TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/28 VGW-011/001/3435/2020

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Veröffentlicht am 28.07.2020
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Entscheidungsdatum

28.07.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §135 Abs1
VStG §5
ABGB §914

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Univ.-Doz. Dr. Kolonovits, M.C.J., über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 7. Februar 2020, Zl.: MA64/..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. für Wien Nr. 11/1930 idF LGBl. für Wien Nr. 37/2018, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2020 und am 17. Juni 2020, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 356,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

1.   Bekämpfter Bescheid

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 7. Februar 2020, Zl.: MA64/..., wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen in Wien, C.-straße, EZ ...7 in der KG ..., in der Zeit von 27. November 2018 bis 11. März 2019 insofern Abweichungen von der mit den Bescheiden der MA 37 – Baupolizei vom 9. Oktober 1914, Zl. ..., vom 30. Dezember 1954, M.Abt. 37/... und vom 6. November 2000, MA37/... genehmigten Bauführung sowie den Bauplänen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden und den Bauvorschriften nicht behoben, als dass in der rechten Haushälfte a. in sämtlichen Räumen im Erdgeschoß sowie im Obergeschoß die Zwischenwände, b. der Zubau im rückwärtigen Bereich der Liegenschaft und c. ca. 10 % des Gaupenbereichs im Obergeschoß, entfernt worden seien und dieser vorschriftswidrige Zustand nicht beseitigt worden sei, sowie als es unterlassen worden sei, d. im rückwärtigen Bereich der Liegenschaft eine Wand in Massivbauweise und in der linken Haushälfte a. die im Bereich des Hofes anstelle der Pergola hergestellte Dachkonstruktion mit drei Dachfenstern, b. den Stiegenlauf in den Keller (zu viele Stufen vorhanden), c. die im Dachgeschoss anstelle der vier bewilligten Dachfenster vorhandenen drei Dachfenster, sowie d. die im Dachgeschoß hergestellten Zwischenwände, wodurch ein Raum sowie ein Abstellraum geschaffen und somit die gesamte Raumaufteilung geändert worden sei, zu beseitigen, obwohl diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. a, b und c Bauordnung für Wien (BO für Wien) bewilligungspflichtigen baulichen Änderungen weder gemäß § 70 oder § 71 BO für Wien rechtskräftig bewilligt waren, noch nach einer Einreichung gemäß § 70a BO für Wien infolge der Nichtuntersagung des Bauvorhabens oder durch das Unterbleiben von Einwendungen durch Nachbarn gemäß § 70a Abs. 8 BO für Wien als gemäß § 70 BO für Wien bewilligt galten und auch kein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung bei der Baubehörde eingebracht worden war.

Dadurch habe er § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 10 der BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 37/2018 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.780,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 1 Tag und 4 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde. Ferner wurde ihm ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.

2.   Beschwerde und Beschwerdeverfahren

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die am 5. März 2020 fristgerecht eingebrachte Beschwerde des Herrn A. B. (folgend: Beschwerdeführer).

