TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/17 W199 2120729-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2020
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Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2

Spruch

W 199 2120729-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2019, Zl. GF: 14-1000705905 VZ: 190676715-EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes I gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen wird der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz und § 15b AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 20.1.2014 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Competence Center Eisenstadt) am nächsten Tag gab er an, er sei syrischer Staatsangehöriger, gehöre der ethnischen Gruppe der Kurden an, heiße XXXX und sei am XXXX in Aleppo in Syrien geboren. Seine letzte Wohnsitzadresse im Herkunftsland sei " XXXX " gewesen. Er habe seine Reisebewegung Anfang Jänner 2014 in XXXX im Irak begonnen. Als Fluchtgrund gab er an, das Leben im Irak sei nicht auszuhalten. Sein Vater sei schwer krank, er selbst brauche Geld und wolle in Dänemark bei seinem Bruder als Pizzakoch arbeiten. Politisch werde er nicht verfolgt. "Sonst" habe er keine "weiteren" Fluchtgründe.

Am Beginn der Niederschrift - aber nach deren Inhalt offenbar erst am Ende der Befragung eingefügt - ist vermerkt, dass der Beschwerdeführer während der Einvernahme gegenüber der Dolmetscherin angegeben habe, er habe falsche Angaben gemacht, weil er in Österreich nicht registriert werden wolle. Unter der Überschrift "Richtigstellung" wird sodann (also noch bevor die Angaben des Beschwerdeführers wiedergegeben werden) als sein Name XXXX , als sein Geburtsdatum der XXXX , als sein Geburtsort XXXX im Irak und als sein Wohnort XXXX im Irak genannt. Eine Staatsangehörigkeit ist hier nicht vermerkt.

Anfragen, die das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) am 5.2.2014, am 19.2.2014, am 21.2.2014 und am 18.3.2014 an das Zentrale Melderegister richtete, ergaben, dass für den Beschwerdeführer keine Daten für eine Meldeauskunft vorlagen.

1.1.2. Mit Bescheid vom 18.3.2014, 1000705905 VZ: 1409853, wies das Bundesamt den Asylantrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005), hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt II). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 erließ es gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig sei. Weiters sprach es aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III). Im Kopf des Bescheides wird als Staatsangehörigkeit angegeben: "ungeklärt alias Syrien".

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer unter dem Namen XXXX (Staatsangehörigkeit "ungeklärt alias Syrien") am 18.3.2014 durch Hinterlegung ohne vorherigen Zustellversuch gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt. Er brachte dagegen kein Rechtsmittel ein.

Am 27.5.2014 hielt das Bundesamt fest, dass sich Österreich gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. 2013 Nr. L 180, 31 ff. (in der Folge: Dublin-III-V) verpflichtet habe, den Beschwerdeführer (im Betreff als " XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Irak alias Syrien" bezeichnet), der sich derzeit in Dänemark aufhalte, zu übernehmen. Er werde am 4.6.2014 nach Österreich überstellt werden. Am 4.6.2014 hielt das Stadtpolizeikommando Schwechat fest, dass der Beschwerdeführer am 4.6.2014 angegeben habe, er wolle nicht in Österreich sein, er habe in Dänemark um Asyl angesucht und wolle dorthin zurückkehren. Er stimme zu, dass er im Sondertransit auf dem Flughafen niederschriftlich befragt werde. Der Beschwerdeführer wurde in den Sondertransit überstellt.

1.2.1. Am 4.6.2014 stellte der Beschwerdeführer einen - zweiten - Asylantrag. Bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando Schwechat) auf dem Flughafen Wien-Schwechat am nächsten Tag gab er an, er sei am XXXX in " XXXX (Flüchtlingslager), Irak" geboren, sei iranischer Staatsangehöriger und gehöre der ethnischen Gruppe der Kurden an. Er habe Österreich nach der Entscheidung über seinen (ersten) Asylantrag verlassen, weil sich alle seine Familienangehörigen in Dänemark befänden und er in Österreich keine Verwandten habe. Die dänischen Behörden hätten ihn nach Österreich überstellt. Einen Asylantrag stelle er nun, weil er weder in seine Heimat Iran noch in den Irak zurückkehren könne. Auf die Frage, ob und welche neuen Fluchtgründe er habe, führte der Beschwerdeführer aus, sein Vater sei im Iran politisch tätig und Mitglied der Demokratischen Partei Kurdistan des Iran gewesen. Er habe mit seiner Familie Anfang der achtziger Jahre aus dem Iran fliehen müssen, die Familienangehörigen seien Flüchtlinge im Irak gewesen. Dort sei der Beschwerdeführer im Flüchtlingslager XXXX geboren worden und habe dort bis 2004 oder 2005 gewohnt. Nach dem Sturz Saddam Husseins habe die Familie aus Angst vor Terroristen aus dem Lager flüchten müssen und sich nach Kurdistan-Irak abgesetzt. Dort seien sie vom Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager namens XXXX registriert und untergebracht worden. Der Beschwerdeführer habe als Flüchtling keine Rechte gehabt und auch seine Schulausbildung nicht fortsetzen können. Die Lebensumstände im Lager seien unerträglich und menschenunwürdig gewesen. Im Flüchtlingslager seien der Strom und die Wasserversorgung sehr schlecht. Er sei Anhänger von XXXX ; würde er in den Iran zurückkehren, dann werde er vom iranischen Regime hingerichtet. Im Irak habe er keine Dokumente erhalten und von den dortigen kurdischen Behörden keine Unterstützung zum Leben bekommen.

Die Frage, seit wann ihm die Änderungen der Situation bzw. seiner Fluchtgründe bekannt seien, beantwortete der Beschwerdeführer damit, die Fluchtgründe seien immer noch dieselben.

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle Ost in Traiskirchen) am 9.7.2014 legte der Beschwerdeführer Kopien der Bescheinigungen des Flüchtlingshochkommissärs zu seiner und seiner Familie Registrierung als iranische Flüchtlinge im Irak vor. Der Beschwerdeführer gab - wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.5.2018, L506 2120729-1/35E (in der Folge: Erkenntnis vom 30.5.2018), wiedergegeben wird - zu seinem ersten Asylantrag in Österreich an [BF = Beschwerdeführer],

"er habe keinen diesbezüglichen Antrag stellen wollen, doch sei er dazu gezwungen worden. Auch habe er keine Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht, da er in eine Zelle gesperrt worden sei und man ihm gesagt habe, er werde eingesperrt werden, wenn er keine Angaben mache. Auch habe er den arabisch und den kurdisch-kurmanci Dolmetscher nicht verstanden. Bereits nach einer Nacht sei er nach Dänemark weitergereist. Auch habe er sich mit dem ?Dublin Gesetz' nicht ausgekannt.

Gefragt, warum der den Irak verlassen habe, führte der BF aus, er wisse nicht, zu welchem Staat er gehöre und habe er sein ganzes Leben in einem Flüchtlingslager im Irak verbracht. Die dortigen Umstände seien schlecht gewesen und habe er für den Unterhalt der Familie sorgen müssen, da sein Vater nicht mehr arbeiten habe können. Sein Vater sei Mitglied der Kurdischen Demokratischen Partei des Iran und er selbst sei Anhänger der XXXX . Sie hätten auch keine Unterstützung im Irak durch UNHCR bekommen. Er habe in verschiedenen Flüchtlingslagern gewohnt, bis er im Jahr 2013, genauer könne er es zeitlich nicht einordnen, den Irak verlassen habe. Die schlechten Umstände aufgrund derer er den Irak verlassen habe, hätten sich im Flüchtlingslager weiter verschlechtert; es gebe kein Benzin und keinen Strom."

