TE Bvwg Beschluss 2019/9/18 L521 2168879-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.09.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
BVwG-EVV §1 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §29 Abs2a
VwGVG §29 Abs4
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33 Abs1

Spruch

L521 2168879-2/3E

DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT HAT DURCH DEN RICHTER MMAG. MATHIAS KOPF, LL.M. IN DER BESCHWERDESACHE DES XXXX , STAATSANGEHÖRIGKEIT IRAK, VERTRETEN DURCH XXXX , GEGEN DEN BESCHEID DES BUNDESAMTES FÜR FREMDENWESEN UND ASYL VOM 04.08.2017, ZL. 1077187700-150826432, IN EINER ANGELEGENHEIT NACH DEM ASYLGESETZ 2005 DEN

BESCHLUSS

gefasst:

A)I. Der am 13.08.2019 eingelangte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Beantragung einer schriftlichen Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

II. Der am 13.08.2018 eingelangte Antrag auf Ausfertigung des am 10.07.2019 im Verfahren L521 2168879-1 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes wird gemäß § 29 Abs. 2a und 5 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak kurdischer Abstammung, stellte im Gefolge seiner schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 15.07.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2017, Zl. 1077187700-150826432, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

2. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis, L521 2168879-1/10Z, als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3. Am 18.07.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung (nur) per E-Mail einen Antrag auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 10.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. In Ermangelung weiterer Eingaben des Beschwerdeführers wurde am 30.07.2019 eine gekürzte Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG hergestellt und Ausfertigungen davon sowohl dem Beschwerdeführer persönlich, als auch seinem nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.

Hinsichtlich des am 18.07.2019 per E-Mail eingebrachten Antrages auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass E-Mail gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV, BGBl. II Nr. 515/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 222/2016, keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung ist. Ein mittels E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachter Schriftsatz vermag nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtswirkungen zu entfalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 15.03.2018, Ra 2017/21/0155). Im vorliegenden Fall sei der per E-Mail gestellte Antrag vom 18.07.2019 auf Ausfertigung des Erkenntnisses daher als nicht eingebracht anzusehen (VwGH 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).

5. Am 14.08.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachter Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Beantragung einer schriftlichen Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes ein, mit welchem unter einem die versäumte Handlung nachgeholt wurde.

Begründend bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Niederschrift der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 10.07.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung enthalte die Belehrung, dass binnen zwei Wochen ab Ausfolgung der Niederschrift eine Ausfertigung des Erkenntnisses verlangt werden könne. Die Belehrung enthalte jedoch keinen Hinweis darauf, dass E-Mail gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV, BGBl. II Nr. 515/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 222/2016, keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen sei. Dies sei irreführend, da im Briefkopf der Niederschrift eine E-Mail-Adresse des Bundesverwaltungsgerichtshofes angegeben sei. Aus diesem Grund habe auch die Kanzleileiterin des Vertreters des Beschwerdeführers den Schriftsatz per E-Mail an die im Briefkopf angegebene E-Mail-Adresse versandt. Die Kanzleileiterin des Vertreters des Beschwerdeführers sei seit Oktober 2010 in dessen Kanzlei tätig, ihr obliege der Parteienkontakt, die Erledigung von Schreibarbeiten, das Einbringen von Schriftsätzen und die Führung des Fristenbuchs. Sie erledige ihre Arbeiten stets zur vollsten Zufriedenheit und beeindrucke durch eine sorgfältige und gewissenhafte Arbeitsweise. Bei Unklarheiten würde sie stets Rücksprache mit dem Vertreter des Beschwerdeführers halten.