Darin führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass die belangte Behörde § 129 Abs. 10 der BO für Wien unrichtig ausgelegt habe. Satz drei der Bestimmung laute „Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten“. Eigentum an ½ Anteilen einer Liegenschaft mit dem die ausschließliche Nutzung einer Doppelhaushälfte verbunden sei, entspreche in seiner Wirkung Wohnungseigentum. Die ausschließliche Nutzbarkeit der aufgrund der Benützungsvereinbarung exklusiv zugewiesenen Doppelhaushälfte sowie die geregelte gemeinsame Nutzung der Allgemeinflächen seien mit Wohnungseigentum und den Regeln der Eigentümergemeinschaft nach WEG vergleichbar. Weder könne ein Hälfteeigentümer dem anderen hinsichtlich dessen Doppelhaushälfte Vorschreibungen oder gar Weisungen erteilen, noch habe er in der Regel überhaupt Kenntnis vom tatsächlichen baulichen Zustand der anderen ausschließlich zugewiesenen Hälfte der Liegenschaft. Allenfalls für Gemeinschaftsflächen würde eine quasi solidarische verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Bauvorschriften in Frage kommen, was hier jedoch nicht der Fall sei. Der Landesgesetzgeber habe bei § 129 Abs. 10 BO für Wien vielmehr mehrere Eigentümer einer ungeteilten Liegenschaft vor Augen, von denen jeder rechtlichen und faktischen Einfluss auf das Verhalten des jeweils anderen nehmen könne. Deswegen sei der Klammerausdruck „(jeden Miteigentümer)" gewählt worden. Ebenso wenig wie ein Wohnungseigentümer für den baulichen Zustand der benachbarten Wohnungseinheit zur Verantwortung gezogen werden könne, möge sie auch direkt an die eigene angrenzen und sich sogar eine Feuermauer teilen, könne ein ausschließlicher Nutzer einer Doppelhaushälfte für Verwaltungsübertretungen des ausschließlichen Nutzers der anderen Doppelhaushälfte zur Verantwortung gezogen werden. Somit seien auch bei ausschließlich genutzten Doppelhaushälften Aufträge an den ausschließlichen Nutzer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Die Verhältnisse im Tatsächlichen bei Wohnungseigentum und ausschließlicher Nutzung einer Doppelhaushälfte seien daher gleich. Wenn man die Bestimmung nicht direkt auch für Eigentümer von ½ Anteilen von Doppelhäusern anwenden wollte, so wäre aufgrund der fehlenden eigenen Regelung eine planwidrige Lücke gegeben, die einen Analogieschluss erlaube. Andernfalls käme es zu einer Verwaltungsstrafe des Beschwerdeführers als Eigentümer des ½ Anteils der Liegenschaft, obwohl rechtlich und faktisch keine Möglichkeit bestehe, etwaige Verwaltungsübertretungen eines Dritten zu verhindern. Aufgrund der unrichtigen Auslegung des § 129 Abs. 10 BO für Wien habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch die baulichen Abweichungen in der rechten Haushälfte zur Last gelegt. Hätte die belangte Behörde § 129 Abs. 10 BO für Wien richtig ausgelegt, so hätte sie nur im baulichen Zustand der vom Beschwerdeführer ausschließlich genutzten linken Doppelhaushälfte eine etwaig von ihm zu verantwortende Verwaltungsübertretung erkannt.

Die belangte Behörde begründe das angefochtene Straferkenntnis zwar umfangreich mitunter auch mittels Verweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung, doch sei die Begründung in sich widersprüchlich. So führe die belangte Behörde aus, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift des § 129 Abs. 10 BO für Wien sei stets der „derzeitige" Eigentümer verantwortlich (S. 4, Abs. 7). Der jeweilige Eigentümer sei auch für den durch seinen Rechtsvorgänger geschaffenen Bauzustand verantwortlich, wer die Herstellung vorgenommen habe, sei bei dieser Verwaltungsübertretung belanglos. Nur um im unmittelbar folgenden Absatz auszuführen, der Beschwerdeführer sei Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gewesen und die Löschung seines Eigentumsrechts im Grundbuch zur EZ ...8 sei am 12. März 2019 eingelangt. Einerseits will die belangte Behörde also den „derzeitigen“ Eigentümer zur Verantwortung ziehen, andererseits gestehe sie jedoch selbst zu, dass der Beschwerdeführer gar nicht mehr Eigentümer sei (was dieser ja auch in dessen Rechtfertigung mittels tagesaktuellen Grundbuchsauszugs nachgewiesen habe). Hierin sei ein offener Widerspruch in der Begründung zu erkennen. Der Bezug auf den „derzeitigen“ Eigentümer stehe in der Folge auch im Widerspruch zum Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH 96/05/0107, das wiederum auf den bücherlichen Eigentümer während der Tatzeiträume abstelle.

