TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/27 L508 2195850-2

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Veröffentlicht am 27.09.2019
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Entscheidungsdatum

27.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §56 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs11
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L508 2195850-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 56 Abs. 2, 58 Abs. 11 AsylG 2005 idgF, § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 3 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Punjabi sowie der Religionsgemeinschaft der Sunniten zugehörig, brachte nach illegaler Einreise am 05.10.2008 beim Bundesasylamt (nachfolgend BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 05.10.2008 Folgendes vor:

Er sei in Pakistan geboren, würde Punjabi sprechen und gehöre dem sunnitischen Glauben an. Er sei verheiratet und habe vier Kinder (drei Töchter und einen Sohn). Die Ehefrau, die Kinder sowie die Mutter und eine Schwester würden nach wie vor in seinem Heimatort leben. Er habe sieben Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Landwirt gearbeitet. Er habe Pakistan am 26.09.2008 illegal und schlepperunterstützt verlassen, sein Reisepass befinde sich zu Hause.

Zum Fluchtgrund führte der BF an, er sei Mitglied der MSL (KAAF) Partei. Am 18.02.2008 habe die Parlamentswahl stattgefunden und es sei dabei zu einem Streit und Handgreiflichkeiten mit den Mitgliedern der PPP-Partei gekommen, worauf die Leute der PPP-Partei Anzeige gegen ihn erstattet hätten. Er wohne seit 19.02.2008 nicht mehr zu Hause, sondern habe sich bis zur Ausreise in Pindi versteckt, weil die Polizei nach ihm gesucht habe.

2. Vor einem Organwalter des Bundesasylamtes bestätigte der BF am 09.10.2008 seine bisherigen Angaben und führte zudem aus, er habe Pakistan mit einem gefälschten Reisepass verlassen. Diesen habe ihm der Schlepper besorgt und ihm dann wieder abgenommen. Seinen eigenen Reisepass habe er zu Hause gelassen, dieser sei aber schon abgelaufen. Er habe zu Hause auch einen Personalausweis und er werde versuchen, sich diesen schicken zu lassen.

Zum Fluchtgrund befragt führte der BF an, er sei Sympathisant der Pakistan Muslim Leaque (Q) gewesen. Am 18.02.2008 hätten Wahlen stattgefunden und es habe dabei tätliche Auseinandersetzungen der Mitglieder der PML (Q) und der PPP-Partei gegeben. Dabei sei ein Mitglied der PPP verletzt worden und mehrere Mitglieder der PML - darunter auch er selbst - angezeigt worden. An dem Raufhandel seien ca. zehn bis zwölf Personen der PML und ca. sieben bis acht Personen der PPP beteiligt gewesen. Die Polizei sei eingeschritten, nachdem alles vorbei gewesen sei. Die Anzeige sei am 19.02.2008 erstattet worden und die Polizei habe den BF zu Hause gesucht. Er habe aber aus Angst, von der PPP gesucht zu werden, das Haus bereits, bevor die Polizei kam, verlassen gehabt. Zur Polizei habe der BF kein Vertrauen, da diese unter dem Einfluss der PPP stehe und die PPP an der Macht sei. Er sei nirgends in Pakistan sicher.

3. In einer ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme vor dem BAA am 29.01.2009 bestätigte der BF nochmals seine bisherigen Angaben, er wolle diesbezüglich auch nichts ergänzen. Dokumente könne der BF nach wie vor nicht vorlegen. Den Personalausweis habe der Schlepper und der BF habe diesen nicht erreichen können. Auf Vorhalt, bei seiner letzten Aussage habe er angegeben, der Personalausweis befinde sich zu Hause, gab der BF an, es habe sich dabei nur um die Kopie des Personalausweises gehandelt, das Original habe ihm der Schlepper abgenommen. Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er sei Mitglied der PML (Q)-Partei, habe für die Partei Werbezettel verteilt, aber keine besonderen Aufgaben gehabt. Im Zuge einer Rauferei sei er von der PPP-Partei angezeigt worden. Die Polizei habe mehrmals versucht, ihn festzunehmen. Außerdem sei er von Mitgliedern der PPP mit dem Umbringen bedroht worden und deswegen zu einem Bekannten nach Rawalpindi gefahren. Die Drohungen seien gegenüber seiner Frau ausgesprochen worden. Weder die Mitglieder der PPP-Partei noch die Polizei hätten ihn zu Hause angetroffen, da er sich noch am gleichen Tag des Vorfalls im Dorf seiner Schwester versteckt hätte. Er habe sich dort zwei Tage und in der Folge bei einem Bekannten in Rawalpindi aufgehalten. In Rawalpindi sei er keinen Bedrohungen oder Verfolgungen ausgesetzt gewesen, habe aber befürchtet, dass sein Aufenthaltsort herausgefunden werden könnte. Er habe befürchtet, umgebracht zu werden. Dem BF wurden die Länderfeststellungen zu Pakistan zur Kenntnis gebracht. Der BF gab als Stellungnahme dazu an, dieser Bericht stimme schon. Zu seiner Lebenssituation in Österreich befragt führte der BF an, er verdiene monatlich ca. 400,00 Euro als Zeitungsverkäufer, besuche keinen Deutschkurs und sei kein Mitglied in einem Verein.

4. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.02.2009 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt III.).