Bei seiner weiteren Einvernahme vor dem Bundesamt (Regionaldirektion Niederösterreich in Traiskirchen) am 30.4.2015 gab der Beschwerdeführer - wie es im Erkenntnis vom 30.5.2018 wiedergegeben wird - an [BF = Beschwerdeführer],

"dass er iranischer Staatsbürger, jedoch noch nie im Iran gewesen sei und habe er nie einen Reisepass besessen. Außer der Bescheinigung der UNHCR Registrierung habe er keine weiteren Dokumente. Der BF erklärte, er habe im ersten Verfahren falsche Identitätsdaten angegeben, da er in Dänemark um Asyl ansuchen habe wollen. Er habe neune Jahre die Schule besucht und habe als Satellitentechniker gearbeitet. Der BF führte über Befragen, ob er einer politischen Partei angehöre, an, er sei Anhänger der XXXX Partei. Er habe der Partei geholfen, sei zu Versammlungen gegangen und habe die Parteizeitung im Flüchtlingslager verteilt.

Zu seinen Ausreisegründen erklärte der BF, er sei XXXX Jahre alt und habe bislang keine Dokumente erhalten. Er habe im Irak keine Rechte und bekomme von den dortigen Behörden auch keine Dokumente. Auch sei er von den Behörden immer diskriminiert worden. Er wolle in Europa Schutz und Hilfe und hier eine Ausbildung absolvieren.

Zu Diskriminierungen befragt, gab der BF an, er sei nach dem Schulabbruch nirgends aufgenommen worden, da ein Staatsbürgerschaftsnachweis dafür verlangt werde. Auch sei er an Kontrollstützpunkten immer wieder streng kontrolliert worden, da er nur im Besitz der vorgelegten Bescheinigung gewesen sei und sei diese nicht als Identitätsnachweis anerkannt worden.

Wegen seiner Betätigungen für die Partei habe er keine Probleme gehabt, da er kein Mitglied gewesen sei. Seine Familie habe wegen Armut und Hunger den Iran verlassen und sei danach sein Vater im Irak politisch tätig geworden. Nachgefragt, ob er alle Gründe für die Antragstellung genannt habe, bejahte dies der BF und erklärte, er habe alles angeführt; befragt zum Falle seiner Rückkehr in den Iran gab der BF an, sein Vater sei bei der Demokratischen Partei Kurdistan des Iran und würde er im Rückkehrfall in den Iran verhaftet werden, bis sich dieser den Behörden stelle."

Bei seiner weiteren Einvernahme vor dem Bundesamt (Regionaldirektion Niederösterreich) am 10.12.2015 wurde der Beschwerdeführer gefragt, was genau er für die XXXX -Partei gemacht und welche Tätigkeiten er für sie verrichtet habe. Er gab an, er sei Anhänger der XXXX gewesen; wenn die Partei etwas von ihm gebraucht habe, sei er für sie da gewesen. Auf die Aufforderung, konkreter zu antworten, erläuterte der Beschwerdeführer, er sei beruflich als Satellitenempfangtechniker tätig gewesen und habe der XXXX geholfen, wenn sie Veranstaltungen durchgeführt habe. Er habe dort alles gemacht, was zu tun gewesen sei. Auf die neuerliche Aufforderung, Tätigkeiten für die Partei zu nennen, gab der Beschwerdeführer an, er habe oft Satellitenanlagen repariert, an Treffen der Partei teilgenommen sowie für die Veranstaltungen Tische organisiert und sie aufgestellt. Von Zeit zu Zeit habe er die Parteizeitung erhalten und mit einem Parteimitglied namens XXXX nach XXXX gebracht. Sie hätten jedes Mal einen Stoß an solchen Zeitungen bekommen. In XXXX habe XXXX diese Zeitungen verteilt. Er habe den Beschwerdeführer gebeten, mit ihm hinzufahren. Auf die Frage nach dem Grund dafür gab der Beschwerdeführer an, XXXX habe gewusst, dass er selbst ein Anhänger der XXXX sei und dass es ihn freue, etwas für diese Partei zu tun. Daher habe er den Beschwerdeführer darum gebeten. XXXX sei immer mit dem Auto vom Flüchtlingslager XXXX nach XXXX und wieder zurückgefahren. Dort sei eine Parteizentrale der XXXX gewesen und dort habe er die Zeitungen erhalten. Er habe den Beschwerdeführer immer wieder gefragt, ob er mitfahre, damit er selbst nicht alleine fahren müsse. Auf den Vorhalt, er habe das Flüchtlingslager in der letzten Einvernahme " XXXX " genannt, gab der Beschwerdeführer an, so heiße es offiziell, allgemein sage man aber wegen des naheliegenden Dorfes oftmals auch XXXX dazu. XXXX habe diese Zeitungen dann selbst verteilt, der Beschwerdeführer aber nicht. Er habe selbst ab und zu in der Zeitung gelesen, aber eher nur wenig. Sie habe über die Lage in Kurdistan und über die Arbeiter im Iran berichtet. In XXXX habe der Beschwerdeführer die Zeitung ab und zu durchgeblättert.

Auf die Frage, warum er selbst nicht Mitglied der Partei geworden sei, da er doch "so ein großer Anhänger dieser Partei" gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, er habe damals selbst nicht Mitglied werden wollen. Auf die Frage nach den Zielen der Partei gab er an, sie kämpfe gegen das iranische Regime. Er sei kein Mitglied, sodass er das Programm der Partei kennen würde, sondern sei nur ein Anhänger gewesen und habe an Treffen teilgenommen. Er wisse aber, dass diese Partei "die Befreiung Kurdistan des Iran" zum Ziel habe. Der Sitz der Parteispitze sei in XXXX gewesen. Auf die Frage nach der Funktion seines Vaters in dieser Partei gab der Beschwerdeführer an, jener sei nicht Mitglied der XXXX -Partei gewesen, sondern der KDP des Iran. Auf die Frage, ob er noch immer Mitglied dieser Organisation sei, gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei derzeit krank und könne nicht aktiv an den Aktivitäten der Partei teilnehmen. Er sei ihm Flüchtlingslager XXXX gewesen. Andere Familienmitglieder gehörten nicht irgendeiner politischen Partei an.

1.2.2. Mit Bescheid vom 15.1.2016, 1000705905 - 14683698/BMI-BFA_NOE_RD, wies das Bundesamt den Asylantrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (Spruchpunkt II). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ es gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass seine Abschiebung "nach Iran" gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters sprach es aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV). Begründend führte es - wie es im Erkenntnis vom 30.5.2018 wiedergegeben wird - aus [BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt],

"dass die Identität des BF nicht feststehe, dieser iranischer Staatsangehöriger sei, der kurdischen Volksgruppe angehöre, Sunnit sei und sein Leben als registrierter Flüchtling im Irak verbracht habe. Der BF habe sein Leben in verschiedenen kurdischen Flüchtlingslagern im Irak verbracht. Er sei Sympathisant der XXXX -Partei, habe diesbezüglich keine Probleme gehabt und habe er keine exilpolitischen Aktivitäten gesetzt. Politische Verfolgung habe weder im Iran noch im Irak festgestellt werden können.

