TE Vwgh Beschluss 2020/9/7 Ro 2020/01/0010

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Veröffentlicht am 07.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
25/01 Strafprozess
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art132 Abs2
B-VG Art133 Abs4
SPG 1991 §2 Abs2
SPG 1991 §22 Abs3
SPG 1991 §65
SPG 1991 §65 Abs1
SPG 1991 §77
SPG 1991 §88 Abs1
SPG 1991 §88 Abs2
StPO 1975 §106 Abs1
StPO 1975 §123
VwGG §25a Abs1
VwGG §28
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching, Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des G N in G, vertreten durch Mag. Roman Tobeiner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Hagenberggasse 36, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. August 2019, Zl. LVwG 20.3-756/2019-14, betreffend körperliche Untersuchung nach der StPO durch Organe der Kriminalpolizei (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Angefochtenes Erkenntnis

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Abnahme eines Mundhöhlenabstriches am 4. März 2019 durch Organe der Landespolizeidirektion Steiermark (belangte Behörde) als unbegründet abgewiesen (A.), der Antrag, die erhobenen DNA-Daten des Revisionswerbers zu löschen, als unzulässig zurückgewiesen (B.), der Revisionswerber zu näher bezeichnetem Kostenersatz verpflichtet (C.) und die ordentliche Revision für zulässig erklärt (D.).

2        Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst im Wesentlichen fest, der Revisionswerber sei nach einem Bericht der Polizeiinspektion R (gemäß § 100 StPO) verdächtig gewesen, Drohbriefe abgesandt zu haben. Im Zuge einer erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Polizeiinspektion P sei der Revisionswerber aufgefordert worden, den Mund aufzumachen, um einen Mundhöhlenabstrich vorzunehmen. Der Mundhöhlenabstrich sei als notwendig „empfunden“ worden, um eine Straftat aufzuklären und zwar, wer Verfasser der Drohbriefe gewesen sei. Aufgrund des Mundhöhlenabstriches habe die Staatsanwaltschaft sodann basierend auf einer gerichtlichen Bewilligung nach § 124 Abs. 1 und 2 StPO eine molekulargenetische Untersuchung angeordnet.

3        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, der einschreitende Kriminalbeamte habe bei seinem Handeln primär die Aufklärung einer Straftat (Gefährliche Drohung nach § 107 StGB) „im Fokus“ gehabt. Da das Handeln iSd Strafjustiz (Kriminalpolizei) durchgeführt worden sei, habe das Verwaltungsgericht nach Aufhebung der Wortfolge „Kriminalpolizei oder“ in § 106 StPO die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung nach den einschlägigen Bestimmungen der StPO zu beurteilen gehabt. Gemäß § 117 Z 4 StPO habe der Mundhöhlenabstrich vom Kriminalpolizisten ohne Einschreiten der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden können. Die Abnahme des Mundhöhlenabstriches sei rechtmäßig und verhältnismäßig gewesen. Der Kriminalbeamte habe selbst angegeben, diese Beweissicherungsmaßnahme nach § 123 Abs. 3 StPO „geführt“ zu haben und dass er bei körperlichem Widerstand „die erkennungsdienstliche Behandlung abgebrochen bzw. gar nicht begonnen“ hätte.

4        Neben den Bestimmungen der StPO seien iSd § 22 Abs. 3 SPG letzter Halbsatz „die Bestimmungen über den Erkennungsdienst“ (drittes Hauptstück §§ 64 bis 80 SPG) anzuwenden. Wenn der Revisionswerber insoweit einwendet, die Voraussetzungen für eine DNA-Untersuchung iSd § 67 Abs. 1 SPG seien nicht vorgelegen, so sei dem entgegenzuhalten, dass die Abnahme des Mundhöhlenabstriches ohne jegliche Ausübung von Zwang durchgeführt worden sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung iSd § 77 Abs. 1 SPG freiwillig vom Betroffenen durchgeführt worden sei. Der Mundhöhlenabstrich sei gemäß § 77 Abs. 2 zweiter Satz SPG aufgrund einer formlosen, befehlsmäßigen Aufforderung durchgeführt worden. Fest stehe, dass keine unmittelbare Zwangsgewalt angedroht worden sei, und daher für eine Aufforderung in Befehlsform, die unter dem Regime des § 88 SPG zu beurteilen wäre, kein Platz bleibe.

5        Somit sei die Abnahme des Mundhöhlenabstriches durch die Kriminalpolizei iSd StPO rechtmäßig erfolgt und bleibe für die Beurteilung nach SPG, da unmittelbarer Zwang nicht angewendet worden sei, kein Raum um eine Rechtswidrigkeitsprüfung durchzuführen.

