TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/5 W198 2229420-1

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Veröffentlicht am 05.05.2020
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Entscheidungsdatum

05.05.2020

Norm

ASVG §252
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W198 2229420-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz und Bewohnervertretung, dieser vertreten durch Mag. (FH) Tamara Eisenköck als Vereinserwachsenenvertreterin gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Landesstelle Niederösterreich vom 29.10.2019, Zl. NLA2/3471 221137-3 02, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der PVA vom 22.07.1986, AZ WPA 3209-161108, wurde der Antrag der XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin genannt) vom 03.03.1986 auf Gewährung der Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach ihrem am 01.06.1976 verstorbenen Vater XXXX abgelehnt, weil das nach Antragstellung durchgeführte ärztliche Gutachten zum Ergebnis gekommen sei, dass die Beschwerdeführerin nicht seit Vollendung des 18. Lebensjahres infolge Krankheit oder Gebrechen erwerbsunfähig sei.

2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführervertreterin Klage beim Schiedsgericht der Sozialversicherung für Niederösterreich und Wien erhoben, in der sie darauf hinweist, dass sie seit ihrem zwölften Lebensjahr an Epilepsie leide und sie daher weder ein Studium beginnen noch einen Beruf ausüben könne. Sie sei aufgrund ihres Leidens arbeitsunfähig.

3. Mit Urteil des Schiedsgerichts der Sozialversicherung für Niederösterreich und Wien, Zl. 3 C 150/86, vom 04.11.1986 wurde die Klage der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf der Grundlage des im Schiedsverfahren eingeholten Gutachtens des Sachverständigen XXXX der rechtliche Schluss gezogen werde, dass eine Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht vorliege.

4. Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Beschluss vom 30.11.1997, Zl. 34 Rs 136/87, Folge und wurde das Urteil des Schiedsgerichts der Sozialversicherung für Niederösterreich und Wien, Zl. 3 C 150/86, vom 04.11.1986 aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Erstgericht zur Frage der von der Beschwerdeführerin behaupteten Berufsunfähigkeit durch das häufige Auftreten heftiger epileptischer Anfälle kein Beweisverfahren durchgeführt hätte. Im fortgesetzten Verfahren werde die Ergänzung des neurologischen Sachverständigengutachtens als notwendig erachtet, welches sich mit dem behaupteten Auftreten von epileptischen Anfällen der Beschwerdeführerin näher auseinanderzusetzen haben wird.

5. Im Gerichtsverfahren vor dem Kreisgericht Krems an der Donau wurde ein weiteres medizinisches Gutachten eingeholt. Mit Urteil vom 20.01.1999, GZ: AS 181, 15 Cgs 38/87-40, wies das Kreisgericht Krems an der Donau auf Basis der Ergebnisse des eingeholten Gerichtsgutachtens das Klagebegehren urteilsmäßig mit der Begründung ab, dass bei der Beschwerdeführerin seit Vollendung des 18. Lebensjahres in keinem Zeitraum Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 252 Abs 2 Z 2 ASVG vorgelegen sei, was der im Verfahren eingeholte neurologischer-psychiatrischer Befund sowie der neuropsychologische Befund belegen würden. Das Vorliegen der behaupteten Epilepsie könne nicht erwiesen werden. Der Anspruch der Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Waisenpension würde voraussetzen, dass sie seit ihrem 18. Lebensjahr erwerbsunfähig sei. Das erstellte Kalkül aufgrund der erhobenen Befunde schließe jedoch eine Erwerbsunfähigkeit aus. Das bei der Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobene Leistungsvermögen entspreche zahlreichen Tätigkeiten im Bereich des Gewerbes und der Industrie. Den gerichtlichen Feststellungen ist zu entnehmen, dass im gerichtlichen Verfahren auch eine Auseinandersetzung mit den Folgen des am 28.01.1950 erlittenen Autobusunfalles erfolgte.

6. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen, GZ 34 Rs 71/89, vom 28.06.1989 nicht stattgegeben.

7. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, wurde der Revision der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 28.06.1989 nicht Folge gegeben. Begründend führt der Oberste Gerichtshof ausdrücklich aus, dass die bei der Beschwerdeführerin (Klägerin) bestehende abnorme Persönlichkeitsstruktur mit Neigung zu funktionellen Verhaltensmustern ihre Arbeitsfähigkeit nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht ausschließt. Insgesamt sei der Beschwerdeführerin (Klägerin) nicht der Beweis gelungen, dass sie zur Zeit des Antrages auf Waisenpension erwerbsunfähig gewesen sei. Unter diesen Umständen hätte sie aber keinen Anspruch auf Waisenpension, weil die für sie maßgebende Voraussetzung des § 252 Abs. 2 Z. 2 ASVG schon aus diesem Grund nicht erfüllt sei.

8. Am 12.04.2019 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf Waisenpension.

9. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 29.10.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 12.04.2019 auf Zuerkennung der Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass über den Antrag vom 12.04.2019 bereits mit Bescheid vom 22.07.1986 rechtskräftig entschieden worden sei. Seit dieser Entscheidung hätte sich weder eine Änderung in der Sach- noch in der Rechtslage ergeben.

10. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die Beschwerdeführerin bei einem Verkehrsunfall am 28.01.1950 zu Schaden gekommen sei. In dem folgenden --langen - Rechtsstreit, bei dem auf Schadenersatz geklagt worden sei, seien letztlich zwar Gesundheitsschädigungen festgestellt worden, welche jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen stehen würden. Es sei daher die Klage auf Schadenersatz in letzter Instanz abgelehnt worden. Im Zuge dieser Klagsführung sei es zu zahlreichen medizinischen Gutachten gekommen, in denen unterschiedliche Gesundheitseinschränkungen festgestellt worden seien. Es werde daher seitens der Erwachsenenvertretung Beschwerde erhoben, weil diesen Gutachten nicht ausreichend Beachtung geschenkt worden sei. Es sei eine neurotische Persönlichkeitsveränderung festgestellt worden, welche zwar in Hinsicht auf etwaige Schadensersatzansprüche keine größere Bedeutung erfahren würde, aber sehr wohl in der Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf Leistung einer Waisenpension nach ihren verstorbenen Eltern hätte.

11. Am 10.03.2020 wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde Abstand genommen. Entscheidungswesentlich wurde ausgeführt, dass die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides dahingehend zu korrigieren sei, dass nicht der Bescheid vom 22.07.1986, sondern das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 09.01.1990 das Vorverfahren rechtskräftig zum Abschluss gebracht hätte. Dies ändere jedoch nichts daran, dass eine neuerliche inhaltliche Beurteilung des Antrages aufgrund der rechtskräftig entschiedenen Rechtssache nicht möglich sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren. Sie hat das 18. Lebensjahr am 22.11.1955 vollendet.

Die Beschwerdeführerin studierte nach Absolvierung des Realgymnasiums mit Matura Germanistik ohne Abschluss.

Bereits am 03.03.1986 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem am 1.6.1976 verstorbenen Vater XXXX .

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, wurde - im dritten Rechtsgang - das Klagebegehren der Beschwerdeführerin auf Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 252 Abs. 2 Z. 2 ASVG war.

Die Beschwerdeführerin hat durch ihre Erwachsenenvertreterin am 12.04.2019 einen neuerlichen Antrag auf Zuerkennung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach ihrem am 01.06.1976 verstorbenen Vater gestellt.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.10.2019, AZ WPA 3209-161108, wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

Zum Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung hat sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert und auch das neue Parteibegehren (neurotische Persönlichkeitsveränderung) deckt sich mit dem früheren, und wurde dies bereits im gerichtlichen Vorverfahren gewürdigt und führte dieses - entsprechend den gerichtlichen Feststellungen des Obersten Gerichtshofes - nicht zur Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt und den im Verfahrensgang genannten gerichtlichen Entscheidungen.