Beweiswürdigend wurde seitens des BFA ausgeführt, dass die Identität des BF nicht feststehe.

Die geltend gemachten Ausreisegründe hätten sich lediglich auf den Irak bezogen und handle es sich beim Irak nicht um den Herkunftsstaat des BF. Als entscheidungsrelevanter Faktor sei der Iran zu werten und habe der BF mit iranischen Behörden bislang keine Probleme gehabt.

Die Ausreisegründe der Eltern in den 1980er Jahren seien Armut und Hunger aufgrund des damals herrschenden Krieges gewesen und habe sich seitdem viel verändert.

Hinsichtlich der XXXX Partei sei der BF nicht Mitglied, sondern nur Sympathisant und habe er keine Führungsrolle inne, sondern habe ab und zu mitgeholfen, die Parteizeitung zu transportieren, wobei auch keine Kontrollen stattgefunden hätten. Es sei davon auszugehen, dass keine allzugroße Nähe zu dieser Partei bestehe und habe der BF selbst angegeben, bislang keinerlei Probleme gehabt zu haben. Die Fühler des iranischen Geheimdienstes seien weitläufig und wäre dieser bereits tätig geworden, wenn er eine potentielle Gefährdung im BF oder seiner Familie gesehen hätte, jedoch habe der BF keine derartigen Vorfälle erwähnt.

Auch aus der Mitgliedschaft des Vaters des BF zur PDK könne keine Gefährdungslage für den BF erkannt werden, da der BF selbst keine Nähe oder Sympathie zu dieser Partei erwähnt habe und der Vater ?krankheitsbedingt' für diese nicht mehr aktiv sei; auch sei die Mitgliedschaft des Vaters zur Partei zweifelhaft und habe der BF diese nie als Anlassfall für das Fluchtvorbringen genannt. Dass der BF bereit sei, nicht immer die Wahrheit anzugeben, sei auch aus dem Umstand ersichtlich, dass dieser in seinem ersten Verfahren falsche Angaben zu seiner Person getätigt habe, weshalb auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei dem nunmehrigen Vorbringen des BF um ein Konstrukt handle.

Ferner seien staatliche Repressionen gegenüber der kurdischen Ethnie nicht zwangsläufige Bestandteile der allgemeinen Gepflogenheiten im Iran. Der iranische Staat gehe jedoch gegen kurdische Aktivisten wie die XXXX -Partei vor, doch bestehe im Falle des BF weder eine Mitgliedschaft noch sonst Gründe, um diesen als Aktivisten mit dieser Organisation in Zusammenhang zu bringen.

Aus dem Vorbringen des BF haben sich keinerlei Anhaltspunkt dafür ergeben, dass eine konkret gegen den BF gerichtete asylrelevante Verfolgung im Iran zu befürchten sei; es sei davon auszugehen, dass der BF den Irak aufgrund der dort erlebten Einschränkungen als Flüchtling verlassen habe, um sich so ein sozial besser gestelltes Leben in Europa zu ermöglichen.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

Zu Spruchpunkt III. hielt das BFA fest, dass die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20.1.2016 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 2.2.2016 eine Beschwerde ein, deren Inhalt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 30.5.2018 wie folgt wiedergibt [BF = Beschwerdeführer]:

"Der Beschwerdeführer führte aus, dass die Behörde ohne nähere Erläuterung davon ausgehe, dass der BF iranischer Staatsbürger sei, jedoch hätte diese dazu Ermittlungen durchführen müssen. Er besitze derzeit weder die iranische noch die irakische Staatsbürgerschaft und sei daher wie ein Staatenloser zu behandeln.

Das iranische Regime greife gegen Anhänger der XXXX hart durch und sei der BF Sympathisant und habe Hilfstätigkeiten für die Partei verrichtet und sei der iranische Geheimdienst weit verzweigt und über die Tätigkeiten des BF informiert; er sei bislang im Irak nicht belangt worden, da aus politischen Gründen im Irak bloß die ?großen Fische' festgenommen werden würden.

Auch die Tatsache, dass der Vater des BF aktives Mitglied der PDK gewesen sei, bringe den BF im Iran in große Gefahr und würden auch Familienmitglieder von Verdächtigen belangt werden, wozu auf einen englischsprachigen Bericht, DIS/DRC, 30 September 2013 verwiesen wurde.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Beschiedes wurde ausgeführt, dass der BF über kein soziales Netzwerk im Iran verfüge und noch nie iranischen Boden betreten hätte; ferner sei er Angehöriger der kurdischen Minderheit und als solcher starken Diskriminierungen im Iran ausgesetzt und könne er sich im Iran unter diesen Umständen keine Existenz aufbauen."

Den Inhalt einer Beschwerdeergänzung vom 15.4.2016 gibt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 30.5.2018 dahin wieder, dass darin [BF = Beschwerdeführer] "die Angaben des BF detalliert und auf diverse diesbezügliche Quellen verwiesen wurde", und fährt in der Wiedergabe fort [BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt]:

"Seine Eltern seien vom Iran in den Irak geflüchtet, da der Vater des BF politisch tätig gewesen und aufgrund dessen verfolgt worden sei.

Es könne nicht nachvollzogen werden, wie das BFA zur Ansicht gelange, dass der BF iranischer Staatsangehöriger sei und habe er zu keiner Zeit einen iranischen Staatsbürgerschaftsnachweis besessen. Auch habe der BF niemals behauptet, iranischer Staatsbürger zu sein und handle es sich um einen Fehler im Einvernahmeprotokoll und habe er lediglich angegeben, dass sein Vater iranischer Staatsbürger sei. Auch sei der BF Sunnite und würden solche im Iran diskriminiert werden.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe drohe dem BF im Falle seiner Abschiebung in den Iran asylrelevante Bedrohung, da Kurden im Iran im Alltag diskriminiert werden würden; auch habe der BF aufgrund der Tatsache, dass er Sympathisant der XXXX Partei sei, asylrelevante Verfolgung zu befürchten."

1.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 30.5.2018 gemäß "§ 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § und 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet" ab, "dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: ?Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.'"

In diesem Erkenntnis traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen [BF = Beschwerdeführer]:

"Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger, moslemischen Glaubens (Sunnit) und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Die Eltern des Beschwerdeführers haben nach der iranischen Revolution im Jahr 1979 den Iran verlassen und leben im Irak als Flüchtlinge; dass diese den Iran aus indivi[d]uellen politischen Gründen verlassen haben, kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer, welcher im Irak aufgewachsen ist und dort auch fallweise gearbeitet hat, wurde durch UNHCR prima facie, d.h. ohne Durchführung einer umfassenden Einzelfallprüfung der Asyleinschluss- und Ausschlussgründe im Irak als Flüchtling registriert und liegen UNHCR keine Informationen zu den individuellen Fluchtgründen des Beschwerdeführers vor.

Der Beschwerdeführer verfügt über zwei Onkel und zwei Tanten im Iran und steht die Familie des Beschwerdeführers zu diesen Verwandten in Kontakt. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Dänemark. [...]