4.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung ging das BAA davon aus, dass dem Vorbringen des BF die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei. Der BF habe lediglich behauptet, sich vor den Mitgliedern der PPP-Partei zu fürchten, ohne dass es zu einem konkreten Angriff gekommen sei. Zudem habe es seit dem 18.02.2008 bis zur Ausreise des BF keine Verfolgungen oder persönlichen Auseinandersetzungen weder von der Polizei noch von Mitgliedern der gegnerischen Partei gegeben. Des Weiteren sei das Vorbringen des BF widersprüchlich gewesen. So habe der BF in seiner Einvernahme am 29.01.2009 zunächst angegeben, er habe sich vom 18.02.2008 bis zur Ausreise bei einem Freund in Rawalpindi aufgehalten, später habe er behauptet, er sei zwei Tage bei seiner Schwester gewesen und erst danach nach Rawalpindi gegangen. Zudem habe der BF bei seiner Befragung am 09.10.2008 angegeben, dass die Polizei bei dem Raufhandel eingeschritten wäre, bei der Einvernahme am 29.01.2009 habe er dazu angegeben, dass die Polizei gekommen wäre, er die Polizei aber nicht gesehen hätte. Weiters sei es nicht nachvollziehbar, dass sich der BF unverzüglich nach dem Vorfall bei seiner Schwester versteckt habe, da er gar nicht wissen habe können, dass die Polizei ihn suchen würde. Auch sei - bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Partei - das Vorbringen des BF nicht geeignet, eine Asylgewährung zu erwirken, da dieses mangels konkreter Verfolgung aus asylrechtsrelevanten Gründen keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention finden würde. Zudem gäbe es für den BF eine innerstaatliche Fluchtalternative.

4.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde Feststellungen.

4.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben des BF dar.

5. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes Beschwerde erhoben.

6. Im Zuge einer fremdenpolizeilichen Überprüfung am 01.02.2012 wurden an der Wohnadresse des BF eine pakistanische Geburtsurkunde und die beglaubigte Beurkundung eines pakistanischen Führerscheines sichergestellt und dem Asylgerichtshof am 20.03.2012 übermittelt.

7. Vom in der Folge zuständigen Bundesverwaltungsgericht wurde am 19.02.2014 eine Anfrage an die Österreichische Botschaft in Islamabad mit dem Ersuchen um Überprüfung der vorgelegten polizeilichen Anzeige, der Geburtsurkunde und des pakistanischen Führerscheins des BF gestellt.

8. Dem Erhebungsbericht der Österreichischen Botschaft Islamabad bzw. des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft Islamabad zufolge sei die Geburtsurkunde eingetragen worden, jedoch erscheine sie aufgrund der unterschiedlichen Schriftart und Farbe als zweifelhaft. Auch könne eine Manipulation bei der Seriennummer erkannt werden. Der pakistanische Führerschein sei als authentisch verifiziert worden. Die vorgelegte polizeiliche Anzeige sei gefälscht. Der vom BF vorgebrachte Vorfall habe am 18.02.2008 tatsächlich stattgefunden, das Anzeigeoriginal enthalte jedoch nicht den Namen des BF.

9. Für den 19.08.2014 lud das Bundesverwaltungsgericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

10. Mit Schreiben vom 25.07.2014 wurde dem BF eine Aufforderung zur Mitwirkung im Beschwerdeverfahren und zur Vorlage von Dokumenten und Beweismitteln übermittelt. Den Verfahrensparteien wurden zudem mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.07.2014 aktuelle Länderberichte zur Lage in Pakistan sowie die Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft Islamabad zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.

11. Mit Schreiben vom 29.07.2014 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Ungeachtet dessen wurde aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung der Beschwerde beantragt und um Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls ersucht.

12. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte der BF seine dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität und dass er verhandlungsfähig sei.

Zu den Einvernahmesituationen im bisherigen Verfahren führte der BF an, es sei alles in Ordnung gewesen. Er habe immer die Wahrheit gesagt und möchte nichts richtigstellen. Seit Asylantragstellung bzw. seit Erhalt des angefochtenen Bescheides habe sich nichts geändert. Er könne nicht nach Pakistan zurückkehren, da er in Lebensgefahr sei.

Die Ehefrau, drei Töchter und ein Sohn des BF würden mit der Mutter des BF im Heimatdorf leben und er habe regelmäßig Kontakt mit ihnen. Er habe in Pakistan auch noch weitere Verwandte. In Österreich lebe er mit fünf oder sechs Pakistani zusammen in einer Mietwohnung und verdiene seinen Lebensunterhalt als Zeitungsausträger. Er erhalte keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er sei in Österreich nicht straffällig geworden, sei kein Mitglied in einem Verein und spreche auch kaum Deutsch.

Zur fremdenpolizeilichen Kontrolle und Sicherstellung der Geburtsurkunde und beglaubigten Urkunde des pakistanischen Führerscheins befragt führte der BF an, dies seien nur Kopien gewesen und er habe diese beim Interview bei der belangten Behörde noch nicht gehabt.

