TE Vwgh Erkenntnis 2020/7/29 Ro 2020/03/0008

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Veröffentlicht am 29.07.2020
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E13206000
E3L E15201000
E3L E16200000
E6J
001 Verwaltungsrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
91/01 Fernmeldewesen

Norm

ABGB §1052
ABGB §879
EURallg
TKG 2003 §25 Abs6
TKG 2003 §25d
TKG 2003 §25d Abs1
TKG 2003 §25d Abs2
TKG 2003 §91
VwRallg
32002L0022 Universaldienst-RL Art30 Abs6
32009L0136 E-PrivacyRL
62004CJ0438 Mobistar VORAB
62009CJ0099 Polska Telefonia Cyfrowa VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der H GmbH in W, vertreten durch Dr. Mathias Görg, LL.M., Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2019, Zl. W219 2164791-1/11E, betreffend ein Aufsichtsverfahren nach § 91 TKG 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbenden Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die Revision betrifft ein aufsichtsbehördliches Verfahren nach § 91 TKG 2003, in dem die Vereinbarkeit von Vertragsbestimmungen der revisionswerbenden Partei betreffend Geräteteilzahlungsvereinbarungen über eine Laufzeit von 36 Monaten mit § 25d Abs. 2 TKG 2003 zu prüfen ist.

2        Mit Bescheid vom 12. Mai 2017 stellte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde, die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, gemäß § 91 Abs. 2 TKG 2003 fest, die revisionswerbende Partei habe § 25d Abs. 1 TKG 2003 dadurch verletzt, dass sie ihre Endkundenverträge im Zusammenhang mit einer „Geräteteilzahlungsvereinbarung“ derart gestalte, dass die nach § 25d Abs. 1 TKG 2003 für Verträge mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG vorgeschriebene maximale anfängliche Mindestvertragsdauer von 24 Monaten in jenen Fällen überschritten werde, in denen mit dem Verbraucher eine Geräteteilzahlungsvereinbarung mit 36-monatiger Laufzeit abgeschlossen wird (Spruchpunkt 1a).

3        Die revisionswerbende Partei habe zudem § 25d Abs. 2 TKG 2003 verletzt, indem sie durch die in Spruchpunkt 1a) genannte vertragliche Gestaltung der Endkundenverträge im Zusammenhang mit einer „Geräteteilzahlungsvereinbarung“ gleichzeitig eine Bedingung für die Vertragskündigung vorsehe, die für den Teilnehmer als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel iSd § 25d Abs. 2 TKG 2003 wirke (Spruchpunkt 1b).

4        Weiters wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 91 Abs. 2 TKG 2003 hinsichtlich der in Spruchpunkt 1 a) und b) festgestellten Mängel aufgetragen, sich gegenüber Verbrauchern iSd § 1 KSchG (Spruchpunkt 1 a) bzw. generell gegenüber ihren Teilnehmern (Spruchpunkt 1 b) nicht auf die Möglichkeit einer sofortigen Fälligstellung der allenfalls noch ausstehenden Restkaufpreisforderung aus der Geräteteilzahlungsvereinbarung bei ordentlicher Kündigung des Mobilfunkvertrags durch den Verbraucher bzw. Teilnehmer nach Ablauf von 24 Monaten zu berufen und dem Verbraucher bzw. Teilnehmer die Erfüllung der Ratenzahlungsverpflichtungen aus dem Titel der „Geräteteilzahlungsvereinbarung“ bis zum 36. Monat zu ermöglichen. Die betroffenen Verbraucher bzw. Teilnehmer seien bis zum 31. Juli 2017 über diese Möglichkeit zumindest in einer § 25 Abs. 3 TKG 2003 entsprechenden Form zu informieren (Spruchpunkt 2a und 2b).

5        In Spruchpunkt 3 wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 91 Abs. 2 TKG 2003 aufgetragen, der belangten Behörde bis spätestens 7. August 2017 über die erfolgten Umsetzungsmaßnahmen der Spruchpunkte 2a) und 2b) schriftlich zu berichten (Spruchpunkt 4 schließlich betrifft einen im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr gegebenen Mangel).