6        Der Antrag des Revisionswerbers gemäß § 74 Abs. 3 SPG, die erhobenen Daten des Revisionswerbers zu löschen, sei zurückzuweisen gewesen, da ein derartiger Antrag direkt bei der belangten Behörde einzubringen wäre. Des Weiteren „erschöpfe sich“ die Entscheidung über eine Maßnahmenbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG in der Feststellung des Vorliegens einer Rechtswidrigkeit „und nicht in einem Leistungsabspruch“.

7        Die ordentliche Revision sei zulässig, „da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine solche Rechtsprechung fehlt“.

Ablehnung durch den VfGH

8        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der VfGH lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2020, E 3792/2019-8, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend führte der VfGH unter anderem aus, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung insbesondere der Frage, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gesetzmäßig ergangen sei, nicht anzustellen, zumal die Kriminalpolizei im Dienste der Strafjustiz gehandelt habe.

9        Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

Zulässigkeit

Allgemein

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Zulässigkeitsbegründung des VwG

13       Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, Ro 2020/01/0004, und VwGH 27.4.2020, Ro 2019/17/0004, jeweils mwN).

14       Mit der gänzlich allgemein gehaltenen Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes wird dieser Begründungspflicht nicht entsprochen.

Zulässigkeitsvorbringen der Revision

15       Der Revisionswerber hat auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, Ro 2020/01/0004, mwN).

16       In diesem Sinne bringt die Revision vor, im vorliegenden Fall fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „ob Aufforderungen in Befehlsform dem Regime des § 88 SPG unterliegen“.

17       Zu dieser Rechtsfrage besteht bereits ausreichend Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes:

§ 88 Abs. 1 SPG und Handeln im Dienste der Strafjustiz (Kriminalpolizei)

18       Zur Frage, in welchem Verhältnis die (vorliegend alleine maßgebliche) Maßnahmenbeschwerde nach § 88 Abs. 1 SPG zum Handeln der Kriminalpolizei im Dienste der Strafjustiz steht, ist auf folgende Rechtsprechung hinzuweisen:

19       § 88 Abs. 1 SPG kommt in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung als Rechtsgrundlage für eine an das Landesverwaltungsgericht zu richtende Maßnahmenbeschwerde gegen eine Landespolizeidirektion in Betracht (vgl. VwGH 25.4.2017, Ro 2016/01/0005, mwN, dort zur Vollziehung von Angelegenheiten des 1. Hauptstücks des 2. Teiles des BFA-VG nicht im Rahmen der Sicherheitsverwaltung).

20       Die Aufgaben der Sicherheitsbehörden und der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der StPO, namentlich bei der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, also das Behördenhandeln im Dienste der Strafjustiz („Kriminalpolizei“), zählt nicht zur Sicherheitspolizei bzw. Sicherheitsverwaltung (vgl. VwGH 28.3.2017, Ra 2017/01/0059, mwN, zur Verhaltensbeschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG).

21       Beim (selbstständigen) Einschreiten im Dienste der Strafjustiz gelten gemäß § 22 Abs. 3 SPG, sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, ausschließlich die Bestimmungen der StPO (vgl. VwGH 21.10.2010, 2008/01/0028, mwN; vgl. zu den Aufgaben der Kriminalpolizei im Ermittlungsverfahren nach dem Strafprozessreformgesetz BGBl. I Nr. 19/2004, auch VwGH 29.5.2015, 2012/02/0238, mwN). Soweit es um Ermittlungen wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung nach dem StGB geht, liegt ein Handeln im Dienste der Strafjustiz vor, welches nicht zur Sicherheitspolizei zu zählen ist und dem im Grunde des § 22 Abs. 3 zweiter Satz SPG eine sicherheitspolizeiliche Komponente nicht (mehr) innewohnt (vgl. VwGH 26.3.2007, 2005/01/0039, zu Ermittlungen gegen vier bereits namentlich bekannte Personen wegen §§ 215 ff StGB; vgl. zur sicherheitspolizeilichen Komponente und § 88 SPG VwGH 19.4.2016, Ra 2015/01/0232, Rn. 19 ff, mwN).

22       § 65 Abs. 1 SPG ermächtigt die Sicherheitsbehörden, Menschen, die im Verdacht stehen, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, unter weiteren Voraussetzungen erkennungsdienstlich zu behandeln. Diese Befugnis dient sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen (vgl. VwGH 28.1.2020, Ra 2019/01/0480, mwN).

