TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/24 L526 1431375-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2019
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Entscheidungsdatum

24.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §13
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L526 1413998-4/3E

L526 1431375-5/7E

L526 1436703-4/5E

L526 2206138-2/2E

L526 2206141-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, sowie § 53 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß Spruchpunkt VIII die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG aberkannt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, sowie § 53 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß Spruchpunkt VIII die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG aberkannt und die Dauer des Einreiseverbots auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX , geb. XXXX , 4) XXXX , geb. XXXX , 5) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX und Zl. XXXX den Beschluss gefasst:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz "BF" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als " "BF1" bis "BF5" bezeichnet) sind Staatsangehörige von Armenien. BF1 und BF2 sind Lebensgefährten. BF3 bis BF5 sind ihre Kinder.

I.1. Zu BF1:

I.1.1. BF1 reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 22.9.2009 unter den Personalien XXXX , Staatsangehörigkeit Armenien seinen ersten Asylantrag ein.

Anlässlich seiner Erstbefragung nach dem Asylgesetz gab BF1 an, er habe ernsthafte Probleme mit den russischen Polizisten. Deshalb habe er das Land verlassen. Er habe eine Affäre mit der Frau eines Polizisten gehabt. Ein Jahr später habe ihm die Frau gesagt, dass sie verheiratet sei. Sie sei aus Aserbaidschan und Muslimin. Ihr Mann habe erfahren, dass sie ihn betrogen habe. Dann habe der Polizist ihn gefunden und geschlagen. Er habe sich verfolgt gefühlt. Seine Geliebte habe ihm dann geholfen, nach Europa zu kommen.

Anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab BF1 an, er sei vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2008 in Russland im Gefängnis gesessen - man habe ihm Drogen untergeschoben. Nachdem er entlassen worden sei, sei er zu einem Freund gefahren und habe dort eine Frau kennengelernt. Sie habe ihm verschwiegen, dass sie verheiratet sei. Ihr Mann, ein Aserbaidschaner und Moslem habe eine seiner SMS-Nachrichten an die besagte Frau gelesen und er sei dann überfallen worden. Wegen Frauen, die zu schreien begonnen hätten, habe man dann von ihm abgelassen. Später jedoch habe man ihn in ein Waldstück gebracht, wo er zusammengeschlagen worden sei - er hätte davon noch Narben in seinem Gesicht. Er sei von einem älteren Mann gefunden worden. Seine Freundin habe ihm dann erzählt, dass die Täter davon ausgegangen seien, sie hätten ihn umgebracht. Wenn diese erfahren hätten, dass er noch gelebt hätte, hätte er nach Meinung seiner Freundin sterben müssen. Wenn die Frau eines Moslems fremdgeht sei das eine große Schande für den Mann. Die Freundin habe daher gemeint, er solle auf jeden Fall wegfahren, jedoch nicht in ein postsowjetisches Land, da ihr Mann dort überall Verbindungen hätte; er solle nach Europa flüchten. Eine Freundin der Freundin habe dann seine Ausreise organisiert.

Ferner gab BF1 an, in Armenien habe er Schwierigkeiten mit dem Militär gehabt, genauer gesagt mit Widerstandskämpfern und in Russland mit der Polizei. In Russland habe er Schutzgeld an die Mafia zahlen müssen. In Armenien werde er zudem verfolgt, da er Jeside sei. Sein Vater und sein Bruder seien in Armenien ermordet worden. Wenn er zurückkehre, würde ihm vorgeworfen werden, dass er geflüchtet sei und nicht für seine Heimat gekämpft habe. In Russland werde ihn dieser Polizist bestimmt finden. Dann würde er umgebracht oder für viele Jahre ins Gefängnis gesteckt werden.

I.1.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid der belangten Behörde, (nunmehr das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; in weiterer Folge auch kurz "bB" genannt), vom 14.6.2010, FZ: XXXX , gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Absatz 1 Z 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Absatz 1 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III).

Im Rahmen der Beweiswürdigung kam das Bundesasylamt zum Schluss, dass Armenien als Herkunftsland des BF anzusehen sei. Die vom BF zu Armenien geschilderten Sachverhalte lägen bereits über 20 Jahre zurück, weshalb sie nicht mehr als kausales, ursächlich die Flucht indizierendes Ereignis bewertet werden könnten; dies v.a. auch wenn man bedenke, dass es die Vorfälle in der russischen Föderation waren, die den BF zur Weiterreise und Asylantragstellung in Österreich bewogen haben. Abgesehen davon fehlten auch Hinweise, dass Jesiden in Armenien ethnisch bedingten Verfolgungsszenarien unterworfen seien. Diese Personengruppe sei kaum mehr ein Thema der öffentlichen Wahrnehmung. Es sei auch nichts von Übergriffen staatlicher oder privater Natur bekannt.

Auch der damals ausgebrochene Berg-Karabach-Konflikt liege bereits mehr als 20 Jahre zurück und entfalte keinerlei Aktualität mehr. Dieser Konflikt sei zwar nach wie vor nicht als gelöst anzusehen, alle erhobenen Sachumstände zeigten aber, dass auf diplomatischem Weg eine Lösung gesucht werde. Auch die herangezogenen Quellen zur Thematik "Wehrdienst in Armenien" hätten keine anderslautende Entscheidung herbeiführen können. Demzufolge bestehe zwar eine grundsätzliche strafrechtliche Verantwortung für Wehrdienstentzug, allerdings seien 2004 gesetzliche Bestimmungen erlassen worden, die es in Betracht kommenden Personen unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen, sich frei zu kaufen. Diese Voraussetzungen würden vom BF erfüllt.

Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass sich die vom BF vorgebrachten Fluchtgründe zum Teil nicht auf dessen Herkunftsstaat beziehen. Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müsse sich die Furcht des Asylwerbers aber auf dessen Herkunftsstaat beziehen. Eine asylrelevante Verfolgung in Armenien liege aber auch insofern nicht vor, als es am erforderlichen zeitlichen Konnex zwischen den vom BF in Hinblick auf Armenien geschilderten Umständen (Wehrdienst im Zuge des Berg-Karabach-Konfliktes und Jesidentum) und der 20 Jahre später im Jahr 2009 erfolgten Asylantragstellung fehle. Überdies habe auch keine systematische Verfolgung von Jesiden in Armenien festgestellt werden können.

I.1.3. Die gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.8.2010, Zl. XXXX gemäß § 3, 8, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 31.8.2010 in Rechtskraft.

