TE Bvwg Beschluss 2020/6/25 W192 2206780-1

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §60
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W192 2206780-1/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (vormals: XXXX ), geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018, Zahl: 1156139601-180766865, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm. 31 Abs. 1 VwGVG i.d.g.F. eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit unangefochten im Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 14.06.2017 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Serbiens, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen diesen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.) und gegen diesen gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde festgehalten, der Beschwerdeführer habe sich seit 74 Tagen unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und sei im Juni 2017 bei der Schwarzarbeit im Bundesgebiet betreten worden. Dieser habe nie eine behördliche Meldung im Bundesgebiet besessen und keine soziale oder berufliche Integration in Österreich dargetan.

Der Beschwerdeführer wurde am 22.06.2017 aus dem Stande der Schubhaft nach Serbien abgeschoben.

2. Mit Schreiben vom 03.07.2018 wurde durch einen vom Beschwerdeführer bevollmächtigten in Serbien tätigen Rechtsanwalt beantragt, das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot außer Kraft zu setzen, da die Hälfte der Dauer des Einreiseverbotes vergangenen sei und der Beschwerdeführer seine in Österreich lebende Ehegattin und deren Kind andernfalls nicht besuchen könne. Anbei wurde insbesondere eine beglaubigte Übersetzung eines Auszugs aus dem Heiratsregister der Republik Serbien übermittelt, aus welchem sich ergibt, dass der Beschwerdeführer am 18.07.2017 die Ehe mit einer in Österreich geborenen serbischen Staatsangehörigen geschlossen hätte.

Mit Schreiben vom 09.07.2018 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer im Wege seines bevollmächtigten Vertreters mit, dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach Ansicht der Behörde weiterhin vorliege und zudem der Verdacht auf eine Aufenthaltsehe vorliege.

Am 16.08.2019 langte eine Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers ein, in welcher dieser die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers darstellte, dem Verdacht auf das Vorliegen einer Aufenthaltsehe entgegentrat und bekanntgab, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers ein Kind erwarte.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.08.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.07.2018 auf Aufhebung des mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2017 gegen ihn erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 FPG idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ausgesprochen, dass dieser gemäß § 78 AVG binnen vierwöchiger Zahlungsfrist Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von EUR 6,50 zu entrichten habe.

Die Ablehnung des Antrages auf Aufhebung des Einreiseverbotes wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzung einer fristgerechten Ausreise nicht erfüllt hätte und sich trotz des aufrechten Einreiseverbotes von 11.08.2017 bis 06.11.2017 sowie von 07.02.2018 bis 13.02.2018 in Österreich aufgehalten hätte. Der Beschwerdeführer habe durch seine hier zum dauernden Aufenthalt berechtigte Ehegattin zwar familiäre Bindungen in Österreich, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Ehe erst zu einem Zeitpunkt geschlossen worden wäre, als gegen den Beschwerdeführer bereits ein Einreiseverbot erlassen worden wäre und dieser daher nicht mit der Möglichkeit eines gemeinsamen Verbleibes in Österreich habe rechnen können. Weiters sei es der Gattin des Beschwerdeführers als serbische Staatsbürgerin möglich, den Kontakt zu diesem durch Besuche im Herkunftsland aufrecht zu erhalten. Es sei davon auszugehen, dass das Einreiseverbot nach wie vor notwendig sei, um eine mit dem Aufenthalt des Beschwerdeführers verbundene Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Auch seien keine Gründe hervorgekommen, welche im Sinne des Art. 8 EMRK eine Verkürzung oder Aufhebung des Einreiseverbotes erfordern würden.

4. Mit am 26.09.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten Schriftsatz erhob der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in deren Begründung auf die im Bundesgebiet bestehenden familiären Bindungen des Beschwerdeführers und das Recht seines noch ungeborenen Kindes auf den persönlichen Kontakt mit beiden Elternteilen verwiesen wurde.

5. Seit 24.07.2019 verfügt der Beschwerdeführer über eine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet. Am 16.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer in Stattgabe eines am 25.07.2019 gestellten Antrages ein bis zum 16.12.2020 gültiger Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ ausgestellt.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung G303 abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Einstellung des Verfahrens wegen Wegfalls des Rechtschutzinteresses:

3.2.1. Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt (vgl. zur Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm. 5 und § 31 VwGVG Anm. 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm. K 3 und § 31 VwGVG Anm. K 2) (vgl. VwGH 29.4.2015, Fr 2014/20/0047).

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5; VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).

3.2.2. Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:

Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung des vom Beschwerdeführer am 03.07.2018 gestellten Antrages auf Herabsetzung des Einreiseverbotes besteht nicht mehr; dies aufgrund folgender Erwägungen:

Der Beschwerdeführer ist seit Juli 2019 mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet und seit 16.12.2019 auf Grundlage eines ihm erteilten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ zum Aufenthalt im Bundegebiet berechtigt.

Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (vgl. VwGH 30.6.2016, Ro 2016/21/0008). Da der Beschwerdeführer zwischenzeitlich einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet begründet hat und nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist, besteht ein rechtliches Interesse an einem Abspruch über seinen Antrag auf Herabsetzung des Einreiseverbotes nicht mehr.

3.2.3. Die Beschwerde ist daher infolge materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

3.3. Der Ausspruch über die in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides erfolgte Festlegung von Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 wurde in der Beschwerde nicht moniert, sodass weitere Erwägungen in diesem Zusammenhang unterbleiben konnten.

4. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen ist, konnte nach § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Einreiseverbot Gegenstandslosigkeit Klaglosstellung Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W192.2206780.1.00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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