Beim Einbringen des Antrages vom 18.07.2019 habe die Kanzleileiterin die im Briefkopf der Verhandlungsschrift vom 10.07.2019 angegebenen E-Mail-Adresse verwendet, dabei handele es sich um einen „typischen Flüchtigkeitsfehler“, der trotz höchster anzuwendender Sorgfalt im Tagesablauf bei der Anzahl der anfallenden Schriftsätze grundsätzlich geschehen könne. Es sei von einem Versehen minderen Grades auszugehen, da sich die im Briefkopf angegebene E-Mail-Adresse als irreführend darstelle. Ein Verschulden des Vertreters des Beschwerdeführers liege ebenfalls nicht vor, da dieser in ständigen Kontakt mit seinen Mitarbeitern stehe, um „den Überblick über die Geschehnisse in der Kanzlei zu bewahren und für etwaige Unsicherheiten beratend zur Seite stehen“ zu können.

Darüber hinaus stelle sich die Vorgehensweise des Bundesverwaltungsgerichtes als widersprüchlich dar, da die gekürzte Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden sei, obwohl seine Eingabe als unwirksam erachtet werde. Die am 30.07.2019 zugestellte gekürzte Ausfertigung sei daher „unter Anwendung objektiver Willkür erlassen“ worden. Der „Zustellmangel“ sei außerdem „in analoger Anwendung des § 7 ZustG als geheilt“ anzusehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Gemäß § 29 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, hat das Verwaltungsgericht in der Regel, wenn eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden hat, das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

1.2. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist gemäß § 33 Abs. 3 erster Satz VwGVG in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Gemäß § 33 Abs. 4a VwGVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

1.3. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV), BGBl. II Nr. 515/2013 idF BGBl. II Nr. 222/2016, können Schriftsätze und Beilagen zu Schriftsätzen nach Maßgabe technischer Möglichkeiten auf folgende Weise elektronisch eingebracht werden:

1. im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs;

2. über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982;

3. im Wege des elektronischen Aktes;

4. im Wege einer standardisierten Schnittstellenfunktion;

5. mit auf der Website www.bvwg.gv.at abrufbaren elektronischen Formblättern;

6. mit Telefax.

E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.

§ 1 Abs. 2 BVwG-EVV zufolge haben Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in der Eingabe zu bescheinigen, dass die technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht vorliegen, sofern Schriftsätze nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden.

2. Feststellungen:

2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2017, Zl. 1077187700-150826432, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis, L521 2168879-1/10Z, als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

2.2. Der Beschwerdeführer erteilte seinem nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter XXXX , nach der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2019 den Auftrag, eine schriftliche Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses zu beantragten.

Am 18.07.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung (nur) per E-Mail einen Antrag auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 10.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Weitere Eingaben innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 29 VwGVG erfolgten nicht.

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht stellte am 30.07.2019 zur Zahl L521 2168879-1/13E eine gekürzte Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG her. Ausfertigungen davon wurden dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dem Beschwerdeführer persönlich (postalisch mit Rückscheinbrief, ein Zustellnachweis liegt vor) und seinem nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am 31.07.2019 zugestellt.

2.4. Die am 18.07.2019 erfolgte Einbringung des Antrages auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 10.07.2019 erfolgte deshalb per E-Mail, da die Kanzleileiterin des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers, Frau XXXX , im Briefkopf der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die E-Mail-Adresse einlaufstelle@bvwg.gv.at (im gegenständlichen Antrag unrichtig einlaufstelle@bvg.gv.at) wahrnahm und deshalb die Entscheidung traf, den Schriftsatz nur per E-Mail an ebendiese E-Mail-Adresse zu übermitteln. Die Kanzleileiterin des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers hielt in diesem Zusammenhang weder Rücksprache mit dem rechtsfreundlichen Vertreter selbst, noch informierte sie sich über Beschränkungen bei der Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht (etwa im Wege des Besuchs der Website des Bundesverwaltungsgerichtes, wo unter der Rubrik Service/Einbringung ausführlich über die Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht informiert und auch darauf hingewiesen wird, dass E-Mail keine gültige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen darstellt).

Nicht festgestellt werden kann, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers zuvor eine Weisung hinsichtlich der technischen Form der Einbringung des Antrages erteilte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers die Weisung erteilte oder einen entsprechenden Vermerk in den Antrag aufnahm, dass dieser im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs einzubringen sei.