In diesem Erkenntnis wurde unter anderem festgestellt, dass BF1 armenischer Staatsbürger sei und der jesidischen Volksgruppe angehöre. Er sei russisch-orthodoxen Glaubens, gesund und arbeitsfähig und habe keine familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich. Seine Identität stehe nicht fest.

Es könne nicht festgestellt werden, dass BF1 im Herkunftsland einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre oder bei seiner Rückkehr sein würde.

Beweiswürdigend wurde dargelegt:

Dem Bundesasylamt ist zunächst zuzustimmen, wenn es Armenien als Herkunftsstaat des BF ansieht und seiner Beurteilung zugrunde legt. Der Asylgerichtshof teilt auch die Ansicht, dass es am zeitlichen Konnex zwischen den geschilderten Umständen und der Asylantragstellung über 20 Jahre später fehlt. Unabhängig davon steht aber aufgrund der einhelligen Berichtslage zu Armenien fest, dass es keine flächendeckende, systematische Verfolgung von Jesiden gibt. Wenngleich Benachteiligungen von Jesiden im Einzelfall im öffentlichen Leben nicht zur Gänze ausgeschlossen sind, erreichen diese aber nicht die Schwelle der Asylrelevanz.

Die Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes stellt in vielen Staaten der Erde, wie auch in Österreich und Armenien, eine Bürgerpflicht dar, an deren Nichtbefolgung Sanktionen geknüpft sind. Der BF hätte aber - sofern der ggst. Sachverhalt heute in Armenien überhaupt noch als relevant angesehen werden sollte- die Möglichkeit, sich vom Wehrdienst frei zu kaufen. Überdies finden in Armenien aktuell keinerlei Kriegshandlungen statt.

Unabhängig von obigen Ausführungen und entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes geht der erkennende Senat aber davon aus, dass die Angaben des BF auch nicht glaubwürdig sind. Als erstes Indiz dafür wird der Umstand angesehen, dass der BF offenbar versuchte, seinen Reiseweg zu verschleiern und keinerlei konkrete Angaben dazu machte. So konnte er weder die Reiseroute noch irgendeinen Ort noch den Ort der Einreise in die EU nennen. Dies widerspricht allerdings jeglicher Lebenserfahrung, zumal Reisende ihren Reiseweg genau beobachten und beschreiben können. Dies muss für Flüchtende, bei denen die Angst vor einem Aufgriff und vor Verfolgung dazu kommt, umso mehr gelten. Außerdem ist völlig unglaubwürdig, dass die Frau eines russischen Polizisten kurzfristig 10.000,- USD flüssig machen kann und damit ihrem Geliebten die Flucht finanziert. Dies wird auch dadurch bekräftigt, dass der BF nicht einmal den Namen seiner Freundin nannte und auch nur von der Freundin seiner Freundin als Kontaktperson sprach.

Der erkennende Senat erachtet auch die Angaben des BF zu seinem angeblichen, über 20-jährigen Russlandaufenthalt als völlig unglaubwürdig. Es ist nicht plausibel, dass der BF so lange in Russland illegal leben und arbeiten konnte, ohne dabei erwischt und abgeschoben zu werden. Da er nach seinen Angaben sogar wegen Drogenbesitzes 6 Jahre inhaftiert war, hätten die Behörden zumindest im Zuge des Gerichtsverfahrens die Illegalität des BF feststellen müssen. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist auch, dass der BF im Zuge der freien Schilderung gleich von sich aus sagt "Schriftliche Unterlagen dazu besitze ich nicht". Wäre er tatsächlich zu einer 6-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, müsste er zumindest ein Urteil, eine Anklageschrift oder eine Verhandlungsschrift haben.

Es ist auch weiters unglaubwürdig, wenn der BF angibt, als Obsthändler immer wieder und mit immer höheren Summen bestochen zu haben und gleichzeitig angibt, die Polizei hätte ihm Drogen untergeschoben, worauf er für 6 Jahre inhaftiert wurde. Es ist völlig unplausibel, dass sich die Polizisten auf diese Art und Weise ihren "Sponsor" aus dem Verkehr gezogen hätten.

Ebenso unglaubwürdig ist die Schilderung des BF bezüglich seines Verhältnisses zur Polizistenfrau, wozu er nur allgemeine und vage Angaben Machte. So nannte er weder Namen, Daten, Örtlichkeiten oder sonstige Details, sondern beschränkte sich nur auf sehr allgemeine Floskeln.

Aufgrund der aufgezeigten Unstimmigkeiten geht der Asylgerichtshof davon aus, dass der BF lediglich versucht hat, seine armenische Staatsangehörigkeit zu verschleiern, um so der Abschiebung zu entgehen. Dies wird auch durch seine Behauptung bei seiner 3. und letzten Einvernahme bestätigt, als er anmerkte, dass er seines Erachtens derzeit keine armenische Staatsbürgerschaft besitze, da er keinen Reisepass habe.

Endgültig abgerundet wird die persönliche Unglaubwürdigkeit des BF durch einen Widerspruch in seiner letzten Einvernahme hinsichtlich seiner Angehörigen in Armenien innerhalb von nur 2Absätzen: "Es gibt keine Verwandten mehr von mir in Armenien" gegenüber "Ich will noch sagen, dass ein jüngerer Bruder und die Mutter zu Hause geblieben sind."

Es ist auch nicht glaubwürdig, dass der BF in Armenien irgendwelche Probleme gehabt haben sollte. Dies ergibt sich für den erkennenden Senat schlüssig daraus, dass er bei seiner Erstbefragung diesbezüglich überhaupt nichts erwähnte und erst, als im bewusst wurde, dass Armenien als Herkunftsstaat der Beurteilung zugrunde gelegt würde und er gezielt nach Problemen wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit befragt wurde, angab: "In Russland nicht, in Armenien schon, da ich ein Jeside bin. Ich bin immer von den Armeniern unterdrückt worden." Die Schilderung allfälliger konkreter Übergriffe oder Verfolgungshandlungen unterblieb zur Gänze. Auch als er gefragt wurde, ob er noch etwas angeben möchte, das ihm wichtig erscheint und ob er genug Zeit gehabt habe, seine Fluchtgeschichte vorzubringen, erwähnte er dazu nichts.