Nach Übersetzung des Erhebungsberichtes der Staatendokumentation und zum Ergebnis, wonach demzufolge die polizeiliche Anzeige gefälscht sei, gab der BF an, dass dies nicht stimme, wie könne er auf den FIR seinen Namen hinzufügen und dass der FIR nicht gefälscht sei. Bei Rückkehr in sein Heimatland habe er Angst, dass er von der Polizei getötet werden würde, er sei dort in Lebensgefahr.

Zu den Länderfeststellungen zu Pakistan nahm der BF nicht Stellung.

13. In Erledigung der gegen den Bescheid des BAA am 13.02.2009 erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht folglich mit Erkenntnis vom 10.09.2014 Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die ordentliche Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4. B-VG für nicht zulässig erklärt.

In der Entscheidung wurde festgestellt, dass der BF in seinem Herkunftsstaat keiner Verfolgungsgefahr iSd GFK unterliegt. Ebenso wurde festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Pakistan keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es wurde auch festgehalten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des BF in Österreich darstellen.

14. Im fortgesetzten Verfahren übermittelte das BFA dem BF eine Verfahrensanordnung.

Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer zweiwöchigen Frist dazu Stellung zu nehmen und Fragen zum Privat- und Familienleben bzw. zur Integration in Österreich zu beantworten.

15. Die damalige rechtsfreundliche Vertretung des BF beantragte in der Stellungnahme vom 06.10.2014 die Gewährung der Akteneinsicht. Die damalige rechtsfreundliche Vertretung wurde mit E-Mail vom 08.10.2014 über die derartige Möglichkeit informiert.

16. Die damalige rechtsfreundliche Vertretung führte im Rahmen einer Stellungnahme vom 13.10.2014 aus, der BF befinde sich seit dem Jahr 2008 durchgehend und bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes rechtmäßig im Bundesgebiet, er habe im Asylverfahren sämtliche Mitwirkungspflichten erfüllt und keine Folgeanträge gestellt. Er habe die lange Verfahrensdauer nicht zu vertreten. Der BF sei unbescholten, integriert, selbsterhaltungsfähig und aufrecht sozial- und krankenversichert. Er verfüge über einen großen Bekanntenkreis und spreche gut Deutsch. Der BF legte einen Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2012 sowie eine Versicherungsbestätigung der SVA vom 30.09.2014 vor.

17. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Burgenland, vom 03.11.2014, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

17.1. Das BFA stellte zur Person des BF fest, dass die Identität und Nationalität des BF feststehe. Der BF sei illegal nach Österreich eingereist und wurde sein Aufenthalt lediglich durch die Asylantragstellung legalisiert. Der BF sei unbescholten, habe bisher keinen Deutschkurs absolviert und spreche die deutsche Sprache nicht. Er habe bisher keine Ausbildung gemacht. Der BF befinde sich nicht in Grundversorgung, arbeite als Zeitungszusteller und sei kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Weitere soziale Integrationsbemühungen würden sich nicht erkennen lassen. Die Ehefrau, vier Kinder, die Mutter und die Schwester des BF würden nach wie vor in Pakistan leben. Der BF habe keine Verwandten in Österreich.

17.2. Beweiswürdigend führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus:

Die Feststellungen zur Person des BF würden auf den Angaben des BF, seinem pakistanischen Führerschein und den vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Erhebungen beruhen. Die Feststellungen zur Integration und zum Privat- und Familienleben des BF würden sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen des BF ergeben.

17.3. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 05.11.2014.

18. Mit Schriftsatz vom 19.11.2014 wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und es wurden die Anträge gestellt,

- eine mündliche Verhandlung durchzuführen,

- den angefochtenen Bescheid zu beheben und dahingehend abzuändern, dass die dauerhafte Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festgestellt werde,

- in eventu festzustellen, dass eine Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG nicht zulässig sei und

- in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

19. Die gegen den Bescheid des BFA vom 03.11.2014 erhobene Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mit Erkenntnis vom 11.02.2015 gem. §§ 55 und 57 AsylG 2005, § 10 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52, 46 und § 55 FPG 2005 abgewiesen.

20. Am 21.07.2015 brachte der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gem. § 56 Abs. 2 AsylG ein.

Dem Antrag beigelegt wurden unter anderem ein österreichischer Führerschein, eine Wohnbestätigung, zwei Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über eine nicht bestandene Deutschprüfung Niveau A1, ein Versicherungsdatenauszug vom 06.07.2015 und Bestätigungen bezüglich der Zustellhonorare des BF für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis 31.05.2015.

21. Im Zuge einer Stellungnahme vom 04.08.2015 führt der BF im Wege seiner damaligen rechtsfreundlichen Vertretung aus, er befinde sich seit dem Jahr 2008 durchgehend und bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2014 rechtmäßig im Bundesgebiet, er habe im Asylverfahren sämtliche Mitwirkungspflichten erfüllt und keine Folgeanträge gestellt. Der BF sei unbescholten, integriert, selbsterhaltungsfähig und aufrecht sozial- und krankenversichert. Er verfüge über einen großen Bekanntenkreis und spreche gut Deutsch. Der BF legte einen Einkommenssteuerbescheid sowie eine Versicherungsbestätigung der SVA vom 30.09.2014 vor.

22. Mit Schreiben vom 05.12.2016 teilte die nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung des BF mit, dass der BF eine Deutschprüfung Niveau A2 erfolgreich bestanden habe.

