TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/3 VGW-221/079/10100/2017/VOR

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Veröffentlicht am 03.01.2020
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Entscheidungsdatum

03.01.2020

Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien
90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GebrauchsabgabeG Wr §1 Abs1
GebrauchsabgabeG Wr §2 Abs2
StVO 1960 §82 Abs1
StVO 1960 §82 Abs5
StVO 1960 §94d Z9
AVG §6 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram im Beschwerdeverfahren der A. GesmbH, FN ..., mit Sitz in Wien, gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 11.4.2017, MBA ..., betreffend die Abweisung des Antrags auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis (§ 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966 – GAG) und auf Bewilligung (§ 82 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960) zur Nutzung des öffentlichen Grundes (Straße) und des darüber befindlichen Luftraums in der Parkspur vor dem Haus Wien, B.-gasse, im Ausmaß von 5,10 m x 1,70 m (8,67 m²), für die Aufstellung von Tischen und Stühlen („Schanigarten“) im Zeitraum März bis November der Jahre 2017 bis 2023 nach Vorstellung (§ 54 VwGVG) gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29.6.2017, VGW-221/079/RP01/7924/2017-3, den

A.)

BESCHLUSS

gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG

I. Soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung der Gebrauchserlaubnis (§ 2 Abs. 2 GAG) für den Zeitraum 1. März bis 30. November der Jahre 2020 bis 2023 richtet, wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, zurückverwiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.

B.)

BESCHLUSS

gemäß § 31 VwGVG

I. Soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung der Gebrauchserlaubnis (§ 2 Abs. 2 GAG) für den Zeitraum 31. März bis 29. Mai 2017 richtet, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

II. Soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung der Gebrauchserlaubnis (§ 2 Abs. 2 GAG) für die Zeiträume 30. Mai bis 30. November 2017 und 1. März bis 30. November der Jahre 2018 und 2019 richtet, wird sie als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

III. Soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung der beantragten Bewilligungen gemäß § 82 Abs. 5 StVO 1960 richtet, wird sie wegen sachlicher/funktioneller Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts bzw. als gemäß Art. 132 Abs. 6 B-VG unzulässig zurückgewiesen.

IV. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG in allen Punkten nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 11.4.2017 wies die belangte Behörde die im Spruchkopf bezeichneten verfahrenseinleitenden Anträge ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe der herangezogenen Rechtsgrundlagen aus, dass die Beschwerdeführerin (BF) nach positiver Erledigung eines entsprechenden Ansuchens für die Jahre 2015 und 2016 mit Bescheid vom 14.1.2015 am 31.3.2017 um Verlängerung für sieben Jahre angesucht habe. Das Ermittlungsverfahren habe jedoch ergeben, dass sich die antragsgegenständliche Fläche in einer „Anwohnerparkzone“ befinde. Das Verwaltungsgericht Wien (VGW) habe in einer Entscheidung vom 3.6.2015 „festgestellt“, dass das durch Anwohnerparkzonen im Ausmaß von 20 % der Stellplätze verfolgte öffentliche Interesse der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs einer Sondernutzung entgegenstehe.

Dagegen richtet sich die nach der Aktenlage fristgerecht und mängelfrei eingebrachte Beschwerde mit dem Begehren, den Bescheid im Sinn einer positiven Erledigung des Ansuchens abzuändern. Begründend wurde im Wesentlichen eingewendet, dass die von der Behörde verwiesene Rechtspfleger-Entscheidung nach erhobener Vorstellung (ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage des Schanigartens in einer Anwohnerparkzone) wegen Ablauf des beantragten Bewilligungszeitraums und Wegfall des rechtlichen Interesses in eine Zurückweisung abgeändert worden, somit nicht für die nunmehrige Beurteilung heranzuziehen sei. Eine Anwohnerparkzone stelle, jedenfalls gemäß der bewusst geänderten Rechtlage nach dem 28.2.2013 (Entfall des Versagungsgrunds „Parkraumbedarf“), keinen Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 GAG dar. Auch hätte dem öffentlichen Interesse durch die Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen bzw. durch die Verpflichtung der BF zur Kostentragung für eine Verschiebung der Zone entsprochen werden können. Der Aufkleber für die Nutzung des Anwohnerparkens mache eine bescheidmäßige Ausnahme von der Kurzparkzone sichtbar und ermögliche das Abstellen des PKW im gesamten Parkraum des ... Bezirks. Die Anwohnerparkzone biete Bewohnern lediglich eine bevorzugte Abstellmöglichkeit innerhalb des Gesamtbereichs. Eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sei im Bescheid, welcher nur auf die Anwohnerparkzone verweise, überhaupt nicht thematisiert und im Verfahren auch nicht ermittelt worden.

Mit Erkenntnis vom 29.6.2017, VGW-221/079/RP01/7924/2017-3, wies die zuständige Rechtspflegern die Beschwerde als unbegründet ab, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass bereits zur Zeit der Ersterlaubnis für den gegenständlichen Schanigarten (vom 30.9. bis 30.11.2014) mit der Umsetzung von Verordnungen über Anrainerparkzonen durch Halte- und Parkverbotsschilder mit Zusatztafeln begonnen worden sei. In Wien, B.-gasse, sei durch Kundmachung im Zeitraum zwischen 24.9. bis 2.10.2014 eine Anwohnerparkzone für neun Stellplätze geschaffen worden. Eine Einigung mit der Bezirksvorstehung über eine Zonenverlegung sei nicht zustande gekommen. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 12.12.2016, E 1997/2015 ua, die Verordnung von Anrainerparkzonen in Wien im gegenständlichen Ausmaß als unbedenklich und gesetzeskonform angesehen. Es würden nunmehr andere Wertungsgrundsätze gelten und sei es Ziel, Stellplatzzonen fair und gerecht auf das gesamte Bezirksgebiet aufzuteilen. Zudem sei in § 1b GAG eine Verordnungsermächtigung für Nutzungskonzepte und Zonierungspläne, unter anderem bei starker Verkehrsfrequenz, geschaffen worden. Im Bereich Wien, B.-gasse, und der näheren Umgebung bestehe laut Magistratsabteilung 46 eine Stellplatzauslastung von mehr als 95 %, sohin ein Parkraummangel, der nahelege, dass Anwohner den Bereich mehrmals befahren bzw. sich vor Ort in Warteposition begeben müssten; auch verkehre dort an Wochentagen die Autobuslinie ... Richtung …. Insgesamt ergebe dies einen Versagungsgrund in Bezug auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Der angefochtene Bescheid stütze sich gar nicht auf einen Versagungsgrund des „Parkraumbedarfs“; überdies sei die Aufzählung öffentlicher Rücksichten in § 2 Abs. 2 GAG nicht taxativ.