Im Übrigen hat der BF während seiner gesamten Einvernahmen auch nie erwähnt, dass er von staatlicher Seite zum Wehrdienst eingezogen worden sei und einem diesbezüglichen Einberufungsbefehl nicht Folge geleistet habe. Vielmehr hätten ihn "private" Widerstandskämpfer dazu nötigen wollen und ihn und seinen Vater immer wieder bedroht und geschlagen bzw. ihnen Vieh weggenommen. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, wäre es allerdings naheliegend gewesen, dass sich der BF und sein Vater, der als Arzt sicherlich ein intelligenter und redegewandter Mann war, mit einer Anzeige an die Polizei gewandt hätten, was aber nicht der Fall war. Es ist daher unglaubwürdig, dass der BF tatsächlich den geschilderten Übergriffen ausgesetzt war.

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht weiter substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

I.1.4. Am 23.10.2010 brachte BF1 den zweiten Asylantrag aus dem Stande der Schubhaft ein.

Als Begründung gab er bei der Erstbefragung am 23.10.2010 an, dass er keine neuen Gründe habe, er könne nur seine alten Angaben jetzt beweisen. Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme am 3.11.2010 gab BF1 weiters an, er habe keine Möglichkeit gehabt, eine Berufung mit Hilfe eines Anwaltes zu schreiben. Er wolle mit Hilfe eines Anwalts eine Beschwerde schreiben. Im Übrigen seien seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht. Er wisse nicht, ob er auch erwähnt habe, dass er als Jeside keine Möglichkeit habe, in Armenien zu leben. Außerdem habe er Hepatitis C, Schmerzen nach einer Bandscheibenoperation, Leberzirrhose, Beschwerden nach einer Nasenoperation, Schmerzen an Bauch, Nieren, Kopf und Magen sowie psychische Probleme. Er sei auch wegen Selbstverletzungen im Krankenhaus gewesen.

I.1.5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1.12.2010 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen (Spruchpunkt II).

Begründend wurde darin ausgeführt, dass BF1 ausschließlich Umstände geltend mache, die seinen Schilderungen zufolge schon vor Eintritt der Rechtskraft des Erstbescheides im ersten Asylverfahren bestanden hätten. Er habe entgegen seiner Ankündigung auch keine Beweise für das Vorbringen im ersten Asylverfahren vorgelegt. Doch selbst, wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte es sich dabei bloß um ein neues Bescheinigungsmittel zu einem bereits rechtskräftig entschiedenen Sachverhalt gehandelt. Zur Prüfung der rechtlichen Relevanz eines solchen novum repertum bestehe aber im Verfahren nach § 68 AVG kein Platz. Soweit sich BF1 auf seine jesidische Volksgruppenzugehörigkeit berufe, sei dies ebenfalls bereits vor Abschluss des ersten Asylverfahrens bekannt gewesen. Auch die Erkrankung an Hepatitis C sowie die Bandscheibenoperation seien laut vorgelegten Befunden bereits vor Abschluss des ersten Asylverfahrens bekannt gewesen. Die behaupteten Schmerzen im Bereich von Bauch, Nieren, Kopf und Magen habe BF1 durch keinerlei Befunde untermauern können. Doch selbst dann, wenn man all die Beschwerden des BF1 sowie eine psychische Erkrankung annähme, würden keine derart außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine Außerlandesschaffung des BF1 als mit Art. 3 EMRK nicht vereinbar erschienen ließen.

Im Hinblick auf Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass der BF keine familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet habe.

In der Beschwerde gegen den Bescheid wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass BF1 bei einer Rückkehr wegen seiner gesundheitlichen Probleme in eine ausweglose Situation käme. Außerdem wurde mit der Beschwerde ein Arztbrief vom 17.11.2010 vorgelegt. Demnach habe BF1 an chronischer Hepatitis C, einer psychovegetativen Erschöpfungssymptomatik sowie noduli haemorrhoidales gelitten. Empfohlen wurde eine strenge Alkoholkarenz. Handschriftlich wurde von BF1 ergänzt, dass sein Leben in Armenien in Gefahr sei, sein Vater und sein Bruder seien dort ermordet worden. Er habe nicht gewusst, dass er an Hepatitis C erkrankt sei, dies sei in Armenien auch nicht behandelbar.

I.1.6. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.12.2010 wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass sich BF1 bei seinem neuerlichen Vorbringen auf Gründe stütze, die er schon im ersten Asylverfahren vorbringen hätte können. Die Rechtskraft im ersten Asylverfahren sei am 31.8.2010 eingetreten. Im Wesentlichen habe der BF1 vorgebracht, dass er keine Beschwerde mit Hilfe eines Rechtsanwaltes einbringen habe können, dass er der jesidischen Volksgruppe angehöre und dass er an diversen Erkrankungen leide.

BF1 habe bereits im 1. Asylverfahren angegeben, dass er als Jeside immer wieder von den Armeniern unterdrückt worden sei, sodass dieser Punkt bereits von der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahren umfasst gewesen sei.

BF1 wäre es in jeder Phase des Verfahrens freigestanden, sich eines Rechtsanwaltes zu bedienen. Aus dem Umstand, dass sich BF1 keines Rechtsvertreters bedient habe, könne jedenfalls nicht auf eine Mangelhaftigkeit des ersten Asylverfahrens geschlossen werden.

Seine Hepatitis C-Erkrankung sei dem vorgelegten Ambulanzbrief vom 17.11.2010 zufolge bereits seit Juni 2010 bekannt und somit von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens erfasst. Wie das Bundesasylamt richtig festgestellt habe, habe auch keinem der vorgelegten Befunde entnommen werden können, dass BF1 an Leberzirrhose leiden würde. Vielmehr ergäbe sich aus dem Befund vom 13.2.2010, dass die Leber normal groß sei.

Nicht verifizierbar seien nach den vorgelegten Befunden auch die von BF1 behaupteten Schmerzen an Kopf, Nieren, Bauch und Magen. Aufgrund der vorgelegten Befunde bestehe bei BF1 noch eine psychovegetative Erschöpfungssymptomatik, die aber ebenfalls zumindest bereits am 13.8.2010 bekannt gewesen und auch von der Rechtskraft der Entscheidung im ersten Asylverfahren erfasst sei. Soweit sich BF1 selbst Schnittverletzungen beigefügt habe, sei aufgrund eines Befundes vom 9.8.2010 davon auszugehen, dass es sich dabei nicht um einen ernsthaften Suizidversuch des BF1 gehandelt habe, sondern dass diese auf den hohen Alkoholisierungsgrad des BF1 und dessen generelles aus den Befunden ersichtliches Alkoholproblem zurückzuführen sei. Überdies sei BF1 in stabilem psycho-physischem Zustand aus dem Krankenhaus entlassen worden.