Nicht festgestellt werden kann, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers die formgerechte Einbringung des Antrages vom 18.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht vor oder nach dessen Übermittlung kontrollierte. Schließlich kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass er seiner Kanzleileiterin die (allgemeine) Weisung erteilte, Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht nicht per E-Mail, sondern stets im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs oder einer anderen gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV zulässigen technischen Übermittlungsart einzubringen sowie dass er regelmäßige Kontrollen hinsichtlich der richtigen Einbringung von Schriftsätzen vornehmen würde.

2.5. Der weitere Verfahrensgang gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der Verfahren L521 2168879-1 und L521 2168879-2.

Zutreffend ist, dass dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers eine Ausfertigung des Erkenntnisses vom 30.07.2019, L521 2168879-1/13E, zugestellt wurde. Soweit darin eine widersprüchliche Vorgehensweise erblickt wird, ist dem entgegen zu halten, dass das Bundesverwaltungsgericht – ungeachtet der Unwirksamkeit der Eingabe vom 18.07.2019 – keinen Zweifel daran hegt, dass der rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers von diesem (im Innenverhältnis) wirksam bevollmächtigt wurde. Aus diesem Grund und zur Hintanhaltung weiterer Rechtsnachteile wurde eine Ausfertigung des Erkenntnisses vom 30.07.2019 dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers übermittelt. Da jedoch in Anbetracht des klaren Wortlautes des § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einer wirksamen Einbringung der Vollmachtsbekanntgabe samt angeschlossenem Antrag vom 18.07.2019 auszugehen war, wurde auch die Zustellung einer Ausfertigung an den Beschwerdeführer persönlich verfügt und vollzogen. Von einer widersprüchlichen Vorgehensweise kann daher keine Rede sein. Vielmehr lässt der gegenständliche Antrag erkennen, dass der rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers – aus welchen Gründen auch immer – von der Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich keine Kenntnis hat.

3.2. Die Feststellungen zu den näheren Umständen der per E-Mail erfolgten Einbringung des Antrages auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 10.07.2019 am 18.07.2019 gründen sich auf die Ausführungen im gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Nach der Rechtsprechung gilt in dieser Hinsicht bei Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folgendes:

Den Wiedereinsetzungswerber trifft die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was als Grundlage ein entsprechendes tatsachenbezogenes Antragsvorbringen und die Beibringung tauglicher Bescheinigungsmittel bereits im Antrag voraussetzt. Diese Nachweispflicht bezieht sich auch auf die Darlegung, dass der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) die ihm im Zusammenhang mit der Einhaltung der versäumten Frist gebotene Sorgfaltspflicht nicht außer Acht gelassen hat und dass ihm nicht mehr als bloß ein minderer Grad des Versehens an der Fristversäumnis zur Last liegt (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 08.09.2015, Ra 2015/01/0125). Reine Behauptungen betreffend das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes reichen demgemäß nicht aus. Die Partei, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, hat alle Umstände, die den Wiedereinsetzungsantrag begründen, glaubhaft darzulegen und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (VwGH 21.03.1997, Zl. 97/02/0093; 25.02.2003, Zl. 2002/10/2002). Ziel der Glaubhaftmachung ist, die Überzeugung der Wahrscheinlichkeit der vorgebrachten Tatsache hervorzurufen, das Gericht muss zur Ansicht gelangt sein, die Tatsachenbehauptung sei wahrscheinlich für wahr zu halten (VfSlg 17.159/2004). Der Antragsteller hat – allenfalls durch die Beibringung tauglicher Bescheinigungsmittel – auch glaubhaft zu machen, dass zwischen dem die Wiedereinsetzung begründenden Ereignis und der Fristversäumnis ein Kausalzusammenhang besteht. Auch die Einhaltung des gebotenen Sorgfaltsmaßstabes ist vom Wiedereinsetzungswerber in seinem Antrag glaubhaft zu machen ((Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 116, 120).

Das Fehlen der Angaben zur Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsvorbringen ist nicht verbesserbar (VwGH 22.02.2018, Ra 2017/18/0367).

