TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/26 97/02/0466

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Veröffentlicht am 26.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §82 Abs1;
StVO 1960 §82 Abs3 litc;
StVO 1960 §99 Abs3 litd;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des WR in L, vertreten durch Hager & Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz/Urfahr, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 10. März 1997, Zl. VwSen-104345/9/Br, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher genannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verantworten, dass am 1. August 1996 um 20.18 Uhr vor einem näher genannten "Cafe" an einem näher genannten Ort in Linz der vor dem Lokal befindliche Schanigarten eine Tiefe von 2,55 m gehabt habe, obwohl laut straßenpolizeilicher Bewilligung lediglich eine Tiefe von 1,5 m bewilligt worden sei, wodurch im Ausmaß einer Breite von 105 cm die Straße ohne entsprechende Bewilligung zu einem verkehrsfremden Zweck benützt worden sei.

Er habe dadurch eine Übertretung nach "§ 99 Abs. 3 lit. d i. V. m. § 82 Abs. 1 StVO" begangen, weshalb über ihn eine - von der belangten Behörde herabgesetzte - Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass gemäß dem Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 4. März 1996, abgeändert durch den Bescheid vom 20. Juni 1996, der vorgenannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung "für die Zeitdauer vom 1.4.1996 bis 31.10.199? (gemeint wohl: 1996)" die Errichtung eines Schanigartens im Ausmaß von 4,7 m x 1,5 m vor einem der Anschrift nach näher genannten Objekt in Linz unter bestimmten - für das gegenständliche Verfahren nicht relevanten - Auflagen bewilligt worden sei. Diese Bescheide seien vom Beschwerdeführer nicht bekämpft worden und in Rechtskraft erwachsen.

Am 1. August 1996 kurz vor 20.18 Uhr sei vom Meldungsleger entlang der Hausmauer des der Anschrift nach näher bezeichneten Hauses ein Schanigarten in einer Tiefe von 2,55 m festgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich noch keine Gäste an den in einer Doppelreihe ineinander verschachtelt aufgestellten Tischen befunden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 6. Oktober 1997, B 1180/97 - 3, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 StVO ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z. B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das Gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

§ 82 Abs. 3 lit. a und c StVO lauten:

"(3) Eine Bewilligung nach Abs. 1 ist nicht erforderlich

a)

für gewerbliche Tätigkeiten auf Gehsteigen oder Gehwegen ohne feste Standplätze,

b)

.....

c)

für eine gewerbliche Tätigkeit, die ihrem Wesen nach auf der Straße ausgeübt wird und deren Betriebsanlage genehmigt ist,

....."

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, es liege eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin begründet, dass die Strafnorm "nicht exakt" zitiert worden sei, übersieht er, dass bereits in dem durch den angefochtenen Bescheid insoweit bestätigten Straferkenntnis vom 12. November 1996 als verletzte Rechtsvorschriften "§ 99 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 82 Abs. 1 StVO" angeführt werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. Oktober 1979, VwSlg. Nr. 9.940/A, ausgeführt hat, verwirklicht derjenige, der ohne Bewilligung nach dem X. Abschnitt der StVO Straßen (einschließlich des - dazugehörigen - darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes) zu verkehrsfremden Zwecken benützt, das Tatbild des § 99 Abs. 3 lit. d StVO. Durch eine solche Straßenbenützung wird somit die Verwaltungsvorschrift des § 99 Abs. 3 lit. d StVO verletzt. Die Benützung als deliktische Tathandlung wird nicht von § 82 Abs. 1 StVO, sondern eben von § 99 Abs. 3 lit. d leg. cit. erfasst.

Durch die ergänzende Zitierung des § 82 Abs. 1 StVO neben der tatsächlich verletzten Verwaltungsvorschrift des § 99 Abs. 3 lit. d StVO wurde jedoch der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt.

Auch mit dem allgemeinen Hinweis auf im Verwaltungsstrafrecht unzulässiges Ausfüllen einer Gesetzeslücke durch Analogie wird vom Beschwerdeführer nicht konkret eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Es ist der belangten Behörde hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung beizupflichten, dass der vom Beschwerdeführer geführte Betrieb keine solche gewerbliche Tätigkeit darstellt, welche im Sinne des § 82 Abs. 3 lit. a StVO ("

... gewerbliche Tätigkeiten auf Gehsteigen oder Gehwegen ohne feste

Standplätze") von einer Bewilligungspflicht nach § 82 Abs. 1 leg. cit. ausgenommen ist.