Doch selbst dann, wenn die geschilderten Erkrankungen des BF1 nicht bereits von der Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes im ersten Asylverfahren erfasst wären, hätten sie zu keiner anders lautenden Beurteilung bzw. Entscheidung geführt. Sämtliche der angeführten Erkrankungen seien nämlich in Armenien behandelbar, wenngleich nicht auf dem gleichen hohen fachlichen Niveau und weitestgehend kostenlos wie in Österreich. Dies sei allerdings nach der Judikatur des EGMR nicht relevant.

Zudem erreichten die von BF1 ins Treffen geführten Erkrankungen auch nicht jene besondere Schwere, die nach der Judikatur des EGMR vorliegen muss, um die Außerlandesschaffung eines Fremden als im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend erscheinen zu lassen.

Der Asylgerichtshof konnte auch keine Verschärfung der Lage in Armenien erkennen.

Eine Änderung des Sachverhaltes, die eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages erwarten hätte lassen, sei daher nicht eingetreten.

Insgesamt kam nach Ansicht des Asylgerichtshofes eine inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages nicht in Betracht.

Ferner wurde festgehalten, dass BF1 in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte habe. Ausgehend von seiner erstmaligen Einreise im September 2009 habe sich BF1 zum Entscheidungszeitpunkt ca. 1 Jahr und 3 Monate im Bundesgebiet aufgehalten. Der Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens werde durch den relativ kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet, insbesondere auch im Verhältnis zu seinem Lebensalter sowie durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages und in weiterer Folge durch die Stellung eines weiteren unbegründeten Folgeantrages relativiert.

Der BF verfüge über keine Deutschkenntnisse. Seine Einvernahmen seien jeweils unter Beiziehung eines Dolmetschers geführt worden und es sei daher davon auszugehen, dass er im Asylverfahren nicht in der Lage gewesen sei, seinen Asylantrag ohne Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. In Bezug auf sein Lebensalter habe BF1 den weitaus überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht. Zu seinem weiteren sozialen Umfeld sei anzuführen, dass im Verfahren keine sozialen oder kulturellen Bindungen zu Österreich zu Tage getreten seien.

BF1 beziehe Grundversorgung und sei bisher in Österreich strafrechtlich unbescholten. BF1 sei schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist.

Bei Antragstellung hätte ihm klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziere die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle den Umstand, dass dies dem Beschwerdeführer - in Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung - bewusst gewesen sei, da davon auszugehen gewesen wäre, dass er in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche Art der Einreise und Niederlassung gewählt hätte. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes sei zu Lasten des BF1 festzuhalten, dass sein Privatleben zu einem Zeitpunkt entstanden sei, in dem er sich bewusst sein musste, dass sein Aufenthalt in Österreich nur ein vorübergehender und nur für die Dauer des Asylverfahrens legalisiert war. Somit hätte er zu keinem Zeitpunkt vernünftigerweise davon ausgehen können, sein Privatleben in Österreich weiter führen zu können.

Letztlich wurde festgehalten, dass sich insbesondere aus der Art und der - bezogen auf das Lebensalter des BF1 - relativ kurzen Dauer des bisherigen Aufenthaltes, welcher nur durch die illegale Einreise geschaffen und durch die schon von Anfang an unbegründete Stellung eines Asylantrages vorübergehend legalisiert werden konnte, aus der Frage der Beantwortung des tatsächlichen Bestehens eines Familienlebens, der fehlenden Schutzwürdigkeit des Privatlebens, dem festgestellten Grad der Integration, der nach wie vor noch als gegeben anzunehmenden Bindungen an den Herkunftsstaat, der Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, des Umstandes, dass das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, als sich BF1 seines ungewissen Aufenthaltsstatus bewusst war im Rahmen einer Gesamtschau nicht festgestellt werden hätte können, dass eine Gegenüberstellung der vom Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnisse mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu einem Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen hätte können.

I.1.7. Im Rahmen des fremdenpolizeilichen Verfahrens wurde dem BF am 15.04.2011 in einer Einvernahme der Inhalt einer Mitteilung der russischen Botschaft vorgehalten, wonach der Abgleich der Fingerabdrücke des BF ergeben habe, dass es sich bei ihm um XXXX in XXXX / Armenien handle. Der BF gab hierzu damals vorerst an, keine Person mit diesen Personalien zu kennen.

I.1.8. Mit Schreiben der bB vom 19.02.2014 wurde BF 1 darüber informiert, dass in seiner Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden hat. Demnach befinde er sich seit 24.12.2013 in Untersuchungshaft wegen gewerbsmäßigen Ladendiebstahls. Es sei daher beabsichtigt, zusätzlich zur Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot zu erlassen.

I.1.9. BF 1 stellte am 26.11.2014 unter den Personalien XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. BF1 wurde am XXXX .2015 gemeinsam mit XXXX und XXXX von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

I.1.10. Am 12.8.2015 stellte BF1 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich unter den nunmehr bekannten Personalien XXXX . Anlässlich seiner Ersteinvernahme nach dem Asylgesetz brachte er vor, dass er bislang aus Angst gelogen habe. Jetzt wolle er alle Urkunden vorlegen und die ganze Wahrheit erzählen. Er habe Armenien wegen dem Krieg in Berg Karabach verlassen. Er hätte in den Krieg ziehen sollen und sei nach Russland gegangen, wo er zehn Jahre gelebt habe. In Armenien sei er zum Feind seines Volkes geworden, weil er nicht in den Krieg gezogen sei. Sein Vater sei am 10.9.1999 ermordet worden. In den Urkunden sei gestanden, dass dieser an einem Herzinfarkt gestorben wäre. Tatsache sei jedoch, dass er in einen Fluss geworfen und seine Leiche eine Woche später gefunden worden sei. Sein jüngerer Bruder habe ihm davon berichtet. Dieser sei ebenfalls nach Russland geflüchtet und habe in Moskau Geschäfte betrieben. Eines Nachts sei er in seiner Wohnung getötet worden. Die Mörder seien gefasst und am selben Tag freigelassen worden. Diese seien aus dem Bekanntenkreis eines Anführers der russischen Nationalisten. Als neue Gründe möchte er die oben bereits erwähnten Gründe angeben. Diese habe er im ersten Asylverfahren nicht gesagt. In Russland und Armenien suchten die Mörder seines Bruders nach ihm und möchten ihn töten. In Armenien suchten die Mörder des Vaters nach ihm. Er sei bereits im Jahr 2008 nach Russland entführt worden. Daraufhin hätten seine Entführer gedacht, er sei tot. Dann sei er geflüchtet.

