TE Vwgh Erkenntnis 1985/9/26 85/02/0175

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Veröffentlicht am 26.09.1985
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Index

Verwaltungsverfahren
22/02 Zivilprozessordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §47 Abs1
VStG §24 Abs1
ZPO §292
ZustG §17 Abs2
ZustG §21 Abs2
ZustG §22

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des GH vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse7, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 14. Februar 1985, Zl. MA 70-X/H 17/85/Str, betreffend Zurückweisung eines Einspruches, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Bezirkspolizeikommissariat Schmelz, vom 9. August 1984 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, insgesamt fünf Übertretungen der StVO 1960 begangen zu haben. Die die Strafverfügung enthaltende Postsendung wurde zufolge des im vorgelegten Verwaltungsakt erliegenden Zustellnachweises nach zwei vergeblichen Zustellversuchen vom 14. August 1984 an beim Postamt 4063 zur Abholung bereitgehalten.

Am 1. September 1984 gab der Beschwerdeführer einen Einspruch gegen diese Strafverfügung zur Post. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Schmelz, Bezirkspolizeikommissariat vom 27. November 1984 wurde der Einspruch „wegen entschiedener Sache“ zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Zustellung der Strafverfügung am 14. August 1984 erfolgt, die Rechtsmittelfrist „demnach am 27. August 1984 abgelaufen“ und „der Einspruch als verspätet wegen entschiedener Sache zurückzuweisen“ sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen „Rechtswidrigkeit seines Inhaltes infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften“ und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß sich der normative Gehalt des angefochtenen Bescheides in der Zurückweisung des Einspruches erschöpft. Der Beschwerdeführer kann daher in dem von ihm u. a. geltend gemachten Recht auf Nichtbezahlung einer Geldstrafe nicht verletzt sein. Vorauszuschicken ist ferner, daß über den gleichzeitig mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 27. November 1984 eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist mit dem angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen wurde.

In der Sache macht der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechtes auf Fällung einer Sachentscheidung über seinen Einspruch vom 1. September 1984 geltend. Er begründet dies zunächst damit, daß ihn die Behörde nicht davon in Kenntnis gesetzt habe, daß sie den Einspruch als verspätet erhoben betrachte. Dabei sei er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt. Diese Behauptung ist schon deswegen unzutreffend, weil sich die behauptete Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren ereignet haben soll, der Beschwerdeführer aber in seiner Berufung die Möglichkeit hatte, alles zur Dartuung seines Standpunktes, der Einspruch sei rechtzeitig eingebracht worden, vorzubringen. Im übrigen hat der Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht.

Zur Ausführung der belangten Behörde, beim Zustellnachweis handle es sich um eine öffentliche Urkunde, deren Inhalt nach § 292 ZPO bis zum Nachweis des Gegenteils für wahr zu halten sei, bringt der Beschwerdeführer vor, daß die ZPO zivilgerichtliche Verfahrensbestimmungen enthalte, die belangte Behörde aber das VStG 1950 anzuwenden gehabt hatte. Dazu genügt es, darauf zu verweisen, daß die Beweisregel des § 292 ZPO nach § 24 Abs. 1 VStG 1950 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 AVG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist. Bei dem Zustellnachweis handelt es sich um eine öffentliche Urkunde in diesem Sinn (VwSlg. Nr. 10.687/A/1982). Der Beschwerdeführer hat keinen Beweis darüber angeboten oder erbracht, daß der Inhalt des Zustellnachweises, aus Anlaß des zweiten Zustellversuches am 14. August 1984 sei eine Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt worden und die betreffende Postsendung sei von diesem Tage an beim Postamt 4063 zur Abholung bereitgelegen, unrichtig sei. Die durch nichts belegte, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe bei der unmittelbar vor seinem Urlaubsantritt am 15. August 1984 durchgeführten Entleerung des Briefkastens keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden, ist nicht als Anbot eines Gegenbeweises im Sinne des § 292 Abs. 2 ZPO anzusehen. Deswegen, weil der Beschwerdeführer kein durch konkrete Beweisangebote gestutztes Vorbringen erstattet hat, konnte die belangte Behörde die erwähnte Behauptung als reine Schutzbehauptung abtun, ohne diesbezüglich weitere Erhebungen zu pflegen.

Der Beschwerde ist es nicht gelungen, eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid darzutun. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, 26. September 1985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1985:1985020175.X00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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