TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 W146 2217688-1

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

ABGB §21
AsylG 2005 §24 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §10 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W146 2217688-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2019, Zl. 1077835909-170611341, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien. Er reiste gemeinsam mit seinem Cousin illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.07.2015 durch seinen Cousin einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Schreiben vom 23.12.2015 erteilte das Amt der NÖ. Landesregierung drei genannten Mitarbeitern der Caritas der Erzdiözese Wien, Asylrechtsberatung, bis zur Volljährigkeit des Beschwerdeführers Vollmacht zur Vertretung im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren.

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde am 03.02.2016 niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der Beschwerdeführer im Heimatland einer ungesetzmäßigen Verfolgung von staatlichen Organen ausgesetzt gewesen sei bzw. dass ihm derartiges im Falle seiner Rückkehr drohe.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde von der Caritas fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen zusammengefasst auf die schlechte Sicherheitslage in Syrien sowie auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers verwiesen.

Mit Schreiben vom 06.12.2016 teilte die Caritas dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass die Vollmacht zurückgelegt werde, da das Land Niederösterreich die gesetzliche Vertretung im Asylverfahren nun selbst ausübe.

Am 02.05.2017 teilte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass sich der Beschwerdeführer laut der Auskunft einer näher bezeichneten Bezirkshauptmannschaft (nicht im Verwaltungsakt) bereits wieder in seinem Heimatland befinde.

Am 05.05.2017 übermittelte die belangte Behörde das angeführte Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung sowie einen ZMR-Auszug an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass im vorliegenden Fall dem Bundesverwaltungsgericht der Aufenthaltsort und die Anschrift des Beschwerdeführers dadurch, dass er seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, nicht bekannt sei und er daher nicht in der Lage sei, zu einem schriftlichen Parteiengehör Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 19.10.2017 regte das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei einem näher bezeichneten Bezirksgericht die Bestellung eines Abwesenheitskurators für den Beschwerdeführer an, da beabsichtigt sei, ein Aberkennungsverfahren gem § 9 Abs 1 Z 2 AsylG durchzuführen.

Mit Beschluss eines näher bezeichneten Bezirksgerichts vom 24.10.2017 wurde das Verfahren zur Bestellung eines Abwesenheitskurators mangels Zuständigkeit gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht XXXX überwiesen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde RA Dr. XXXX für die Vertretung im Aberkennungsverfahren nach § 9 AsylG zum Abwesenheitskurator gem § 270 ABGB bestellt.

Als Begründung ist in diesem Beschluss enthalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht habe, dass der vermutete Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in Syrien sei, wobei der nähere Aufenthaltsort unbekannt sei, und ein Aberkennungsverfahren gemäß § 9 AsylG eingeleitet werden solle. Sowohl eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister und eine Anfrage beim Sozialversicherungsträger hätten keinen aktuellen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der abwesenden Person zu Tage gebracht. Auch habe eine aktuelle Zustelladresse nach telefonischer Anfrage bei einer näher bezeichneten Bezirkshauptmannschaft sowie nach einer Rückfrage bei der UMF-Koordinierungsstelle der NÖ. Landesregierung nicht ermittelt werden können. Der Aufenthalt des Minderjährigen sei demnach im Ausland zu vermuten, wobei Näheres dazu jedoch unbekannt bleibe. Im vorliegenden Fall sei zur Wahrung der Rechte der abwesenden Person ein Abwesenheitskurator zu bestellen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid vom 06.05.2016, Zl 1077835909-150850821, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel gem § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass laut der Mitteilung des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung vom 02.05.2017, basierend der Auskunftserteilung der BH XXXX , sei der Beschwerdeführer freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und in sein Heimatland Syrien zurückgekehrt. Somit der Ausdruck des ZMR nachweislich belege, dass der Beschwerdeführer seit 23.09.2016 in Österreich nicht mehr aufrecht gemeldet sei. Durch die Rückführung nach Syrien habe sich der Beschwerdeführer wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt und den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen wieder in seinem Heimatland begründet.

Die Identität des Beschwerdeführers stehe fest, zumal er in seinem Verfahren seinen syrischen Reisepass in Vorlage gebracht habe. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nachweislich Österreich verlassen habe und seitdem nicht mehr zurückgekehrt sei, ergebe sich aus der Aktenlage und der Einsicht in das Zentrale Melderegister.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 AsylG sei einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat habe. Dem Beschwerdeführer sei daher gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen.

Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG sei die Behörde verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer die noch bestehende befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen. Da der Beschwerdeführer nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig sei, erfülle er jedenfalls nicht die Voraussetzung des Aufenthalts in Österreich gemäß § 57 AsylG, weshalb ein Aufenthaltstitel aus diesem Grund nicht zu erteilen gewesen sei.

Die Zustellung der angeführten Entscheidung erfolgte an den Abwesenheitskurator des Beschwerdeführers (vgl. den im Verwaltungsakt einliegenden Zustellnachweis AS 291).

Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde durch den Abwesenheitskurator des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und die genannte Entscheidung vollumfänglich wegen Rechtswidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde den notwendigen Ermittlungstätigkeiten nicht nachgekommen sei. Nach Kenntnistand des Abwesenheitskurators befinde sich der Beschwerdeführer nicht in Syrien, sondern im Sudan. Sein genauer Aufenthalt sei deswegen unbekannt, da es weder die belangte Behörde noch der gemäß § 10 BFA-VG mit der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers befasst gewesene Jugendwohlfahrtsträger der Mühe wert gefunden habe, bezüglich näherer Informationen zum Verbleib des Beschwerdeführers dessen Cousin zu befragen. Der Cousin des Beschwerdeführers verfüge in Österreich über Asyl und eine zustellfähige Adresse. Das Verfahren sei mangelhaft, da der Abwesenheitskurator nicht bestellt werden hätte dürfen bzw. die Behörde die Verpflichtung gehabt habe, ihr qualifiziertes Antragsrecht zur Abbestellung des Abwesenheitskurators auszuüben und deshalb die Zustellung des Bescheides an den Abwesenheitskurator nicht wirksam erfolgt sei. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Bestellung eines Abwesenheitskurators ausschließlich für eine geschäftsfähige Person erfolgen könne. Abwesende geschäftsunfähige Personen seien durch ihren gesetzlichen Vertreter zu vertreten bzw. sei in Ermangelung eines solchen ein gesetzlicher Vertreter zu bestellen (vgl. Weitzenböck in Schwimann, ABGB 3, RZ 3 zu § 276 mwN.). Nachdem § 10 BFA-VG keine Regelung bezüglich der Vertretung abwesender Minderjähriger in Verfahren vor der belangten Behörde enthalte und aber zufolge der dargelegten Mangelhaftigkeit des bisher von der belangten Behörde abgeführten Verfahrens auch nicht gesagt werden könne, wer gegenwärtig die Obsorge über den Beschwerdeführer ausübe und warum er offenbar noch nicht wieder nach Österreich zurückgekehrt sei, müsse sowohl im Lichte der UN-Kinderrechtskonvention (vgl. insbesondere deren Art. 3) als auch der Judikatur des EGMR, als auch der Artikel 24 Abs. 2 iVm. 51 GRC und den Artikeln 16 und 19 der Status-Richtline 2011/05/EU, als nicht zuletzt auch des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern jedenfalls in Zweifel weiterhin davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nach wie vor "unbegleitet" sei und auch immer noch über einen "gewöhnlichen Aufenthalt" im Inland verfüge. Darüber hinaus haben sich die für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus maßgeblich angeführten Umstände nicht im Sinne einer grundlegenden und nachhaltigen Lageverbesserung geändert. Die in der rechtlichen Beurteilung des bekämpfen Bescheides ausgeführte Begründung stelle auf § 9 Abs 1 Z 2 AsylG ab. Dabei fehle es jedoch an jeglichen Ermittlungsergebnissen. Es werden daher die Anträge gestellt, die vorliegende Beschwerde mangels einer rechtswirksamen Erlassung des bekämpften Bescheides zurückzuverweisen, hilfsweise den bekämpften Bescheid mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Aberkennung des mit Bescheid vom 06.05.2016 zuerkannten subsidiären Schutzes aufzuheben oder hilfsweise den bekämpften Bescheid im Hinblick auf die grobe Mangelhaftigkeit des zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des BFA, dem Akt des Bundesverwaltungsgericht XXXX und Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 10 Abs. 5 BFA-VG ist der Kinder- und Jugendhilfeträger, dem die gesetzliche Vertretung zuletzt zukam, gesetzlicher Vertreter bis nach Abs. 3 wieder ein gesetzlicher Vertreter bestimmt wurde, wenn sich der mündige Minderjährige dem Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 AsylG 2005 entzieht oder sich aus anderen Gründen nach Abs. 3 kein gesetzlicher Vertreter bestimmen lässt.