23. Seitens des BFA erging mit Schreiben vom 20.07.2017 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme bzw. ein Verbesserungsauftrag, womit der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, ein gültiges Reisedokument samt aktueller vollständiger Kopie sowie das Original seiner von der Österreichischen Botschaft Islamabad beglaubigten Geburtsurkunde samt Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen vorzulegen. Auf die Heilungsmöglichkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV wurde hingewiesen. Der Beschwerdeführer wurde zudem darüber belehrt, dass sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen sei, wenn er seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nachkomme.

Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer eine Liste von Fragen gestellt und wurde er aufgefordert, hinsichtlich seiner Lebensumstände Nachweise zu erbringen.

24. Im Wege einer Stellungnahme durch die nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung des BF vom 07.08.2017 teilte dieser mit, dass er weder über einen gültigen Reisepass noch eine Geburtsurkunde verfüge, weshalb er diese der belangten Behörde nicht vorgelegt habe. Der BF habe in Bezug auf seine Identität im bisherigen Verfahren immer die Wahrheit gesagt. Er sei im Besitz eines österreichischen Führerscheins.

Der BF lebe mit seinem Bruder XXXX in einem gemeinsamen Haushalt. Der BF halte sich nun seit beinahe neun Jahren im Bundesgebiet auf und habe große Schritte in Richtung Integration geleistet. Er spreche Deutsch auf Niveau A2, arbeite seit mehreren Jahren als Zeitungszusteller und sei selbsterhaltungsfähig. Er sei bisher auch niemals strafrechtlich in Erscheinung getreten, respektiere die Gesetze in Österreich und leiste seit mehreren Jahren auch durch freiwillige Spenden an das Rote Kreuz Österreich einen gemeinnützigen Beitrag an die Gesellschaft. Aufgrund des langen Aufenthalts in Österreich bestünde auch zu seinem Heimatland Pakistan keinerlei Naheverhältnis bzw. Bindung mehr.

Diesem Schriftsatz sind unter anderem diverse Meldezettel, Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2016 und Rechnungen zum Nachweis eines gesicherten Lebensunterhalts, eine Versicherungsbestätigung der SVA, ein Miet- und Untermietvertrag, ein Sprachzeugnis Niveau A2, ein Arbeitsvertrag, ein Strafregisterauszug, eine Mitgliedskarte des Roten Kreuzes 2015 bis 2017, eine Kopie des österreichischen Führerscheins und diverse Kontoauszüge über Ersparnisse angeschlossen.

25. Mit Bescheid des BFA vom 11.04.2018 wurde der Erstantrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung" in besonders berücksichtigungswürdigenden Fällen gemäß § 56 Absatz 2 Asylgesetz gemäß § 58 Absatz 11 Ziffer 2 Asylgesetz zurückgewiesen.

Begründend führte das BFA nach der Wiedergabe des Verfahrensgangs und der Feststellungen zu dessen Person sowie zu seinem Privat- und Familienleben bzw. seiner Integration in Österreich aus, dass der Beschwerdeführer trotz Belehrung und Aufforderung die erforderlichen Beweismittel über seine tatsächliche Originalidentität (Name, Vorname und Geburtsdatum), zu welcher implizit auch seine Staatsangehörigkeit zähle, vorzulegen, diese nicht vorgelegt habe, weshalb der verfahrensgegenständliche Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels jedenfalls gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückzuweisen gewesen sei.

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG sowie gemäß § 52 Abs. 3 FPG sei, werde der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Werde ein solcher Antrag zurückgewiesen, gelte dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG vorliege.

Mit seit 13.02.2015 rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.02.2015 sei die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 03.11.2014, mit welchem eine Rückkehrentscheidung gegen den BF verhängt worden war, gemäß den §§ 57 und 55 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, § 10 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie §§ 52, 46 und § 55 FPG 2005 BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen worden.

Hinsichtlich der hierfür maßgeblich gewesenen Gründe habe sich nach den im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen, abgesehen vom weiteren Zeitablauf seither - insbesondere bezogen auf § 53 Abs. 2 und 3 FPG - keine entscheidungswesentliche Veränderung ergeben.

Unter Verweis auf § 59 Abs. 5 FPG führte das BFA schließlich aus, dass die seinerzeitige Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2015 aufrecht und rechtskräftig sei. Neue Tatsachen gem. § 53 Abs. 2 und 3 FPG seien nicht hervorgekommen und habe somit die Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung unterbleiben können.

26. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

27. Gegen den Bescheid des BFA vom 11.04.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

27.1. Zunächst wurde beantragt,

- die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des BF vom 21.07.2015 Folge gegeben und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung aus besonders berücksichtigungswürdigen Fällen antragsgemäß erteilt werde oder

- den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen; sowie

- eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen und durchzuführen.

27.2. Des Weiteren wurde Folgendes vorgebracht:

Der BF würde weder über ein gültiges Reisedokument, noch über eine Geburtsurkunde oder eine diesen Dokumenten gleichzuhaltende Urkunde verfügen. Er könne diese Dokumente daher auch nicht vorlegen. Er hätte in Bezug auf seine Identität im bisherigen Verfahren immer die Wahrheit gesagt. Er sei im Besitz eines österreichischen Führerscheins und hätte damit seine Identität hinreichend nachgewiesen. Eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht könne ihm daher nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Sowohl im Asylverfahren als auch im gegenständlichen Verfahren sei die belangte Behörde immer davon ausgegangen, dass er - XXXX geboren sei. Von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht könne keine Rede sein. Über den Antrag sei daher inhaltlich zu entscheiden.