Die vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1983, Zl. 82/03/0076, vertretene Meinung, der Betrieb eines Schanigartens bedürfe "entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs" nach § 82 Abs. 3 lit. c StVO keiner Bewilligung, kann vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt werden. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis bezog sich nämlich auf "§ 82 Abs. 2 lit. a StVO" (= nunmehr § 82 Abs. 3 lit. a StVO). Aber auch auf die Ausnahmebestimmung des § 82 Abs. 3 lit. c StVO vermag er sich nicht zu berufen:

Nach § 82 Abs. 3 lit. c StVO kommt es insbesondere auf eine gewerbliche Tätigkeit, "die ihrem Wesen nach auf der Straße ausgeübt wird", an, wie etwa der Betrieb einer Tankstelle oder Ladetätigkeiten an einer Laderampe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0219).

Der vor dem Eingang des vom Beschwerdeführer geführten "Cafes" aufgestellte Schanigarten gehört jedoch unmittelbar zum Betrieb dieses "Cafes" und kann nicht als eigene gewerbliche Tätigkeit, "die ihrem Wesen nach auf der Straße ausgeübt wird", im Sinne der vorstehenden Ausführungen gewertet werden. Es ist daher schon vom Ansatz her verfehlt, wenn der Beschwerdeführer vermeint, diese Ausnahmebestimmung hinsichtlich des gegenständlichen Schanigartens für sich in Anspruch nehmen zu können.

Überdies würde es dem Beschwerdeführer jedenfalls für das gesamte Ausmaß des von der Behörde durch Abmessung festgestellten Schanigartens auch an der weiteren vom Gesetz her erforderlichen Voraussetzung des Vorliegens einer Betriebsanlagengenehmigung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1989, Zl. 88/03/0030) fehlen. Der Beschwerdeführer bedurfte daher - wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend darlegte - für die vor dem von ihm geführten "Cafe" in Anspruch genommene Fläche auf der Straße einer Bewilligung nach § 82 Abs. 1 StVO. Dass diese jedoch in dem von der belangten Behörde festgestellten Ausmaß nicht vorhanden war, wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.

Der Beschwerdeführer hat daher aus den dargelegten Gründen objektiv eine Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. d StVO begangen, woran auch die Existenz eines Schuttcontainers, der nach den Feststellungen der belangten Behörde die Fluchtlinie des ca. 2,5 m breiten Schanigarten (an einer Seite) im Tatzeitpunkt überragt habe, nichts zu ändern vermag. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite und insbesondere der Strafbemessung hat jedoch die belangte Behörde hinreichend dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer im festgesetzten Ausmaß zu bestrafen war. Von einer "schikanösen" Bestrafung kann keine Rede sein. Die Höhe der verhängten Strafe ist im Hinblick auf seine einschlägigen Vormerkungen als äußerst milde zu bezeichnen; für eine Ermahnung bot sich aus demselben Grund kein Anlass.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist auch die Meinung des Beschwerdeführers verfehlt, es liege "allenfalls ..... ein Verstoß gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid" vor, wofür die Gewerbebehörde zuständig sei, zumal eine solcher Tatvorwurf nicht Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens war. Die gerügte Unzuständigkeit der Strafbehörde erster Instanz sowie der belangten Behörde war in Bezug auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht gegeben.

Verfehlt ist auch die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte als Rechtsgrundlage für den Schuldspruch den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 4. März 1996, abgeändert durch den Bescheid vom 20. Juni 1996, mit welchem für das vom Beschwerdeführer geführte "Cafe" die Errichtung eines Schanigartens im Ausmaß vom 4,7 m x 1,5 m bewilligt worden sei, zu zitieren gehabt. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, dass der Tatvorwurf auf die fehlende straßenrechtliche Bewilligung für eine bestimmte Fläche, die eben gerade nicht von dieser zuletzt genannten Bewilligung umfasst war, abzielte, weshalb auch die vom Beschwerdeführer gerügte fehlende "exakte Zitierung der Strafnorm" nicht gegeben war.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. November 1999

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020466.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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