Der Beschwerdeführer ist gemäß § 21 ABGB ein mündiger Minderjähriger.

Gemäß Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers, welcher sich dem Asylverfahren entzogen habe, eingestellt. Eine Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens ist gemäß § 24 Abs. 2 AsylG nicht mehr zulässig.

Somit ist gemäß § 10 Abs. 5 BFA-VG der zuletzt zuständige gewesene Kinder- und Jugendhilfeträger im gegenständlichen Verfahren weiterhin zuständig. Letzter zuständiger Kinder- und Jugendhilfeträger des Beschwerdeführers war das Amt der NÖ Landesregierung. Eine Bestellung eines Abwesenheitskurators im gegenständlichen Verfahren war somit entbehrlich.

Trotzdem war die Zustellung des angefochtenen Bescheids an den Abwesenheitskurator rechtswirksam, weshalb eine Zurückweisung der Beschwerde mangels Erlassung eines Bescheides nicht infrage kommt:

"Mit den Einwänden, die der Revisionswerber im verwaltungsbehördlichen Verfahren gegen die Zulässigkeit oder Notwendigkeit der Bestellung eines Abwesenheitskurators durch das Bezirksgericht erhebt, kann er den aufrechten Bestellungsbeschluss des Gerichts nicht beseitigen und, solange der Bestellungsbeschluss aufrecht ist, nichts an der Rechtswirksamkeit der Zustellungen der belangten Behörde im Verfahren über die Entziehung der Staatsbürgerschaft an den vom Gericht bestellten Abwesenheitskurator ändern (vgl. VwGH 19.1.1952, 1481/48, 1482/48 = VwSlg 2419 A/1952). Vielmehr wären diese Einwendungen im gerichtlichen Verfahren gegen die Bestellung des Abwesenheitskurators geltend zu machen. Weder die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht waren befugt, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Abwesenheitskurators zu überprüfen." (VwGH Erkenntnis vom 15.05.2019, Ra 2018/01/0152)

Zu A)

§ 9 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder 3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre amtswegig durchgeführte Aberkennung auf § 9 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützt.

Die belangte Behörde ist aufgrund einer Mitteilung des Amtes der NÖ. Landesregierung, wonach sich der Beschwerdeführer bereits wieder in seinem Heimatland befinde und des Nichtvorliegens einer aufrechten Meldung des Beschwerdeführers in Österreich, davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer nach Syrien verzogen ist. Sonstige Hinweise, die diese Annahme hinreichend stützen könnten, finden sich (auch im vorliegenden Verwaltungsakt) hingegen nicht.

Wie der Behörde aufgrund der Aktenlage bekannt ist, reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Cousin nach Österreich ein. Aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Abmeldung an der gleichen Adresse wie sein Cousin gelebt hat. Gerade in dieser Konstellation, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner melderechtlichen Abmeldung an der gleichen Adresse wie sein Cousin gemeldet war, wäre es naheliegend gewesen, den Cousin des Beschwerdeführers über den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu befragen. Die belangte Behörde hat dies jedoch unterlassen, obwohl in diesem Fall eine erhöhte Wahrscheinlichkeit bestand, dass der Cousin des Beschwerdeführers über dessen Aufenthaltsort Auskunft geben kann. Die Befragung des Cousins wäre ein zumutbarer und erforderlicher Ermittlungsschritt gewesen, zumal die Wahrscheinlichkeit bestand, dass die Behörde dadurch über den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt geworden wäre.

Das Fehlen einer aufrechten Meldung im Bundesgebiet kann keinen hinreichenden Beleg dafür darstellen, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt auch tatsächlich und - zum Entscheidungszeitpunkt 2 Jahre nach Verfahrenseinstellung - aktuell in einen anderen Staat verlegt hat. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei nach Syrien verzogen und aktuell dort aufhältig, lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Ermittlungsergebnisse sohin nicht nachvollziehen.

Da somit aber die Voraussetzungen für eine Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen auf Grundlage des vorliegenden Sachverhaltes nicht vorlagen, ist der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 Aberkennungsverfahren Abwesenheitskurator befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Entziehung Ermittlungspflicht ersatzlose Behebung freiwillige Ausreise Heimreise Kassation Lebensmittelpunkt Melderegister Minderjährige Mitwirkungspflicht Nachvollziehbarkeit Unterschutzstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2217688.1.00

Im RIS seit

04.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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