäß § 28a StGB verwirklicht hat, nämlich vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge nach Österreich eingeführt bzw. aus der Slowakei ausgeführt hat. Wobei das Gesetz diese Straftat mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert.

Zu Punkt 2.) erfolgte die Verurteilung wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, weil der Angeklagte (Beschwerdeführer) vorschriftswidrig Suchtgift erworben und besessen hat, wobei eine Tathandlung beim Versuch geblieben ist (§ 15 StGB) und die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat (§ 27 Abs. 2 StGB), was zur Folge hat, dass die Strafdrohung vermindert mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist.

Die Privilegierung der Begehung der Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch, trifft also nur auf den Schuldspruch zu Punkt 2.) zu, nicht aber auf den Schuldspruch, der wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels erfolgte, wobei es sich dabei um die strafrahmenbestimmende Tat handelt. In der Urteilsausfertigung ist zudem unter den Milderungsgründen (Aktenseite 119) nicht angeführt, dass die Straftaten aufgrund einer Drogenabhängigkeit des Angeklagten begangen wurden. An den diesbezüglich im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen ist daher auch trotz der Ausführungen in der Beschwerde festzuhalten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:

§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

3.1. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1.       ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2.       er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:

Für den Beschwerdeführer, der aufgrund seiner ungarischen Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich noch nicht 10 Jahre in Österreich aufhält.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der von dem Beschwerdeführer zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen die zwei Verurteilungen, hier insbesondere die aktuellste im Fokus der Betrachtung.

Der Beschwerdeführer wurde zuletzt vom LG XXXX rechtskräftig wegen Suchmittelhandels und unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten als Zusatzstrafe verurteilt. Zuvor wurde er wegen versuchten Diebstahl und gefährlicher Drohung zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt. Beide Urteile stammen aus 2019.

Dabei handelt sich jedenfalls um ein auf dem Gebiet des Fremdenwesens schwer verpöntes Verhalten des Beschwerdeführers (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318), welches nicht nur auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hinweist. Vielmehr weist die Bereitwilligkeit des Beschwerdeführers, die durch seine Taten allfällig hervorgerufenen körperlichen und seelischen Folgen der Drogenkonsumenten in Kauf zu nehmen, auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle hin. Er nahm auch die mit seinen Taten verbundene Verletzung öffentlicher Normen sowie die Förderung der Abhängigkeit und des Leides Suchtmittelabhängiger hin. Mit der Verbreitung von Suchtmitteln ging die potentielle Gefährdung der Volksgesundheit einher.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (zu all dem vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Die aktuelle Verurteilung liegt erst rund 4 Monate zurück und befindet sich der Beschwerdeführer noch in der Probezeit. Auch in dieser Hinsicht kann dem Beschwerdeführer noch keine positive Gefährdungsprognose erstellt werden. Dem Beschwerdeführer ist auch anzulasten, dass er durch seine erste Verurteilung gewarnt sein hätte müssen, zumal die zweite Verurteilung sowohl der Schuld als auch hinsichtlich des geschädigten Rechtsgutes der körperlichen Gesundheit mehr wiegt, als die erste und Tatbegehung, jedenfalls zum Teil, während anhängigem Strafverfahren erfolgte (vgl AS 119).

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich vorliegend als verhältnismäßig.

Was die Gefährdung des Kindeswohls betrifft, kann diese angesichts des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers, eine Ausweisung nicht verhindern.

Der EGMR hat in seinem Erkenntnis vom 02.04.2015, Kammer I, Bsw. Nr. 27.945/10 festgehalten, dass, wenn Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, das Kindeswohl eine vorrangige Überlegung sein muss. Die Behörden müssen daher Beweise hinsichtlich des Kindeswohls erheben und bewerten, um es effektiv zu schützen. Ein Aufenthaltsverbot gegen die Mutter eines bei seinem Vater lebenden Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft kann verhältnismäßig sein, wenn es wegen wiederholter Begehung schwerer Straftaten verhängt wurde, zeitlich befristet ist und der Kontakt zwischen Mutter und Kind aufrechterhalten werden kann.

