TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/9 97/04/0107

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Veröffentlicht am 09.12.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §367 Z25;
GewO 1994 §370 Abs2;
GewO 1994 §39 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. W, Dr. M und Dr. J, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. März 1997, Zl. UVS-04/G/35/00388/96, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. März 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Julius Meinl AG (mit dem Sitz in Wien) zu verantworten, daß beim Betrieb der näher bezeichneten Betriebsanlage dieser Gesellschaft die für diese Betriebsanlage mit rechtskräftigem Bescheid vom 19. Juli 1995, Zl. MBA 12-BA 7365/94, vorgeschriebene Auflage - wonach jegliche Zuliefertätigkeiten in der Zeit von

22. 00 Uhr bis 6.00 Uhr untersagt sind - insofern nicht eingehalten worden sei, als im Zeitraum 16. Oktober 1995 bis 5. März 1996 zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr die im Spruch des angefochtenen Bescheides durch Anfügen eines Klammerausdruckes hinsichtlich der verwendeten Lieferfahrzeuge und der exakten Anlieferzeiten näher bezeichneten Zuliefertätigkeiten von Milch und Milchprodukten mittels Lkw erfolgt seien. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 25 GewO 1994 in Verbindung mit der Auflage des rechtskräftigen Bescheides vom 19. Juli 1995, Zl. MBA 12-BA 7365/94, begangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete auf Erstattung einer Gegenschrift und beantragte - unter Zuerkennung des Vorlageaufwandes - die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat in sachverhaltsmäßiger Hinsicht als erwiesen angenommen, daß die dem Beschwerdeführer in den erstinstanzlichen Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 29. November 1995 und vom 27. März 1996 angelasteten Einzelhandlungen infolge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines unzweifelhaft vorliegenden zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes als ein fortgesetztes Delikt anzusehen seien. Das Gesamtkonzept des Beschwerdeführers sei darin gelegen, daß er die Lieferfirmen schriftlich darauf hingewiesen habe, die gegenständliche Filiale dürfe in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht beliefert werden. Der Beschwerdeführer habe aber die wiederholte Nichteinhaltung dieser Bescheidauflage in der unzutreffenden Meinung, auf Grund "sehr begrenzter" Ausweichmöglichkeiten hinsichtlich von Lieferanten im Milchbereich, in Kauf genommen und von vornherein einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefaßt. Die in den erstinstanzlichen Aufforderungen angeführten Einzelhandlungen seien daher als Einheit zusammengefaßt.

Daß diese Feststellungen inhaltlich unzutreffend wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Ausgehend davon, daß der Beschwerdeführer im Tatzeitraum 16. Oktober 1995 bis 5. März 1996 ein fortgesetztes Delikt begangen hat, erweisen sich die in der Beschwerde gegen die Umschreibung des Tatzeitraumes und hinsichtlich der behaupteten Überschreitung der "Sache" durch die belangte Behörde erhobenen Vorwürfe als unbegründet. Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang, daß aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt folgt, daß die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen - wenn auch allenfalls erst später bekanntgewordenen - Einzeltathandlungen umfaßt. Das bedeutet, daß ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde erster Instanz angeführten Tatzeit alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Erlassung des Strafbescheides erster Instanz erfaßt sind und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen den Täter eine Strafe verhängt werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 1996, Zl. 95/04/0183, und vom 18. Juni 1996, Zl. 96/04/0045).

Daß die belangte Behörde dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers dahingehend entsprochen hat, daß sie im Spruch des übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses hinsichtlich des umschriebenen Tatzeitraumes zudem auch durch Anfügen eines Klammerausdruckes die in diesem Tatzeitraum begangenen Einzeltathandlungen näher individualisierte, vermag weder daran etwas zu ändern, daß der bezeichnete Zeitraum (in dem die inkriminierten Lieferungen stattfanden) die maßgebliche Tatzeit darstellt, noch kann den an diese Ergänzung geknüpften Überlegungen, diese "Tatzeitpunkte" seien unrichtig, im Hinblick auf das unbestrittene Vorliegen eines in einem näher bezeichneten Zeitraum begangenen fortgesetzten Deliktes noch Wesentlichkeit zukommen. Daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht geeignet sei, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, ist für den Verwaltungsgerichtshof auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu finden (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1997, Zl. 96/09/0196, und vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0301).

Der Beschwerdeführer wendet sich auch dagegen, daß auf Grund der an ihn ergangenen Aufforderungen vom 29. November 1995 und 27. März 1996 nur ein (den gesamten Zeitraum dieser Aufforderungen umfassendes) Straferkenntnis ergangen ist. Er vermag damit allerdings nicht aufzuzeigen, inwieweit diese Vorgangsweise rechtswidrig bzw. zu seinen Lasten erfolgt sein sollte, hätte doch die Erlassung eines weiteren Straferkenntnisses auf Grund der gleichgelagerten Sach- und Rechtslage auch zu seiner weiteren Bestrafung führen müssen.

Insoweit der Beschwerdeführer sein fehlendes Verschulden behauptet und in seiner Beschwerde auf das dargelegte "Kontrollsystem" hinweist, ist zu erwidern, daß er insoweit in der Berufung bzw. im Berufungsverfahren nur an Lieferanten erfolgte Aufforderungen, das in den Medien dargestellte "Milchchaos" und eine nach einer Untersuchung des Magistrates der Stadt Wien gegebene Notwendigkeit der nächtlichen Milchanlieferung vorgebracht hat. Welche konkreten Maßnahmen - abgesehen von den vorgelegten an Lieferanten gerichteten Informationen und Ersuchsschreiben - zur Einhaltung der Bescheidauflage getroffen wurden bzw. welches "Kontrollsystem" besteht, kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren nicht entnommen werden. Daß die inkriminierten Belieferungen der gegenständlichen Betriebsanlage gegen den Willen der Anlageninhaberin und ohne Mitwirkung bzw. Bereitschaft zur Annahme dieser Waren erfolgt wären, oder ohne Mitwirkung der Anlageninhaberin überhaupt durchgeführt werden konnten, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Dabei hat der Beschuldigte initiativ und in konkreter Form, das heißt durch geeignetes Tatsachenvorbringen alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Es ist somit von der Vollständigkeit des Tatsachenvorbringens zum errichteten Kontrollsystem auszugehen. Dazu muß aber auch dargetan werden, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die Effizienz eines Kontrollsystems wird nicht an der subjektiven Meinung des Berufungswerbers oder der im Kontrollsystem eingebundenen Personen gemessen, sondern nach einem objektiven Maßstab (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 1996, Z. 94/04/0214, vom 1. Juli 1997, Zl. 96/04/0183, und vom 16. November 1995, Zl. 95/09/0108). Der belangten Behörde kann demnach aber keine Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden, wenn sie ausgehend von der dargelegten Rechtslage und Judikatur schon das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erstattete Vorbringen als rechtlich nicht ausreichend erachtete, die ihm gegenüber bestehende Verschuldensvermutung zu widerlegen.

Bei diesem Ergebnis mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in der Beschwerde behaupteten Verfahrensverletzungen an der erforderlichen Relevanz, da die belangte Behörde auch bei deren Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040107.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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