23       Eine körperliche Untersuchung (vgl. § 123 StPO), hier ein Mundhöhlenabstrich (vgl. § 123 Abs. 3 StPO) allein mit dem Zweck, an der Aufklärung von (gerichtlich) strafbaren Handlungen mitzuwirken, ist dagegen als Handeln im Dienste der Strafjustiz zu beurteilen (vgl. idS bereits VwGH 19.9.2006, 2005/06/0018, mwN). Eine solche körperliche Untersuchung unterliegt allein den Bestimmungen der StPO und nicht den Bestimmungen der §§ 65, 77 SPG, da sie nicht sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen, dient und ihr daher keine sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnt (vgl. idZ auch Thanner/Vogl, SPG2 [2013], Anm. 29 zu § 22, wonach die im Tatsächlichen einheitliche Ermittlungstätigkeit der Sicherheitsbehörden im rechtlichen Sinn zweigeteilt, sohin doppelfunktional ist, wenn neben die strafprozessuale Aufklärungspflicht die sicherheitspolizeiliche Aufklärungspflicht zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe tritt).

24       Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde der Mundhöhlenabstrich vorliegend alleine deshalb durchgeführt, um eine Straftat (Gefährliche Drohung nach § 107 StGB) aufzuklären. Daher handelt es sich, wie bereits der VfGH im obzitierten Ablehnungsbeschluss ausgeführt hat, um ein Handeln der Kriminalpolizei im Dienste der Strafjustiz, ohne dass diesem Handeln eine zusätzliche sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnte (keine Sicherheitsverwaltung nach § 65 SPG).

25       Mangels sicherheitspolizeilicher Komponente kommt § 88 Abs. 1 SPG als Rechtsgrundlage für eine an das Landesverwaltungsgericht zu richtende Maßnahmenbeschwerde gegen eine Landespolizeidirektion nicht in Betracht (vgl. nochmals VwGH Ro 2016/01/0005, mwN; vgl. zur sicherheitspolizeilichen Komponente und § 88 Abs. 2 SPG nochmals VwGH 19.4.2016, Ra 2015/01/0232, Rn. 19 ff, mwN).

26       Im Übrigen ist beim Handeln der Kriminalpolizei im Dienste der Strafjustiz auch die Möglichkeit einer Verhaltensbeschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG nicht gegeben (vgl. VwGH 28.3.2017, Ra 2017/01/0059).

27       Das Handeln der Kriminalpolizei im Dienste der Strafjustiz ist jedoch, soweit es um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt geht, nach der Aufhebung der Worte „oder Kriminalpolizei“ in § 106 Abs. 1 StPO mit Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht bekämpfbar (vgl. zu § 106 StPO in der Fassung BGBl. I Nr. 85/2015 [nach Aufhebung dieser Worte durch VfGH 30.6.2015, G 233/2014-15 ua. = VfSlg. 19.991] VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0017, mwN; vgl. bereits [zur inhaltsgleichen Aufhebung durch VfGH 16.12.2010, G 259/09 ua.] VwGH 15.3.2012, 2012/01/0004, mwN).

28       In diesem Fall hat die Überprüfung der bekämpften Maßnahme nach dem Obgesagten alleine nach den Bestimmungen der StPO zu erfolgen.

Aufforderung in Befehlsform

29       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als „Zwangsgewalt“, zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von „Befehlsgewalt“ gedeutet werden kann. Weil das Gesetz auf Befehle, also auf normative Anordnungen abstellt, sind behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird. Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. zu allem VwGH 29.11.2018, Ra 2016/06/0124, und VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, jeweils mwN; vgl. idS zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach den §§ 65, 77 SPG VwGH 19.9.2006, 2005/06/0018, mwN).

30       Zu der in der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage besteht somit bereits ausreichend Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

31       Ob es sich vorliegend um eine Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gehandelt hat, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes (vgl. idS VwGH 19.4.2016, Ra 2015/01/0232, Rn. 25, vgl. zur Rolle des Verwaltungsgerichtshofes im Revisionsmodell VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

32       Im vorliegenden Einzelfall ist es nicht als unvertretbar anzusehen, dass das Verwaltungsgericht die Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers (nach dem Maßstab der Bestimmungen der StPO, insbesondere des § 123 Abs. 3 letzter Satz StPO, wonach die Kriminalpolizei einen Mundhöhlenabstrich von sich aus abnehmen kann) in der Sache geprüft und abgewiesen hat.

Ergebnis

33       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 7. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020010010.J00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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