Entgegen der Rechtsansicht des BFA hätten sich auch die Verhältnisse betreffend den Zeitpunkt der Rückkehrentscheidung im Asylverfahren deutlich zu Gunsten des BF verbessert. Es wäre dazu auf die vorgelegten Urkunden, die Stellungnahme vom 07.08.2017 sowie die der Beschwerde beiliegende Jahresaufstellung, der die Einkünfte aus der Kolporteurstätigkeit im Jahr 2017 zu entnehmen seien, zu verweisen.

28. Der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.08.2018, Zl. L508 2195850-1/3E, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid vom 11.04.2018 gemäß §§ 27, 28 Abs. 2 VwGVG aufgehoben.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

......"3.2. Indem das BFA im gegenständlichen Verfahren keine Rückkehrentscheidung erließ, hat es die Rechtslage verkannt. Im Erkenntnis vom 19.11.2015, Zahl Ra 2015/20/0082, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass § 59 Abs. 5 FPG 2005 der Verfahrensökonomie dienen und bewirken soll, dass es keiner neuerlichen Rückkehrentscheidungen bedarf, wenn bereits rechtskräftige Rückkehrentscheidungen vorliegen, es sei denn, dass neue Tatsachen iSd § 53 Abs. 2 und 3 FPG 2005 hervorkommen, die eine Neubemessung der Dauer eines Einreiseverbotes erforderlich machen. Durch den Verweis auf § 53 FPG 2005, der die Erlassung eines Einreiseverbotes regelt, geht in Zusammenschau mit den Materialien (vgl. EB RV 1803 BlgNR 24. GP, 67 zum FNG, BGBl. I Nr. 87/2012) hervor, dass sich § 59 Abs. 5 FPG 2005 nur auf solche Rückkehrentscheidungen bezieht, die mit einem Einreiseverbot verbunden sind. Nur im Fall der Änderung des für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes relevanten Sachverhaltes bedarf es einer neuen Rückkehrentscheidung, um allenfalls die Dauer des mit ihr zu verbindenden Einreiseverbotes neu festlegen zu können; ist die Rückkehrentscheidung allerdings von vornherein nicht mit einem Einreiseverbot verbunden, fällt sie nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm.

Daraus ergibt sich, dass die Behörde im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gehabt hätte, da der Beschwerdeführer nie mit einem Einreiseverbot belegt wurde und auch kein Fall des § 58 Abs. 9 AsylG vorliegt.

Da das BFA im gegenständlichen Fall eine verfehlte Rechtsansicht vertrat, indem es keine Rückkehrentscheidung erließ, und das Bundesverwaltungsgericht schon im Hinblick darauf, dass es im gegenständlichen Verfahren nur in Beschwerdesachen tätig werden und den Beschwerdeführer nicht um eine Instanz bringen darf, sohin die seitens des BFA unterlassene Rückkehrentscheidung nicht nachholen kann, war der angefochtene Bescheid gem. §§ 27, 28 Abs. 2 VwGVG zu beheben.

Für das vom BFA in weiterer Folge fortzusetzende Verfahren ergibt sich, dass durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers wieder unerledigt ist." ......

29. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 28.05.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 AsylG gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 Abs. 2 AsylG gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG zurückgewiesen wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

30. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

31. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 28.06.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

31.1. Zunächst wird beantragt,

- die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag vom 21.07.2015 Folge gegeben werde, dem BF eine Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 55 ff AsylG antragsgemäß erteilt und damit eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werde;

- in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen;

- sowie jedenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen.

31.2. In der Folge wird dargelegt, dass nach § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen sei, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß nicht nachkomme. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Falle entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht erfüllt. Die Behörde werfe dem BF vor, dass er kein Reisedokument oder keine Geburtsurkunde vorgelegt hätte und damit seine Identität nur als Verfahrensidentität bezeichnet werden könne. Dem sei entgegenzuhalten, dass er über kein gültiges Reisedokument verfügen würde und der Behörde ohnehin eine Kopie seiner Geburtsurkunde und des pakistanischen Führerscheins vorgelegt hätte, der noch dazu von einem Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft Islamabad offensichtlich überprüft und für authentisch befunden worden sei. Er hätte zu keinem Zeitpunkt seine Identität verschleiert und die ihm zur Verfügung stehenden Dokumente auch vorgelegt, sodass er seine Mitwirkungspflicht jedenfalls nicht verletzt hätte.

31.3. Was die Rückkehrentscheidung betrifft, so würde er darauf verweisen, dass er seit 2008 in Österreich aufhältig und zu keinem Zeitpunkt dem österreichischen Staat zur Last gefallen sei. Er würde seinen Lebensunterhalt als Zeitungszusteller verdienen, sei strafrechtlich nie in Erscheinung getreten, würde freiwillig Spenden an das Rote Kreuz Österreich und damit einen gemeinnützigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Er spreche Deutsch auf dem Niveau A2 und würde in Österreich mit seinem Bruder in einem gemeinsamen Haushalt leben. Lediglich aufgrund des Umstandes, dass dieser im Asylverfahren nicht erwähnt habe, dass der BF in Österreich leben würde, hätte er dessen Wunsch entsprechend, dies so lange nicht bekanntgegeben. Tatsache sei aber, dass er in Österreich ein berücksichtigungswürdiges Privat- und Familienleben führen würde und hätte daher auch die Rückkehrentscheidung dauerhaft für unzulässig erklärt werden müssen. Es könne ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass das Verfahren derart lange Zeit in Anspruch nehme. Im Hinblick auf den nunmehr mehr als zehn Jahre andauernden Aufenthalt in Österreich seien seine Bindungen zu Pakistan nur mehr sehr gering, sodass insgesamt die Rückkehrentscheidung dauerhaft für unzulässig erklärt werden hätte müssen.

31.4. Abschließend behalte sich der BF weiteres Vorbringen im Zuge des Beschwerdeverfahrens ausdrücklich vor.

31.5. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

32. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der - schriftlichen - Angaben des Beschwerdeführers und des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes. Des Weiteren wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Gerichtakt des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich des Asylverfahrens des BF.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF führt den Namen XXXX , ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Punjabi an, bekennt sich zur sunnitischen Religionsgemeinschaft, ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF kommt aus einem genannten Dorf im Distrikt Gujrat in der Provinz Punjab und lebte dort mit seiner Familie. Der BF besuchte in Pakistan mehrere Jahre die Schule und arbeitete vor seiner Ausreise in der Landwirtschaft. Der BF verließ Pakistan Ende September 2008 und reiste Anfang Oktober 2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Seine Ehegattin, seine vier Kinder, seine Mutter, eine Schwester und zahlreiche Onkel und Tanten leben nach wie vor im Distrikt Gujrat in der Provinz Punjab in Pakistan.

Der BF ist illegal in das Bundesgebiet eingereist. Gegen ihn bestand seit 13.02.2015 (Datum der rechtswirksamen Zustellung des Erkenntnisses vom 11.02.2015) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Er ist trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht wieder ausgereist und kam der BF der Ausreiseverpflichtung nach Pakistan somit über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren nicht nach. Dem BF stand in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu und hatte er niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber.

Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich.

Er verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Er knüpfte normale soziale Kontakte und legte zwei Unterstützungserklärungen vor.

Der Beschwerdeführer hat aufgrund seines mehrjährigen Aufenthalts in Österreich und des Besuches von Sprachkursen einfache Deutschkenntnisse. Er erbrachte einen Prüfungsnachweis auf dem Sprachniveau A2.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich seit mehreren Jahren als Zeitungszusteller beruflich tätig. Er ist als voll erwerbsfähig anzusehen, etwaige schwere gesundheitliche Einschränkungen des Beschwerdeführers sind nicht aktenkundig.

In Österreich hat er keine Bildungsangebote in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hat - abgesehen von den Deutschkursen - keine Aus-, Fort-, oder Weiterbildung besucht. Er leistet keine offizielle ehrenamtliche oder gemeinnützige Tätigkeit und ist nicht aktives Mitglied in Vereinen. Der Beschwerdeführer ist seit mehreren Jahren passives Mitglied beim Wiener Roten Kreuz und spendet gelegentlich auch für andere soziale Einrichtungen.

Im Verfahren bezüglich seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gem. § 56 Abs. 2 AsylG wurde der BF aufgefordert, die in § 8 Abs. 1 AsylG-DV angeführten Urkunden, insbesondere einen Reisepass und eine von der Österreichischen Botschaft Islamabad beglaubigte Geburtsurkunde, beizubringen. Der BF folgte dem nicht und führte auch keine stichhaltigen Gründe an, weshalb ihm die Erlangung eines Reisedokumentes oder dieser Geburtsurkunde unmöglich oder unzumutbar wäre. Er kam somit seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht im erforderlichen Ausmaß nach.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es konnten auch keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan unzulässig wäre. Der BF ist männlich, im erwerbsfähigen Alter und gesund. Ihm würde im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK drohen. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst wie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er über soziale Anknüpfungspunkte (Familie) und Berufserfahrung verfügt. Der Beschwerdeführer spricht zudem Punjabi und Urdu.

2.1.2. Zur abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Pakistan war insbesondere festzustellen:

1. Grundversorgung und Wirtschaft

Pakistan gehört zu den sieben bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. Zwei Drittel der Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt und das Durchschnittsalter der Pakistani wird mit 23 Jahre angenommen (CIA 12.1.2017).

Pakistan verfügt über ein hohes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum, bedingt durch seine günstige geographische Lage mit Brückenfunktion zwischen Zentral- und Südasien sowie zwischen China und dem Arabischen Meer, seinen Ressourcenreichtum, niedrige Lohnkosten, eine junge, wachsende Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Dieses Potenzial wird jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten die teils fragile Sicherheitslage, Korruption und die unzureichende Energieversorgung.

(AA 12.2016c).

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 Prozent; der Sektor umfasst u.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen, der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 Prozent). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 Prozent) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 Prozent der arbeitenden Bevölkerung tätig sind. Etwa 60 Prozent der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (unter Anderem Getreideanbau und Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit (AA 12.2016c).