Das Bundesverwaltungsgericht ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Wiedereinsetzungsverfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihm verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134). Anzumerken ist, dass dem gegenständlichen Antrag keine Bescheinigungsmittel angeschlossen sind.

Ausgehend davon ist fallbezogen zunächst von Bedeutung, dass sich der Beschwerdeführer zur Begründung seines gegenständlichen Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf ein Versehen (einen „typischen Flüchtigkeitsfehler“) der sonst zuverlässigen Kanzleileiterin seines rechtsfreundlichen Vertreters beruft und dabei ausführt, dass diese „bei der Einbringung des Schriftsatzes … die E-Mail-Adresse am Briefkopf“ der Verhandlungsschrift vom 10.07.2019 verwendet habe. Das Bundesverwaltungsgericht kann daraus nur den Schluss ziehen, dass der Kanzleileiterin des rechtsfreundlichen Vertreters keine Anweisungen hinsichtlich der Wahl des Übermittlungsweges gemacht wurden und die Kanzleileiterin folglich selbst zu entscheiden hatte, in welcher Weise der Schriftsatz dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt werden soll. Gegenteiliges wird im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nicht behauptet. Insbesondere wird nicht vorgebracht, dass der rechtsfreundliche Vertreter die Zustellung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (oder in einer sonst zulässigen Form) verfügt hätte und die Kanzleileiterin diese Verfügung übersehen oder missachtet hätte. Im Schriftsatz vom 18.07.2019 ist auch keine Übermittlungsart bezeichnet (zB „per Fax“ oder „per Web-ERV“). An dieser Stelle sie auch darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz vom 18.07.2019 nicht elektronisch signiert ist und auch keine eingescannte Unterschrift des rechtsfreundlichen Vertreters aufweist, sodass überhaupt zweifelhaft ist, dass dessen Einbringung in der vorliegenden Form jemals vom rechtsfreundlichen Vertreter selbst genehmigt wurde.

Jedenfalls wurde nicht vorgebracht, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers vor der Einbringung des Schriftsatzes eine Weisung hinsichtlich der technischen Form der Einbringung des Antrages erteilte oder einen entsprechenden Vermerk in den Schriftsatzes aufnahm, dass dieser etwa im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs oder per Telefax oder in sonst einer zulässigen Weise einzubringen sei, sodass dahingehende positive Feststellungen schon mangels einer substantiierten Behauptung nicht getroffen werden können.

Dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch nicht entnommen werden, dass Kanzleileiterin des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang aus eigener Initiative Rücksprache mit dem rechtsfreundlichen Vertreter hielt oder sie sich über Beschränkungen bei der Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht (etwa im Wege des Besuchs der Website des Bundesverwaltungsgerichtes, wo unter der Rubrik Service/Einbringung ausführlich über die Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht informiert und auch darauf hingewiesen wird, dass E-Mail keine gültige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen darstellt) selbst informierte. Es liegt auch keine dahingehende Bescheinigung vor (etwa in Form einer eidesstattlichen Erklärung).

Schließlich wird im gegenständlichen Antrag nicht vorgebracht, dass der Vertreter des Beschwerdeführers die formgerechte Einbringung des Antrages vom 18.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht vor oder nach dessen Übermittlung kontrollierte. Schließlich kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass er seiner Kanzleileiterin die (allgemeine) Weisung erteilte, Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht nicht per E-Mail, sondern stets im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs oder einer anderen gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV zulässigen technischen Übermittlungsart einzubringen sowie dass er regelmäßige Kontrollen hinsichtlich der richtigen Einbringung von Schriftsätzen vornehmen würde, sodass entsprechende Feststellungen nicht getroffen werden können. Wenn der rechtsfreundliche Vertreter in diesem Zusammenhang vorbringt, in ständigen Kontakt mit seinen Mitarbeitern zu stehen, um „den Überblick über die Geschehnisse in der Kanzlei zu bewahren und für etwaige Unsicherheiten beratend zur Seite stehen“ zu können, spricht dies auch dafür, dass sich der rechtsfreundliche Vertreter darauf verlässt, dass seine Mitarbeiter ihn im Fall von Unklarheiten aus eigener Initiative ansprechen und er selbst keine kontrollierenden Tätigkeiten zu entfalten braucht.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Das Verschulden des Parteienvertreters trifft die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. VwGH 11.05.2017, Ra 2017/04/0045 mwN).

Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (VwGH 27.04.2016, Ra 2016/05/0015). Das Versehen eines Kanzleiangestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt – und damit der Partei – dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleiangestellten verletzt hat (VwGH 19.09.2017, Ra 2017/20/0102).

4.1. Ein berufsmäßiger Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen, etwa die fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln oder von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, gesichert erscheint. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht vorgenommen hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (VwGH 19.09.2017, Ra 2017/20/0102).

Macht ein Wiedereinsetzungswerber ein Versehen eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes geltend, so hat er durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch, dass es zur Fehlleistung des Kanzleiangestellten gekommen ist, obwohl die dem Rechtsanwalt obliegenden Aufsichts- und Kontrollpflichten eingehalten wurden. Erlaubt das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag über das vom Rechtsanwalt des Wiedereinsetzungswerbers eingerichtete Kontrollsystem und über die konkreten Umstände, auf die die Versäumung der Revisionsfrist zurückzuführen ist, eine Beurteilung der Frage nach dem Letzteren nicht, so schließt dies die Annahme eines tauglichen Wiedereinsetzungsgrundes aus (VwGH 18.02.2019, Ra 2018/01/0046 mwN).

Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Solche Vorgänge sind etwa die Kuvertierung, die Beschriftung eines Kuverts oder die Postaufgabe, also manipulative Tätigkeiten. Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man seine Sorgfaltspflicht nicht überspannen (VwGH 24.01.2008, Zl. 2007/19/1063; 09.11. 2016, Ra 2016/10/0071). Dies gilt auch für rein manipulative Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Versendung auf elektronischem Weg (VwGH 0.06.2016, Ra 2015/19/0155).

Wenn allerdings in keiner Weise dargelegt wird, ob jemals eine Kontrolle der manipulativen Vorgänge im Kanzleibetrieb oder der Kanzleiangestellten erfolgte bzw. wie das diesbezügliche Kontrollsystem eingerichtet ist, kann von einer Organisation des Kanzleibetriebes, die eine fristgerechte Setzung von Vertretungshandlungen mit größtmöglicher Zuverlässigkeit sicherstellt, und von einer wirksamen Überwachung keine Rede sein. Fehlt es an einem diesbezüglichen Vorbringen, liegt jedenfalls kein bloß minderer Grad des Versehens vor. Daher sind bereits mangels einer Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages nicht erfüllt (23.06.2016, Ra 2016/02/0100 bis 0112).

4.3. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (VwGH 20.06.2013, Zl. 2013/06/0098).

Ein berufsmäßiger Parteienvertreter, wie insbesondere ein Rechtsanwalt, hat sich mit den einschlägigen Verfahrensbestimmungen vertraut zu machen. Unterlässt er dies, so liegt eine auffallende, einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehende Sorglosigkeit vor (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0062).

4.4. Fallbezogen sind im Kontext der Rechtsprechung folgende Erwägungen von Bedeutung:

Der Beschwerdeführer beruft sich zur Begründung seines gegenständlichen Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf ein Versehen (einen „typischen Flüchtigkeitsfehler“) der sonst zuverlässigen Kanzleileiterin seines rechtsfreundlichen Vertreters und führt dazu aus, dass diese „bei der Einbringung des Schriftsatzes … die E-Mail-Adresse am Briefkopf“ der Verhandlungsschrift vom 10.07.2019 verwendet habe.

Da somit ein Versehen eines Kanzleiangestellten eines Rechtsanwaltes geltend wird, wäre der Beschwerdeführer im Sinn der zitieren Rechtsprechung dazu gehalten gewesen, durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzutun, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch, dass es zur Fehlleistung des Kanzleiangestellten gekommen ist, obwohl die dem Rechtsanwalt obliegenden Aufsichts- und Kontrollpflichten eingehalten wurden.

Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag enthält jedoch kein Vorbringen, ob und welche Maßnahmen in der Rechtsanwaltskanzlei gesetzt wurden, um die formgültige Einbringung von Schriftsätzen bei Gerichten im Allgemeinen und beim Bundesverwaltungsgericht im Besonderen sicherzustellen und somit nicht nur eine fristgerechte, sondern auch eine in formaler Hinsicht entsprechende Einbringung von Eingaben zu gewährleisten, vor allem, wenn diese per E-Mail und nicht wie in Ansehung der Rechtsanwälte üblicherweise (vgl. hiezu insbesondere § 1 Abs. 2 BVwG-EVV, § 74 Abs. 3 VwGG oder § 89c Abs. 5 GOG, wonach sich der Rechtsanwalt stets des elektronischen Rechtsverkehrs zu bedienen hat) im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs übermittelt werden. Wenn der

Wenn der rechtsfreundliche Vertreter in diesem Zusammenhang vorbringt, in ständigen Kontakt mit seinen Mitarbeitern zu stehen, um „den Überblick über die Geschehnisse in der Kanzlei zu bewahren und für etwaige Unsicherheiten beratend zur Seite stehen“ zu können, wird damit kein wirksames Kontrollsystem dargetan. Vielmehr spricht das Vorbringen wie vorstehend bereits erörtert dafür, dass sich der rechtsfreundliche Vertreter darauf verlässt, dass seine Mitarbeiter ihn im Fall von Unklarheiten aus eigener Initiative ansprechen und er selbst keine kontrollierenden Tätigkeiten zu entfalten braucht.

Es war auch nicht feststellbar, dass der rechtsfreundliche Vertreter überhaupt allgemeine oder auf den gegenständlichen Einzelfall bezogene Weisungen hinsichtlich der Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht bzw. den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes erteilt hätte, die missachtet oder aus anderen Gründen von der Kanzleileiterin nicht eingehalten wurden. Vielmehr war dem Vorbringen zu entnehmen, dass es der rechtsfreundliche Vertreter seiner Kanzleileiterin überließ, zu entscheiden, in welcher technischen Form der Schriftsatz vom 18.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wird.

Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Bei der Wahl der technischen Form der Einbringung eines Schriftsatzes (elektronischer Rechtsverkehr, Telefax, Brief und dergleichen) kann jedoch nicht mehr von einem rein technischen Vorgang gesprochen werden, zumal die Wahl der technischen Form der Einbringung eines Schriftsatzes – wie im gegenständlichen Fall – anhand der im Einzelfall anzuwendenden Restriktionen für die Zulässigkeit der Eingabe von entscheidender Bedeutung ist. Der Rechtsanwalt hat daher – generell oder einzelfallbezogen – selbst anzuordnen, in welcher technischen Form Schriftsätze bei Gericht einzubringen sind. Überlässt er diese Entscheidung seiner Kanzleileiterin, handelt er selbst grob sorgfaltswidrig und liegt insoweit auch keine sorgfältige Organisation des Kanzleibetriebes vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits erkannt, dass es ein grobes Verschulden darstellt, wenn ein Rechtsanwalt die Beurteilung der Frage, ob die Berufung gegen einen Einspruchsbescheid eines Landeshauptmanns bei diesem einzubringen ist, seiner Sekretärin überlässt und sich dazu aus Anlass der Kontrolle des fertigen Schriftsatzes keine eigene Meinung bildet (VwGH 20.09.2000, Zl. 2000/08/0147). Entsprechendes gilt, wenn einer Kanzleiangestellten ohne Überwachung die Fristvormerkung überlassen wird, da die Die kalendarische Vormerkung einer Rechtsmittelfrist kein manipulativer Vorgang ist, sondern eine juristische Tätigkeit, bei der stichprobenartige Überprüfungen im Allgemeinen nicht ausreichen (VwGH 29.07.2004, Zl. 2004/16/0058 mwN). Nichts anderes kann für die Bestimmung der Art und Weise der Einbringung eines Schriftsatzes bei Gericht gelten, zumal es sich bei der Auswahl unter den verschiedenen Einbringungsarten ebenfalls um eine juristische Tätigkeit und nicht um einen manipulativen Vorgang handelt.