I.1.11. BF1 wurde für den 4.12.2017 zu einer Einvernahme vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geladen. Im Rahmen dieser Einvernahme gab der BF 1 an, dass er eine Hepatitis-C Behandlung erhalten habe, im Moment aber gesund sei. Weiters gab er an, bis zum Alter von 18 Jahren in Armenien gelebt zu haben. Danach sei er nach Russland und von dort nach Österreich gegangen; nach Österreich sei er im Jahr 2009 gekommen. Nach negativer Asylentscheidung sei er nach Deutschland gegangen, wo er sieben oder acht Monate gelebt und um Asyl angesucht haben. Vorgelegt wurde vom BF ein Diplom der Fachschule für Elektromechanik lautend auf seinen Namen aus dem Jahr 1990 und ein Parteibuch der Kommunistischen Jugendvereinigung. Er habe väterlicherseits noch zwei Verwandte in Armenien, seine Geschwister und Mutter würden in Russland leben. Als Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates gab BF1 an, dass er wie viele andere armenische Männer damals im Krieg hätte kämpfen müssen. Er habe dies verweigert und sich versteckt, weshalb er Probleme bekommen hätte. Er habe keine andere Möglichkeit gehabt, als Armenien zu verlassen und könne aus diesem Grunde nicht mehr zurück. Gefragt danach, ob er bei seiner ersten Asylantragstellung dieselben Gründe angeführt hat, antwortete der BF mit "Ja". Im Falle der Rückkehr befürchtete BF 1, dass drei Generäle, welche mittlerweile in seinem Heimatdorf lebten, ihn für seine Flucht vor dem Wehrdienst verantwortlich machen würden. Nach der Flucht des BF 1 aus Armenien sei sein Vater wegen der seiner Flucht ermordet worden. Der Vater sei bestraft worden, weil er die Flucht des BF1 organisiert habe. Wer genau den Vater getötet habe, könne man nicht sagen, seine Leiche sei erst eine Woche nach dem Tod in einem Fluss entdeckt worden. Er nehme an, dass der Tod des Vaters mit seiner Flucht in Verbindung steht, da nach seiner Flucht immer wieder Leute zu seinen Eltern nach Hause gekommen wären. Diese hätten dem Vater Vorwürfe gemacht und hätten der Familie Tiere weggenommen. Würde es die angeführte Bedrohung nicht geben, könne der BF sich vorstellen, für sich in Armenien zu sorgen. Der BF wurde auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht und wurden ihm Länderfeststellungen zur Stellungnahme ausgehändigt.

BF1 gab zudem an, vor circa fünf Jahren eine Frau kennengelernt zu haben, mit welcher er zusammenlebe. Sie würden sich um ihre gemeinsamen drei Kinder kümmern. Der BF legte die Sterbeurkunde des Bruders aus Russland vor und vermeinte, dass die Mörder des Bruders auch ihn töten könnten. Dies da er sich auch für seinen Bruder rächen würde.

I.1.12. Mit Schreiben vom 3.5.2018 wurden BF1 die neuesten Ereignisse in Bezug auf Armenien in Form von Kurzinformationen vom 24.4.2018 betreffend Massenproteste und Rücktritt von Premierminister Sargsyan sowie vom 13.12.2017 betreffend die Verabschiedung eines Gesetzes zur häuslichen Gewalt und Auszüge aus einem Straf- und Anzeigenregister (aus diesem Auszug geht hervor, dass zur Person des BF1 insgesamt acht Verurteilungen und dreizehn Anzeigen - darunter auch solche, die zu einer Verurteilung geführt haben, verzeichnet sind) übermittelt und wurde BF1 aufgefordert, bekanntzugeben, ob es Strafausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe gäbe und was sich seit der letzten Einvernahme am 4.12.2017 vor der bB im Privat- und Familienleben des BF1 bzw. an seiner persönlichen Lage im Herkunftsland geändert habe.

Mit Schreiben vom 23.5.2018 wurde dem BF eine weitere Kurzinformation betreffend die Wahl von Oppositionsführer Pashinyan zum Ministerpräsidenten sowie neuerlich Auszüge aus dem Straf- und Anzeigenregister zur Kenntnis gebracht.

Im Akt erliegt ein Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Vorarlberg, aus welchem im Wesentlichen hervorgeht, dass es am 13.4.2018 in der Wohnung des BF1 zu einer Auseinandersetzung zwischen BF1 und einem Handwerker gekommen sei, wobei beide verletzt worden seien und BF1 gegen seinen Widersacher gefährliche Drohungen ausgestoßen habe. Die vorerst gegen ihn erlassene Maßnahme der elektronischen Fußfessel wurde widerrufen.

Am 14.6.2018 wurden BF1 neuerlich die bereits übermittelten Kurzinformationen sowie die Auszüge aus dem Straf- und Anzeigenregister - insgesamt waren darin nunmehr 14 Eintragungen verzeichnet - übermittelt und wurde BF1 neuerlich eingeladen, dazu Stellung zu beziehen.

Im Akt erliegt auch ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom XXXX 2018, mit welchem BF1 gemäß § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes, BGBl. I Nr. 12/97 iVm § 57 AVG, der Besitz von Waffen und Munition verboten wird.

I.1.13. In einer Stellungnahme vom 2.7.2018 führte BF1 zusammengefasst aus, dass es für seine Familie sehr schlimm wäre, wenn er nach Armenien zurückgeschickt würde. In seiner Heimat herrsche Krieg. Er habe sehr viele Freunde verloren und leide unter Panikattacken und Suizidgedanken. In der Not habe er Essen im Wert von acht Euro gestohlen und schäme sich deshalb sehr. Seine Familie könne nichts dafür. Durch seine schlechten Sprachkenntnisse sei es ihm auch noch nicht gelungen, Arbeit zu finden. Zwei Monate habe er bei einem Unternehmen gearbeitet. Er habe aus finanziellen Gründen geklaut, als Vorbeugung besuche er einen Deutschkurs. Er nutze seine Haft und habe auch regelmäßig Gespräche mit einer Psychologin, was er auch in Freiheit regelmäßig mache. Seine Kinder seien in Österreich geboren und seien bestens integriert; er wolle, dass diese behütet aufwachsen. Die Welt der Familie würde zerstört, wenn sie nun zurückgeschickt würden.