Hinsichtlich der einzig strittigen Frage, ob es durch das neue Parteibegehren (neurotische Persönlichkeitsveränderung) zu einer entscheidungsrelevanten Änderung des Sachverhalts gekommen ist, folgt das Bundesverwaltungsgericht dem nachvollziehbaren Vorbringen der belangten Behörde in der Beschwerdevorlage, wonach - wie oben festgestellt - sich das neue Parteibegehren mit dem früheren Vorbringen deckt, und dieses bereits einer rechtskräftigen gerichtlichen Würdigung, welches letztlich nicht zur Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin führte, unterzogen wurde. Verwiesen wird insbesondere auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, welcher der Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeit- und Sozialrechtssachen vom 28.6.1989 nicht stattgab. Dass das neue Parteibegehren bereits im gerichtlichen Vorverfahren gewürdigt wurde, wird durch die Beschwerde selbst bestätigt, indem dort auszugsweise aus einem gerichtlichen Urteil des gerichtlichen Vorverfahrens bezüglich einer "neurotischen Persönlichkeitsveränderung" der Beschwerdeführerin zitiert wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da ein Antrag auf Senatsentscheidung nicht gestellt wurde, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Da die Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. ua. VwGH 19.10.2016, Ro 2016/12/0009). Das Bundesverwaltungsgericht hat daher § 68 Abs. 1 AVG nicht unmittelbar anzuwenden, sondern im Beschwerdeweg über einen verfahrensrechtlichen Bescheid der Verwaltungsbehörde lediglich nachprüfend zu beurteilen, ob die Verwaltungsbehörde § 68 Abs. 1 AVG zu Recht angewendet hat. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (vgl. ua. VwGH 19.10.2016, Ro 2016/12/0009).

Zum Vorliegen einer entschiedenen Sache nach § 68 AVG:

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).

Dazu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Auffassung, dass der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise beurteilt werden muss. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen, eine wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (Urteils) ermöglichende oder gebietende Änderung eingetreten ist. (VwGH 22.11.2004; 2001/10/0035).

Vorweg ist festzustellen, dass keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Die entscheidungsrelevante Bestimmung ist § 252 Abs 2 Z 3 entspricht dem damals anzuwendenden § 252 Abs. 2 Z 2 ASVG.

Betreffend die Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, ist das neue Parteibegehren (neurotische Persönlichkeitsveränderung) zu prüfen.

Diesbezüglich ist auf das - wie oben festgestellt und beweisgewürdigt - gerichtlichen Vorverfahren zu verweisen, in welchem das Klagebegehren der Beschwerdeführerin auf Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen wurde, dass die Beschwerdeführerin nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 252 Abs 2 Z 2 ASVG war.

Der für die Prüfung des Vorliegens von Erwerbsunfähigkeit maßgebliche Zeitpunkt - Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung - lag zu diesem Zeitpunkt bereits lange zurück.

Zumal es - hinsichtlich der Kindeseigenschaft im Sinne des § 252 Abs 2 Z 3 ASVG (ehemals § 252 Abs 2 Z 2 ASVG) - auf das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. im Zeitpunkt der Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung ankommt, war es offensichtlich, dass sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinsichtlich des Bestehens von Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit über das 18. Lebensjahr hinaus im Falle einer neuerlichen Antragstellung nicht zugunsten der nunmehrigen Beschwerdeführerin verändert haben konnte. Es war somit vom Vorliegen "einer Sache" auszugehen, über welche bereits mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, rechtskräftig entschieden worden war.

Die in der nunmehrigen Beschwerde vorgebrachte neurotische Persönlichkeitsveränderung wurde - wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist - bereits im gerichtlichen Vorverfahren entsprechend berücksichtigt, führte jedoch - entsprechend den gerichtlichen Feststellungen - nicht zur Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin.

Da entsprechend dem Wiederholungsverbot in derselben Sache keine neuerliche Entscheidung ergehen darf und im gegenständlichen Fall seit der Erlassung des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, weder eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften noch eine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes eingetreten ist, wirkt die Rechtskraft des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 09.01.1990 auch im konkreten Fall weiter und steht somit einer neuerlichen inhaltlichen Bearbeitung das Verfahrenshindernis der entschiedenen Rechtssache entgegen.

Es liegt daher weder eine Änderung der Rechtslage noch der Sache vor, sodass die Entscheidung der Behörde insofern zutreffend ist, als sie das Vorliegen einer entschiedenen Sache bejaht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage, insbesondere aufgrund der Urteile des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.06.1989, GZ 34 Rs 71/89, und des Obersten Gerichtshofes vom 09.01.1990, GZ 10 Ob S 396/89, in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidungsfindung im gegenständlichen Fall war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von über den konkreten Einzelfall hinausgehender Bedeutung abhängig (vgl. ua. VwGH 24.04.2014, Ra 2014/01/0010), sie erging in Anlehnung an die in der Begründung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur "entschiedenen Sache" nach § 68 AVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

entschiedene Sache Erwerbsfähigkeit Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache Waisenrente

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2229420.1.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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