TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/16 LVwG 30.4-2738/2019

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Veröffentlicht am 16.06.2020
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Entscheidungsdatum

16.06.2020

Index

90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §103 Abs2
KFG 1967 §134 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Philipp Lindermuth über die Beschwerde des A B, geb. am xx, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 01.10.2019, GZ: BHGU/606190024549/2019,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet

abgewiesen.

II.    Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 10,00 zu leisten.

III.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 01.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er sei als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen XX mit Schreiben der BH Graz-Umgebung vom 17.04.2019 aufgefordert worden, binnen zwei Wochen ab Zustellung der Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 12.02.2019 um 11:15 Uhr in der Gemeinde C auf der B72 bei StrKm. xx in Fahrtrichtung D gelenkt habe. Er habe diese Auskunft nicht ordnungsgemäß erteilt, da er keinen Lenker namhaft gemacht habe. Er habe auch keine andere Person genannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Dadurch habe er die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz 1967 (im Folgenden KFG 1967) verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 40,00, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Stunden gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 verhängt wurde.

1.2. Begründend wird im Straferkenntnis – auf das Wesentliche reduziert – ausgeführt, dass mit Anzeige vom 27.02.2019 eine mittels Radarmessung festgestellte Geschwindigkeitsübertretung am 12.02.2019 um 11:15 Uhr mit dem auf dem Beschwerdeführer zugelassenen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX angezeigt worden sei. Daher sei der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer zur Erteilung der Lenkerauskunft aufgefordert worden. Diese habe er nicht ordnungsgemäß erteilt, da er keinen Lenker namhaft gemacht habe. Er habe auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Die Behörde sehe es als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer die im Spruch genannte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

1.3. Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis aus, dass als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend nichts gewertet werde. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten seien nicht bekannt gegeben worden, sodass diese auf der Basis eines Durchschnittseinkommens von € 1.250,00 eingeschätzt würden. Die verhängte Geldstrafe sei dem objektiven Unrechtsgehalt der Tat angepasst und schuldangemessen.

1.4. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 14.10.2019 zugestellt.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 20.10.2019, bei der belangten Behörde am 21.10.2019 und damit fristgerecht eingelangt, Beschwerde (irrtümlich als Einspruch bezeichnet), in der er – auf das für das vorliegende Verfahren Wesentliche reduziert – ausführt, dass laut § 103 Abs 2 KFG 1967 die Zustellfrist höchstens zwei Wochen, nicht jedoch 84 Tage betrage. Die Strafnorm des § 134 Abs 1 KFG 1967 sei nicht einschlägig. In seinen E-Mails vom 08.05.2019 und vom 15.09.2019 habe er auf Tatsachen und Ungleichheiten nachprüfbar hingewiesen. Da diese Mails offensichtlich nicht angekommen seien, wiederhole er sein Vorbringen: Die Anonymverfügung sei ihm am 03.05.2019 zugestellt worden. Mit seinem Kraftfahrzeug sei die Geschwindigkeit um 6 km/h ohne materiellen Schaden überschritten worden. Aufgrund der bereits 84 Tage in der Vergangenheit gelegenen unbedeutenden Geschwindigkeitsüberschreitung ohne materiellen Schaden wisse er nicht mehr, wer sein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Im Übrigen verweist die Beschwerde auf die Ausführungen im Einspruch gegen die Strafverfügung, die die dem Lenkerauskunftsbegehren zugrundeliegende Geschwindigkeitsüberschreitung betreffen und für das vorliegende Beschwerdeverfahren über die Verwaltungsübertretung der Nichterteilung der Lenkerauskunft daher nicht relevant sind.

2.2. Der Beschwerdeführer stellte keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

3. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab, legte den Verwaltungsstrafakt vor und verzichtete ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Unter einem gab die belangte Behörde bekannt, dass für den Beschwerdeführer keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vorlägen.

II.      Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer war am 12.02.2019, dem Zeitpunkt, auf den sich das Lenkerauskunftsbegehren bezieht, Zulassungsbesitzer des Pkws mit dem Kennzeichen XX. Aufgrund der Anzeige einer mittels Radarmessung festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 6 km/h wurde der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer mit Lenkererhebung der BH Graz-Umgebung vom 17.04.2019 zur Bekanntgabe binnen zwei Wochen aufgefordert, wer den auf ihn zugelassenen Pkw mit dem Kennzeichen XX am 12.02.2019 um 11:15 Uhr in der Gemeinde C auf der B72 bei StrKm. xx in Fahrtrichtung D gelenkt habe. In der Lenkererhebung wurden der Zeitpunkt, für den die Bekanntgabe des Lenkers erfolgen sollte, und der Inhalt der Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG 1967 wiedergegeben sowie darauf hingewiesen, dass die Nichterteilung bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung der Lenkerauskunft strafbar sei.

