TE Bvwg Beschluss 2019/7/29 L527 2217701-1

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Veröffentlicht am 29.07.2019
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Entscheidungsdatum

29.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7 Abs4
ZustG §6
ZustG §9

Spruch

L527 2217701-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2019, Zl. XXXX :

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 27.02.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) mit dem Bescheid, gegen den sich die gegenständliche Beschwerde richtet, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abwies (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV). Unter Spruchpunkt V trug sie dem Beschwerdeführer auf, in einer näher bezeichneten Unterkunft Quartier zu nehmen.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11.03.2019 zugestellt. Am selben Tag - nach der Zustellung des Bescheids - langte eine Vollmachtsbekanntgabe bei der belangten Behörde ein, wonach der Beschwerdeführer u. a. den MigrantInnenverein St. Marx mit seiner Vertretung betraut habe.

Am 19.03.2019 wurde der Bescheid dem MigrantInnenverein St. Marx als Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt. Mit - per Fax am 15.04.2019 an die Behörde übermitteltem - Schriftsatz vom 11.04.2019 erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.07.2019 mit, dass und weshalb seine Beschwerde verspätet erscheine. Der Beschwerdeführer erstatte daraufhin eine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Zustellung des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2019, Zl. XXXX :

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11.03.2019, zwischen 08:19 h und 09:30 h, spätestens jedenfalls um 09:30 h, persönlich zugestellt (AS 205; OZ 9). Zum Zeitpunkt der Zustellung hatte der belangten Behörde niemand bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer allenfalls jemanden mit seiner Vertretung im betreffenden Verfahren bevollmächtigt hätte bzw. eine Zustellungsvollmacht bestehe.

Mit Fax vom 11.03.2019, 12:38 h, also nach der Zustellung des Bescheids an den Beschwerdeführer, wurde der Behörde eine Vollmachtsbekanntgabe unter Anschluss einer Vollmachtsurkunde übermittelt: Es werde bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer "den MigrantInnenverein St. Marx und dessen Obmann XXXX " mit seiner Vertretung beauftragt habe; die Vollmacht beinhaltet eine Zustellvollmacht. (AS 201 f)

Der dem Beschwerdeführer bereits am 11.03.2019 zugestellte Bescheid wurde am 19.03.2019 dem (nunmehrigen) Vertreter des Beschwerdeführers (MigrantInnenverein St. Marx) zugestellt (AS 205, 212).

1.2. Zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde:

Am 15.04.2019 brachte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter, den MigrantInnenverein St. Marx, per Fax die gegenständliche Beschwerde, datiert mit 11.04.2019, ein (AS 209 ff).

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten, also dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Aktenseiten (AS) und Ordnungszahlen (OZ) angegeben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer mit Verspätungsvorhalt vom 01.07.2019 mit näherer Begründung und unter Anschluss von Kopien relevanter Aktenbestandteile mit, dass sich die Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle (OZ 10). Der Beschwerdeführer erstatte daraufhin eine Stellungnahme (OZ 11). Darin trat er den vom Bundesverwaltungsgericht im Verspätungsvorhalt (und der nunmehrigen Entscheidung) dargelegten Sachverhaltselementen überhaupt nicht entgegen: Der Beschwerdeführer bestritt weder die Zustellung des Bescheids an ihn persönlich noch brachte er vor, dass die Zustellung später als am 11.03.2019, 09:30 h, erfolgt sei. Er behauptete auch nicht, dass die belangte Behörde früher als mit Fax vom 11.03.2019, 12:38 h, vom Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses in Kenntnis gesetzt worden wäre. Auch die Zustellung des Bescheids an den Vertreter am 19.03.2019 wurde nicht bestritten. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, die Beschwerde an einem anderen Tag als dem 15.04.2019 eingebracht zu haben.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist damit nicht nur aktenkundig, sondern auch gänzlich unstrittig und deshalb erwiesen.