 

Hätte die belangte Behörde - entsprechend ihrem Begründungsansatz - den „derzeitigen“ Eigentümer zur Verantwortung gezogen, so wäre das Straferkenntnis nicht gegen den Beschwerdeführer ergangen, sondern eben gegen die derzeitige Eigentümerin, die D. GmbH (FN ...), die seit 14. März 2019 bücherliche Eigentümerin und ausschließliche Nutzungsberechtigte, der auf die linke Doppelhaushälfte entfallenden ½ Anteile, sei.

Die belangte Behörde habe darüber hinaus die Strafhöhe unrichtig bemessen. Durch eine von der belangten Behörde angenommene Strafdrohung bis EUR 21.000,-- messe der Gesetzgeber Übertretungen der BO für Wien gerade keinen besonderen Unrechtsgehalt bei. Dem Landesgesetzgeber stünde es frei, deutliche höhere Strafdrohungen vorzusehen, wovon dieser mitunter auch in anderen Materiengesetzen durchaus Gebrauch mache. Weiters verkenne die belangte Behörde das durch die Rechtsnorm geschützte Interesse. Die BO für Wien habe nicht den Selbstzweck indem sie das Interesse an ihrer strikten Einhaltung sowie rascheste Beseitigung von Abweichungen schütze. Vielmehr seien die durch die BO für Wien geschützten Interessen in der Gefahrenvermeidung für die öffentliche Sicherheit, Gesundheit oder körperliche Sicherheit und Leben von Personen sowie Schutz vor Feuer und ähnlichen Gefahren zu erkennen (siehe Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften3 556 ff). Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen hätten jedoch keinerlei Gefährdungen zur Folge gehabt. Die von der BO für Wien geschützten Interessen können somit keinesfalls als „nicht bloß unerheblich beeinträchtigt" angesehen werden. Im Gegenteil, sämtliche vorgeworfenen Abweichungen wären im Nachhinein genehmigungsfähig, was eben die Geringfügigkeit der Interessensbeeinträchtigung belege. Die belangte Behörde habe somit die objektiven Kriterien der Strafbemessung unrichtig angewendet. Neben den objektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG habe die belangte Behörde auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen bei der Strafbemessung unrichtig miteinbezogen. Hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer richtigerweise nur Verwaltungsübertretungen hinsichtlich der von ihm ausschließlich genutzten Nutzungseinheit vorgeworfen, so hätte sich die Anzahl der erschwerend gewerteten Bauabweichungen erheblich reduziert. Damit liege der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erschwerungsgrund nicht vor. Entgegen der Annahme der belangten Behörde sei das Verschulden des Beschwerdeführers als gering einzustufen. Die Baubescheide stammen allesamt aus der Zeit bevor der Beschwerdeführer bücherlicher Eigentümer gewesen sei und er habe die Bauführungen nicht selbst vorgenommen. Darüber hinaus sei es dem Beschwerdeführer ab beidseitiger Unterfertigung des Kaufvertrages vom 21. Dezember 2018 rechtlich und faktisch nicht mehr möglich gewesen, etwaige Abweichungen zu beheben. Auch deshalb sei sein Verschulden als gering einzustufen. Der Beschwerdeführer habe eine Unterhaltspflicht, welche die belangte Behörde auch nicht bei den subjektiven Kriterien der Strafbemessung berücksichtigt habe. Hätte die belangte Behörde die objektiven und subjektiven Kriterien der Strafbemessung richtig herangezogen, so wäre die verhängte Strafe deutlich geringer ausgefallen bzw. eine Ermahnung des Beschwerdeführers ausreichend gewesen.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, das Verwaltungsgericht möge gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGvG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG einstellen; in eventu das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG unter Erteilung einer Ermahnung einstellen; in eventu die Strafhöhe auf ein gesetzmäßiges sowie tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen.

Am 25. Mai 2020 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien statt. Zu dieser Verhandlung erschien der Beschwerdeführer als Beschuldigter sowie sein rechtsfreundlicher Vertreter. In der fortgesetzten Verhandlung am 17. Juni 2020 erschien der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers. In dieser Verhandlung wurde der Zeuge, Herr E. D., mittels Videokonferenz einvernommen.