2. Diese Lenkererhebung wurde dem Beschwerdeführer am 03.05.2019 zugestellt.

3. In seinem am 07.05.2019 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben führt der Beschwerdeführer zur Lenkererhebung aus, dass sein Auto das angeführte Kennzeichen habe. Er könne sich nicht mehr erinnern, wer zu dieser Zeit am angeführten Ort vor 84 Tagen mit dem Auto gefahren sei. Es würden einige mit dem Auto fahren. Weiters fragt der Beschwerdeführer in diesem Schreiben, wer einen materiellen Schaden und wer einen immateriellen Schaden habe.

4. Der Beschwerdeführer hat weder in diesem Schreiben noch sonst einen Lenker namhaft gemacht und auch keine andere Person genannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

III.    Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Auch der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die Lenkerauskunft nicht erteilt hat, sondern bringt nur vor, dass er nicht mehr wisse, wer vor 84 Tagen mit seinem Auto gefahren sei.

IV.      Rechtsgrundlagen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 in ihrer zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 19/2019 (KFG 1967) lauten:

㤠103

Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

[…]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

[…]

§ 134

Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

[…]“

V.       Rechtliche Beurteilung:

1.1. Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeugs auf Verlangen der Behörde die Auskunft zu erteilen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat, wobei diese Auskunft den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss. Dabei muss die Lenkerauskunft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eindeutig sein und darf weder in sich widersprüchlich noch unklar sein. § 103 Abs 2 KFG 1967 liegt nämlich die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl. zB VwGH 07.12.2016, Ra 2016/02/0165; 26.01.2009, 2006/17/0380; 26.03.2004, 2003/02/0213; 16.06.2003; 2002/02/0271; 16.02.1999, 98/02/0405; 30.06.1993, 93/02/0109). Eine auf Grund einer Anfrage gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 erteilte Auskunft genügt den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn der Darstellung der verantwortliche Lenker zweifelsfrei entnommen werden kann (VwGH 05.07.1996, 96/02/0075; 29.09.1993, 93/02/0191).

1.2. Ein Zulassungsbesitzer ist somit gemäß § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 strafbar, wenn er innerhalb der in der Lenkererhebung gesetzten Frist keine bzw. keine richtige Auskunft erteilt hat (vgl. VwGH 28.02.1996, 96/03/0028; 25.02.2015, Ra 2014/02/0179; 26.11.2015, Ra 2015/02/0168).

2.1. Dadurch, dass der Beschwerdeführer als Zulassungsinhaber weder in seinem am 07.05.2019 bei der Behörde eingelangtem Schreiben noch sonst innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen angegeben hat, wer zum angegebenen Lenkzeitpunkt den auf ihn zugelassenen Pkw gelenkt hat, und auch keine auskunftspflichtige Person benannt hat, hat er die Verwaltungsübertretung des § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 in objektiver Hinsicht verwirklicht.

2.2. Dass der Beschwerdeführer sich nicht mehr erinnern könne, wer sein Auto gelenkt habe, wie er in seinem am 07.05.2019 bei der Behörde eingelangtem Schreiben und in der Beschwerde vorbringt, ändert an seiner Strafbarkeit als Zulassungsbesitzer wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft nichts, weil er gemäß § 103 Abs 2 3. Satz KFG 1967 verpflichtet ist, zur Ermöglichung der Auskunftserteilung entsprechende Aufzeichnungen zu führen (siehe VwGH 26.05.2000, 2000/02/0115; 20.11.1991, 91/03/0066).

2.3. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht hat die Behörde auch nicht nur zwei Wochen für die Zustellung des Lenkerauskunftsbegehrens Zeit. Die gesetzliche Frist des § 103 Abs 2 KFG 1967 von zwei Wochen bezieht sich nämlich auf die Zeit zur Erteilung der Lenkerauskunft: Diese ist durch den Zulassungsbesitzer binnen zwei Wochen ab Zustellung des behördlichen Lenkerauskunftsbegehrens zu erteilen. Hingegen sieht § 103 Abs 2 KFG 1967 für die Behörde keine Frist vor, binnen der die Behörde die Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft an den Zulassungsbesitzer zustellen müsste. Daher ist es für die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nach § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 unerheblich, dass die Behörde das Lenkerauskunftsbegehren dem Beschwerdeführer erst am 03.05.2019 und damit 80 Tage nach dem Datum der angezeigten Geschwindigkeitsüberschreitung zustellte.