In einem beigelegten, handschriftlichen Schreiben ohne Datum legte BF1 ferner dar, dass er ein stolzer armenischer Mann sei. Er habe in der Vergangenheit Schreckliches erlebt, als beispielsweise Frauen von mehreren Soldaten vergewaltigt worden und Nachbarn oder Freunde durch Bombenexplosionen verletzt worden seien. Deshalb wache er nachts immer noch auf und rieche manchmal verbranntes Fleisch. In Armenien sei alles dem Erdboden gleich gemacht worden. Trotz allem versuche er, zu kämpfen; er wolle arbeiten und leben. Er habe sein Herz am rechten Fleck und bitte nochmals, ihn nicht des Landes zu verweisen.

I.1.14. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.8.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 4 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Zudem wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. (vgl. weiter unter Punkt I.3.)

I.2 Zu BF2 bis BF5:

I.2.1. BF 2 brachte nach illegaler Einreise am 19.5.2012 bei der belangten Behörde ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor Organwaltern des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. einem Organwalter der belangten Behörde brachte BF2 zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes vor:

Nach der Tradition der Jesiden dürfe ein Mädchen vor der Ehe keinen Sex haben. Sie habe entgegen dieser Tradition eine sexuelle Beziehung zu einem Tadschiken gehabt. Als ihre Familie davon erfahren habe, hätten sie ihr Vater und ihr Cousin zusammengeschlagen, da sie Schande über die Familie gebracht habe.

I.2.2. Der Antrag der BF2 auf internationalen Schutz wurde zunächst mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2012 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

I.2.3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Entscheidung vom 21.02.2013 hinsichtlich Spruchpunkt I. gem. § 3 Asylgesetz 2005 abgewiesen, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gem. § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt verwiesen.

Begründend führte der Asylgerichtshof im Wesentlichen aus, dass einzelfallspezifische, über die Ermittlung der allgemeinen Berichtslage hinausgehende Ermittlungsschritte zur Ermittlung der individuellen Lage der zum damaligen Zeitpunkt schwangeren BF2, insbesondere deren sozialem, familiärem und wirtschaftlichem Umfeld (z.B. Klärung der Frage, ob sie bzw. ihre Familie in genannten Zeitraum tatsächlich nicht in Armenien aufhältig waren) in Armenien erforderlich wären. Hierzu werde abzuklären sein, ob BF2 tatsächlich Jesidin ist. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Ermittlungsstandes könne die Frage nicht beantwortet werden, ob die in Armenien aufhältigen Verwandten auch gewillt seien, BF1 zu unterstützen, wie dies seitens der belangten Behörde angenommen wurde, oder ob sie - falls sie tatsächlich Jesidin ist - als von der jesidischen Gesellschaft Ausgestoßene anzusehen sei und im Fall einer Rückkehr quasi auf sich alleine gestellt sei, was für das Treffen von Feststellungen zur individuellen Überlebensfähigkeit der BF von erheblicher Bedeutung sein werde. Auch der tatsächliche Zugang zu den angeführten Sozialleistungen würde zu klären sein.

Es wurde jedoch festgehalten, dass sich aus dem Vorbringen der BF 2 unwiderlegt ergab, dass sich die behauptetermaßen stattgefundenen Verfolgungshandlungen außerhalb ihres Herkunftsstaates abspielten, weshalb zumindest im Hinblick auf Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides eine weitere Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsgehalt des Vorbringens der BF 2 unterbleiben konnte.

I.2.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.07.2013, Zl. XXXX wurde BF2 in weiterer Folge gem. § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde neuerlich die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

Geglaubt werde BF2, dass sie in der armenischen SSR geboren worden und dort aufgewachsen sei. Die Angaben, wonach ihre Eltern und auch die Großeltern in der armenischen SSR geboren, aufgewachsen und auch armenische Staatsbürger seien, seien ebenfalls glaubwürdig gewesen. Aus den Bestimmungen des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sei abzuleiten, dass BF2 nach wie vor als armenische Staatsbürgerin anzusehen sei.

Zur Rückkehrsituation wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass BF2 nicht glaubhaft darlegen habe können, dass sie im Fall ihrer Rückkehr keine Lebensgrundlage hätte, weil ihr zugemutet werden könne, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommt. Zudem sei die Grundversorgung in Armenien gewährleistet und könne nach § 67 Asylgesetz eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital dienen. Es bestehe auch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme nationaler staatlicher Hilfsprogramme. Weiter würden diverse internationale Organisationen Rückkehrern Hilfestellung in verschiedener Form anbieten. Zudem habe die BF2 nicht glaubhaft machen können, tatsächlich einer Verfolgung durch die eigene Familie ausgesetzt zu sein, zumal die zwischenzeitige Recherche in der Russischen Föderation ergeben hätte, dass die Angaben der BF2 zum Aufenthalts- und Wohnort ihrer Familie ebenfalls nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Es sei somit nicht glaubhaft, dass BF2 im Fall ihrer Rückkehr von Seiten der Familie und von Seiten der Jesiden keine Unterstützung erwarten könne.

I.2.5. Hinsichtlich BF3 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.03.2013 mit Bescheid der bB vom 03.07.2013 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt.

I.2.6. In der Beschwerde gegen die Bescheide der bB vom 03.07.2013 hinsichtlich BF2 und BF3 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF weder russische noch armenische Staatsangehörige seien und BF2 im Falle ihrer Rückkehr auch keine Unterstützung zu erwarten habe. BF2 sei eine ledige Frau mit Kleinkind. Für sie gäbe es keine besonderen Förderungen oder Privilegien. Die Arbeitslosigkeit von Frauen sei hoch, zudem würden sie in der Arbeitswelt diskriminiert. Sexuelle Belästigung sei explizit nicht verboten. Als Jesidin habe sie wegen ihres Verhaltens auch von ihrer Familie keine Unterstützung zu erwarten.

Im Weiteren wurden mehrere psychotherapeutische bzw. psychologische Stellungnahmen sowie eine Deutschkursbesuchsbestätigung betreffend BF2 vorgelegt.