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer hat den Staat seines bisherigen Aufenthaltes, den Irak, aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten und benachteiligten Lage der Flüchtlinge verlassen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer oder seine Familie in seinem Herkunftsstaat Iran asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war oder pro futuro asylrelevanter Verfolgung im Iran ausgesetzt sein wird.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig; er leidet an einer Anpassungsstörung sowie an einer depressiven Störung und befindet sich in psychotherapeutischer Behnadlung.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstige nahe Bezugspersonen. Der Beschwerdeführer lebt von der staatlichen Grundversorgung, hat einen Deutschkurs besucht und die A1-Prüfung abgelegt.

Im Strafregisterauszug scheinen keine Verurteilungen des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

Weitere maßgebliche Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz', noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran festzustellen ist."

Danach traf das Bundesverwaltungsgericht Feststellungen zur Situation im Iran und führte sodann beweiswürdigend aus [BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt; BVwG = Bundesverwaltungsgericht]:

"Die Feststellungen zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit und Herkunft bzw. zum bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner beruflichen Tätigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben, an denen auf Grund seiner Sprachkenntnisse, der örtlichen Kenntnisse und Gegebenheiten auch nicht zu zweifeln war. Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit resultiert aus dem aktuellen in das Verfahren integrierte Länderinformationsblatt Iran, aus Art. 976 Ziffer 2 des iranischen Civil Code, dem Länderinformationsblatt ?Iran' der International Organzation für Migration (IOM) aus dem Jahr 2016 und der Auskunft der Staatendokumentation des BFA vom 11.12.2017, welche auch in der Anfragebeantwortung des UNHCR vom 04.05.2018 an das BVwG Bestätigung findet.

Die Feststellung bezüglich des bisherigen Lebens des BF im Irak resultiert aus den diebezüglich glaubwürdigen Angaben des BF in Verbindung mit der von ihm im behördlichen Verfahren vorgelegten UNHCR-Registrierung in Kopie mit der Gültigkeitsdauer 01.12.2004-31.12.2005, 23.05.2010-23.05.2011, 16.06.2013-16.06.2014 (AS 49-55, AS 147) sowie aus der Übersetzung des seitens des BF in Original vorgelegten Gesundheitsbuches und der Anfragebeantwortung des UNHCR vom 04.05.2018.

Die Feststellungen hinsichtlich der prima facie Registrierung des BF im Irak als Flüchtling resultiert aus einer Anfragebeantwortung des UNHCR vom 04.05.2018, hg. eingelangt am 07.05.2018 und ist der BF in seiner Stellungnahme dieser nicht substantiiert entgegengetreten, wenn er dazu anmerkt, dass es nicht sein könne, dass zuletzt am 7.8.2016 seine Registrierung verifiziert worden sei, da er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Österreich befand. [...]

Die Feststellungen zu den familiären und zu den privaten Verhältnissen des BF im Irak, zu seinen Verwandten im Iran und in Dänemark sowie zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und zu dessen Bindungen zu Österreich gründen sich auf die in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren sowie aus den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen (Kurzbrief einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie hinsichtlich einer Befunderhebung am 12.10.2017, vorgelegt in der hg. mündlichen Verhandlung sowie hinsichtlich einer Befunderhebung am 23.3.2018, vorgelegt in der Stellungnahme vom 06.04.2018).

Die Feststellungen zum Besuch eines Deutschkurses sowie zur Ablegung der A1-Prüfung ergeben sich aus den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (Kursbesuchsbestätigung vom 16.10.2017, Gymnasium XXXX , A1 Zertifikat vom 05.03.2018).

Die festgestellte Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem hg. erstellten aktuellen Strafregisterauszug. [...]

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für das Verlassen des Staates seines bisherigen Aufenthaltes, Irak, und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat, Iran, beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in den Erstbefragungen, in den Einvernahmen vor dem BFA, auf den Ausführungen in der Beschwerde sowie auf dessen Angaben in der hg. mündlichen Beschwerdeverhandlung.

[...] Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen aus dem Irak, welche sich in seiner dortigen benachteiligten Situation in einem Flüchtlingscamp erschöpfen, sind als nachvollziehbar und glaubwürdig zu qualifizieren.

Die Ausführungen des BF, wonach er im Falle einer Einreise in den Iran einer asylrelevanten Gefährdung aufgrund seiner Tätigkeit für eine kurdische Partei im Irak ausgesetzt sei, sind als unglaubwürdig zu qualifizieren. [...]

Der Beschwerdeführer hat erklärt, den Irak aufgrund der dortigen schlechten allgemeinen Lage der Flüchtlinge in den Camps verlassen zu haben. [...]

Im gegenständlichen Verfahren hat sich nicht ergeben, dass der BF, wie dieser unter anderem behauptete, staatenlos ist, weshalb [...] auch nicht der Irak als bisheriger gewöhnlicher Aufenthaltsstaat im Hinblick auf eine asylrelevante Gefährdung zu prüfen ist.

Aus den hg. Ermittlungen resultiert klar, dass der BF die iranische Staatsangehörigkeit besitzt, weshalb das Vorbringen des BF hinsichtlich seiner politischen Tätigkeit im Irak hinsichtlich einer zu erstellenden Gefährdungsprognose für den Herkunftsstaat Iran zu prüfen ist.

[...] Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich des Iran angegeben, dort aufgrund seiner politischen Tätigkeit im Irak verfolgt sowie als Sunnit und Kurde diskriminiert zu werden.

[...] Die Angaben des BF sind jedoch in zentralen Punkten mit Ungereimtheiten und Widersprüchen behaftet.

Schon im Hinblick auf die Angaben des BF zu seiner Staatsangehörigkeit traten im Zuge der beiden Asylverfahren erhebliche nachfolgend aufzuzeigende Divergenzen auf.

Im nunmehrigen zweiten Asylverfahren gab der BF in der Erstbefragung hinsichtlich seiner Staatsangehörigkeit ?Iran' an (AS 7), auch in der behördlichen Einvernahme erklärte der BF dezidiert, ?Mein Vater stammt aus dem Iran, ich war aber selbst noch nie im Iran. Ich bin also iranischer Abstammung und daher auch iranischer Staatsbürger' (AS 121), wohingegen er im Beschwerdeverfahren und auch in der hg. Verhandlung dem widersprechend ausführte, staatenlos zu sein.

In der hg. Verhandlung zur angegebenen iranischen Staatsbürgerschaft im behördlichen Verfahren befragt, führte der BF aus, die Beamten hätten dies behauptet, doch sei er tatsächlich in einem Flüchtlingslager im Irak geboren worden.

Dem wiederum widersprechend führte der BF jedoch auch in der hg. Verhandlung eingangs aus, im Iran geboren worden zu sein und dort auch gewohnt zu haben (?Für die Beamten war es nicht akzeptabel, dass ich keine Staatsbürgerschaft habe und wurde ich gefragt, wo ich geboren bin und gewohnt habe. Da ich im Iran geboren bin und dort auch gewohnt habe, haben die Beamten zu meiner Staatsbürgerschaft ?Iran' vermerkt.').

Wenn in der Stellungnahme der Vertreterin des BF vom 03.11.2017 dazu erklärt wird, es handle sich um ein Missverständnis und habe der BF ein Geburtenbuch aus dem Irak vorgelegt, so ist dem zu entgegnen, dass die betreffende Angabe des BF in der hg. Verhandlung deutlich war, wonach er im Iran geboren sei und dort gelebt habe (S. 4 Verhandlungsschrift), woran er auch nach enstprechender Rückübersetzung nichts änderte, sodass nicht von einem ein Missverständnis seitens des BF ausgegangen werden kann. Wenn in der obzitierten Stellungnahme von einem Geburtenbuch aus dem Irak die Rede ist, so ist damit wohl das im behördlichen Verfahren vorgelegte Gesundheitsbuch des BF aus dem Irak gemeint, aus dem jedoch der Geburtsort [...] nicht leserlich hervorgeht.