Dagegen richtet sich die von der BF fristgerecht erhobene Vorstellung (§ 54 VwGVG), in welcher im Wesentlichen gleich argumentiert wird wie in der Beschwerde. Zusätzlich eingewendet bzw. hervorgehoben wird die Unanwendbarkeit des § 1b GAG, die Heranziehung im Jahr 2014 allgemein geforderter Kriterien für Errichtung von Anwohnerparkzonen und die Unterlassung eines tauglichen auf den konkreten Sachverhalt bezogenen Beweisverfahrens.

In der Beschwerdeverhandlung vom 5.9.2019 brachte die BF ergänzend vor, dass die in Rede stehende Verordnung der Anwohnerparkzonen im … wie auch im … Bezirk aufgrund einer - anders als in anderen Wiener Gemeindebezirken - unzureichenden Kundmachung ungültig und insofern unwirksam sei. Auf den betreffenden Verkehrsschildern fehle die Verweisung auf die Verordnung im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 41/2018, wo insbesondere auch diverse (weitere) Ausnahmen aufgeführt seien. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 18.10.2019 führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Bezirksvorsteherinnen für den … und … Bezirk im Zusammenhang mit der Kundmachung der bereits „existierenden“ Verordnung über die Anwohnerparkzonen eine Beschwerde bei der Volksanwaltschaft anhängig hätten. Durch eine Bewilligung des Schanigartens würden daher künftige öffentliche Rücksichten und Planungen iSd § 2 Abs. 2 GAG gefährdet.

Maßgeblicher Sachverhalt (betr. die Beschlüsse des VGW):

Die BF mit Sitz in Wien, B.-gasse, ist seit 6.2.1997 an dieser Adresse (Gewerbestandort) zur Ausübung des im GISA zur Zahl ... registrierten Gastgewerbes in der Betriebsart Restaurant berechtigt. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.9.2014, MBA ..., wurden ihr auf Antrag und unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen erstmals bis zum 30. November des Jahres 2014 gemäß § 1 GAG und § 82 Abs. 1 StVO 1960 die Gebrauchserlaubnis und Bewilligung für einen im Bescheid näher umschriebenen „Schanigarten“ in der Parkspur vor dem Haus Wien, B.-gasse erteilt. Auch ein (ursprünglich für fünf Jahre gestellter und nachträglich auf zwei Jahre reduzierter) Verlängerungsantrag vom 22.10.2014 betreffend die Jahre 2015 und 2016 wurde mit Bescheid vom 14.1.2015, MBA ..., positiv erledigt.

Mit E-Mail vom 8.7.2015 ersuchte die Bezirksvorstehung ... die belangte Behörde hinsichtlich des Schanigartens der BF „eine sofortige Revisionsverhandlung“ durchzuführen, dies mit der alleinigen Begründung, dass sich der Schanigarten in einer „Bewohnerparkplatz-Zone“ befinde. Mit einem nach der Aktenlage alleine darauf gestützten Schreiben vom 14.7.2015 teilte die belangte Behörde der BF im Rahmen des Parteiengehörs mit, dass „im Hinblick auf die AnwohnerInnen-Parkzone in der B.-gasse“ beabsichtigt sei, die zuletzt mit Bescheid vom 14.1.2015 erteilte Genehmigung, sohin die Gebrauchserlaubnis nach dem GAG und die Bewilligung nach der StVO 1960, zu widerrufen. Dem trat die BF mit Schreiben vom 5.8.2016 entgegen, wobei sie einwendete, dass ihr für diese Maßnahme keine nachvollziehbare Grundlage genannt worden sei. Zu einem bescheidmäßígen Widerruf kam es in der Folge nicht, sondern endeten die in Rede stehenden Bewilligungen durch Fristablauf mit 30.11.2016.

Am 20.10.2016 stellte die BF ein erstes weiteres Verlängerungsansuchen für den Zeitraum für März bis November der nachfolgenden sieben Jahre. Nachdem die Bezirksvorstehung ... mit Schreiben vom 7.12.2016 unter Hinweis auf eine ausständige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs betreffend das Anwohnerparken ihre Zustimmung verweigert hatte – ein entsprechendes Erkenntnis erging am 12.12.2016 zu den Zahlen E 1997/2015-15 u.a. – zog die BF das Ansuchen zurück. Nach Konsultation ihrer Interessensvertretung stellte sie jedoch am 31.3.2017 ein neues gleichlautendes Verlängerungsansuchen, welche nunmehr verfahrensgegenständlich ist.

Die mit Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend AnwohnerInnenparkzonen im ... Wiener Gemeindebezirk (...) vom 11.10.2018, ABl. 2018/41, vor dem Gastlokal der BF aktuell festgelegte Anwohnerparkzone in Form eines Halte- und Parkverbots mit Ausnahmeregelung erstreckt sich über den Bereich Wien, ONr. … bis …, auf einer Länge von 47,4 m beginnend ab der Hausgrenze ONr. ... (Fahrtrichtung C.-straße). Gemäß ihrem Art. III sollte die Verordnung mit 1.12.2018 in Kraft treten. Der Verordnungstext für den ... Bezirk enthält ebenso wie die Verordnungen für die übrigen in das Regelungskonzept einbezogenen Gemeindebezirke unter Art. II insgesamt neun umfassend und detailliert geregelte Ausnahmeregelungen, darunter die Ausnahme für Bezirksbewohner als Inhaber eines entsprechenden Parkklebers (Z 1).

Die Kundmachung auf der Straße erfolgt im ... Wiener Gemeindebezirk durch der StVO 1960 entsprechende Verkehrszeichen „Halte- und Parkverbot“ samt Zusatztafel mit schriftlichem bzw. symbolischem Hinweis auf zwei verordnete Ausnahmen, nämlich einerseits für „Fahrzeuge mit Parkkleber für den ... Bezirk“ und andererseits für nach § 29 b StVO 1960 ausgewiesene Behinderte. Hingegen enthalten die in den übrigen betroffenen Bezirken angebrachten Straßenverkehrszeichen den Hinweis „Anwohnerparken lt. Amtsblatt Wien 41/2018“. Der Grund für die abweichende Vorgangsweise im … (wie auch im …) Bezirk liegt in politischen Uneinigkeiten über die Kostentragung für die Aufstellung neuer Verkehrszeichen.

Auf der allgemein zugänglichen Website des Magistrats der Stadt Wien ist unter https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/kurzparkzonen/anrainerparken/bezirk....html folgende Information bekannt gemacht:

„AnwohnerInnen-Parken im ... Bezirk – ...

Seit 1. Dezember 2018 ist das AnwohnerInnen-Parken im ... Bezirk aufgehoben. Es gilt die flächendeckende Kurzparkzone.“

Die belangte Behörde hat aufgrund des verfahrensgegenständlichen Ansuchens sachverhaltsbezogene Ermittlungen zur Gänze unterlassen und die Anträge lediglich unter Hinweis auf das verordnete Anwohnerparken und eine (in einem anderen Verfahren ergangene und dort nicht in Rechtskraft erwachsene) Entscheidung eines Rechtspflegers des VGW abgewiesen. Davon abgesehen erfordert die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts für eine Sachentscheidung die Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung diverser Amtssachverständiger des Magistrats der Stadt Wien, der „Wiener Linien“ und der Bezirksvorstehung. Im Hinblick auf die für das Projekt zusätzlich erforderliche Bewilligung nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist auch die Beiziehung eines Vertreters der LPD Wien erforderlich. Die Durchführung solcher Ortsaugenscheine gehört bei der belangten Behörde zur Alltagsroutine und ist dort aufgrund sämtlicher organisatorischer und logistischer Vorkehrungen zeitnah und projektbezogen umfassend zu bewerkstelligen.