Im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis samt wesentlicher Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung mündlich verkündet.

II.      Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen in Wien, C.-straße, EZ ...7 in der KG ..., war und im Tatzeitraum insofern Abweichungen von der mit den Bescheiden der MA 37 – Baupolizei vom 9. Oktober 1914, Zl. ..., vom 30. Dezember 1954, M.Abt. 37/... und vom 6. November 2000, MA37/... genehmigten Bauführung sowie den Bauplänen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden und den Bauvorschriften nicht behoben hat, als dass in der rechten Haushälfte a. in sämtlichen Räumen im Erdgeschoß sowie im Obergeschoß die Zwischenwände, b. der Zubau im rückwärtigen Bereich der Liegenschaft und c. ca. 10 % des Gaupenbereichs im Obergeschoß, entfernt wurden und dieser vorschriftswidrige Zustand nicht beseitigt worden ist, sowie als es unterlassen wurde, d. im rückwärtigen Bereich der Liegenschaft eine Wand in Massivbauweise und in der linken Haushälfte a. die im Bereich des Hofes anstelle der Pergola hergestellte Dachkonstruktion mit drei Dachfenstern, b. den Stiegenlauf in den Keller (zu viele Stufen vorhanden), c. die im Dachgeschoss anstelle der vier bewilligten Dachfenster vorhandenen drei Dachfenster, sowie d. die im Dachgeschoß hergestellten Zwischenwände, wodurch ein Raum sowie ein Abstellraum geschaffen und somit die gesamte Raumaufteilung geändert wurde, zu beseitigen, obwohl diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. a, b und c BO für Wien bewilligungspflichtigen baulichen Änderungen weder gemäß § 70 oder § 71 BO für Wien rechtskräftig bewilligt waren, noch nach einer Einreichung gemäß § 70a BO für Wien infolge der Nichtuntersagung des Bauvorhabens oder durch das Unterbleiben von Einwendungen durch Nachbarn gemäß § 70 a Abs. 8 BO für Wien als gemäß § 70 BO für Wien bewilligt galten und auch kein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung bei der Baubehörde eingebracht worden war.

Mit Kaufvertrag vom 21. Dezember 2018 wurde der Eigentumsanteil des Beschwerdeführers an die D. GmbH verkauft, deren Geschäftsführer Herr E. D. ist.

Im Kaufvertrag findet sich auf S. 6 (Akt S. 89) unter der Überschrift „Gewährleistung“ der Hinweis auf den Bauauftrag vom 21. November 2018 und die Abweichungen vom bestehenden Baukonsens sind darin explizit angeführt. Es wurde festgehalten, dass der GmbH als Käuferin die Abweichungen sowie der entsprechende Bauauftrag bekannt sind und vereinbart, dass der Beschwerdeführer als Verkäufer keine Haftung oder Gewährleistung für die Abweichungen vom Baukonsens übernimmt.

Der Zeuge E. D. hat in seiner Aussage glaubwürdig dargelegt, dass er diese Klausel nicht so verstanden hat, dass er sich dem Beschwerdeführer gegenüber verpflichtet hätte, dem Bauauftrag zu entsprechen. Die Befragung hat des Weiteren ergeben, dass Herr E. D. als Geschäftsführer der GmbH als Käuferin einen kompletten Neubau geplant hatte und dafür auch eine nachträgliche Baubewilligung erwirkt hat.

III.     Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die unbedenkliche und unbestrittene Aktenlage, die Ausführungen in der Beschwerde, die Befragung des Beschwerdeführers und seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung sowie auf die glaubwürdige zeugenschaftliche Aussage des Herrn E. D..

IV.      Rechtliche Beurteilung

1.   Maßgebliche Rechtsnormen

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. für Wien Nr. 11/1930 idF LGBl. für Wien Nr. 37/2018, ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten.

