TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/16 94/09/0245

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Veröffentlicht am 16.12.1997
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1;
StGB §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Josef B in H, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 17. Juli 1994, Zl. 54/9-DOK/94, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 6. April 1994 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt,

"seine Dienstpflichten hinsichtlich des § 43 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 8 GDI sowie Erlaß des BMI vom 23.12.1970, Zl 189 810/B/70 (GES), insofern verletzt zu haben, als er am 28.12.1993 gemeinsam mit Frau W. in L. ein Bordell gepachtet hat, um aus dem Betrieb dieses Lokales einen finanziellen Gewinn zu erzielen."

Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 in Form einer Geldstrafe in der Höhe von S 79.500,-- ("das ist ca. das 4fache des Monatsbruttobezuges unter Ausschluß der Haushaltszulage") verhängt. Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wurde zur Abstattung eine Monatsrate zu S 2.500,-- und 35 Monatsraten zu S 2.200,-- bewilligt.

In der Begründung führte die Disziplinarbehörde erster Instanz im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 28. Dezember 1993 zusammen mit Frau W. ein Bordell gepachtet, um aus dessen Betrieb einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Nach seinen Angaben habe der Beschwerdeführer die Unterschrift auf dem Pachtvertrag "lediglich aus Sicherungsgründen" und letztendlich auch auf Drängen des Verpächters geleistet. Es sei eine monatliche Pacht in der Höhe von S 30.000,-- vereinbart gewesen. Die vertraglich vereinbarte Ablösesumme in Höhe von S 260.000,-- sei vom Beschwerdeführer bezahlt bzw. nach einer neuerlichen schriftlichen Vereinbarung von dem Beschwerdeführer an Frau W. leihweise zur Verfügung gestellt worden. Am 20. Jänner 1994 sei der Pachtvertrag insofern abgeändert worden, als der Beschwerdeführer aus dem Vertrag ausgeschieden und sämtliche Verbindlichkeiten von der jetzt alleinigen Pächterin W. übernommen worden seien. Dieser Sachverhalt stelle einen Verstoß gegen die Dienstpflichten dar (im Disziplinarerkenntnis werden dazu die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 BDG 1979 sowie des § 8 der GDI und der Erlaß des BMI vom 23. Dezember 1970 näher zitiert). Es sei ein schwerer disziplinär zu ahndender Unrechtsgehalt darin zu sehen. Der Beschwerdeführer habe die Dienstpflichtverletzungen vorsätzlich begangen. In der mündlichen Disziplinarverhandlung habe er sich schuldig bekannt und Einsicht gezeigt. Er habe angegeben, daß ihm die Begehung einer Dienstpflichtverletzung "leider erst viel zu spät bewußt geworden sei".

Die Disziplinarbehörde erster Instanz halte unter Berücksichtigung der nach § 93 Abs. 1 BDG 1979 vorzunehmenden Strafbemessung die ausgesprochene Disziplinarstrafe gerade noch für ausreichend, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Sie habe sich dem Antrag des stellvertretenden Disziplinaranwaltes auf Entlassung des Beschwerdeführers nicht anschließen können. Als mildernd seien die bisherige disziplinäre Straflosigkeit, die ausgezeichnete Leistungsbeurteilung, das reumütige Geständnis sowie die in der mündlichen Disziplinarverhandlung gezeigte Einsicht zu werten. Weiters liege seitens des Beschwerdeführers keine straf- oder verwaltungsrechtliche "Verantwortung" vor. Erschwerend wiege der Umstand, daß die Handlung nicht unbedacht, sondern "wohl überlegt und geplant war". Weiters habe der Beschwerdeführer teilweise naiv und in Gewinnabsicht gehandelt. Bei Bemessung der Strafe sei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und auf die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers Rücksicht genommen worden. Der Beschwerdeführer befinde sich in der Verwendungsgruppe W2, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 10, mit nächster Vorrückung am 1. Juli 1995. Er sei verheiratet und habe drei schulpflichtige Kinder im Alter von 13, 15 und 17 Jahren. Seine Ehegattin sei teilzeitbeschäftigt und verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 7.000,--. Gemeinsam mit seiner Ehegattin habe der Beschwerdeführer aus einem Hausbau ca. S 800.000,-- bis S 900.000,-- Schulden. Der Kredit in Höhe von S 250.000,--, für den Frau W. die Raten bezahle, sei hier nicht inkludiert.

Gegen das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz erhoben sowohl der Disziplinaranwalt, der den Berufungsantrag stellte, die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen, als auch der Beschwerdeführer Berufung.

In der Berufung des Beschwerdeführers ersuchte dieser um Reduzierung der ausgesprochenen Geldstrafe auf das Ausmaß eines zweifachen Monatsbruttobezuges, da seine "unschuldige Familie wegen der hohen Bestrafung und des Verdienstausfalles durch die Suspendierung ebenfalls hart getroffen und mitgestraft werden würde". Der Beschwerdeführer habe alles getan, um den Sachverhalt restlos aufzuklären und sei stets bemüht gewesen, den Schaden zu minimieren. Er habe bisher eine tadellose Dienstleistung nachzuweisen und verspreche, dies auch in Hinkunft wiederum zu tun. Durch ein offenbar indiskretes Verhalten eines in den Erhebungen involvierten Beamten sei eine unrichtige Presseinformation weitergegeben worden, um den Beschwerdeführer "offenbar dienstlich und auch menschlich zu vernichten". Der Beschwerdeführer habe bereits um Versetzung in eine Verkehrsabteilungsaußenstelle angesucht, bei der er dem Dienstgeber in keiner Weise "nachteilig sein könnte".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde weder der Berufung des Disziplinaranwaltes noch der des Beschwerdeführers Folge. Nach einer Wiedergabe des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses und der Berufungsinhalte betonte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, sie pflichte den "zutreffenden Ausführungen der ersten Instanz" vollinhaltlich bei. Angesichts der bisherigen ausgezeichneten Dienstleistung des Beschwerdeführers, seiner bisherigen disziplinären Unbescholtenheit, seiner uneingeschränkten Schuldeinsicht und angesichts der Tatsache, daß es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, sei - entgegen den Berufungsausführungen des Disziplinaranwaltes - die verhängte Strafe gerade noch ausreichend, um den Beschwerdeführer künftig von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, daß seine finanziellen Verhältnisse (Gehalt Dienstklasse III, Gehaltsstufe 10, Nebengebühren

ca. S 10.000,-- brutto monatlich, monatliches Nettoeinkommen der Ehegattin von ca. S 7.000,--) "nicht so sind, daß seine Familie dadurch in Bedrängnis geraten würde". Außerdem sei eine großzügige Ratenzahlung gewährt worden.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf "Verhängung einer angemessenen Geldstrafe und fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 93 Beamtendienstrechtsgesetz".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausschließlich

gegen den Strafausspruch.

Die Richtlinien, nach denen bei der Strafbemessung vorzugehen ist, enthält § 93 Abs. 1 BDG 1979. Demnach ist primär das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Pachtung eines Bordells (um aus dem Betrieb dieses Lokals einen finanziellen Gewinn zu erzielen) für einen Exekutivbeamten grundsätzlich einen schweren Verstoß gegen die Dienstpflichten darstellt, haben die Disziplinarbehörden (und insoweit auch in der Beschwerde unwidersprochen) zutreffend festgestellt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, 93/09/0418, und vom 29. Oktober 1997, 95/09/0151). Die Schwere der Dienstpflichtverletzung rechtfertigte daher jedenfalls die Verhängung einer Geldstrafe nach § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 (bei dem dort vorgesehenen Höchstausmaß von fünf Monatsbezügen). Warum sich laut Beschwerde aus der im angefochtenen Bescheid "attestierten Naivität bei der gegenständlichen Aktion und deren Rückgängigmachung am 20.1.1994" ergeben sollte, daß aus rein spezialpräventiven Gründen "überhaupt keine Bestrafung erforderlich" sein sollte, wird in der Beschwerde nicht schlüssig dargestellt.

Zu den laut Beschwerde gegebenen Milderungsgründen nach § 34 StGB ist zu sagen, daß die disziplinäre Unbescholtenheit und das reumütige Geständnis (damit die in der Beschwerde angesprochenen Z. 2 und 17 des § 34 StGB) ohnedies bei der Strafbemessung ausdrücklich Berücksichtigung fanden. Wenn der Beschwerdeführer weiters ins Treffen führt, ihm wäre auch der Milderungsgrund der "Unbesonnenheit" zuzuerkennen gewesen, setzt er sich mit den auch von ihm in der Berufung unbestritten gebliebenen Feststellungen im Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz in Widerspruch. Dort wird nämlich - als Erschwerungsgrund - die "wohl überlegte und geplante" Durchführung der Handlungen des Beschwerdeführers angeführt. Warum schließlich die Auflösung des Pachtverhältnisses zum 20. Jänner 1994 als "Schadensgutmachung" im Sinne des § 34 Z. 15 StGB zu werten wäre, macht die Beschwerde nicht deutlich.

Der Beschwerde kann auch nicht darin gefolgt werden, daß bei der Strafbemessung in unzulässiger Weise nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers Bedacht genommen worden wäre.

Eine möglicherweise empfindliche Minderung der wirtschaftlichen Situation des Bestraften (und damit zwangsläufig auch seiner Sorgeberechtigten) liegt grundsätzlich im Wesen einer Geldstrafe. Ob das verhängte Strafausmaß "in einem unverhältnismäßigen Widerspruch zu den von den Gerichten üblicherweise verhängten Strafen" steht, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil das in der Beschwerde mit Vergleichsrechnungen angesprochene Tagessatzsystem des StGB im Disziplinarrecht keine Anwendung findet. Daß die Bezahlung der in Ratenform bewilligten Abstattung der Geldstrafe das Existenzminimum des Beschwerdeführers (unter Berücksichtigung der Sorgepflichten) beeinträchtigen würde, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet (so wird etwa bei den in der Beschwerde angestellten Berechnungen der über das Existenzminimum hinausgehende Einkommensteil - bei dessen Berechnung laut Gegenschrift im übrigen die Nebengebühren von S 10.000,-- monatlich außer Ansatz gelassen worden seien - mit monatlich S 3.000,-- - bei zu entrichtenden monatlichen Raten von 2.200,-- - angegeben).

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher insgesamt nicht erkennen, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung eine Rechtsverletzung unterlaufen wäre, oder diese von dem ihr dabei zustehenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994090245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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