Die Ausführungen des BF zu seiner Staatsangehörigkeit sind sohin in einer Gesamtschau der betreffenden Angaben des BF in den beiden Asylverfahren, im Zuge derer mehrere verschiedene Staatsangehörigkeiten seitens des BF behauptet bzw. protokolliert wurden (Syrien, Irak, Iran, staatenlos), stark divergierend.

Aufgrund der länderkundlichen Feststellungen der Staatendokumentation des BFA, der Einsichtnahme in Art. 976 Z 2 des iranischen Civil Code und der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 11.12.2017 und des UNHCR vom 04.05.2018 im konkreten Fall war jedoch festzustellen, dass der BF iranischer Staatsürger ist und kann der BF der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 11.12.2017 zufolge bei einem iranischen Konsulat, der Civil Status Registration Organization oder gegebenenfalls über ein Gericht eine entsprechende Identitätskarte erlangen bzw. musste der Vater des BF verpflichtend über ein solches Dokument über ein iranisches Konsulat oder direkt über die Civil Status Registration Organization ansuchen bzw. kann sich der BF lt. dem Länderinformationsblatt Iran 2016 der IOM bei der Polizei +10 melden, sollte er tatsächlich über keine gültigen iranischen Dokumente verfügen.

Aufgrund der obzitierten Angabe des BF im behördlichen Verfahren (AS 121), womit er dezidiert erklärte, iranischer Staatsangehöriger zu sein, ist davon auszugehen, dass der BF auch selbst davon ausgeht bzw. dass dieser in Kenntnis darüber ist, iranischer Staatsbürger zu sein und sind die Angaben des BF hinsichtlich seiner syrischen Staatsangehörigkeit bzw. die behauptete Staatenlosigkeit als Schutzbehauptungen zu qualifizieren.

Die divergierenden Angaben des BF machen vielmehr evident, dass dieser nicht davor Abstand nimmt, nicht den Tatsachen entsprechende Angaben zu treffen, wenn er sich daraus Vorteile erwartet, was auch die im folgenden aufzuzeigende Vorgehensweise des BF anlässlich seines ersten Asylverfahrens in Österreich veranschaulicht.

Auch den Angaben des BF zu seiner politischen Tätigkeit im Irak und vor allem seiner diesbezüglichen Befürchtungen hinsichtlich einer Einreise in den Iran ist aus nachfolgenden beweiswürdigenden Überlegungen die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Die Vorgehensweise des BF anlässlich seines ersten Asylverfahrens in Österreich entspricht nach Ansicht der erkennenden Richterin nicht dem Verhalten einer Person, welche tatsächlich Schutz vor Verfolgung sucht.

So gab der BF anlässlich seines ersten Behördenkontaktes in Österreich, seinen eigenen Angaben zufolge, einen falschen Namen, ein falsches Geburtsdatum und eine falsche Staatsangehörigkeit - er erklärte vorerst, syrischer Staatsbürger zu sein und aus Aleppo zu stammen - an (AS 17).

Der BF erklärte dazu in der hg. Verhandlung, es sei ihm von anderen Asylwerbern geraten worden, falsche Angaben zu machen, wenn er nach Dänemark reisen wolle.

Diese Angaben revidierte der BF zwar noch von sich aus in derselben Erstbefragung, und erklärte zum Verlassen des Irak, dass er Geld brauche und er in Dänemark bei seinem Bruder als Pizzakoch arbeiten wolle (AS 25); der BF erklärte dezidiert, politisch nicht verfolgt zu werden. Er habe falsche Angaben hinsichtlich seiner persönlichen Daten gemacht, da er in Österreich nicht registriert werden wolle (AS 17). In weiterer Folge verließ der BF Österreich und reiste nach Dänemark, und wurde aufgrund der Dublin III-VO nach Österreich rücküberstellt.

Aus den Unterlagen der dänischen Behörden geht hervor, dass dort der BF unter einem anderen Namen ( XXXX ) als im gegenständlichen Verfahren und unter der Staatsangehörigkeit ?Iran' registriert war (AS 25). Anlässlich seiner Befragung nach seiner Rücküberstellung aus Dänemark im Sondertransitraum des Flughafens Schwechat am 04.06.2014 erklärte der BF dezidiert, nicht in Österreich sein, sondern wieder nach Dänemark zu wollen.

In der hg. Verhandlung wurde der BF gefragt, warum er nicht in einem sicheren Staat wie Österreich registriert werden wollte, wo er doch im späteren Verfahren erklärte, Gründe für eine Antragstellung auf internationalen Schutz zu haben, und gab er dazu an, Verwandte in Dänemark und Schweden zu haben und habe er auch in Österreich keine Fingerabdrücke abgeben wollen.

Bereits die Angabe verschiedener Identitäten und Staatsangehörigkeiten und die Verletzung der Mitwirkungspflicht im Verfahren, indem der BF nach der Asylantragstellung in Österreich nach Dänemerk reiste, sind dazu geeigent, die Glaubwürdigkeit der Angaben des BF im weiteren Verfahren erheblich in Zweifel zu ziehen [...]

Ferner ist darauf zu verweisen, dass hinsichtlich der angegebenen politischen Tätigkeit des Vaters des BF Divergenzen im Vorbringen des BF auftraten.

So erklärte der BF in der Erstbefragung des behördlichen Verfahrens (AS 11), dass sein Vater im Iran politisch tätig und Mitglied der DPKI gewesen sei und habe dieser Anfang der Achzigerjahre fliehen müssen. Auch in der Beschwerdeergänzung erklärte der BF, dass die Familie wegen der politischen Tätigkeit seines Vaters den Iran habe verlassen müssen. Dem widersprechend führte der BF in der behördlichen Einvernahme auf die Frage, warum seine Familie den Iran verlassen habe, jedoch aus, dass seine Familie wegen Armut und Hunger den Iran verlassen habe und sei sein Vater erst danach im Irak politisch tätig gewesen (AS 133).

In der hg. Verhandlung gab der BF dazu an, die Leute, die in den Achzigerjahren geflüchtet seien - es handle sich dabei um rd. 12.000 Familien -, seien als politisch aktiv abgestempelt worden; sein Vater sei im Iran nicht politisch aktiv gewesen, es sei ihm jedoch unterstellt worden.

Der BF wurde in der hg. Verhandlung auch mehrmals zu konkreten Problemen seiner Familie mit dem iranischen Regime befragt und antwortete darauf lediglich ausweichend.

Illustrativ sei dazu auf folgende Angaben des BF in der hg. Verhandlung verwiesen: VR: Gab es konkrete Probleme Ihrer Familie? BF: Sie haben ein politisches Problem gehabt.

VR: Welches Problem konkret? BF: Sie waren in Verbindung mit der kurdischen Partei, deswegen wurden sie vom Iran unter Druck gesetzt. Die wirtschaftliche Lage war äußerst schlecht.

VR: Sie haben heute angegeben, Ihre Familie hat die politische Aktivität erst im Lager im Irak aufgenommen?

BF: Diese Verbindung im Iran war damals nicht so eng mit der Partei. Es war eine übliche Sache für alle Grenzbewohner. Es war auch ein Teil des Problems. Vor allem aber hat sie die Armut und die Unterdrückung durch die iransiche Regierung zum Verlassen des Landes veranlasst.

VR: Warum wurden Sie von der iranischen Regierung unterdrückt? BF: Es betraf alle in der Grenzregion, nicht nur meine Familie. 12.000 Familien wurden damals vertrieben.

VR: Was war der Grund für die Vertreibung?

BF: Diese Situation ist an der Grenze Iran/Irak stärker, das ist schon ewig so.

VR: Hat Ihre Familie konkrete Probleme mit den iranischen Behörden? BF: Sie waren nicht bewaffnet, aber es reichte, auf grund der Sympathie mit der Partei im Iran.'

Die zitierten Antworten des BF machen deutlich, dass dieser keine konkreten und substantiierten Angaben auf die ihm gestellten Fragen zu treffen vermochte, sondern kann daraus vielmehr der Schluss gezogen werden, dass die Angaben des BF zu einer individuellen Gefährdung seiner Familie durch die iransichen Behörden nicht glaubwürdig sind, hat dieser dazu trotz mehrfachem Nachfragen keine diesbzüglichen konkreten Angaben gemacht.

Aus der zitierten Passage der hg. Verhandlung kann ferner geschlossen werden, dass die Familie des BF bis dato keinen konkreten und individuellen Problemen mit den iranischen Behörden ausgesetzt war, woraus sich in weiterer Folge kein erhöhtes Gefährdungspotential für den BF selbst ergibt.

Der BF erwähnte ferner erstmals in der hg. Verhandlung und erst über konkretes Befragen, ob sonst jemand aus der Familie politisch aktiv gewesen sei, dass sein Bruder, der in Dänemark aufhältig sei, dort den Status eines Konventionsflüchtlings innehabe und sei auch dieser für die PDKI aktiv gewesen, wobei dessen Aktivitäten, so der BF, jenen des BF sehr ähnlich gewesen seien.

Darin ist eine deutliche Steigerung im Vorbringen des BF zu erblicken, hätte er doch bei Zutreffen dieser Umstände diese bereits in seinen ursprünglichen Angaben erwähnt, da dies unter Umständen nicht unerbehblich für eine allfällige Rückkehrgefährdung des BF in den Iran sein könnte; dies ist jedoch nicht geschehen, sodass das nunmehrige, erst sehr spät im Verfahren erwähnte Vorbringen als unglaubwürdige Steigerung zu betrachten ist. Diese Ansicht findet einmal mehr darin Bestätigung, als der BF im behördlichen Verfahren die Frage, ob noch andere Familienmitglieder einer politischen Partei angehören, dezidiert verneinte (AS 183), ohne die nunmehr erstmals in der hg. Verhandlung erwähnten Aktivitäten seines Bruders anzugeben.

Auch die Glaubwürdigkeit der seitens des BF behaupteten Aktivitäten für die von ihm genannte kurdische Partei ist erheblich anzuzweifeln, hat doch der BF über Aufforderung, aus eigenem zu erzählen, wie es zu seiner Anhängerschaft gekommen sei und über Aufforderung, die Ideologie und Ziele der Partei zu benennen, lediglich allgemein angegeben: ?Als wir in das Flüchtlingslager nach XXXX gekommen sind. Ich habe Interesse gehabt, dieser Partei zu helfen. Sie haben auch uns im Flüchtlingslager besucht. Sie haben uns auch zu Veranstaltungen abgeholt. Mein Interesse wurde geweckt; ich bin nunmehr Sympathisant dieser Partei.'

Auch über Fragewiederholung war der BF nicht in der Lage, Angaben zur Ideologie und den Zielen der Partei zu treffen, sondern gab dazu lediglich allgemein an, diese kämpfe für die Rechte der Kurden im Iran. Auch die allgmeine Antwort des BF zu seinen konkreten Aktivitäten für die Partei erschöpfte sich darin, dass er bei Bühnenaufstellungen, dem Verteilen von Zeitungen und anderen allgemeinen Tätigkeiten geholfen habe, ohne jedoch Details zu benennen.

Dass der BF, wie dieser angab, von 2007 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2013 als Sympathisant für die Partei, wenn auch nur im untergeordneten Bereich tätig war, kann aufgrund der diesbezüglichen allgemeinen und unsubstantiierten Angaben des BF nicht nachvollzogen werden, kann doch gerade bei Personen, welche ein Naheverhältnis zu einer Partei haben, sich mit Parteizielen identifizieren und auch für eine Partei arbeiten, selbst wenn die Tätigkeiten nur untergeordneter Natur sind, davon ausgegangen werden, dass diese umfassend und eigeninitiativ ihre Überzeugung und Aktivitäten schildern, was beim BF weder vor dem BFA noch in der hg. Verhandlung der Fall war. Zu den Angaben des BF vor dem BFA ist ferner zu bemerken, dass dieser dreimal nach seinen Tätigkeiten für die Partei befragt wurde, da die jeweiligen Antworten ausweichend und unkonkret waren (illustrativ sei dazu auf AS 179 verwiesen: ?LA: Was haben Sie genau für die XXXX -Partei gemacht? Welche Tätigkeiten verrichteten Sie für diese Partei?

VP: Ich war Anhänger der XXXX und wenn die Partei was von mir brauchte, war ich für die Partei da.

LA: Um welche Tätigkeiten handelte es sich dabei? Antworten Sie konkreter! VP: Ich war beruflich als Satellitenempfangtechniker tätig und ich habe der XXXX geholfen als sie Veranstaltungen gemacht haben und ich habe dort alles gemacht, was dort zu tun war.

LA: Jetzt frage ich Sie zum 3. Mal, nennen Sie die Tätigkeiten, welche Sie für diese Partei verrichtet hatten? VP: Ich habe oft für sie Satellitenanlagen repariert. Ich habe an Treffen der Partei teilgenommen. Ich habe für die Veranstaltungen Tische organisiert und aufgestellt. Von Zeit zu Zeit habe ich die Parteizeitung erhalten und habe ich diese mit einem Parteimitglied namens XXXX nach XXXX gebracht. Nachgefragt - wir hatten jedes mal einen Stoß an solchen Zeitungen bekommen. LA: Was sollten Sie dann in XXXX mit diesen Zeitungen machen? VP: Dort hat XXXX diese Zeitungen verteilt.'

Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass bei tatsächlicher Existenz der seitens des BF geschilderten Geschehnisse es dem BF ein Anliegen gewesen wäre, diese von sich aus darzulegen. Eine derartige Vorgangsweise entspricht auch den Erfahrungswerten der erkennenden Richterin und werden gerade freie, emotionale Erzählungen unter Nennung zahlreicher Details auch als sog. ?Realkennzeichen' einer glaubwürdigen Darlegung in einschlägiger Literatur und Fortbildungsveranstaltungen zur Thematik ?Glaubwürdigkeitsprüfung', welche die erkennende Richterin besuchte, genannt.

In der hg. Verhandlung fiel ferner auf, dass der BF nicht in der Lage war, seine Gründe für die Asylantragstellung von sich aus und unter Nennung von Details und Gefühlslagen darzulegen, sondern ergab sich das diesbezügliche Vorbringen aus den kurzen Antworten auf die dem BF gestellten Fragen. Die Angaben des BF sind als abstrakt und emotional distanziert zu werten und sind die Antworten auf die dem BF gestellten Fragen oft als ausweichend und unsubstantiiert zu qualifizieren.

Eine solche Art der Darlegung der Ausreisegründe lässt bereits erhebliche Zweifel daran entstehen, dass der BF die geschilderten Geschehnisse persönlich erlebt bzw. den von ihm geschilderten Aktivitäten tatsächlich nachgegangen ist und wird dadurch im vorliegenden Fall die Ansicht der erkennenden Richterin zusätzlich untermauert.

Ferner ist in diesem Zusammenhang auch auf die hg. länderkundlichen Feststellungen zu verweisen, wonach Sympathisanten der betreffenden Partei das Parteiradio hören, XXXX TV schauen und sich an Aktivitäten beteiligen, die von XXXX empfohlen werden.

Aktivitäten wie das Hören des Parteiradios oder das Schauen von XXXX TV hat der BF im bisherigen Verfahren und auch über konkrete Frage, in der hg. Verhandung, was er im Zuge seiner Anhängerschaft gemacht habe, nicht erwähnt.

Auch, wenn der BF über einen Zeitraum von sechs Jahren, wie er behauptet hat, Sympathisant war, hätte er doch aufgrund des Hörens des Parteiradios und des Sehens von XXXX TV sowie dem Besuch von Parteiveranstaltungen jedenfalls substantiiertere Angaben zu Zielen und Ideologie der Partei machen können, was jedoch nicht der Fall war. Vielmehr hat der BF im behördlichen Verfahren selbst angegeben, er kenne das Programm der Partei nicht, da er nicht Mitglied sei (AS 181).

Ebenso steigerte der BF sein Vorbringen insofern eklatant, als er in der hg. Verhandlung erstmals behauptete, er sei im Fernsehen und zwar auf Rojhalat TV, anlässlich von Veranstaltungen öfter gezeigt worden.

Diese Angabe traf der BF im übrigen auch nicht von sich aus, sondern erst über die Frage der erkennenden Richterin, inwieweit die iranischen Behörden von den Aktivitäten des BF erfahren haben sollten.

Als Erklärung für das bisherige Unterbleiben dieser Angabe, welche sich doch auf einen zentralen Punkt im Vorbringen des BF und nicht bloß auf einen nebensächlichen Aspekt bezieht, führte der BF ins Treffen, dass er bislang nicht danach gefragt worden sei.

Dies ist jedoch keine plausible Erklärung für das bisherige Unterbleiben der aus der Sicht des BF doch nicht unwesentlichen Angabe und kann davon ausgegangen werden, dass der BF, der eingangs des Verfahrens auch über die Bedeutung seiner Angaben manuduziert worden war, diese bei tatsächlichem Zutreffen bereits von sich aus in seinen Einvernahmen vor dem BFA oder spätestens in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid dargelegt hätte, was jedoch nicht geschehen ist. Vielmehr hat der BF nach Rückübersezung der behördlichen Niederschriften seine Angaben als richtig und vollständig bezeichnet und dies mit seiner Unterschrift bestätigt (AS 137, 139, 183,185) und auf die Frage, ob er zum Verfahren alles vorbringen konnte oder er noch etwas hinzufügen wolle, bemerkt, dass er alles gesagt habe (AS 137).

Im Lichte dieser Ausführungen sind die Angaben des BF zur Präsenz des BF in Fernsehberichten als Steigerung im Vorbringen und in weiterer Folge als unglaubwürdig zu qualifizieren. [...]

Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass die Ausführungen des BF, wonach er für eine kurdische Partei im Irak aktiv war und aufgrund dessen in den Fokus der iransichen Behörden geraten ist, als unglaubwürdig zu qualifizieren sind, wobei jedoch, wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, auch im Falle der Glaubwürdigkeit der angegebenen Tätigkeiten des BF und auch seines Vaters für eine kurdische Partei im Irak keine asylrelevante Gefährdung des BF im Iran zu prognostizieren ist."

Im Rahmen der Beweiswürdigung zu den Länderfeststellungen führte das Bundesverwaltungsgericht ua. aus [BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt]:

"Wenn in der Stellungnahme vom 03.11.2017 moniert wird, dass die länderkundlichen Feststellungen keine Informationen über die Lage der Kurden enthalten, die Im Irak geboren und noch nie im Iran gewesen sind, so ist dazu festzuhalten, dass die Staatendokumentation des BFA auf entsprechende Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes zum individuellen Fall des BF in der Anfragebeantwortung vom 11.12.2017 auf die allgemeine Lage der Kurden, welche in den hg. länderkundlichen Feststellungen enthalten ist, und dem BF auch zur Kenntnis gebracht wurden, verwies, weshalb das erkennende Gericht nicht davon ausgeht, dass der BF aufgrund der Umstände seines Falles (Verlassen des Iran durch die Familie des BF nach der iranischen Revolution im Jahr 1979, der prima facie Registrierung durch UNHCR und seines bisherigen Aufenthaltes außerhalb des Iran) im Hinblick auf seine Ethnie im Falle der Einreise in den Iran einer besonderen Gefährdung im Iran ausgesetzt ist. [...]

Wenn darauf verwiesen wird, dass im Iran für einen Zugang zum Gesundheitssystem und zum Arbeitsmarkt eine Geburtsurkunde notwenig ist, welche der BF jedoch nicht vorlegen kann, so ist auf die diesbezüglchen Feststellungen, welche sich aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 11.12.2017 ergben, zu verweisen, wonach der Vater eines Kindes verpflichtet ist, eine Identitätskarte zu beantragen und ist es auch dem BF unbenommen, selbst eine solche unter Vorlage ensprechender Dokumente, welche die iransiche Staatsangehörigkeit des Vaters belegen, zu beantragen.

Dass der Vater des BF über keine Papiere verfüge, die dessen Staatsbürgerschaft nachweisen, hat der BF zwar über Befragen durch seine Vertreterin angegeben, doch ist es zum einen nicht plausibel, dass der Vater, der auch in der UNHCR Registrierung als iranischer Staatsbürger aufscheint, ohne Papiere in den Irak ausgereist ist und dort als iransicher Staatsbürger registriert wird; zum anderen kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass dieser im Iran als iranischer Staatsbürger registriert ist, weshalb der Nachweis der iransichen Staatsbürgerschaft des Vaters auch möglich ist.

Auch hat der BF, entgegen der Angaben in der Stellungnahme nicht glaubwürdig vorbringen können, dass die Familie aufgrund unterstellter politischer Gesinnung den Iran verlassen hat; auf die entsprechenden beweiswürdigenden Ausführungen im hg. Erkenntnis sei verwiesen.

Aus der dem BF zur Kenntnis gebrachten Länderinformation der International Organization for Migration (IOM) zur Islamischen Republik Iran aus dem Jahr 2016 ergibt sich überdies, dass sich Rückkehrer, die über keine gültigen iranischen Dokumente verfügen, an die Polizeibehörde (Police+10) wenden können, um solche zu beantragen (http://epolice.ir/news.php & http://www.epishkhan.ir). Nach hg. Ansicht ist kein Grund ersichtlich, warum dies nicht auch für den BF möglich sein sollte.