3.1. Zu den übrigen Ausführungen im Einspruch vom 15.09.2019 und in der Beschwerde vom 21.10.2019 ist darauf hinzuweisen, dass die Strafbarkeit der Verletzung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 unabhängig von der Strafbarkeit der zu Grunde liegenden Verwaltungsübertretung, die Anlass der Lenkererhebung war, besteht. Sie ist auch nicht davon abhängig, ob eine Bestrafung des Lenkers rechtmäßiger Weise erfolgen darf (VwGH 19.12.2014, Ra 2014/02/0081; 11.05.1990, 89/18/0177 mwN; VfGH 02.06.1973, B 71/73, VfSlg. 7056/1973).

3.2. Somit sind die Ausführungen im Einspruch vom 15.09.2019 und in der Beschwerde vom 21.10.2019 zur Unzulässigkeit der Bestrafung der Geschwindigkeitsübertretung für das vorliegende Verfahren über die Beschwerde gegen die Bestrafung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft unerheblich, weil die Strafbarkeit für die Nichterteilung der Lenkerauskunft von der Strafbarkeit der zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung unabhängig ist und selbst dann bestünde, wenn zum angegebenen Lenkzeitpunkt mit dem angegebenen Fahrzeug gar keine Verwaltungsübertretung begangen worden wäre. Dem Beschwerdeführer wird im mit seiner Beschwerde angefochtenen Straferkenntnis vom 01.10.2019 eben nicht vorgeworfen, die der Anfrage zugrundeliegende Geschwindigkeitsübertretung begangen zu haben, sondern keine Auskunft über die Person gegeben zu haben, die das auf den Beschwerdeführer zugelassene Kraftfahrzeug zum angegebenen Lenkzeitpunkt gelenkt hat.

4.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt (vgl. etwa VwGH 28.03.2006, 2002/03/0264). Gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG gilt bei Ungehorsamsdelikten die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt worden ist und das mangelnde Verschulden durch den Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist sohin Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. zu § 103 Abs 2 KFG 1967 etwa VwGH 3.9.2003, 2002/03/0012).

4.2. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde hinsichtlich seines Verschuldens ausschließlich seine Ausführungen in der Lenkerauskunft wiederholt, dass er sich wegen des langen Zeitraums zwischen dem Lenkzeitpunkt und der Zustellung des Lenkerauskunftsbegehrens nicht daran erinnern könne, wer mit dem auf ihn zugelassenen Pkw gefahren sei. Damit zeigt der Beschwerdeführer aber nicht auf, dass ihn an der angelasteten Verwaltungsübertretung der Nichterteilung der Lenkerauskunft kein Verschulden trifft. Allenfalls hätte er – wie schon oben ausgeführt – entsprechend der Verpflichtung des § 103 Abs 2 Satz 3 KFG 1967 entsprechende Aufzeichnungen über die Person des Lenkers und die jeweiligen Lenkzeitpunkte führen müssen (vgl. VwGH 26.05.2000, 2000/02/0115).

Zur Strafbemessung:

5.1 Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. § 103 Abs 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 09.06.2015, Ro 2015/02/0010 mit Hinweis auf VwGH 22.03.2000, 99/03/0434). Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH 19.12.2014, Ra 2014/02/0081).

5.3. Der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Tat ist somit als nicht unbeträchtlich einzustufen (so selbst für den Fall einer rechtzeitigen, aber unklaren Lenkerauskunft VwGH, 12.08.1994, 94/02/0241, zumal es „Sinn und Zweck der Regelung [sei], der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen“). Das Strafverfahren war daher weder einzustellen noch eine Ermahnung auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG, welche kumulativ vorliegen müssen (VwGH 20.06.2016, Ra 2016/02/0065), nicht erfüllt sind. Das Verschulden des Beschwerdeführers mag zwar noch gering gewesen sein, jedoch war weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts noch die Intensität der Beeinträchtigung als gering zu bewerten.

6. Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten, was von der belangten Behörde im Rahmen der Strafbemessung auch berücksichtigt wurde. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Eine Strafe soll so gewählt werden, dass der Beschwerdeführer in Zukunft zu einem adäquaten Alternativverhalten bewegt wird, und soll in Relation zu den Vermögensverhältnissen durchaus spürbar sein.