Mit Beschwerdeergänzung vom 30.7.2013 bzw. vom 1.8.2013 brachte BF2 im Wesentlichen vor, dass ihr Familienname richtig XXXX laute. Deshalb sei es möglich, dass sie unter dem vorerst angegebenen Namen XXXX innerhalb der Oblast laut Ermittlungsergebnis als nicht gemeldet aufschien. Der Oblast XXXX sei zudem sehr groß und sei es unmöglich, dass alle dortigen Meldeämter abgefragt wurden. Der Rechtsvertreter ersuche daher um Mitteilung, welches Meldeamt befragt wurde, welche Schreibweise des Namens verwendet wurde und ob in jenem Meldeamt gesucht wurde, in welchem Vater und Bruder der BF2 gemeldet sind.

Zudem wurden 2 Schreiben einer Nachbarin der BF2 vorgelegt sowie eine Kopie ihres Reisepasses. In diesem sowie einem weiteren Schreiben werde bestätigt, dass die Familie in XXXX wohne. Die vorgelegten Fotos würden das Haus zeigen, in dem BF2 gewohnt habe sowie das Haus der Nachbarin. Diese Fotos seien aus Google Maps ausgedruckt.

I.2.6. In der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.4.2014 abgehaltenen Verhandlung gab BF2 unter anderem an, sie habe ein Kind von einem Tadschiken, mit dem sie zwei Monate in Russland zusammen gewesen sei. In Armenien lebten nach wie vor vier Onkel und deren Familien.

I.2.7. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.09.2014 wurden die Beschwerde der BF 2 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. die der BF 3 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass BF2 im Heimatland eine asylrelevante Verfolgung drohe. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass sie im Falle einer Rückkehr der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der BF2 und BF3 die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Bundesasylamt völlig zutreffend argumentiert habe, dass das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant zu qualifizieren war. In Ergänzung dazu wurde jedoch erwogen, dass das Bundesasylamt zwar zu Recht davon ausgegangen sei, dass die BF armenische Staatsangehörige seien, vom Bundesverwaltungsgericht habe aber nicht festgestellt werden können, dass sie zur jesidischen Volksgruppe gehörten. Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehaltenen Beschwerdeverhandlung sei auch zu Tage getreten, dass die BF im Fall einer Rückkehr nach Armenien dort sehr wohl über ein soziales Auffangnetz in Form von Verwandten und Unterkunft verfügen würden. Aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben der BF2 zu Identität, Staatsangehörigkeit, Fluchtgrund und Aufenthalt in der Russischen Föderation gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die gesamte Familie der BF2 nach wie vor in Armenien lebe und sie bei ihrer Rückkehr auch deren Unterstützung erwarten könne. Zudem habe sich BF2 während des gesamten Asylverfahrens nicht einmal ansatzweise bemüht, Bescheinigungsmittel für ihr Vorbringen beizuschaffen.

Die Glaubhaftmachung des behauptetermaßen ausreisekausalen Sachverhaltes sei vor allem deshalb nicht gelungen, da die Aussagen der BF2 nicht kohärent und plausibel gewesen seien, der Sachverhalt zu den für ihren Fall relevanten, besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stünde und sie aufgrund der mangelnden Glaubwürdigkeit des Vorbringens auch den für ein Asylverfahren geforderten Nachweis nicht erbringen hätte können.

Bei Berücksichtigung aller bekannten Umstände hätte nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer EMRK-relevanten Verletzung bedeuten würde.

Konkret stellte das Bundesverwaltungsgericht fest (BF 2 wird hier als bP1 bezeichnet, BF3 als bP2):

"Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um armenische Staatsangehörige. Nicht festgestellt werden kann, dass die bP tatsächlich zur Volksgruppe der Jesiden gehören.

Die bP1 ist eine ledige, junge, weitgehend gesunde, arbeitsfähige Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die bP1 sucht eine Psychologin auf. Mangels Vorlage fachärztlicher Befunde aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie kann eine schwerwiegende psychische Erkrankung der bP1 nicht festgestellt werden. Die bP2 ist der 1 1/2 jährige, gesunde, in Österreich geborene Sohn der bP1. Wer der Vater des Kindes ist, kann nicht festgestellt werden.

Die bP1 spricht russisch und laut eigener Angabe jesidisch und etwas armenisch. Deutschkenntnisse waren nicht feststellbar. Die bP1 hat in Armenien die Grundschule besucht.

In Armenien leben jedenfalls 4 Onkel der bP1 sowie 2 Cousins. Die Familie der bP1 besitzt in Armenien nach wie vor die Hälfte eines Hauses, ein Onkel die andere Hälfte.

Die bP hat über ihren Sohn und ihren Lebensgefährten, dessen Asylverfahren bereits 2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, hinausgehend keine relevanten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die Identität der bP steht nicht fest."

Zur Frage der Staatsangehörigkeit wurde überdies festgehalten, dass diese bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofes rechtskräftig festgestellt wurde und sich unabhängig davon die Angaben der BF 2, staatenlos zu sein bzw. Staatsangehörige der Russischen Föderation zu sein, als nicht glaubhaft erwiesen. Dies vor allem aufgrund des Rechercheergebnis vom 06.08.2014, welches unter Berücksichtigung aller möglichen Namensangaben und mit Anführung der Quellen erstellt wurde und eben ergab, dass BF2 nicht unter den von ihr angegebenen Daten aufschien. Ausführlich wurde in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dann dargelegt, aus welchen Gründen anzunehmen ist, dass BF2 versuchte, ihre Staatsangehörigkeit zu verschleiern. Nicht nur, dass sie selbst unterschiedliche Angaben zu ihrer Herkunft machte und sowohl das erste Rechercheergebnis vom 30.05.21013 als eben auch das aktuelle vom 06.08.2014 ergaben, dass die Angaben der BF 2 nicht stimmen. Letztlich gab BF2 selbst an, dass sie in Russland nie gemeldet, jedoch in Armenien bis ca. zu ihrem 12 Lebensjahr lebte und gemeldet gewesen sei.

I.2.8. In der Folge wurde von BF2 und BF3 ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG eingebracht, in welchem im Wesentlichen dargelegt wurde, der Lebensgefährte der BF2 habe dem rechtsfreundlichen Vertreter am 16.9.2014 Unterlagen übergeben, welche BF2 wohl am 12.9.2014 erhalten hätte und diese seien noch am Tag vor der Zustellung des abschließenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgericht vom 15.9.2014 eingelangt, weshalb diese noch zu berücksichtigen gewesen wären. In diesen Unterlagen wurden im Wesentlichen Ausführungen über jesidische Frauen in Armenien getätigt und es wurde festgehalten, dass BF2 keine Unterstützung von ihren Verwandten erhalten würde. Ferner wurde ausgeführt, dass die Ausführungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die BF armenische Staatsbürger seien, nicht nachvollziehbar seien. Die dem Gericht vorgelegten Kopien der Reisepässe der Eltern und Brüder der BF2 würden belegen, dass die Feststellungen des Gerichtes nicht stimmen würden. Augenscheinlich schien in den Pässen nicht die von der BF2 selbst angegebene Adresse auf, sondern eine Andere. Die BF hätten in Armenien keine Existenzgrundlage.