Beweisverfahren, Beweiswürdigung:

In der Beschwerdeverhandlung vom 5.9.2019 wurden folgende Beweise aufgenommen bzw. erörtert: Gesamter Inhalt des vorgelegten Behördenakts (einschließlich Vorakten) sowie des bisherigen Gerichtsakts; weitere Parteivorbringen; Befragung eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen, insbesondere auch als Vertreter der beim Projekt „Anwohnerparken“ federführenden Dienststelle (Magistratsabteilung 46).

Die gewerberechtlichen und unternehmensrechtlichen Daten der BF sind in den Akten durch unbedenkliche öffentliche Urkunden (GISA, Firmenbuch) ausgewiesen und zudem unstrittig. Der Gang der behördlichen Vorverfahren und die Intervention der Bezirksvorstehung ... ergeben sich nachvollziehbar aus dem vorgelegten Gesamtakt.

Der dem „Anwohnerparken“ zu Grunde liegende Verordnungstext ergibt sich direkt aus dem zitierten Amtsblatt der Stadt Wien. Die Ausgestaltung der Straßenverkehrszeichen und der Hintergrund der abweichenden Situation im … und … Wiener Gemeindebezirk wurden in der Beschwerdeverhandlung vom Vertreter der Magistratsabteilung 46 und vom (für die Verhandlung) bevollmächtigten Vertreter der BF erläutert. Die aktuelle Vollzugspraxis betreffend das Anwohnerparken im ... Bezirk ergibt sich aus der verwiesenen Website des Magistrats der Stadt Wien, wiederum in Verbindung mit den einschlägigen Erläuterungen des Dienststellenvertreters.

Dass die belangte Behörde in der Sache bislang keinerlei Ermittlungsschritte gesetzt hat, ergibt sich unmissverständlich aus der Aktenlage und insbesondere auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides. Der konkrete Ermittlungsaufwand wurde vom beigezogenen Sachverständigen in der Verhandlung nachvollziehbar und schlüssig dargelegt. Der Ablauf einschlägiger Verfahren bei der belangten Behörde ist dem erkennenden Gericht zudem aufgrund eigener früherer Berufstätigkeit bekannt.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Auf die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis besteht kein Rechtsanspruch.

Tarif D Z 2 des GAG erfasst Vorgärten (zur Aufstellung von Tischen, Sesseln u.a.) vor Geschäftslokalen zur Verabreichung von Speisen und zum Ausschank von Getränken, sohin auch den verfahrensgegenständlichen „Schanigarten“.

Die in § 2 Abs. 2, 2a und 2c GAG festgelegten allgemeinen Versagungsgründe lauten:

Abs. 2: „Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch gegenwärtige bzw. zu erwartende öffentliche Rücksichten, beispielsweise Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Winterdienstes (Säuberung von Schnee, Bestreuung bei Schnee und Glatteis u. dgl.), des Platzbedarfes für Lade- und Liefertätigkeit, der Aufenthaltsqualität für Personen zu nicht kommerziellen Zwecken (insbesondere Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen), städtebauliche Interessen und Vorhaben, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes sowie des Klimaschutzes, Nutzungskonzepte und Zonierungspläne (§ 1b), Schutzzonen nach § 7 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen. Bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist. Eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauches ist möglichst gering zu halten.“

Abs. 2a: „Die Gebrauchserlaubnis kann insbesondere versagt werden, wenn den Interessen des Gemeingebrauches oder dem Schutz des öffentlichen Grundes in der Gemeinde gemäß § 1 der Vorrang gegenüber der Sondernutzung gebührt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

1. der mit der Sondernutzung verfolgte Zweck ebenso durch die Inanspruchnahme von privatem Grund erreicht werden kann;

2. die Sondernutzung an anderer Stelle bei geringerer Beeinträchtigung des Gemeingebrauches erfolgen kann;

3. der öffentliche Grund in der Gemeinde gemäß § 1, beispielsweise Belag oder Ausstattung, durch die Art der Sondernutzung beschädigt werden kann und der Antragsteller nicht ausreichend Gewähr dafür leistet, dass die Beschädigung auf seine Kosten unverzüglich wieder behoben wird;

4. durch eine Häufung von Sondernutzungen der Gemeingebrauch besonders beeinträchtigt wird, sowie

5. saisonalen temporären Nutzungen, beispielsweise für Punsch- und Maronistände, Weihnachtsmärkte, Christbaummärkte, Silvesterpfade, Gelegenheitsmärkte u. dgl., nach erfolgter Interessensabwägung der Vorrang gebührt, oder der Gemeingebrauch durch die Sondernutzung wesentlich eingeschränkt würde und dieser daher der Sondernutzung vorgeht.

Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.“

Abs. 2c: „Die Gebrauchserlaubnis kann weiters versagt werden, wenn der Gebrauch das örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände herbeiführt oder herbeizuführen droht; Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.“

Gemäß § 17 Abs. 2 GAG hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Der Wiener Landesgesetzgeber hat in § 75 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung – WStV den in Art. 118 Abs. 4 B-VG verfassungsrechtlich vorgegebenen zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzug für sämtliche landesgesetzlich zu regelnden Materien pauschal ausgeschlossen. Somit konnte gegen die Versagung der Gebrauchserlaubnis nach dem GAG unmittelbar das VGW angerufen werden und ist dieses für die Entscheidung laut Spruchpunkten A. I und B. I und II sachlich (funktionell) zuständig.

Zu A. I:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Bescheidbeschwerden (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 28 Abs. 3 VwGVG lautet:

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Im Hinblick auf die Kriterien der Raschheit bzw. Kostenersparnis iSd § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG hat der VwGH wiederholt klargestellt, dass die Regelung über die Aufhebung und Zurückverweisung nach dem zweiten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG eng auszulegen und ein Verfahren, welches sich einmal im Rechtsmittelstadium befindet, nach der Intention des Gesetzes vorrangig vom Verwaltungsgericht in der Sache zu erledigen ist, selbst wenn dies umfangreichere ergänzende Ermittlungen erfordern sollte. Weit auszulegen ist hingegen § 28 Abs. 2 VwGVG, dies im Hinblick darauf, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung vornehmen wollte. Bei der Beurteilung des „Interesses der Raschheit“ ist auch nicht auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen. Auch Verfahrensfehler oder dürftige Begründungen rechtfertigen keine Zurückweisung in der Sache, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhang mit einer allenfalls vom VG durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind (vgl. VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0029; 25.4.2018, Ra 2018/03/0005; 27.1.2016, Ra 2015/08/0171). Fälle, in welchen eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG hingegen sehr wohl in Betracht kommt, liegen etwa dann vor, wenn die Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt sehr unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Entscheidung in der Sache brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat, wenn krasse und besonders gravierende Ermittlungslücken vorliegen, etwa weil jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen oder bloß ansatzweise ermittelt wurde, und auch dann, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Behörde (etwa schwierige) Ermittlungen bewusst unterlassen hat, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 17.7.2019, Ra 2019/06/0111; 28.3.2017, Ro 2016/09/0009; 6.7.2016, Ra 2015/01/0123). Darüber hinaus sind die Gründe für das Unterbleiben bestimmter Ermittlungen grundsätzlich unerheblich.