7. Die Behörde ging mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor und legte die der Strafbemessung zugrunde gelegten durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch im Straferkenntnis offen. Dieser Einschätzung trat der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegen und gab seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch dem Landesverwaltungsgericht nicht bekannt. Auf Grund dieser unterlassenen Mitwirkung ist auch das Verwaltungsgericht nicht gehalten, weitere Nachforschungen anzustellen (vgl. VwGH 24.02.1988, 87/03/0253). Somit hat es der Beschwerdeführer seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse eingeschätzt werden und dadurch allenfalls Umstände unberücksichtigt bleiben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde oder dem Landesverwaltungsgericht nicht zur Kenntnis gelangen konnten.

8. Vor diesem Hintergrund hat eine Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen zu erfolgen, wobei der Verwaltungsgerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten hat, dass unter einem angenommenen durchschnittlichen Monatseinkommen eines unselbständigen Erwerbstätigen in Österreich das Einkommen zu verstehen ist, das diesbezüglich in amtlich verlautbaren statistischen Unterlagen ausgewiesen wird (vgl. z.B. VwGH 31.01.2012, 2009/05/0123; 27.04.2000, 98/10/0003).

9. Im Ergebnis kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Strafe in Höhe von € 40,00 für angemessen erachtete, liegt diese Strafe doch im untersten Bereich (0,8 %) des Strafrahmens des § 134 Abs 1 KFG 1967 bis € 5.000,00. Somit würde die verhängte Strafe selbst ungünstigsten wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027; 30.01.2014, 2013/03/0129), wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027; 30.01.2014, 2013/03/0129).

10. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe scheint somit in Anbetracht der Unbescholtenheit auf der einen Seite sowie des nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalts der Tat auf der anderen Seite im Sinne des § 19 VStG tat- und schuldangemessen. Deren Verhängung erscheint auch unter Beachtung spezial- und generalpräventiver Aspekte erforderlich, insbesondere um der Tatsache Nachdruck zu verleihen, dass die für eine lückenlose und rasche Strafverfolgung unerlässlichen Lenkerauskunftsbegehren zu beantworten sind.

11. Gemäß § 16 Abs 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß § 16 Abs 2 VStG ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen. Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Stunden bei einer maximalen Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen ist den Strafzumessungskriterien angemessen und steht zur Geldstrafe jedenfalls nicht außer Verhältnis.

Zu den Kosten:

12. Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 pro Verwaltungsübertretung zu bemessen. Der Kostenbeitrag war daher im vorliegenden Fall mit dem Mindestbetrag von € 10,00 festzusetzen.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

13. Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da diese von keiner Partei beantragt wurde und die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe € 500,00 nicht übersteigt. Zudem war bei unstrittigem Sachverhalt bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu lösen, sodass dem Entfall der Verhandlung weder
Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen (vgl. hiezu etwa EGMR 5.9.2002, Fall Speil, Appl. Nr. 42.057/98, ÖJZ 2003, 117).

VI.    Ergebnis:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er der Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft nicht entsprochen hat und nicht bekannt gegeben hat, wer sein Kraftfahrzeug am 12.02.2019 um 11:15 Uhr gelenkt hat. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, dass er sich auf Grund des langen Zeitraums zwischen dem Lenkzeitpunkt und der Aufforderung zur Lenkerauskunft nicht erinnern könne und einige Personen mit seinem Kraftfahrzeug führen, ändert nichts an der Strafbarkeit des Beschwerdeführers, weil er in diesem Fall gemäß § 103 Abs 2 Satz 3 verpflichtet gewesen wäre, Aufzeichnungen über den jeweiligen Lenker seines Kraftfahrzeugs und die Lenkzeitpunkte zu führen. Für die Strafbarkeit der Nichterteilung der Lenkerauskunft ist es auch unerheblich, ob am 12.02.2019 um 11:15 Uhr eine strafbare Geschwindigkeitsübertretung begangen wurde oder nicht.

Die verhängte Strafe von € 40,00 liegt gerade einmal bei 0,8 % des Strafrahmens bis € 5.000 und ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Im Übrigen ist die Verhängung von Strafen wie der vorliegenden auch geboten, um den Beschwerdeführer, aber auch andere Zulassungsinhaber dazu anzuhalten, Aufzeichnungen darüber zu führen, wer das auf sie zugelassene Kraftfahrzeug lenkt, und im Bedarfsfall der Behörde den Lenker bekannt zu geben, damit die Strafverfolgung durch die Behörden lückenlos und rasch erfolgen kann.

VII.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Lenkerauskunft, Frist, zwei Wochen, Auskunftspflicht, Behörde, Zustellung Lenkerauskunftsbegehren, Aufforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.30.4.2738.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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