Gemäß § 135 Abs. 1 BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 idF LGBl. für Wien Nr. 37/2018, werden Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geldstrafe bis zu EUR 21.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies gemäß Abs. 2 leg. cit. die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

2.   Rechtliche Würdigung

Indem es der Beschwerdeführer als Miteigentümer unterlassen hat, die gegenständlichen, vorstehend näher bezeichneten Abweichungen von den Bauvorschriften über den angelasteten Tatzeitraum zu beheben, ist der objektive Tatbestand des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 BO für Wien idF LGBl. 37/2018 erfüllt.

Der Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die belangte Behörde §  129  Abs.  10  BO für Wien dadurch unrichtig ausgelegt hat, dass dem Beschwerdeführer auch die baulichen Abweichungen in der rechten Doppelhaushälfte zur Last gelegt wurden, ist entgegen zu halten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zwischen Miteigentum und Wohnungseigentum unterscheidet (vgl. VwGH 02.08.2018, Ra 2017/05/0007 mwN). Bauaufträge nach §  129 Abs. 10 BO für Wien sind im Falle des Miteigentums grundsätzlich - sofern keine anders lautende Sondervorschrift besteht - an alle Miteigentümer (vgl. VwGH 23.07.2013, 2013/05/0012, mwN) und nur im Falle des Wohnungseigentums im Sinne des WEG 2002 an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten (VwGH 02.08.2018, Ra 2017/05/0007). Da im vorliegenden Fall unstrittig Miteigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bestanden hat, wurden dem Beschwerdeführer zu Recht auch jene Konsenswidrigkeiten vorgeworfen, die die rechte Doppelhaushälfte betrafen. Daran vermag auch die ausschließliche Nutzungsvereinbarung, die der Beschwerdeführer mit der damaligen Miteigentümerin hatte, nichts zu ändern. Letztere kann zivilrechtliche Regressansprüche nach sich ziehen, hat aber auf die gemäß §  129  Abs.  10  BO für Wien bestehenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen keinen Einfluss.

Das Argument des Beschwerdeführers, dass er seine Doppelhaushälfte am 21.  Dezember 2018 an die D. GmbH verkauft hat und die belangte Behörde im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §  129 Abs. 10 BO für Wien insofern die „derzeitige“ Eigentümerin belangen hätte müssen, greift ins Leere: Die in § 129 Abs. 10 BO für Wien normierte Verpflichtung trifft den bücherlichen Eigentümer während des Tatzeitraumes; entscheidend ist daher die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch. Eine Abwälzung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf den Käufer kann selbst dann nicht erfolgen, wenn der Käufer der Liegenschaft bereits im Grundbuch vorgemerkt ist (VwGH 07.03.2000, 96/05/0107). Da die Einverleibung der Veräußerung des Miteigentumsanteils unstrittig erst am 12. März 2019 erfolgte, war der Beschwerdeführer im Tatzeitraum Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft und insofern die für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift des §  129  Abs.  10 BO für Wien verantwortliche Person. Der Umstand, dass es zu einem Eigentümerwechsel kam, kann den Beschwerdeführer im Ergebnis nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreien, da sich der maßgebliche Zeitpunkt dafür nach der Einverleibung im Grundbuch richtet.

Mangelnde Fahrlässigkeit wurde nicht glaubhaft dargelegt. Der Beschwerdeführer brachte insbesondere nicht vor, dass er ab Kenntnis der Abweichungen von den Bauschriften zielgerichtete Aktivitäten dahingehend setzte, die Abweichungen von den Bauvorschriften zu beseitigen, und insofern alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten zur Beseitigung der Konsenswidrigkeit ausgeschöpft hat (vgl. hierzu VwGH 27.06.2006, 2004/05/0113).

Den Verpflichtungen nach § 129 Abs. 10 BO für Wien kann sich der Beschwerdeführer insbesondere nicht durch die Behauptung entziehen, dass ab Unterfertigung des Kaufvertrages jegliche Verfügungsmacht über seinen Miteigentumsanteil verloren gewesen sei, weil die eigenmächtige Bauführung gemäß § 129 Abs. 10 BO für Wien ein Ungehorsamsdelikt ist, bei welchem die Strafbehörde zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, sofern nur der objektive Tatbestand festgestellt ist, mit einer Verwaltungsstrafe vorzugehen hat, wenn der Täter nicht beweist, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Bei einer eigenmächtigen Bauführung bleibt der Eigentümer daher nur straffrei, wenn er beweist, alles in seinen Kräften stehende unternommen zu haben, um den vorschriftswidrigen Bau zu beseitigen. Insofern muss – in einer Konstellation wie der vorliegenden - bei Abschluss eines Kaufvertrages durch den Miteigentümer von seiner ihm rechtlich eingeräumten Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht werden, um seinen im § 129 Abs. 10 BO für Wien als (Mit-)Eigentümer des Gebäudes oder der baulichen Anlage auferlegten Pflichten nachzukommen (vgl. hierzu VwGH 16.9.1997, Zl. 97/05/0173, vgl. auch VwGH 7.3.2000, 96/05/0107). Eine Verpflichtung der GmbH als Käuferin, die Abweichungen von den Bauvorschriften rasch zu beheben und dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bauauftrag insofern zu entsprechen, findet im Wortlaut des Kaufvertrages keine Deckung.

Dem Vorbringen des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers, wonach die im 4. Abschnitt des Kaufvertrages unter dem Titel „Gewährleistung“ aufgenommenen Bestimmungen (Kaufvertrag S. 6, Akt S. 89) einer Auslegung dahingehend zugänglich wären, dass sich die D. GmbH als Käuferin zur ehestmöglichen Erfüllung des Bauauftrages verpflichtet habe, ist Folgendes entgegen zu halten: Die Auslegung eines privatrechtlichen Vertrages hat nach § 914 ABGB zu erfolgen. Dabei empfiehlt es sich, zwischen der sog. einfachen Auslegung, unter der die Ermittlung des noch möglichen Wortsinnes inklusive des von den Parteien tatsächlich Gewollten zu verstehen ist, und der ergänzenden Auslegung, die der Lückenfüllung über das Gewollte hinaus dient, zu unterscheiden (vgl. Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 914 ABGB [Stand 1.11.2014, rdb.at] Rz 6; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB: Kurzkommentar5 § 914 [Stand 2017] Rz 2). Ausgangspunkt der Auslegung ist gemäß § 914 ABGB zunächst der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung. Von diesem ausgehend muss der Wille der Parteien erforscht werden. Lässt sich auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln,  so ist eine Willensäußerung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Hierzu sind  die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen.

Bei der einfachen Vertragsauslegung findet  der ermittelte Sinn im Wortlaut der Erklärung noch eine Stütze. Miteinbezogen wird dabei nach dem Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ allerdings auch die Absicht der Parteien, weshalb bei der einfachen Auslegung auch ein über den Wortsinn hinausgehender Bedeutungsgehalt beigemessen werden kann, sofern dies der festgestellten Absicht der Parteien entspricht (vgl. Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 914 ABGB Rz 7; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB: Kurzkommentar5 § 914 Rz  5). Bei der – weitreichenderen - Auslegung nach der „Übung des redlichen Verkehrs“ ist auch eine sog. ergänzende Auslegung zulässig. Letztere findet dann Anwendung, wenn  nach Abschluss eines Rechtsgeschäftes  Konfliktfälle auftreten, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden. In einem solchen Fall ist unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen sowie des von den Parteien verfolgten Zweckes zu fragen, welche Lösung vernünftige und redliche Parteien vereinbart hätten. Diesfalls wird eine vertragliche Lücke durch den sog. „hypothetischen Parteiwillen“ geschlossen (vgl. Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 914 ABGB Rz 20 f; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB: Kurzkommentar5 § 914 Rz 9).

Eine explizite Verpflichtung der GmbH als Käuferin, die Abweichungen von den Bauvorschriften rasch zu beheben und dem Bauauftrag insofern zu entsprechen, findet im entsprechenden Abschnitt im Kaufvertrag („Gewährleistung“) wörtlich keine Deckung (vgl. Punkt 4.1 Akt S. 89 „Die Käuferin ist auch in Kenntnis des mit Bescheid vom 21.11.2018 vorgeschriebenen Auftrages, das gesamte Gebäude konsensgemäß herzustellen.“; Punkt 4.2[unkorrigiertes Originalzitat]: „Der Käuferin sind als Miteigentümer und Bauführer hinsichtlich der rechten Doppelhaushälfte die diesbezüglich anhängigen Verfahren und allfällige behördliche Auflagen oder Aufträgen, die für die kaufgegenständliche Liegenschaftshälfte oder für das gesamte Doppelhaus von Bedeutung sind, bekannt.“; unter Punkt 4.3 findet sich eine demonstrative Aufzählung von vorhandenen Mängeln; unter Punkt 4.4 findet sich der Umstand, dass die Käuferin Kenntnis von den Abweichungen vom bestehenden Baukonsens hat und der Verkäufer diesbezüglich keine Haftung oder Gewährleistung übernimmt.) Eine Verpflichtung der Käuferin, die Abweichungen vom bestehenden Baukonsens zu beseitigen und dem Bauauftrag vom 21. November 2018 zu entsprechen, findet sich im Kaufvertrag nicht.

Dass darüber hinaus – wie vom Beschwerdeführer bzw. seinem rechtsfreundlichen Vertreter vorgebracht – eine mündliche Vereinbarung bestanden hat und das Eingehen einer Verpflichtung zur Erfüllung des Bauauftrages auch von Herrn E. D. als Geschäftsführer der D. GmbH als Käuferin beabsichtigt war, hat die Befragung des Herrn E. D. in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2020 nicht ergeben. Der Zeuge betonte vielmehr, dass er im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrages beabsichtigt hatte, beide Doppelhaushälften abzureißen und neu zu bauen. Nach Angaben des Herrn E. D. wurde zwischen den Parteien weder eine entsprechende mündliche Vereinbarung getroffen, noch hat der Beschwerdeführer auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung hingewirkt. Eine - dem Willen beider Parteien des Kaufvertrages entsprechende – Vereinbarung betreffend die Erfüllung des an den Beschwerdeführer gerichteten Bauauftrages wurde daher im Ergebnis nicht getroffen.

Da weder aus dem Wortsinn, noch aus dem übereinstimmenden Willen der Parteien das Bestehen einer entsprechenden Vereinbarung abgeleitet werden kann, ergibt die einfache Vertragsauslegung keine Verpflichtung der Käuferin, den an den Beschwerdeführer gerichteten Bauauftrag zu erfüllen.

Nach der og. Rechtsprechung zu § 129 Abs. 10 BO für Wien muss der seinen Eigentumsanteil verkaufende Miteigentümer bei Abschluss eines Kaufvertrages von seiner ihm rechtlich eingeräumten Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, um seinen im § 129 Abs. 10 BO für Wien als (Mit-)Eigentümer des Gebäudes oder der baulichen Anlage auferlegten Pflichten nachzukommen (vgl. hierzu VwGH 16.9.1997, Zl. 97/05/0173, vgl. auch VwGH 7.3.2000, 96/05/0107). Die Judikatur verlangt demnach ein aktives Tätigwerden im Rahmen der Vertragsverhandlungen, mit dem darauf hingewirkt werden soll, dass der nunmehrige Eigentümer die Abweichungen vom bestehenden Baukonsens beseitigt. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass eine ergänzende Vertragsauslegung in dieser Konstellation denklogisch keine Anwendung finden kann: Die Anforderung an den Miteigentümer, von seiner rechtlich eingeräumten Gestaltungsfreiheit Gebrauch zu machen, um den im § 129 Abs. 10 BO für Wien auferlegten Pflichten nachzukommen, fordert nach Ansicht des erkennenden Gerichtes eine explizite Vereinbarung. Dem kann nicht durch lückenfüllende, ergänzende Vertragsauslegung Rechnung getragen werden, da der Beschwerdeführer aktiv auf eine entsprechende Vereinbarung hinwirken hätte müssen.