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur ist Folgendes zu beachten:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit nunmehr rund 3 Jahren im Bundesgebiet und hat vorher sein Leben in Ungarn verbracht. Des Weiteren ist zu veranschlagen, dass Ungarn ein Nachbarland von Österreich ist und die beiden Kinder mit ihrer Mutter, alle ungarische Staatsbürger, den Beschwerdeführer besuchen können und zu ihm mit modernen Kommunikationsmittel Kontakt halten können.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Der BF wurde vor rund 4 Monaten wegen mehrerer Suchtmitteldelikte verurteilt. Ein Wohlverhalten kann ihm – wie bereits oben erwähnt – noch nicht attestiert werden. Zu beachten ist ferner – auch dies wurde schon hervorgehoben – die Suchtmitteldelikten immanente Rückfallsgefährlichkeit. Auch wenn die Freiheitsstrafe bedingt ausgesprochen wurde, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese mit 9 Monaten bemessen wurde und sich der Beschwerdeführer noch innerhalb der Probezeit befindet. Es ist somit von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers auszugehen, welches ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Wie ferner bereits hervorgehoben, erweist sich die bis dato verstrichene Zeitspanne als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen. Es leben zwar Lebensgefährtin und die beiden Kinder im Bundesgebiet, diese sind aber erst vor knapp drei Jahren mit dem Beschwerdeführer aus Ungarn zugezogen.

Nach dem besagten Fehlverhalten des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen im Umgang mit Suchtmitteln) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Im gegenständlichen Fall erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von 5 Jahren als nicht angemessen. Dies aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Ein Tatbestand des § 67 Abs. 3 FPG liegt hier nicht vor.

Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 2 FPG sind - in Abgrenzung zu den in Abs. 3 leg. cit. angeführten besonders qualifizierten Straftaten - auch strafbare Handlungen mit hohem Unrechtsgehalt und einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu berücksichtigen.

Betrachtet man nun die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch, für die er zuletzt verurteilt wurde, so sehen die dafür maßgeblichen Strafbestimmungen einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren vor. Dieser Strafrahmen wurde vom Strafgericht allerdings nur zu 15 % ausgeschöpft, die 9 Monate wurden außerdem bedingt ausgesprochen. Dabei sah das Strafgericht das Geständnis, die gerichtliche Unbescholtenheit und dass die Tat teilweise beim Versuch verblieb als mildernd an.

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von 5 Jahren steht jedoch schon im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängten, bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten außer Relation.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, insbesondere des Vorliegens familiärer Bindungen in Österreich, war die Dauer des Aufenthaltsverbotes daher in angemessener Weise auf 24 Monate herabzusetzen und der Beschwerde insoweit stattzugeben.

Absehen von einer weiteren mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine hinreichenden Anhaltspunkte die einer Anhörung des Beschwerdeführers und Ergänzung des Verfahrens bedurft hätte.

Das Bundesamt hat die, die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt und hat das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung geteilt.

In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Auf die behauptete Fehldeutung der zweiten strafgerichtlichen Verurteilung im bekämpften Bescheid, konnte ohne mündliche Verhandlung eingegangen werden, zumal das Urteil im Behördenakt einliegt und sich aus dem Spruch dieses Urteils eindeutig ergibt, wegen welcher Straftaten der Beschwerdeführer verurteilt wurde.

Das BVwG hat die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde ins Treffen geführten Argumente berücksichtigt. In eindeutigen Fällen wie diesem, bei dem bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für die Abwägung nach Art 8 EMRK auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052).

Das BVwG hat alle vom Beschwerdeführer für sich ins Treffen geführten Angaben und Bescheinigungsmittel zur Darlegung seiner Integration, welche er beim Bundesamt und in der Beschwerde tätigte, der Abwägung und der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt. Auf Grund der gesetzlich auferlegten Verfahrensförderungspflicht iSd § 39 Abs 2a AVG, hatte er schon beim Bundesamt bzw. spätestens in der Beschwerde oder einer allfälligen Beschwerdeergänzung sein Vorbringen „vollständig“ zu erstatten.

Die für diese Entscheidung maßgeblichen sachlich, objektivierbaren Kriterien für die Integration, auch in sprachlicher Hinsicht, liegen, wie bereits angeführt, auf Grund der Aktenlage, der Beschwerde und der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers offen und werden seitens des BVwG nicht in Zweifel gezogen, sie sind somit unstreitig.
Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als hinreichend geklärt erachtet werden und eine weitere Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2228577.1.00

Im RIS seit

28.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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