I.2.9. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2014 abgewiesen. Das Gericht hielt fest, dass es sich bei den in Kopie vorgelegten Unterlagen um einen Behindertenausweis des Bruders der BF2, den Reisepass ihrer Mutter und ihres Vaters sowie ein Dokument über die Vormundschaft des Vaters über ihren Bruder handle und es wurde erwogen, dass aufgrund der erfolgten Beweisaufnahme die bisher im Verfahren getroffenen Feststellungen bzw. die beweiswürdigenden Aspekte durch die Vorlage neuer Unterlagen nicht widerlegt hätten werden können. BF2 sei es nicht gelungen, neu hervorgekommene Tatsachen vorzulegen, die die entscheidungsrelevanten Umstände derartig betreffen würden, sodass sie - wären sie seinerzeit berücksichtigt worden -voraussichtlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätten bzw. im wiederaufgenommenen Verfahren führen würden. Vielmehr habe BF2 mehrfach falsche, immer wieder geänderte Personalien angegeben, welche die Erhebungen erschwerten und zu 3 Recherchen führten, bis BF2 schlussendlich Identitätsdokumente von Verwandten vorlegte, welche jedoch wiederum nicht mit dem Vorbringen übereinstimmten. Das Vorbringen hinsichtlich der Probleme von alleinstehenden Frauen in Armenien stelle keinen neuen Sachverhalt dar. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass das Fluchtvorbringen der BF2 bereits als unglaubwürdig qualifiziert wurde.

I.2.10. Am 18.08.2015 stellte BF2 für sich und die BF3 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz. Erstbefragt führte sie aus, dass sie im Falle der Rückkehr nach Russland oder Armenien von ihrer Familie umgebracht werde.

I.2.11. Am 09.09.2015 wurde für die in Österreich geborene BF4 der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

I.2.12. Am 12.10.2017 wurde für den in Österreich geborenen BF5 der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

I.2.13. Am 04.12.2017 wurde BF2 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Sie gab an, dass ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten und sie alle gesund wären. Zum Grund für das Verlassen ihres Heimatlandes gab sie an, dass sie bereits alles erzählt habe. Ihre Kinder könnten aus demselben Grund nicht nach Armenien zurückkehren. Für Jesiden sei es streng verboten, vor der Ehe Geschlechtsverkehr zu haben. Sie wolle nunmehr zu ihrem ersten Asylantragsvorbringen "noch eine Wahrheit hinzufügen". Anlässlich des ersten Interviews habe sie wahrheitswidrig angegeben, Ende Juni 2012 nach Österreich gekommen zu sein. Tatsächlich sei sie Ende März 2012 nach Österreich gekommen. Die Schlepper hätten sie zu einem Armenier gebracht, der ihr helfen wollte und sie mit einem Jesiden, der heute ihr Lebensgefährte und Vater ihrer Kinder sei, in Kontakt gebracht. Beim ersten Interview hätte sie nichts von ihrer Schwangerschaft gewusst. Danach habe sie aber wahrheitswidrig angegeben, dass ihr erstes Kind nicht von ihrem Lebensgefährten, sondern von einem anderen Mann sei. Ihr erstes Kind sei von einem anderen Mann, mit dem sie vor ihrer Ausreise nach Österreich Geschlechtsverkehr gehabt hätte. Ihr Lebensgefährte habe ihr damals verboten, ehrlich zu sein, was sie nun aber sein wolle. Sie könne nicht nach Armenien zurück, weil sie eine Sünde begangen habe; diese Tat sei bei den Jesiden nicht erlaubt. Sie habe Angst, es sei lebensbedrohlich für sie.

I.2.14. Mit Schreiben vom 03.05.2018 wurde BF2 Parteiengehör gewährt und wurden ihr aktuelle Länderfeststellungen übermittelt. Zudem wurden ihr ihre strafrechtlichen Eintragungen - zu diesem Zeitpunkt 3 Verurteilungen und 5 Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex - vorgehalten und wurde sie aufgefordert, etwaige Änderungen zu ihrem Privat- und Familienleben bekannt zu geben.

I.2.15. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.8.2018 wurden die letzten Anträge der BF2 bis BF5 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde jeweils der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In Bezug auf BF2 wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 4 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

I.3. Zurückverweisung BF1 bis BF5

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2018 wurde den Beschwerden der BF1 bis BF5 gegen die Bescheide vom 20.08.2018 stattgegeben und wurden die angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Dies insbesondere deshalb, da die Niederschriften der Einvernahmen von BF1 und BF2 nicht im Akt erlagen und nicht erkennbar war, worauf die Behörde die der bereits durch den Asylgerichtshof getroffenen Feststellung entgegenstehende Feststellung traf, die BF wären Jesiden. Ferner wurde der bB auch aufgetragen, nicht im Akt erliegende Urteile zu beschaffen.

I.4. Gegenständlich bekämpfte Bescheide

I.4.1. Am 12.02.2019 langte ein Bericht der LPD ein, wonach mitgeteilt wurde, dass aktuell erneut gegen BF1 Ermittlungen wegen Diebstahls und des Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz geführt würden.

Gemäß dem Abschlussbericht vom 21.03.2019 wird BF1 beschuldigt, zwischen Dezember 2018 und Februar 2019 zehn Ladendiebstähle in Vorarlberg begangen zu haben. Dies in unterschiedlichen Geschäften mit einer Gesamtschadenssumme von Euro 886,59. Demnach wurde BF1 aufgrund einer angeordneten Videoüberwachung wegen Warenabganges als Täter identifiziert.

I.4.2. Am 01.04.2019 wurde BF1 erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Befragt wegen seinen Erkrankungen gab BF1 nunmehr an, er habe Hepatitis C und hätte eine Operation am Kopf in Armenien im Alter von zehn oder zwölf Jahren gehabt, wobei ein Plastikteil eingesetzt worden sei. Es sei au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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