Feststellungsgemäß hat die belangte Behörde in der verfahrensgegenständlichen Sache von vornherein keinerlei Ermittlungen durchgeführt und ihre Entscheidung ausschließlich auf eine in der Bescheidbegründung verwiesene und entsprechend dem zutreffenden Einwand der BF nie rechtswirksam gewordene Entscheidung eines Rechtspflegers des VGW in einem anderen Verfahren gestützt. Die (den Ausführungen in dieser Entscheidung überdies nicht bzw. jedenfalls nicht mit Allgemeingültigkeit zu entnehmende) Rechtsauffassung, dass die Verordnung einer Anwohnerparkzone die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis in diesem Bereich vorweg (insbesondere im Sinn der „Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs“) ausschließen soll, ist aus folgenden Gründen nicht haltbar:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Existenz einer Verordnung über das Anwohnerparken bzw. der Parkraumbedarf im Allgemeinen keinen gesetzlich normierten Versagungsgrund nach dem GAG darstellen. Zutreffend ist insbesondere auch das Vorbringen der BF, dass der Landesgesetzgeber den ehemals in § 2 Abs. 2 GAG beispielhaft hervorgehobenen Versagungsgrund des „Parkraumbedarfs“ mit der Novelle LGBl. Nr. 11/2013 nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien für die Zukunft bewusst entfallen lassen wollte (In Zukunft wird der Parkraumbedarf keinen Versagungsgrund mehr darstellen, sondern lediglich der Platzbedarf für Lade- und Liefertätigkeit. Erläuterungen, S. 2; https://www.wien.gv.at/recht/landesrechtwien/landesgesetzblatt/jahrgang/

2013). Somit widerspräche es der eindeutigen Intention des Gesetzgebers, Gründe des Parkraumbedarfs (als solche) nunmehr unter Berufung auf die lediglich beispielhafte Aufzählung von „gegenwärtigen oder zu erwartenden öffentlichen Rücksichten“ iSd § 2 Abs. 2 erster Satz GAG als Versagungsgrund heranzuziehen. Das im GAG geschützte Interesse der „Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs“ stellt in erster Linie auf den fließenden Verkehr ab, während beim Anwohnerparken die primäre und längerfristige Nutzung des im Bezirk verfügbaren Parkraums durch die Wohnbevölkerung, jedoch weder der fließende Verkehr noch die Durchführbarkeit von Lade- und Liefertätigkeiten im Fokus stehen. Dass der Wegfall vereinzelter Zonenstellplätze eine derartige Anzahl an zirkulierenden (stellplatzsuchenden) Anrainern auslösen würde, dass eine nennenswerte Beeinträchtigung des örtlichen Verkehrsflusses zu erwarten wäre, steht im vorliegenden Fall nicht vorab in Rede und wurde von der belangten Behörde auch nicht angenommen. Insbesondere hat auch der zur Beschwerdeverhandlung beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige dargelegt, dass sich die Situation vor Ort im Vergleich mit jener zur Zeit der letzten Genehmigung zu Beginn des Jahres 2015 faktisch nicht geändert habe und aus derzeitiger verkehrstechnischer Sicht vorab grundsätzlich keine Hindernisse indiziert seien. Das Schutzinteresse der „Aufenthaltsqualität für Personen zu nicht kommerziellen Zwecken (insbesondere Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen)“ betrifft, wie die vorangehend verwiesenen Erläuterungen zur Gesetzesnovelle LGBl. Nr. 11/2013 ebenfalls klarstellen, die Bedürfnisse von Fußgängern im Gemeingebrauch, nicht jedoch die Interessen der Wohnbevölkerung am Abstellen ihrer PKWs. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die in § 1b GAG geregelten „Nutzungskonzepte und Zonierungspläne“, wie auch in der Beschwerdeverhandlung erörtert wurde, in keinem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang mit der Verordnung einer Anwohnerparkzone stehen.

Bei der Regelung des Anwohnerparkens geht es intentionsgemäß um die Verteilung der im Bezirk verfügbaren Stellflächen innerhalb des Personenkreises der interessierten (im Bezirk wohnhaften und sonstigen) PKW-Fahrer, nicht jedoch um die Verteilung von Bezirksflächen zwischen PKW-Fahrern und verkehrsfremden Nutzern wie vor Ort ansässigen Gewerbebetrieben. Auch das Erkenntnis des VfGH vom 12.12.2016, E 1997/2015-15 ua, setzt sich mit der Problematik ausschließlich unter dem Aspekt der StVO 1960, insbesondere als Verordnungsgrundlage, und unter Erörterung verschiedener Kategorien von Stellplatzinteressenten auseinander; insofern ist daraus für den vorliegenden Fall nichts Wesentliches zu gewinnen. Bei sachlicher Betrachtung erscheint insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb die Bewilligung eines Schanigartenprojekts in Bezirksbereichen mit allgemein nutzbarer flächendeckender Kurzparkzone nach den Kriterien des GAG grundsätzlich möglich, in Bereichen mit beschränktem Stellplatznutzerkreis aber von vornherein ausgeschlossen sein sollte.

Allgemein ist zu bemerken, dass die Regelungen der StVO 1960 und des GAG zwei unterschiedlichen Kompetenzbereichen, nämlich Bundesgesetzgebung und Landesgesetzgebung, zuzuordnen sind und auch eine auf der Grundlage der StVO 1960 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassene Verordnung als solche gegenüber dem GAG keine höherrangige Norm darstellt. Eine Auslegung dahingehend, dass für den von einer solchen Verordnung erfassten Teil eines Straßenzuges die Bewilligung sämtlicher in anderen Materiengesetzen geregelter verkehrsfremder Nutzungen, wie etwa für einen Schanigartens iSd GAG, von vornherein ausgeschlossen wäre, kann auch nicht als verfassungskonform angesehen werden, da sie einerseits dem bundesstaatlichen Berücksichtigungsgebot widerspräche und die Unterstellung eines solchen Inhalts im vorliegenden Fall einen unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art. 6 StGG) bedeuten würde. Das Konzept des Anwohnerparkens besteht darin, die Parksituation der Anwohner direkt in ihrem Wohnbezirk zu verbessern, nicht jedoch, Anwohnern Parkplätze vor einem bestimmten (etwa dem eigenen) Wohnhaus oder an sonstigen bevorzugten Stellen innerhalb des Bezirks zu garantieren. Die StVO 1960 lässt auch, wie in den behördlichen Vorakten selbst thematisiert wurde, Spielraum für eine Berücksichtigung aller in Rede stehenden Interessen durch eine Verlegung bzw. Verschiebung der verordneten Zone auf Kosten eines interessierten Unternehmens (§ 32 Abs. 3 StVO 1960). Sachliche Gründe für die Ablehnung einer solchen Vorgangsweise, offenbar von Seiten der Bezirksvorstehung, sind den Akten nicht zu entnehmen. Letztlich kann die im Bereich der Hoheitsverwaltung unübliche und von der gesetzgeberischen Intention im Gesamtkontext des GAG auch nicht nachvollziehbare allgemeine Bestimmung des § 1 Abs. 1 letzter Satz GAG, wonach auf die Erteilung der Gebrauchserlaubnis „kein Rechtsanspruch“ bestehen soll (wiederum im Sinn einer verfassungs- und insbesondere gleichheitskonformen Auslegung) jedenfalls nicht dahingehend verstanden werden, dass es der Behörde freisteht, die Gebrauchserlaubnis bei Nichtvorliegen gesetzlich normierter Versagungsgründe nach Belieben und insofern willkürlich zu versagen. Sollte es sich um eine Art Ermessensbestimmung handeln, wäre ein solches Ermessen im Sinn des Gesetzes zu üben, weshalb sich die Vollziehung wiederum an den normierten Bewilligungs- bzw. Versagungsgründen zu orientieren hätte. In Anbetracht aller vorangehenden Erörterungen kann die rechtliche Existenz der Verordnung einer „Anwohnerparkzone“ die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem GAG nicht vorweg ausschließen. Insofern erscheint es entgegen dem Vorbringen der belangten Behörde in ihrer letzten Stellungnahme vom 18.10.2019 auch unerheblich, ob eine (allenfalls noch nicht gehörig bzw. vollständig kundgemachte) Verordnung bereits auf dem Papier „existiert“ bzw. ob zur Kundmachungsform gerade von der Volksanwaltschaft ermittelt wird.

Aus den vorgenannten Gründen erübrigen sich grundsätzlich auch Erörterungen zur Kundmachungsfrage als solcher und eine Beurteilung dahingehend, ob eine nicht „gehörig“ iSv zureichend publizitätswirksam kundgemachter und daher vom Verwaltungsgericht (und Behörde) nicht anzuwendende (Teil-)Verordnung vorliegt, oder ob nur die „Gesetzmäßigkeit“ der Kundmachung in Frage steht und das Verwaltungsgericht allenfalls gemäß Art. 89 Abs. 1 und 2 iVm Art. 135 Abs. 4 und Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG einen Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen hätte (vgl. VfGH 28.6.2017, V4/2017-24). In Anbetracht der bisherigen Vorgangsweise der belangten Behörde sei jedoch Folgendes angemerkt:

Die Kundmachung der in Rede stehenden Verordnungen im … (und …) Bezirk wurde feststellungsgemäß mittels Straßenverkehrszeichen „Halte- und Parkverbot“ ergänzt um eine Zusatztafel mit Hinweis auf zwei von insgesamt neun detailliert geregelten Ausnahmekategorien, umgesetzt. Die Kundmachungen in den übrigen betroffenen Bezirken deklarieren mit dem Wortlaut „Anwohnerparken lt. [laut]“ mit Verweisung auf die Fundstelle der Verordnung, dass in solcherart gekennzeichneten Bereichen beim Abstellen von KFZ bestimmte im Verordnungstext nachlesbare Bedingungen gelten. Im ... Bezirk, so auch im vorliegenden Fall, bieten die Verkehrszeichen aus der Sicht des durchschnittlichen Normadressaten bei objektiver Betrachtung keinerlei Veranlassung, von weiteren Ausnahmen bzw. überhaupt von der Existenz weiterer konkretisierender Regelungen auszugehen und diesbezüglich weitere Quellen zu konsultieren. Diese Kundmachung erreicht daher, jedenfalls hinsichtlich der in Wahrheit für diverse unterschiedliche Interessentengruppen verordneten Ausnahmesituation vom Halte- und Parkverbot das erforderliche Mindestmaß an Publizität nicht, sondern führt gerade aufgrund ihrer irreführenden abschließenden Erscheinung dazu, dass den Normadressaten die rechtliche Gesamtkonstellation vorenthalten bleibt und insofern „nicht zugänglich“ ist. Dass gemäß Art. III der Verordnung auch eine Kundmachung gemäß § 44 Abs. 3 StVO 1960 durch Anschlag an der Amtstafel der Magistratsabteilung 46 und Publikation im Amtsblatt der Stadt Wien vorzunehmen war, ändert daran insofern nichts, als die in Rede stehenden Ausnahmen mit dem - zweifellos durch Straßenverkehrszeichen auszudrückenden - Halte- und Parkverbot in einem untrennbaren inhaltlichen Regelungszusammenhang stehen. Im Ergebnis wäre daher zumindest die verordnete Ausnahmesituation mangels gehöriger Kundmachung als rechtlich nicht existent zu betrachten und käme sie auch aus diesem Grund - umso weniger - als Versagungsgrund für eine Gebrauchserlaubnis nach dem GAG in Betracht. Wenn die Behörde das Unterbleiben einer gehörigen Kundmachung mit Uneinigkeiten in der Bezirksvorstehung über die Kostentragung begründet, ändert dies weder etwas an der Rechtsunwirksamkeit der Verordnung, noch ist es von sachlicher oder rechtlicher Relevanz für den vorliegenden Verfahrensgegenstand. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der Magistrat der Stadt Wien das „Anwohnerparken“ im ... Bezirk - offenbar genau aus den vorgenannten Gründen - laut eigener Veröffentlichung im Internet seit 1.12.2018 ausdrücklich als „aufgehoben“ und insofern nicht vollziehbar erachtet und aus Behördensicht im … und … Wiener Gemeindebezirk die flächendeckende Kurzparkzone gilt. Schon in Anbetracht dieser von der Behörde allgemein nach außen kommunizierten Rechtsansicht und Vollziehungspraxis wäre die mit einer Zonenverordnung im ... Bezirk begründete Versagung einer Gebrauchserlaubnis nach dem GAG als ein dem Gleichheits- und Sachlichkeitsgebot widersprechender willkürlicher Akt der Vollziehung zu qualifizieren.