Im Übrigen lag keine – einen Anwendungsfall der ergänzenden Auslegung begründende – vertragliche Lücke vor: Von einer solchen ist dann auszugehen, wenn nach Abschluss eines Rechtsgeschäftes  Konfliktfälle auftreten, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden. Konkret hat die Befragung des Zeugen E. D. ergeben, dass der Kauf der Doppelhaushälfte des Beschwerdeführers durch die Käuferin mit der Absicht erfolgte, die Doppelhaushälfte abzureißen und neu zu bauen. Es lag keine vertragliche Lücke vor, die im Nachhinein im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen hätte werden müssen, da im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrages (und darüber hinaus) seitens der Käuferin der Abriss und anschließende Neubau der Doppelhaushälfte beabsichtigt war. Die Sanierung der Doppelhaushälfte bzw. die Erfüllung des Bauauftrages war nach Angaben des Herrn E. D. nie geplant.

Damit wurde im Ergebnis den sich aus der genannten Judikatur zu § 129 Abs. 10 BO für Wien ergebenden Verpflichtungen des Beschwerdeführers als Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft nicht entsprochen.

Zur Strafbemessung:

Durch die Nichtbeseitigung der gegenständlichen, vorstehend näher bezeichneten Abweichungen von den Bauvorschriften im angelasteten Tatzeitraum vom 27. November 2018 bis zum 11. März 2019 (u.a. Entfernung von Zwischenwänden in sämtlichen Räumen im Erdgeschoß und im Obergeschoß; Entfernung eines Zubaus im rückwärtigen Bereich der Liegenschaft; Entfernung von circa 10% des Gaupenbereichs im Obergeschoß; anstelle einer Pergola hergestellte Dachkonstruktion mit drei Dachfenstern) wurde das durch die verletzte Rechtsnorm geschützte Interesse an der strikten Einhaltung der Bauordnung für Wien durch rascheste Beseitigung der Abweichungen von den Bestimmungen der Bauordnung nicht bloß unerheblich beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der Tat ist daher, selbst bei Annahme sonstiger nachteiliger Folgen, keinesfalls unbedeutend.

Auch das Ausmaß seines Verschuldens kann in Anbetracht der objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden. Spätestens ab Übernahme des Bauauftrages hatte der Beschwerdeführer sogar positive Kenntnis der verfahrensgegenständlichen Abweichungen von den Bauvorschriften. Dem Beschwerdeführer wäre es zumutbar und möglich gewesen, im Zuge der Vertragsverhandlungen auf die Aufnahme einer - die Erfüllung des Bauauftrages durch die Käuferin vorsehenden - Klausel hinzuwirken. Da der Beschwerdeführer keinerlei zielgerichtete Aktivitäten dahingehend gesetzt hat, die Abweichungen von den Bauvorschriften zu beseitigen, kann sein Verschulden nicht als geringfügig eingestuft werden.

Bereits im angefochtenen Straferkenntnis wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd gewertet.

Erschwerend wurde bereits von der belangten Behörde die Vielzahl an Bauabweichungen gewertet. Sonstige Erschwerungs- oder Milderungsgründe sind keine hervorgekommen.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung wurde bei der Strafbemessung von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde das Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung - trotz ausdrücklicher Aufforderung in der Ladung - vom Beschwerdeführer nicht belegt und daher bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt.

Die Strafe wurde im unteren Bereich des in Betracht kommenden Strafrahmens bemessen (Strafsatz bis zu € 21.000.--; verhängte Geldstrafe € 1.780.-- [=ca. 8,5% des Strafrahmens).

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist in angemessener Relation zur Geldstrafe bemessen.

Zum Revisionsausspruch:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Baupolizeilicher Auftrag; Bewilligungspflicht; Verschulden; Vereinbarung; Auslegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.011.001.3435.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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