Mit dem Vorbringen im gegenständlichen Antrag und in Anbetracht der dazu getroffenen Feststellungen wird zusammenfassend nicht dargelegt, dass ein Kontrollsystem eingerichtet hat, das den in der Rechtsprechung genannten Anforderungen an die Organisation seines Kanzleibetriebes eines berufsmäßigen Parteienvertreters gerecht wird. Vielmehr ist in Anbetracht der erörterten Umstände von gravierenden Mängeln in der Kanzleiorganisation auszugehen, weshalb nicht von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden kann.

4.5. Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass vor Einbringung des Schriftsatzes vom 18.07.2019 auch keine Nachforschungen über die Zulässigkeit einer Einbringung per
E-Mail angestellt wurden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten in § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG besteht selbst für unvertretene, rechtsunkundige Parteien die Pflicht, sich Informationen über die über die Voraussetzungen für ein (im Anlassfall) rechtzeitiges Einlangen ihres Anbringens zu beschaffen (vgl. VwGH 18.12.2000, Zl. 2000/10/10/0127, 0128, VwGH 30.4.2003, Zl. 2001/03/0183, VwGH 26.8.2010, Zl. 2009/21/0400, oder VwGH 12.7.2012, Zl. 2012/02/0146, 0147). Diese Grundsätze sind auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten übertragbar (VwGH 23.01.2018, Ra 2017/05/0296).

Wenn nun wie im gegenständlichen Fall die Beschränkung – hier des § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV – sich unmittelbar schon aus dem kundgemachten Rechtsbestand ergibt (so wie etwa auch wortident in der Verordnung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes über die elektronische Einbringung von Schriftsätzen und Übermittlung von Ausfertigungen von Erledigungen des Verwaltungsgerichtshofes), besteht umso mehr die Verpflichtung gerade eines berufsmäßigen Parteienvertreters, sich mit solchen Beschränkungen vertraut zu machen bzw. zumindest vor Einbringung eines Schriftsatzes entsprechende Erkundigungen anzustellen bzw. seine Bediensteten zu solchen Erkundigungen anzuweisen (was fallbezogen nicht erfolgte), anstelle aus der Nennung einer E-Mail-Adresse den unzutreffenden Schluss zu ziehen, dass die Einbringung fristgebundener Anbringen deshalb wohl auch im Wege eines einfachen E-Mail (noch dazu ohne elektronische Signatur des Einbringens) zulässig sei.

§ 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV gehört außerdem seit mehreren Jahren dem Rechtsbestand an und war bereits Gegenstand mehrerer höchstgerichtlicher Entscheidungen, sodass von einem berufsmäßigen Parteienvertreter die Kenntnis dieser Bestimmung und eine dahingehende Belehrung seiner Kanzleileiterin erwartet werden darf. Zumindest wäre eine Nachschau auf der Webseite des Bundesverwaltungsgerichtes geboten gewesen, wo sämtliche Einbringungsbeschränkungen angeführt sind. Ein berufsmäßiger Parteienvertreter, wie insbesondere ein Rechtsanwalt, hat sich nämlich wie eingangs bereits angesprochen, mit den einschlägigen Verfahrensbestimmungen vertraut zu machen. Unterlässt er dies, so liegt eine auffallende, einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehende Sorglosigkeit vor (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0062).

4.6. § 33 Abs. 4a VwGVG kommt im gegenständlichen Fall bereits deshalb nicht zur Anwendung, weil der Beschwerdeführer in der Verhandlung mündlich und sein Vertreter im Wege der dem Beschwerdeführer überlassenen Verhandlungsschrift über das Erfordernis eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof belehrt wurden und die Kenntnisnahme dieser Belehrung im gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch zugestanden wird.