In der aktuellen Stellungnahme vom 06.04.2018 wird auf die obzitierte Stellungnahme verwiesen und angemerkt, dass sich aus der Staatendokumentation ergibt, dass kurdischen Aktivisten oft separatistische Tendenzen unterstelllt werden und gegen sie hart vorgegangen wird. Dies trifft jedoch auf den BF aufgrund der hg. beweiswürdigenden Überlegungen, welche die Unglaubwürdigkeit der Angaben des BF zum Ergebnis hatten, nicht zu.

In diesem Zusammenhang ist ferner zu bemerken, dass der BF nunmehr über einen Zeitraum von knapp vier Jahren in Österreich aufhältig ist, ohne Aktivitäten in irgendeiner Form für eine kurdische Partei anzugeben, was einmal mehr ein starkes Indiz für kein existentes Naheverhältnis des BF zu einer kurdischen Partei darstellt."

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht ua. aus [BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt; BFV = Beschwerdeführervertreter]:

"Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer und seine Familie während seines Aufenthalts in Lagern im Irak als Flüchtling von UNHCR registriert worden sind, was durch die seitens des BF in Kopie vorgelegten jeweils auf ein Jahr befriststen Schriftstücke belegt wurde.

Durch diese Schriftstücke ist der BF aber nicht im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge als Flüchtling anerkannt worden. Mit dem in der Vorschrift genannten ?Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge' ist das Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in Verbindung mit dem Protokoll vom 31. Januar 1967 gemeint (Genfer Konvention). Diesem Abkommen sind eine große Zahl von Staaten beigetreten. Es obliegt allerdings jeweils dem Vertragsstaat, über die Flüchtlingseigenschaft von Personen, die sich auf seinem Hoheitsgebiet befinden, zu entscheiden [...]. Der Irak hat nach hg. Amtswissen das Abkommen nicht unterzeichnet. Der BF brachte auch keine Unterlagen in Vorlage, wonach staatliche irakische Stellen deutlich gemacht haben, dass sie aufgrund der Registrierung durch den UNHCR den BF als Flüchtling im Sinne des o. a. Abkommens ansehen. Ein vom Irak zum Nachweis seines Flüchtlingsstatus ausgestellter Flüchtlingsausweis nach Art. 28 der Genfer Konvention liegt nicht vor.

In diesem Konnex sei auch auf die nachzitierte Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes verwiesen, in welchem ausgeführt wird, wie folgt: Die Registrierung durch den UNHCR als Flüchtling beruht vielmehr auf der Entscheidung des UNHCR, eine Hilfe suchende Person als sog. ?Mandats-Flüchtling' anzusehen. Eine derartige Regelung ist nach der Satzung des UNHCR möglich. Nach dieser Satzung ist der Hohe Kommissar aufgerufen, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge internationalen Schutz erhalten. Die in der Satzung des UNHCR vorgenommene Definition des Flüchtlings ist dabei nicht völlig identisch mit der Definition des Flüchtlings im Sinne der Genfer Konvention. Der UNHCR geht mithin davon aus, dass Flüchtlinge, die seinem Schutz unterstehen (Mandats-Flüchtlinge) den Schutz genießen ungeachtet dessen, ob sie sich in einem Land befinden, das Vertragspartei des Abkommens von 1951 und/oder des Protokolls von 1967 war und ungeachtet der Tatsache, ob sie von ihrem Gastland als Flüchtling im Sinne eines dieser Vertragswerke anerkannt worden sind. Es kann mithin eine Person gleichzeitig ein Mandats-Flüchtling und auch ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951 oder des Protokolls von 1967 sein [...]; ebenso gut kann ein Flüchtling aber auch nur ein Mandats-Flüchtling und nicht auch zugleich ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951/des Protokolls von 1967 sein. Schon aus der im UNHCR-Handbuch enthaltenen Definition des ?Mandats-Flüchtlings' ergibt sich, dass die bloße Registrierung als Mandats-Flüchtling nicht auch zwangsläufig die Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention beinhaltet. Dieses hat der UNHCR auf entsprechende Anfrage im vorliegenden Verfahren auch nochmals ausdrücklich in seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2004 zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass die UNHCR-Mandats-Anerkennung, die bei der Klägerin ?prima facie' erfolgt sei, keine Bindungswirkung für ein im Bundesgebiet betriebenes Asylverfahren beinhalte, ihr jedoch eine starke Indizwirkung beikomme (vgl. dazu auch Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 07.12.2005, Az 11 LB 193/04: amtlicher Leitsatz: Die Anerkennung durch den UNHCR als Mandatsflüchtling führt nicht zu Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 Satz 2 2.Alt. AufenthG).

Im Lichte der soeben zitierten gerichtlichen Entscheidung, in der kein Abschiebeschutz erteilt wurde und in Verbindung mit der aktuellen telefonsichen Auskunft des UNHCR an das Bundesverwaltungsgericht vom 23.04.2018, wonach eine prima facie Registrierung keine starke Indizwirkung für das gegenständlche Verfahren entfaltet, ist sohin aus der prima facie Registrierung des BF im Neugeborenenalter im gegenständlichen Fall - eine solche ist in casu lt. Anfragebeantwortung des UNHCR vom 04.05.2018 erfolgt - in Verbindung mit den hg. beweiswürdigenden Überlegungen für das Verfahren des BF nichts hinsichtlich einer Gewährung von internationalem Schutz zu gewinnen.

Im Gegensatz zur Registrierung als Mandatsflüchtlingen, der eine Einzelfallprüfung vorausgeht und der infolgedessen in einem weiteren Verfahren starke Indizwirkung zukommt, erfolgt bei einer prima facie Registrierung keine individuelle Prüfung, weshalb in einem späteren Verfahren einer solchen Registrierung keine starke Indizwirkung zukommt.

Zur prima facie Registrierung ist der Vollständigeit halber auch auf folgende Ausführungen des UNHCR zu verweisen:

Wenn Flüchtlinge in großer Zahl über die Grenze ins Land strömen, ist es kaum machbar, wenn nicht gar unmöglich, Asylanträge einzeln zu prüfen, selbst wenn Zweifel bestehen, ob Personen als Flüchtlinge anerkannt werden sollen. Wenn die Umstände, unter denen Menschen in Massen fliehen, darauf hinweisen, dass die Mitglieder der Gruppe einzeln als Flüchtlinge angesehen werden könnten, ist es für das Asylland eine vernünftige Lösung, sich des Gruppenverfahrens, der so genannten .Prima-facie.-Feststellung, zu bedienen. Das gibt die Möglichkeit, den Bedürftigen grundlegenden Schutz und Beistand zu leisten, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist, ohne sich zuvor mit der Frage ihres Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention und deren Protokoll zu befassen [...].

Was bedeutet ?prima-facie' Anerkennung? Die prima-facie Anerkennung - also die Feststellung nach ?dem ersten Eindruck' - wird im Falle von Massenfluchtbewegungen angewendet, wenn die Prüfung im Einzelfall aus offensichtlichen Gründen praktisch nicht durchführbar ist. Diese Vorgehensweise wird seit den sechziger Jahren praktiziert, als das Amt des UNHCR erstmals mit großen Flüchtlingswellen, vor allem in Afrika, konfrontiert war. Wie im UNHCR-Handbook for Emergencies (Handbuch für Notsituationen) ausgeführt, muss sehr oft schnell gehandelt werden - noch bevor die Rechtsstellung abgeklärt werden kann - um für sofortigen Schutz zu sorgen. Wenn die Schutzsuchenden unter die Zuständigkeit von UNHCR fallen, muss das Amt laut seiner Satzung tätig

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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