Im Ergebnis erfordert der verfahrensgegenständliche Antrag die übliche projekt- und ortsbezogene Einzelfallbeurteilung im Hinblick auf eine allfällige Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und sonstiger nach dem GAG in Betracht kommender Schutzinteressen. Entsprechende sachverhaltsbezogene Ermittlungen sind aufgrund der rein rechtlichen Argumentation der belangten Behörde bislang unstrittig nicht erfolgt. Grundlage des für eine inhaltliche Erledigung maßgeblichen Sachverhalts ist die Durchführung einer Ortsaugenscheinsverhandlung, welche nach den Vorgaben des GAG und nach der verkehrstechnischen Vorbeurteilung feststellungsgemäß die Beiziehung diverser weiterer in die behördliche Organisationsstruktur eingegliederter bzw. in organisatorischer Nahebeziehung stehender Beteiligter erfordert. Derartige Ermittlungen sind von der belangten Behörde aufgrund der dort etablierten organisatorischen Vorkehrungen wesentlich rascher und effizienter durchzuführbar als vom VGW. Ferner werden im Rahmen solcher Behördenverhandlungen, ebenfalls im Sinn der Raschheit und Verfahrensökonomie, bei Spruchreife auch die Vorkehrungen für die vollständige rechtliche Umsetzung, insbesondere die Gebührenentrichtung, in die Wege geleitet. In Bezug auf das vorliegende Gesamtprojekt ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass das VGW aus Zuständigkeitsgründen derzeit keine Sachentscheidung über die mitbeantragte Genehmigung nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 treffen könnte (siehe hierzu Punkt III) und daher auch keine begründete Veranlassung hätte, einen - für die Beurteilung des Gesamtprojekts jedoch erforderlichen - sachkundigen Vertreter der LPD Wien zu einem Ortsaugenschein zu laden. Ferner wäre das VGW im Fall einer positiven Sachentscheidung auch nicht zuständig, erstmals die tarifmäßige Gebrauchsabgabe nach dem GAG vorzuschreiben, da die von der Behörde mit eigenem Bescheid vorzunehmende Abgabenvorschreibung von der Erteilung der Gebrauchserlaubnis rechtlich zu trennen und nicht Sache dieses Beschwerdeverfahrens ist; überdies fallen diesbezügliche Rechtsmittelverfahren in die sachliche Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts. In Anbetracht all dieser Aspekte kann im vorliegenden Fall keine Rede davon sein, dass die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen im Interesse der Raschheit (und auch der BF als Projektwerberin) gelegen wäre. Auch für eine „erhebliche“ oder überhaupt eine Kostenersparnis besteht hier keinerlei Anhaltspunkt.

Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß (im genannten Umfang) aufzuheben und die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Gemäß § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG ist die belangte Behörde an die Rechtsansicht des VGW insofern gebunden, als die in Rede stehende Verordnung über das Anwohnerparken im Bereich des projektgegenständlichen Schanigartens per se keine rechtliche Begründung für die Versagung der Gebrauchserlaubnis darstellt.

Zu B. I und II:

Eine Bewilligung nach § 1 Abs. 1 GAG ist, wie etwa auch jene nach § 82 Abs. 1 StVO 1960, ein konstitutiver Verwaltungsakt. Dies bedeutet, dass eine nachträgliche Bewilligung des verfahrenseinleitenden Antrags begrifflich nicht mehr in Betracht kommt und es der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht mangels gesetzlicher Deckung verwehrt ist, eine solche Bewilligung rückwirkend zu erteilen (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0063). Ferner ist der Entscheidung mangels abweichender Regelung im GAG die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

Der am 31.3.2017 bei der Behörde eingebrachte Antrag umfasste die Monate März bis November „für den Zeitraum von 7 Jahren“, also der Jahre 2017 bis 2023. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid über den gesamten verfahrenseinleitenden Antrag in der Sache negativ abgesprochen. Die inhaltlich unbeschränkte Beschwerde wurde nach der Aktenlage am 26.5.2017 zur Post gegeben und langte am 30.5.2017 bei der belangten Behörde ein.

Zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 30.5.2017 (vgl. VwGH 27.5.1999, 99/16/0118; 29.5.1998, 98/02/0146) war der antragsgegenständliche Teilzeitraum vom 31. März 2017 bis 29. Mai 2017 bereits abgelaufen. Nach der Rechtsprechung des VwGH fehlte es diesbezüglich am rechtlichen Interesse an einer Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren und war die Beschwerde daher im betreffenden Umfang zurückzuweisen (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0063; 26.4.2016, Ra 2016/03/0043).

Zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt des VGW sind die weiteren antragsgegenständlichen Zeiträume der Jahre 2017 bis 2019 abgelaufen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH hat das Verwaltungsgericht in einem solchen Fall (trotz Fehlens einer § 33 Abs. 1 VwGG entsprechenden Rechtsgrundlage im VwGVG) die Beschwerde im betreffenden Umfang für gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2018/10/0022; 28.1.2016, Ra 2015/11/0027).

Zu B. III:

Gemäß § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z. B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Die Ausnahmebestimmung des § 82 Abs. 3 lit. c StVO 1960 erfasst nach der Rechtsprechung des VwGH nicht den Betrieb eines Schanigartens (vgl. VwGH 26.11.1999, 97/02/0466).

Gemäß § 82 Abs. 5 StVO 1960 ist die Bewilligung nach Abs. 1 zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist. Wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs erfordert, ist die Bewilligung bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen.

§ 94 d Z 9 StVO 1960 verweist die Bewilligung nach § 82, sofern der Akt der Vollziehung wie im vorliegenden Fall nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen geltende noch diesen gleichzuhaltende Straßen beziehen soll, in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Auf dieser Grundlage hat die belangte Behörde (gleichzeitig mit der Gebrauchserlaubnis nach dem GAG) gemäß § 82 Abs. 5 StVO 1960 auch die Bewilligung nach § 82 Abs. 1 verweigert.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG hat das Verwaltungsgericht seine sachliche und örtliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens (vgl. etwa VwGH 12.9.2012, 2009/08/0054) von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihm Anbringen ein, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist, hat es diese an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Steht die Zuständigkeit in Frage bzw. ist aus Rechtsschutzgründen eine bekämpfbare Entscheidung geboten, hat eine formelle Zurückweisung wegen Unzuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG zu erfolgen (vgl. etwa VwGH 18.5.2018, Ra 2017/02/0029 mwV; sg. VwGH 19.6.2018, Ko 2018/03/0002 zum negativen Kompetenzkonflikt; VwGH 27.1.2004, 2000/10/0062).

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte. Für im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehende Angelegenheiten gelten (abgesehen von der speziell geregelten Übergangsphase anlässlich des Inkrafttretens der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) nunmehr folgende verfassungsrechtlichen Vorgaben:

Art. 118 Abs. 4 B-VG:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug; dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt dem Bund und dem Land ein Aufsichtsrecht über die Gemeinde (Art. 119a) zu.

Art. 132 Abs. 6 B-VG:

In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

Art 115 Abs. 2 B-VG:

Soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes festgesetzt ist, hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht nach den Grundsätzen der folgenden Artikel dieses Abschnittes zu regeln. Die Zuständigkeit zur Regelung der gemäß den Art. 118, 118a und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten einschließlich eines allfälligen Ausschlusses des Instanzenzuges bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes.