Neben der fortlaufenden komplexen Notsituation in den FATA und KP, sieht sich Pakistan Dürren, Überschwemmungen und anderen Naturkatastrophen ausgesetzt (USAID 6.1.2017).

Wiederkehrende Katastrophen in Kombination mit der chronischen Armut begrenzen die Möglichkeiten für bedürftige Haushalte sich adäquat zu versorgen und führen zudem zu Vertreibung und humanitären Bedürfnissen (USAID 30.6.2016).

Das Wirtschafts- und Investitionsklima in Pakistan leidet unter mangelnder Investitionssicherheit, schlechter Regierungsführung und Korruption, einer angespannten Sicherheitslage und der sich nur langsam verbessernden Energiekrise (AA 12.2016c).

Trotz vieler Schwierigkeiten bleibt Pakistan angesichts des erklärtermaßen großen Interesses der Regierung an einer Ausweitung der außenwirtschaftlichen Beziehungen in den Bereichen Investitionen und Handel, des hohen Investitionsbedarfs in vielen Bereichen, insbesondere Energie (inkl. Erneuerbare Energien), Landwirtschaft, Infrastruktur und Hochtechnologie, sowie im Hinblick auf die Kaufkraft einer wachsenden Mittelschicht ein interessanter Markt für ausländische Firmen (AA 12.2016c).

Die Kosten der Korruption für Pakistan werden auf rund fünf bis sieben Prozent des jährlichen BIP geschätzt. Diese Schädigungen treten in einer Vielzahl von Erscheinungen auf: Fehlen von staatlichen Einnahmen, Steuerhinterziehung, Unterschlagungen im öffentlichen Beschaffungswesen, falsche Preise bei Immobilientransaktionen im öffentlichen Sektor, Betrug, Provisionen und Kommissionen bei öffentlichen Investitionsprojekten etc. In Kombination mit Steuerhinterziehung schätzt die die pakistanische Staatsbank (SBP) die daraus resultierende Kapitalflucht für die letzten drei Jahre auf etwa $ 8 Milliarden (Dawn 11.11.2016). Der Leiter der Nationalen Rechenschaftsbehörde (National Accountability Bureau) Pakistans, schätzt, dass Pakistan täglich $133 Millionen aufgrund von Korruption verliert. Weniger als ein Prozent der pakistanischen Bürger zahlen Steuern (Dawn 1.4.2016).

Pakistan steht in seiner politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vor zahlreichen Herausforderungen. Die meisten Millenniumsentwicklungsziele hat das Land bis Ende 2015 nicht erreichen können. Im Index der menschlichen Entwicklung (HDI 2014) belegt Pakistan Platz 147 von 188 Ländern und schneidet damit im regionalen Vergleich schlecht ab. Zwar hat die aktuelle Regierung die staatlichen Ausgaben für Gesundheit und Bildung deutlich gesteigert, doch sie sind weiterhin zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Das Bildungssystem hat sich seit 2013 verbessert, insbesondere das Berufsbildungswesen. Nach wie vor brechen aber zu viele Kinder die Schule zu früh ab oder erhalten gar keine Schulbildung. Jährlich streben sechs Millionen Jugendliche auf den Arbeitsmarkt. Für sie gibt es zu wenige zertifizierte Ausbildungsplätze. Pakistan hat eine schnell wachsende Bevölkerung. Etwa 35 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt - viele junge Menschen haben keine Aussicht auf eine Arbeit. Eine weitere Folge des Bevölkerungswachstums ist die zu intensive Nutzung der knappen natürlichen Ressourcen, insbesondere der Agrarflächen und des Wassers (BMZ o.D.).

Die Wirtschaftskammer Österreich sieht in ihrem aktuellen Länderbericht zu Pakistan rund 60,5 Prozent der pakistanischen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (WKO 23.1.2017).Von rund 63,03 Millionen Pakistani im Jahr 2014-2015 sind etwa 59,1 Millionen erwerbstätig und 3,93 Millionen arbeitslos. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent (IOM 7.1.2016). Die Jugendarbeitslosigkeit beläuft sich in Pakistan auf 10,4 Prozent. Dieser Wert ist der Mittelwert der Arbeitslosenrate der 15 - 24 jährigen Pakistani. So sind 12,9 Prozent der weiblichen pakistanischen Jugendlichen und 9,4 Prozent der männlichen pakistanischen Jugendlichen ohne Beschäftigung (CIA 12.1.2017). Prognosen weisen auf eine Steigerung der pakistanischen Arbeitslosenquote seit 2007 von 5,2 Prozent auf erwartete rund 6 Prozent im Jahr 2017 (Statista 2017). Im Country Fact Sheet Pakistan vom Jänner 2016 berichtet IOM über Möglichkeiten von Beschäftigung in Pakistan. Demnach waren von rund 63,03 Millionen Pakistani im Jahr 2014-2015 etwa 59,1 Millionen erwerbstätig und 3,93 Millionen arbeitslos. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent. Unterstützt werden die Arbeitssuchenden vom Tameer-e-Pakistan Programm - einer Armutsbekämpfungsmaßnahme, welche das Ziel verfolgt, Arbeitsplätze im Land und Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen, sowie der Small and Medium Enterprise (SME). Auch diese soll Arbeitsplätze im Land schaffen (IOM 7.1.2016).