Dass Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen sind, ergibt sich unmittelbar aus § 20 VwGVG. Wenn der Vertreter des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang beanstandet, vom Bundesverwaltungsgericht nicht hinreichend belehrt worden zu sein, ist dem entgegenzuhalten, dass § 13a AVG nur in Ansehung von Personen anzuwenden ist, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind. Eine Verpflichtung zur Belehrung des berufsmäßigen Parteienvertreters kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden. Dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 10.07.2019 unzureichend belehrt worden sei, wird nicht behauptet.

4.7. In einer Gesamtwürdigung der erörterten Umstände ist davon auszugehen, dass der Vertreter des Beschwerdeführers in mehrfacher Hinsicht die gebotene Sorgfalt eines beruflichen Parteienvertreters unbeachtet ließ, indem er zunächst die Wahl der Art und Weise der Einbringung des Schriftsatzes vom 18.07.2019 seiner Kanzleileiterin überließ, ohne diesbezügliche Anordnungen zu treffen oder Kontrollen des Vorgangs durchzuführen. Dazu tritt, dass die Organisation des Kanzleibetriebes nicht den in der Rechtsprechung etablierten Anforderungen entspricht, da kein wirksames Kontrollsystem behauptet und ein solches auch nicht bescheinigt wurde.

Die erörterten Fehlleistungen wiegen schon für sich alleine, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit dermaßen schwer, dass ein auffällig sorgloses Vorgehen vorlag und nicht mehr nur von einem minderen Grad des Versehens des beruflichen Parteienvertreters gesprochen werden kann.

Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13.08.2019 wegen Versäumung der Frist zur Beantragung einer schriftlichen Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abzuweisen.

4.8. Unter einem mit dem gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde neuerlich ein Antrag auf Ausfertigung des am 10.07.2019 im Verfahren L521 2168879-1 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes gestellt.

Im gegenständlichen Fall wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 10.07.2019 mündlich in Anwesenheit des (unvertretenen) Beschwerdeführers verkündet. Die dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG im Anschluss am 10.07.2019 ausgefolgte Niederschrift enthält eine Belehrung im Sinn der zitierten Bestimmung. Darüber hinaus wurden der Beschwerdeführer auch mündlich gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG belehrt.

Ausgehend davon begann die zweiwöchige Frist des § 29 Abs. 2a VwGVG zur Beantragung einer Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes am 10.07.2019 zu laufen und erweist sich der nun am 13.08.2019 eingebrachte Antrag als verspätet, da die zweiwöchige Frist mit Ablauf des 24.07.2019 endete.

Der nunmehr wirksam im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachte Antrag auf Ausfertigung des am 10.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher als verspätet zurückzuweisen.

Im Hinblick auf den im gegenständlichen Antrag erhobenen Willkürvorwurf hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass einerseits von einem berufsmäßigen Parteienvertreter erwartet werden darf, dass diese über Einbringungsbeschränkungen wie § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwGG-EVV orientiert ist. Es wäre dem Beschwerdeführer darüber hinaus freigestanden, das am 10.07.2019 mündlich verkündete und am 30.07.2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes mit Beschwerde oder Revision zu bekämpfen, wenn der Schriftsatz vom 18.07.2019 als wirksam angesehen wird, was jedoch unterlassen wurde.

4.9. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten aufgrund der bestehenden Bescheinigungspflicht und des Verbots des Nachtragens weiterer Wiedereinsetzungsgründe erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde im Übrigen nicht beantragt und steht Art. 6 EMRK dem Absehen von der Verhandlung nicht entgegen, da bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten ist (VwGH 23.05.2018, Ra 2018/05/0159).

4.10. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens verneint hat, ist regelmäßig keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung zukommt (VwGH 03.09.2018, Ra 2018/01/0370; 06.10.2017, Ra 2017/01/0302).

Schlagworte

Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses E - Mail elektronischer Rechtsverkehr förmliche Antragstellung Kontrolle Rechtsmittelbelehrung unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis unzulässiger Antrag Verschulden Verschulden des Vertreters Wiedereinsetzungsantrag Zurechenbarkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2168879.2.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten