TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 L524 1400556-2

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Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §69 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L524 1400556-2/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Georg BÜRSTMAYR, Hahngasse 25/5, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2016, Zl. 137522401/151177895, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbots, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und das Aufenthaltsverbot gemäß § 69 Abs. 2 FPG aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 28.02.2007, Zl. XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid des UVS XXXX vom 24.10.2007, Zl. XXXX , keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

2. Am 02.05.2013 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots und begründete dies damit, dass sämtliche von ihm begangenen Straftaten auf einer schweren psychischen Erkrankung (paranoide Schizophrenie) in Verbindung mit einem krankheitsbedingten Alkoholabusus basierten. Seit 2008 sei er in fachärztlicher Behandlung, seit zwei Jahren alkoholabstinent und medikamentös richtig eingestellt. Seine Anwesenheit im Bundesgebiet stelle daher keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Bei der Mehrzahl seiner Straftaten habe es sich um unkontrollierte Aggressionsausbrüche gehandelt, die sich gegen seine Ehefrau gerichtet hätten. Leider sei in keinem Strafverfahren seine Krankheit berücksichtigt worden. Erst als ihm im März 2011 seine Frau mit der endgültigen Trennung gedroht habe, habe er sich freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben. Er habe einen Alkoholentzug gemacht und sei seither abstinent. Der Beschwerdeführer lebe seit 1974 in Österreich, sei verheiratet und habe zwei erwachsenen Kinder. Alle seine Familienangehörigen seien österreichische Staatsbürger. Das Aufenthaltsverbot stelle einen massiven Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar, da weder er noch seine Familie in der Türkei Ansprüche, vor allem keine Krankenversicherung, und keine Wohnmöglichkeit hätten. Seine gesundheitliche Stabilität beruhe auf der medizinischen Betreuung und der Unterstützung seiner Familie.

3. In einer Stellungnahme vom 25.08.2015 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtsfreundlichen Vertreter vor, dass seit der Verhängung des Aufenthaltsverbots rund sieben Jahre vergangen seien. In den letzten fünf dieser sieben Jahre hätten sich die wesentlichen Umstände maßgeblich geändert. Der Beschwerdeführer sei "trocken", seine über Jahre geführte Therapie sei erfolgreich, er sei wieder sozial integriert und lebe bei seiner Ehefrau. Es sei zwar richtig, dass der Beschwerdeführer trotz des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverborts im Bundesgebiet verblieben sei, doch habe der Beschwerdeführer in Österreich die Therapie seiner Erkrankung begonnen und keinerlei Kontakte mehr in der Türkei, an die er anknüpfen könnte, da seine gesamte Familie in Österreich sei. Der Stellungnahme beigelegt wurde ein Schreiben eines Freundes des Beschwerdeführers, der ausführt, dass der Beschwerdeführer kein aggressives Verhalten zeige und allen rechtlichen Verpflichtungen nachkomme. Weiters wurde ein fachärztlicher Befundbericht vom 25.08.2015 beigelegt, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer seit Mai 2011 bzgl. Alkohols abstinent ist und es auch zu keinen Aggressionsdurchbrüchen gekommen sei.

4. Mit Schreiben vom 28.09.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. In seiner dazu erstatteten Stellungnahme vom 14.10.2015 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er der Ausreiseverpflichtung nicht habe nachkommen können, da er außerhalb Österreichs weder Wohnung, Einkommen, Familie noch eine erforderliche Therapie habe. Laut arbeitsmedizinischem Gutachten aus dem Jahr 2008 sei er auch arbeitsunfähig. Er habe keine Beschäftigung und sei auf den Unterhalt seiner Frau, die österreichische Staatsbürgerin sei, angewiesen. Er lebe seit 1974 in Österreich und sei seither über weite Strecken auch sozialversichert gewesen. Zwischen 1977 und 1980 habe er den Militärdienst in der Türkei geleistet. Er unterstütze seine Frau im Haushalt und besuche seine Eltern regelmäßig in deren Wohnung in XXXX . Seine letzte Verurteilung sei am 14.01.2010 gewesen. Seit Mai 2011 sei er abstinent und habe während der letzten vier Jahre weder Aggressionsdurchbrüche noch strafbare Handlungen begangen.

5. Mit Bescheid des BFA vom 21.10.2016, Zl. 137522401/151177895, wurde der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen. Gemäß § 78 AVG wurde dem Beschwerdeführer die Entrichtung einer Verwaltungsabgabe in Höhe von ? 6,50 innerhalb von zwei Wochen vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer stets geweigert habe, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und das österreichische Bundesgebiet nie verlassen habe. Er habe somit vehement gegen die öffentliche Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen verstoßen. Eine Grundvoraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots sei neben der Tilgung der strafrechtlichen Verurteilung die fristgerechte Ausreise des Fremden, welche er nachzuweisen habe. Die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände hätten sich nicht in entscheidungsrelevanter Weise geändert.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sei 1974 in Österreich lebe. Von 1992 bis 2010 sei es zu einer Reihe von strafrechtlichen Verurteilungen gekommen. Nach Erlassung des Aufenthaltsverbots sei er deshalb in Österreich geblieben, da er eine Therapie absolviert und in der Türkei keine Kontakte habe. Er habe auch seinen Alkoholismus überwunden. Es sei unklar, weshalb die belangte Behörde festgestellt habe, dass sich der Beschwerdeführer stets geweigert habe seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Schließlich habe der Beschwerdeführer keinen gültigen Reisepass besessen. Die belangte Behörde scheine damit dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass er nicht versucht habe, illegal in die Türkei zu gelangen. Die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbots seien oberflächlich gesehen die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers gewesen. Der eigentliche Grund für das Vorliegen der Verurteilungen bzw. die gesetzten Straftaten sei jedoch die langjährige Erkrankung, nämlich der Alkoholismus des Beschwerdeführers, gewesen. Diese habe der Beschwerdeführer nun überwunden, womit sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt habe.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.03.2018, L524 1400556-2/16E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

8. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2018, Ra 2018/21/0156, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.03.2018 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und reiste erstmals 1974, im Alter von 16 Jahren, nach Österreich. Er hielt sich zunächst auf Grund von erteilten Sichtvermerken für türkische Gastarbeiter in Österreich auf. Ab 10.05.1995 verfügte der Beschwerdeführer erstmals über einen bis 01.01.2000 gültigen Aufenthaltstitel (Aufenthaltszweck: Familiengemeinschaft mit Österreichern). Danach verfügte der Beschwerdeführer über einen unbefristeten Aufenthaltstitel (Aufenthaltszweck: Familiengemeinschaft mit Österreichern).

Der Beschwerdeführer ist seit XXXX 1978 mit XXXX verheiratet, die österreichische Staatsangehörige ist. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Ehefrau eine Tochter (geb. 1977) und einen Sohn (geb. 1981), die beide österreichische Staatsbürger sind.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 22.05.2000, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 1/2 Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 31.05.2006, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 28.02.2007, XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid des UVS XXXX vom 24.10.2007, Zl. XXXX , keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.01.2010, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Seither wurde der Beschwerdeführer nicht mehr straffällig. Der Beschwerdeführer ist seit 1999 in einem Sozialpsychiatrischen Ambulatorium in Behandlung. Der Beschwerdeführer ist seit Mai 2011 alkoholabstinent und es kam seither zu keinen Aggressionsdurchbrüchen.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens vor der belangten Behörde, den vorgelegten fachärztlichen Befundberichten, einem Strafregisterauszug und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Gemäß § 125 Abs. 25 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Das diesem Verfahren zugrunde liegende unbefristete Aufenthaltsverbot wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 28.02.2007, Zl. XXXX , gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid des UVS XXXX vom 24.10.2007, Zl. XXXX , keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Dieses Aufenthaltsverbot ist somit weiterhin gültig und kann gemäß § 69 Abs. 2 FPG aufgehoben werden.

Gemäß § 69 Abs. 2 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach der - auch für die aktuelle Rechtslage geltenden - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides (Erkenntnisses), mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Bei der Entscheidung nach § 69 Abs. 2 FPG kommt es demnach auf Veränderungen der maßgebenden Umstände (zu Gunsten oder zu Lasten des Fremden) - einschließlich der Rechtslage - an. Stellt sich die Situation im Entscheidungszeitpunkt so dar, dass nunmehr in Anbetracht der aktuellen Verhältnisse keine - dem seinerzeitigen Aufenthaltsverbot entsprechende - aufenthaltsbeendende Maßnahme mehr erlassen werden dürfte, liegen also gegenwärtig die Voraussetzungen für die Verhängung einer entsprechenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mehr vor, so wäre einem Aufhebungsantrag nach § 69 Abs. 2 FPG stattzugeben. Erbrächte die aktuelle Beurteilung dagegen das Ergebnis, es hätte auch aus derzeitiger Sicht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu ergehen, müsste das Aufhebungsbegehren abgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund ist also in einem Fall wie dem vorliegenden zu fragen, ob gegen einen von einem "alten" Aufenthaltsverbot betroffenen Drittstaatsangehörigen ungeachtet aller seit Erlassung dieses Aufenthaltsverbotes eingetretenen Veränderungen aktuell eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ergehen dürfte (siehe auch dazu VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0050, Rn. 13 bis 15, mwN).

Fallbezogen käme die (fiktive) Erlassung eines Einreiseverbotes gegen den Revisionswerber nach § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 5 FPG in Betracht. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) ...

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

..."

Die Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (Hinweis auf VwGH 22.01.2013, 2012/18/0185; 22.05.2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (vgl. VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009).

Der Beschwerdeführer wurde seit seiner letzten Tat im September 2009 über einen Zeitraum von nunmehr zehn Jahren nicht mehr straffällig. Der Beschwerdeführer ist in einem Sozialpsychiatrischen Ambulatorium in Behandlung. Er ist seit Mai 2011 alkoholabstinent und es kam nicht mehr zu Aggressionsdurchbrüchen.

Die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots vor allem maßgebliche gravierende Straftat, nämlich der im Mai 2000 begangene schwere Raub, liegt nun schon mehr als 19 Jahre zurück. Schließlich wurde beim letzten Strafurteil vom 14.01.2010 lediglich eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verhängt, wobei der Beschwerdeführer dem entsprechend in der Probezeit (und auch danach) nicht wieder rückfällig wurde.

Unter diesen Umständen käme daher die (fiktive) Erlassung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer nach § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 5 FPG nicht in Betracht.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und das Aufenthaltsverbot aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung konnte gem. § 21 Abs. 7 BFA-Vorstellungsgespräch entfallen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

amtswegige Aufhebung Aufenthaltsverbot Aufenthaltsverbot aufgehoben Einreiseverbot Ersatzentscheidung psychiatrische Erkrankung Rechtsgrundlage Rechtslage Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung VwGH Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L524.1400556.2.00

Im RIS seit

22.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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