Pakistanis sind in unterschiedlichem Ausmaß von Armut betroffen. Zwar sank die nationale Armutsquote seit 2004 von 55 Prozent auf 39 Prozent, doch leben somit 39 Prozent der Pakistani in Armut. Die höchsten Quoten mit Bezug auf Armut fallen dabei auf die vom Bund verwalteten Tribal Areas (Fata) mit 73 Prozent und Belutschistan mit 71 Prozent. Auch gibt es massive Unterschiede zwischen den städtischen Bereichen mit 9,3 Prozent und den ländlichen Bereichen mit 54,6 Prozent (Dawn 21.6.2016). Die Gehaltsstruktur ist sehr unterschiedlich verteilt. In größeren Städten ist eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden, in den ländlichen Gebieten allerdings weniger. 47,7 Prozent bis 80 Prozent der Haushaltsausgaben werden für Lebensmittel aufgewendet (TET 4.8.2015).

Nur rund 1.59 Millionen der 59 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2013 Zugang zum Sozialversicherungssystem (HRCP 3.2014). Rund zwei Millionen Pakistani sind in verschiedenen Formen moderner Sklaverei tätig (HRCP 3.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.2016c): Pakistan, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 29. 1.2017

- BMZ - Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Pakistan Situation und Zusammenarbeit https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/pakistan/zusammenarbeit/index.html , Zugriff 25.1.2017

- Dawn (1.4.2016): Pakistan losing $133 million daily to corruption, https://www.dawn.com/news/1249119, Zugriff 9.1.2017

- Dawn (21.6.2016): 39pc of Pakistanis live in poverty; Fata, Balochistan worst hit, https://www.dawn.com/news/1266171, Zugriff 9.1.2017

- Dawn (11.1.2016): Institutions and development, https://www.dawn.com/news/1295551, Zugriff 9.1.2017

- CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): World Factbook, Pakistan https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 12.1.2017

- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2015): State of Human Rights in 2014

- HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2014): State of Human Rights in 2013, http://www.hrcp-web.org/hrcpweb/report14/AR2013.pdf, Zugriff 28.11.2016

- IOM - International Organization of Migration (7.1.2016): Länderinformationsblatt Pakistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772191/18363841/Pakistan_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927797&vernum=-2, Zugriff 25.1.2017

- Statista (2017): Pakistan: Arbeitslosenquote von 2007 bis 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/323110/umfrage/arbeitslosenquote-in-pakistan/, Zugriff 24.1.2017

- TET - The Express Tribune (4.8.2014): Pakistanis spend nearly half of their income on food: Report, http://tribune.com.pk/story/744223/pakistanis-spend-nearly-half-of-their-income-on-food-report/, Zugriff 28.11.2016

- USAID - US Agency for International Development (6.1.2017): Pakistan - Complex Emergency; Fact sheet #1, Fiscal Year (FY) 2017 , http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1488979775_pak.pdf, Zugriff 9.3.2017

- USAID - US Agency for International Development (30.6.2017): Pakistan - Complex Emergency; FACT Sheet #3, FIiscal Year (FY) 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1488979775_pak.pdf, Zugriff 9.3.2017

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich (23.1.2017): Länderprofil Pakistan, http://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-pakistan.pdf, Zugriff 24.1.2017

1.1. Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme

Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5 Prozent des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige (EASO 8.2015; vgl. BFA 7.2016). Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6.2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (IOM 8.2014; vgl. PBM o.D.a; PBM o.D.b). Der Finanzminister hat das Budget von PBM von 2 Milliarden Rupien auf 4 Milliarden Rupien (ca. 34.379.503 ?) erhöht (Dawn 6.6.2015). Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gab mit Stand 2013 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogrammes betrug 2013 ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6.2013).

Die Finanzierungsunterstützung richtet sich an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige mit einer Fokussierung auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung für bedürftige Waisen, Stipendien für hervorragende, bedürftige Studenten für höhere Berufsausbildung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D.a; vgl. PBM o.D.b).

Quellen:

- BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (7.2016):Dossier zu Stammes- & Clanstrukturen in Afghanistan und Pakistan (ethnische Gruppen; Paschtunwali; Hazaras; religiös-basierte Wohlfahrtsstrukturen am Beispiel Afghanistans, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1470057716_afgh-stammes-und-clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf, Zugriff 25.11.2016

- Dawn (6.6.2015): Budget's aim not to burden ordinary citizens: Ishaq Dar, http://www.dawn.com/news/1186570, Zugriff 28.11.2016

- EASO - European Asylum Support Office (8.2015): EASO Country of Origin Information Report Pakistan Country Overview, https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/EASO_COI_Report_Pakistan-Country-Overview_final.pdf, Zugriff 29.11.2016

- IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2014): Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 28.11.2016

- Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.-2.10.2012): Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

- PBM - Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.b): Pakistan Bait-ul-Mal, http://www.pbm.gov.pk/pbm.html, Zugriff 28.11.2016

- PBM - Pakistan Bait-ul-Mal (o.D.a): Pakistan Bait-ul-Mal, http://www.pbm.gov.pk/pbm.html, Zugriff 28.11.2016

1.2. Wohlfahrt-NGOS

Private Einrichtungen wie der Edhi Foundation spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6.2013). Die Edhi Foundation ist die größte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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