Art. 112 erster Satz B-VG:

Nach Maßgabe der Art. 108 und 109 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im Übrigen die Bestimmungen des Abschnittes A des fünften Hauptstückes mit Ausnahme des Art. 117 Abs. 6 zweiter Satz, des Art. 119 Abs. 4 und des Art. 119a.

§ 75 Abs. 1 WStV mit der Überschrift „Eigener Wirkungsbereich“ lautet nunmehr:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen. Ein Instanzenzug findet nicht statt.

Gemäß dem auf die Bundeshauptstadt Wien anzuwendenden Art. 115 Abs. 2 B-VG bestimmt sich der allfällige Ausschluss des Prinzips des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges (Art. 118 Abs. 4) nach den allgemeinen Vorschriften des B-VG, sohin insbesondere nach den Kompetenzregelungen der Art. 10 ff. Ein solcher Ausschluss obliegt daher ausschließlich dem verfassungsrechtlich zuständigen Materiengesetzgeber, woran auch der Umstand nichts ändert, dass eine entsprechende Regelung nicht zwingend im jeweiligen Materiengesetz zu erfolgen hat. Wurde der Instanzenzug daher durch den Landesgesetzgeber in einer Gemeindeordnung bzw. einem Stadtstatut – wie gegenständlich im vorzitierten § 75 Abs. 1 WStV – generell ausgeschlossen, kann dies bei verfassungskonformer Interpretation nur für Materien gelten, die in der Gesetzgebung Landessache sind. Für Angelegenheiten, die in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fallen, kommen in erster Linie einschlägige Materiengesetze in Betracht. Ein genereller (materienübergreifender) Ausschluss des Instanzenzuges durch einfaches Bundesgesetz könnte wohl insofern problematisch sein, als dadurch - im Zusammenhalt mit entsprechenden landesgesetzlichen Ausschlüssen - das verfassungsrechtlich etablierte Prinzip des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges unterlaufen bzw. dezimiert würde.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG sind Angelegenheiten der Straßenpolizei in der Gesetzgebung Bundessache. Die StVO 1960, deren § 94 d Z 9 die Bewilligung nach § 82 unter den genannten Voraussetzungen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde verweist, ist ein Bundesgesetz. Der zweistufige Instanzenzug ist diesbezüglich weder in der StVO 1960 noch in einem anderen Bundesgesetz ausgeschlossen. Die teilweise in der Literatur vertretene Rechtsmeinung, der Instanzenzug sei im Bundesland bzw. der Gemeinde Wien von vornherein verfassungsgesetzlich ausgeschlossen (vgl. Pauer, Justizstaat: Chance oder Risiko?, S. 251 ff; Kolonivits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 526, Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rz 27) und die ihr zu Grunde liegende Argumentation (Auflösung des ehemaligen Berufungssenats durch die Übergangsbestimmungen des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm lit. J Z 4 der dort verwiesenen Anlage; Übergang der beim Berufungssenat am 31.12.2013 anhängigen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte; keine Möglichkeit der Neuschaffung solcher Behörden in Wien; keine Auflösung von auf Gemeindeebene agierenden Rechtsmittelbehörden anderer Bundesländer) kann das VGW aus folgenden Gründen nicht teilen:

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 112 B-VG gelten die im Abschnitt A des fünften Hauptstückes des B-VG etablierten verfassungsrechtlichen Vorgaben für Gemeinden (Art. 115 bis 120) ausdrücklich auch für die Bundeshauptstadt Wien. Ausgenommen sind lediglich einzelne, in abschließender Aufzählung angeführte Bestimmungen, zu welchen weder Art. 115 Abs. 2 noch Art. 118 Abs. 4 gehören. Bereits hier zeigt sich, dass nach dem klaren Willen des Verfassungsgesetzgebers die reformbedingt überarbeiteten Grundregeln für den innergemeindlichen Instanzenzug einschließlich seines potenziellen gesetzlichen Ausschlusses in allen neun Bundesländern in gleicher Weise gelten sollen. Auch in den Erläuterungen (RV 1618 BlgNR 24. GP, 11) zum reformbedingten Entfall des ehemaligen Art. 111 B-VG als verfassungsrechtliche Grundlage der Bauoberbehörde und der Abgabenberufungskommission ist im sachlichen Zusammenhang wörtlich ausgeführt (Hervorhebung VGW):

Art. 111 B-VG, der für die Bundeshauptstadt Wien in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens eine Entscheidung in oberster Instanz durch besondere Kollegialbehörden vorsieht, soll entfallen (was freilich nichts daran ändert, dass der in Z 56 vorgeschlagene Art. 118 Abs. 4 gemäß Art. 112 B-VG auch für die von der Bundeshauptstadt Wien zu besorgenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gelten soll). Der für Rechtsmittel in (sonstigen) Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde Wien zuständige Berufungssenat war im B-VG selbst nicht geregelt, weshalb sich hier eine entsprechende Bestimmung („Entfall“) samt Erläuterungen erübrigte.

Entwicklungshistorisch betrachtet wurde der Rechtsschutz gegen verwaltungsbehördliche Bescheide - auch in gemeinderechtlicher Hinsicht - im Rahmen einer umfassenden Reform durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 von Grund auf neu konzipiert. Diesem neuen Regime, in welchem andere Grundsätze und Regeln gelten als zuvor, wurden alle neun Bundesländer (unter Berücksichtigung der gleichzeitig überarbeiteten Sonderbestimmungen für die Bundeshauptstadt Wien) grundsätzlich in gleicher Weise unterstellt. Eliminiert wurden für das frühere System charakteristische Differenzierungen wie etwa in Wien der Instanzenzug an den Berufungssenat bzw. in den anderen acht Bundesländern die Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde. Zum nunmehr in einem neuen systematischen und teleologischen Zusammenhang stehenden innergemeindlichen Instanzenzug hat der VwGH bereits ausgesprochen, dass eine fehlende Regelung der Instanzen durch den Organisationsgesetzgeber – anders als vor der Reform – nichts daran ändert, dass der als verfassungsrechtliches Prinzip vorgegebene und nicht entsprechend ausgeschlossene Instanzenzug aufrecht bleibt. Ist in den Organisationsvorschriften keine zweite Instanz geregelt, greift Art 118 Abs. 5 B-VG, der als oberstes Organ der Gemeinde von Verfassungs wegen den Gemeinderat etabliert, und geht der innergemeindliche Instanzenzug in solchen Fällen an diesen (vgl. VwGH 13.10.2015, Ro 2015/01/0012, mwV). Gemäß Art. 112 B-VG gilt Art. 118 Abs. 5 auch für die Bundeshauptstadt Wien.