Dem in der Stellungnahme (OZ 11) vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf "niederschriftliche Einvernahme des Beamten [...], der den Bescheid am 5.3.2019 (sic!) dem Beschwerdeführer ausgehändigt hat", war nicht nachzukommen. Der Beschwerdeführer begründet diesen Antrag damit, dass der Aktenvermerk (OZ 9) kein geeignetes Beweismittel sei; worauf der Beschwerdeführer dies Auffassung stützt, lässt er gänzlich offen. Der Aktenvermerk ist eine öffentliche Urkunde, die über ihren Inhalt vollen Beweis macht, wenngleich der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig ist und ebenso der Beweis der Unvollständigkeit; vgl. VwGH 16.12.1997, 97/05/0260. Der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs bzw. der bezeugten Tatsache ([Zeitpunkt der] Zustellung des Bescheids am 11.03.2019 persönlich an den Beschwerdeführer) oder der Unvollständigkeit wurde gegenständlich nicht erbracht. Der Beschwerdeführer hat die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit, wie bereits ausgeführt, nicht einmal behauptet; es ist auch sonst nichts hervorgekommen, was an der Richtigkeit bzw. Vollständigkeit zweifeln ließe. Weitere Ermittlungen, z. B. in Form einer niederschriftlichen Einvernahme, und eine mündliche Verhandlung (zum Zweck der Sachverhaltsermittlung) waren daher nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Damit eine Vollmacht im Verwaltungsverfahren Rechtswirkungen entfalten kann, muss sie nicht nur (zivilrechtlich) wirksam begründet, sondern auch nach außen hin, also gegenüber der Verwaltungsbehörde (im betreffenden Verfahren) offengelegt worden sein. Nur wenn beide Voraussetzungen - die Begründung des Vollmachtsverhältnisses sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis - erfüllt sind, kann eine rechtsgültige Vertretung vor den Behörden iSd § 10 AVG erfolgen. Vgl. mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 6 ff (Stand 1.1.2014, rdb.at).

Im gegenständlichen Fall geschah die Offenlegung des Vertretungsverhältnisses gegenüber der belangten Behörde mit Fax vom 11.03.2019, 12:38 h. Der Beschwerdeführer war vor diesem Zeitpunkt im gegenständlichen (Verwaltungs-)Verfahren nicht vertreten; es bestand jedenfalls bis dahin auch keine Zustellungsvollmacht (§ 9 Zustellgesetz). Daher hatten Zustellungen bis dahin persönlich an den Beschwerdeführer zu erfolgen. Eine Zustellung an einen etwaigen Vertreter und/oder Zustellungsbevollmächtigten kam schon deshalb nicht Betracht, weil ein solcher - gemessen an § 10 AVG, vgl. auch § 9 Zustellgesetz - überhaupt nicht bestellt (worden) war. Erst ab dem Wirksamwerden einer Zustellungsvollmacht (Zugang an die Behörde) kann nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden; der Zustellungsbevollmächtigte ist als Empfänger zu bezeichnen und Zustellungen an den Vollmachtgeber selbst sind unwirksam; vgl. § 9 Abs 3 Zustellgesetz und näher dazu mwN Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 9 K 23, E 82 ff (Stand 1.1.2018, rdb.at).

Die Vorgehensweise der belangten Behörde, die Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich zu verfügen und entsprechend zuzustellen, ist vor diesem Hintergrund und auch unter Bedachtnahme auf § 11 Abs 3 BFA-VG nicht zu bestanden. Die Zustellung des Bescheids am 11.03.2019 persönlich an den Beschwerdeführer ist wirksam. Dass der Bescheid Tage später auch dem nunmehrigen Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt wurde, ist rechtlich nicht von Relevanz, löst doch die neuerliche Zustellung eines bereits zugestellten Dokuments gemäß § 6 Zustellgesetz keine Rechtswirkungen aus.

3.2. Gemäß § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG begann die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid mit dem Tag der Zustellung, also mit 11.03.2019. § 32 Abs 2 AVG bestimmt, dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats enden, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Nach Maßgabe dieser Bestimmung endete die Beschwerdefrist mit Ablauf des 08.04.2019.

Der Beschwerdeführer hat die gegenständliche Beschwerde am 15.04.2019 - also nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist - eingebracht. Die Beschwerde ist damit verspätet und folglich gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt A)) zu entscheiden.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG (vgl. auch § 21 Abs 7 BFA-VG) - im Einklang mit Art 6 EMRK und Art 47 GRC - jedenfalls aus folgenden Gründen entfallen: Die Beschwerde war zurückzuweisen (§ 24 Abs 2 Z 1 VwGVG) und es war aus den Akten zu erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt (§ 24 Abs 4 VwGVG), zumal der Sachverhalt, wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, nicht strittig war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind entweder von Vornherein klar oder durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt; vgl. die Nachweise in der zitierten Literatur. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Vertretungsverhältnis Zurückweisung Zustellbevollmächtigter Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2217701.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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