Eine Argumentation dahingehend, dass die Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm lit. J Z 4 der Anlage im Verhältnis zu Art. 112, 115 und 118 quasi eine Art implizite „lex specialis“ darstellen soll, die über den Wortlautgehalt der Behördenauflösung und des Verfahrensübergangs hinaus – ausschließlich für das Bundesland Wien – auf Dauer und materienübergreifend einen Ausschluss des innergemeindlichen Instanzenzuges verankert hätte, überzeugt auch in systematischer Hinsicht nicht: Dem Verfassungsgesetzgeber, der selbst von einem auch für die Gesetzgebung relevanten Bestimmtheitsgebot in Form des Legalitätsprinzips (Art. 18 B-VG) ausgeht, ist nämlich nicht zuzusinnen, zuerst an exponierter und sachlogischer Stelle (Abschnitt A des fünften Hauptstücks betreffend Gemeinden; Abschnitt B des vierten Hauptstücks betreffend die Bundeshauptstadt Wien) eine explizite Grundregelung zu treffen und diese gleichzeitig verwoben in eine Anhäufung von Übergangsbestimmungen mit natur- und erwartungsgemäß zeitlich begrenzt relevantem Inhalt - und hier wiederum nur implizit und unter der Voraussetzung eines besonderen Interpretationsaufwands - wieder auszuhebeln. Auch in den Materialien findet sich kein einziger in diese Richtung weisender Anhaltspunkt. Nebenbei sei noch bemerkt, dass die Annahme eines generellen bundesverfassungsrechtlichen Ausschlusses des innergemeindlichen Instanzenzuges für das Bundesland Wien die Regelung des § 75 Abs. 1 zweiter Satz WStV entbehrlich erscheinen ließe.

Allgemein stellt das Übergangsregime der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 reformbedingt ein eigenes Konstrukt mit intentionsgemäß zeitlich begrenzten Charakteristika dar, welche nicht zwingend auch im neu etablierten System gelten. Beispielsweise ist hier auf Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG zu verweisen, wonach die Verwaltungsgerichte anstelle der belangten Behörden in die am 31.12.2013 bei den Höchstgerichten anhängigen Verfahren eintraten, während ihnen nach der neuen Rechtslage im Revisionsverfahren vor dem VwGH keine Parteistellung zukommt. Die in Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geregelte Weiterführung der am 31.12.2013 beim weisungsfreien Berufungssenat (und sonstigen Berufungsinstanzen) anhängigen Verfahren durch die unabhängigen und ebenfalls weisungsfreien Verwaltungsgerichte ist eine (teleo)logische Konsequenz des Grundgedankens dieser Verwaltungsreform, deren Ziel es war, den Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren durch eine unabhängige, nunmehr explizit gerichtliche Einrichtung zu verstärken bzw. erstmals umfassend zu etablieren. Dass der Berufungssenat aufgelöst wurde, ist ebenfalls konsequent, da dieser als weisungsfreie gerichtliche „Vorstufe“ ausschließlich Aufgaben zu besorgen hatte, die nunmehr gemäß Art. 130 B-VG in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen. Von selbst versteht sich in diesem Zusammenhang auch, dass „gleichartige“ unabhängige Behörden nach Art des weisungsfreien Berufungssenats mit entsprechenden Aufgaben in Wien (ebenso wie in den anderen Bundesländern) nicht mehr zu schaffen sind, da der unabhängige und weisungsfreie Rechtsschutz nunmehr verfassungsrechtlich bei den 10 (11) Verwaltungsgerichten konzentriert ist. Dies alles steht jedoch in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Frage, wie viele Instanzen nach Auslaufen der Übergangsphase im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vor Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte zu durchlaufen sind. Auch der allfällige Erhalt von Rechtsmittelbehörden in anderen Bundesländern, ihre nunmehrigen Aufgaben oder ihre Funktion als zweite Instanz im innergemeindlichen Instanzenzug sagen per se nichts darüber aus, ob und in welchen Materien ein solcher Instanzenzug stattfindet.

Letztlich ist auch kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb der Bundesverfassungsgesetzgeber Rechtsmittelwerber bzw. Verfahren mit Anknüpfungspunkt zum Bundesland bzw. zur Gemeinde Wien vorweg anders hätte behandeln wollen, indem er hier beim Vollzug derselben bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften (gegenständlich der StVO 1960) von vornherein eine Instanz weniger zur Verfügung stellte als in den anderen acht Bundesländern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass hier zumindest in Materien, die in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers fallen, bundesweit gleiche Bedingungen gelten sollen.

Aus allen vorerörterten Gründen kommt das VGW nach Wortlaut, Systematik, Historie und Zweck der einschlägigen Regelungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zum Schluss, dass das Erfordernis eines zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges auch im Bundesland bzw. in der Gemeinde Wien nach den Vorgaben der Art 115 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 4 B-VG und insofern materienbezogen zu beurteilen ist.

Da der in Art. 118 Abs. 4 B-VG vorgegebene Instanzenzug für die Vollziehung des § 82 StVO 1960 nicht ausgeschlossen wurde, war eine Bescheidbeschwerde iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen den diesbezüglichen negativen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien in diesem Stadium gemäß Art. 132 Abs. 6 B-VG nicht zulässig bzw. ist das VGW für die Erledigung der betreffenden Beschwerde funktionell unzuständig. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu A. II und B. IV (§ 25 a Abs. 1 VwGG):

Bei der Entscheidung laut Spruchpunkt A. I stellten sich keine materiellen oder verfahrensrechtlichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von welchen die Entscheidung des Falles abhinge. Die rechtliche Beurteilung folgt den jeweils zitierten nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 entwickelten Grundsätzen des VwGH zur Zurückverweisung einer Angelegenheit nach § 28 Abs. 3 VwGVG, dies unter Berücksichtigung aller fallbezogen relevanten Kriterien. Eine einzelfallbezogene Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unter Berücksichtigung der vom VwGH vorgegebenen Auslegung berührt in der Regel (bei vertretbarem Ergebnis) keine grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. VwGH 8.8.2019, Ra 2018/04/0115, 25.1.2017, Ra 2016/12/0109). Die Entscheidungen laut Spruchpunkten B. I und II sind durch die in der Begründung verwiesene aktuelle einschlägige Rechtsprechung des VwGH klar vordeterminiert. Auch hinsichtlich Spruchpunkt B. III erscheint die Rechtslage grundsätzlich eindeutig, wobei allerdings im Land Wien eine andere Rechtsmeinung vertreten wird und derzeit noch keine einschlägige Rechtsprechung des VwGH zum Vollzug bundesgesetzlich geregelter Materien im eigenen Wirkungsbereich der Stadt Wien vorliegt. Die Revision war im vorliegenden Fall dennoch nicht für zulässig zu erklären, weil die Parteien durch diese Entscheidung in der gegenständlichen Konstellation letztlich nicht entscheidungsmaßgeblich beschwert sind.

Schlagworte

Gebrauchserlaubnis; Erteilung; Versagungsgrund; öffentliche Rücksichten; Parkraumbedarf

Anmerkung

VwGH v. 14.2.2022, Ra 2020/02/0070, Ra 2020/02/0083; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.221.079.10100.2017.VOR

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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