6        In der Begründung stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, die revisionswerbende Partei betreibe ein öffentliches Kommunikationsnetz und biete öffentliche Kommunikationsdienste - und in Kombination mit Telekommunikationsdienstleistungen auch Geräteteilzahlungsvereinbarungen - an. Der Teilnehmer könne anlässlich des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags auch ein Endgerät kaufen. Entscheide er sich dabei für eine Teilzahlung, biete die revisionswerbende Partei eine zinsfreie Kaufpreisstundung von bis zu 36 Monaten an. Die Endgeräte würden „preisgestützt“ veräußert. Die abgeschlossene Geräteteilzahlungsvereinbarung werde gleichzeitig mit dem so bezeichneten „Servicevertrag“ (also dem Vertrag über die Telekommunikationsdienstleistungen) wirksam. Die revisionswerbende Partei könne bei qualifiziertem Verzug mit der Zahlung des gestundeten Restbetrages für das Endgerät den Servicevertrag mit sofortiger Wirksamkeit beenden. Ebenso könne die revisionswerbende Partei die gesamte noch offene Restkaufpreisforderung fällig stellen, wenn der Kunde den Servicevertrag ordentlich (nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit des Mobilfunkvertrags von 24 Monaten) kündige oder dieser durch die revisionswerbende Partei aus einem vom Kunden verschuldeten wichtigen Grund außerordentlich gekündigt werde. Die Geräteteilzahlungsvereinbarung könne nur bei gleichzeitigem Abschluss eines Mobilfunkvertrags abgeschlossen werden.

7        In den von der revisionswerbenden Partei am 12. April 2017 angezeigten Vertragsbedingungen für die Geräteteilzahlungsvereinbarung seien folgende den Mobilfunkvertrag betreffende Regelungen vorgesehen worden:

„Der oben angeführte Gerätepreis gilt ausschließlich in Kombination mit dem ausgewählten Tarif.

Der von Ihnen abgeschlossene Teilzahlungskauf wird gleichzeitig mit dem Servicevertrag wirksam. Die Stundung des Restkaufpreises ist mit keinerlei Verzinsung oder sonstigen Kosten verbunden. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, die Teilzahlungsvereinbarung zu beenden und den aushaftenden Restkaufpreis mit einer Einmalzahlung zum Ende ihres nächsten Rechnungslaufs abzubezahlen.

Wenn Sie mit einer Teilzahlung aufgrund dieser Vereinbarung trotz Mahnung und Androhung der Fälligstellung des gestundeten Restbetrages sowie der Setzung einer Nachfrist von mindestens 14 Tagen in Zahlungsverzug sind, kann H GmbH (‚D‘) die gesamte noch offene Restkaufpreisforderung fällig stellen, und, sofern dies gleichzeitig angedroht wurde, auch den Servicevertrag mit sofortiger Wirkung beenden. Ebenso kann D die gesamte noch offene Restkaufpreisforderung mit dem Endigungszeitpunkt des Servicevertrages fällig stellen, wenn der Servicevertrag ohne zugrunde liegendes Verschulden von D von ihnen ordentlich gekündigt oder durch D aus einem von ihnen verschuldeten wichtigen Grund außerordentlich gekündigt wird (dementsprechend begründet z.B. eine Sonderkündigung des Servicevertrages durch Sie wegen Vertragsänderungen im Sinne des § 25 Abs. 3 TKG kein solches Recht von D).

Wenn Sie den Teilzahlungskauf bei einem Vertragspartner von D abschließen, geht der Vertrag im unmittelbaren Anschluss an sein Wirksamwerden mit sämtlichen Rechten und Pflichten sowie schuldbefreiender Wirkung vom Vertriebspartner auf D über (eine allfällige Garantie durch den Hersteller bleibt unberührt).

Im Übrigen gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von D (Service AGB gültig ab 19.8.2013), der H GmbH, abrufbar unter www.d.at/agb und in den D-Shops sowie bei deren Vertriebspartnern aufliegend.“

8        Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, § 25d Abs. 1 TKG 2003 werde dadurch verletzt, dass die revisionswerbende Partei zwar nicht vertragsrechtlich, aber im wirtschaftlichen Verband mit einem Mobilfunkvertrag eine anfängliche Mindestvertragsdauer von 36 Monaten begründe.

Die von der revisionswerbenden Partei gewählte vertragliche Gestaltung verletze auch § 25d Abs. 2 TKG 2003: Der Kunde werde bei Vertragsabschluss dazu bewogen, sich für ein Endgerät zu entscheiden, welches er etwa aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nur bei Gewährung einer Ratenzahlungsvereinbarung mit einer Laufzeit von 36 Monaten finanzieren könnte. Bei ordentlicher Kündigung des Mobilfunkvertrags, d.h. nach Ablauf der Mindestvertragsdauer von 24 Monaten, komme der Kunde aber nicht mehr in den Genuss, das Entgelt für sein Endgerät auch in den verbleibenden 12 Monaten in Raten zu entrichten; dies wirke sich negativ auf seine Bereitschaft aus, den Betreiber zu wechseln. Zwar seien verhältnismäßige und sachlich gerechtfertigte Bedingungen nicht als unzulässiger negativer Anreiz iSd § 25d Abs. 2 TKG 2003 anzusehen; die in Rede stehende vertragliche Konstellation sei aber nicht als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig zu qualifizieren, weil hier dem Kunden ein bereits zustehender Anspruch auf Teilzahlung nachträglich entzogen bzw. gekürzt werde. Teilnehmern, denen es finanziell nicht möglich sei, die noch aushaftenden Entgeltraten sofort zu begleichen, werde ein Betreiberwechsel nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit erschwert oder unmöglich gemacht.

9        Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - insoweit stattgegeben, als es aussprach, dass die von der belangten Behörde festgestellte Verletzung von § 25d Abs. 1 TKG 2003 (Spruchpunkt 1a) nicht vorliege. Spruchpunkt 1 wurde insofern abgeändert als festgestellt wurde, dass die revisionswerbende Partei § 25d Abs. 2 TKG 2003 verletze, indem sie Endkundenverträge im Zusammenhang mit einer „Geräteteilzahlungsvereinbarung“ derart gestalte, dass eine ordentliche Kündigung des Mobilfunkvertrages („Servicevertrages“) durch den Teilnehmer nach Ablauf der Mindestvertragsdauer von 24 Monaten in jenen Fällen, in denen eine Geräteteilzahlungsvereinbarung mit 36-monatiger Laufzeit abgeschlossen werde, zur sofortigen Fälligstellung der noch ausständigen Restkaufpreisforderung führe, eine Bedingung für die Vertragskündigung vorsehe, die für den Teilnehmer als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel iSd § 25d Abs. 2 TKG 2003 wirke. Die Spruchpunkte 2 und 3 wurden dementsprechend abgeändert; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.

10       Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zugrunde und stellte ergänzend fest, die Telefonnummer bzw. SIM-Karte eines Kunden sei für die revisionswerbende Partei der wichtigste Bezugspunkt für sämtliche Interaktionen mit dem Kunden. Ab dem Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung fehle dieser Bezugspunkt. Die bestehenden IT-Anwendungen könnten für die Verrechnung der noch ausstehenden Monatsraten für ein Endgerät nicht verwendet werden. Nach Erlassung des Bescheides der belangten Behörde habe die revisionswerbende Partei ihre Abläufe angepasst: Ein Kunde, der den Mobilfunkvertrag ordentlich kündige, werde informiert, dass er entweder den Restbetrag auf einmal oder weiterhin die noch aushaftenden Raten zahlen könne. Entscheide er sich für die Ratenzahlung, werde er telefonisch informiert, wie er die Raten bezahlen solle. Bei Nichtzahlung erfolge erst nach Ablauf der verbleibenden 12 Monate eine Mahnung, weil eine monatliche Vorgangsweise einen großen Implementierungsaufwand darstellen würde.

11       In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, eine Verletzung von § 25d Abs. 1 TKG 2003 sei nicht gegeben, weil die Verknüpfung zwischen Mobilfunkvertrag und Geräteteilzahlungsvereinbarung keine rechtliche Bindung an den Mobilfunkvertrag für mehr als 24 Monate bewirke.

Zu Recht sei jedoch eine Verletzung von § 25d Abs. 2 TKG 2003 festgestellt worden. Die von der Beschwerde ins Treffen geführten Gesetzesmaterialien würden zwar betonen, dass verhältnismäßige und sachliche gerechtfertigte Klauseln, die sich auf Nebenleistungen beziehen, nicht als negativer Anreiz im Sinne dieser Bestimmung zu verstehen seien. Mit dem in den Materialien angesprochenen Beispiel („kostenlose Mobiltelefone, welche nach vorzeitiger Beendigung des Vertrages ganz oder teilweise bezahlt werden müssen“) hätten diese aber erkennbar den Fall vor Augen, dass ein Mobilfunkvertrag vor Ablauf einer gesetzeskonform ausgestalteten Mindestvertragslaufzeit beendet werde. Der vorliegende Fall unterscheide sich davon ganz wesentlich, weil es um eine ordentliche Beendigung des Mobilfunkvertrags nach Ablauf der maximalen (für Verbraucher iSd § 1 KSchG) bzw. vertraglich festgelegten (für andere Teilnehmer) Mindestvertragsdauer von 24 Monaten gehe, die eine Fälligstellung der Restkaufpreisforderung aus einem über eine längere Dauer laufenden Teilzahlungskauf zur Folge habe. Damit werde dem Teilnehmer ein Anreiz geboten, bis zum Ablauf der 36 Monate dauernden Geräteteilzahlungsvereinbarung eben keine ordentliche Kündigung des Mobilfunkvertrags (also keinen Betreiberwechsel) vorzunehmen. Die Fälligstellung des gesamten Restkaufpreises könne nicht als verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt gelten, weil es sich nicht um die vorzeitige Beendigung, sondern um eine Beendigung des Mobilfunkvertrags nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten handle. Dieser negative Anreiz laufe auf ein Aufweichen der maximalen bzw. vereinbarten Mindestvertragsdauer hinaus. Interne IT-Prozesse bzw. Anpassungsbedürfnisse der revisionswerbenden Partei könnten das Setzen negativer Anreize iSd § 25d Abs. 2 TKG 2003 nicht rechtfertigen. Eine solche Beeinträchtigung der Interessen des Betreibers müsse schon „ihrer Art nach“ hinter das von § 25d Abs. 2 TKG 2003 anerkannte Schutzbedürfnis des Teilnehmers im Hinblick auf das Vermeiden negativer Anreize für einen Betreiberwechsel zurücktreten. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, das Interesse am Beharren unveränderter IT-Lösungen höher zu gewichten als das Schutzbedürfnis der Teilnehmer, bei Kündigung des Mobilfunkvertrags nach Ablauf der Mindestvertragsdauer nicht alle ausstehenden Monatsraten auf einmal bezahlen zu müssen.

12       Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 25d Abs. 2 TKG 2003 fehle und die Rechtslage nicht eindeutig sei.

13       Gegen die Spruchpunkte A) I. b. und A) II. dieses Erkenntnisses (Bestätigung des Bescheids der belangten Behörde) richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - ordentliche - Revision.

14       Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15       Die Revision erweist sich aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als zulässig; sie ist aber nicht begründet.

16       Die maßgeblichen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 111/2018, lauten auszugsweise wie folgt:

1. Abschnitt

Allgemeines

Zweck

§ 1.

...

(4) Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Richtlinien der Europäischen Union umgesetzt:

...

3.   Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. Nr. L 108 vom 24. April 2002, S 51, in der Fassung der Richtlinie 2009/136/EG, ABl. Nr. L 337 vom 18.12.2009, S. 11,

...

3. Abschnitt

Kommunikationsdienste, Kommunikationsnetze

Geschäftsbedingungen und Entgelte

§ 25. (1) Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten haben Allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, in welchen auch die angebotenen Dienste beschrieben werden, sowie die dafür vorgesehenen Entgeltbestimmungen festzulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind der Regulierungsbehörde vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen.

...

(4) Allgemeine Geschäftsbedingungen zwischen Betreibern von Kommunikationsdiensten und Endnutzern haben, soweit dies nach der Art des Dienstes möglich ist, zumindest zu enthalten:

...

3.   die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Dienste und des Vertragsverhältnisses einschließlich

...

b)   der bei Beendigung des Vertragsverhältnisses fälligen Entgelte einschließlich einer Kostenanlastung für Endeinrichtungen;

...

Mindestvertragsdauer

§ 25d. (1) Verträge über Kommunikationsdienste zwischen Betreibern und Verbrauchern im Sinne des KSchG dürfen eine anfängliche Mindestvertragsdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Jedem Teilnehmer ist die Möglichkeit einzuräumen, je Kommunikationsdienst einen Vertrag mit einer Mindestvertragsdauer von maximal zwölf Monaten abzuschließen.

(2) Unbeschadet etwaiger Mindestvertragslaufzeiten dürfen Verträge von Unternehmen, die Kommunikationsdienste erbringen, keine Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung vorsehen, die für Teilnehmer als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel wirken.

(3) Betreiber von Kommunikationsdiensten müssen Verbrauchern im Sinn des § 1 KSchG die Beendigung von nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 134/2015 geschlossenen Verträgen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat ermöglichen, wobei die Kündigung mit Ende des darauf folgenden Monats wirksam wird. ...

(4) Bei einem Verstoß gegen Vorschriften nach diesen Bestimmungen kann die Regulierungsbehörde auch gemäß § 91 einschreiten.

...

11. Abschnitt

Aufsichtsrechte

...

Aufsichtsmaßnahmen der Regulierungsbehörde

§ 91. (1) Hat die Regulierungsbehörde in Bezug auf durch sie zu besorgende Aufgaben Anhaltspunkte dafür, dass ein Unternehmen gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes, gegen die Bestimmungen einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder gegen einen auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheid verstößt, teilt sie dies dem Unternehmen mit und räumt gleichzeitig Gelegenheit ein, zu den Vorhalten Stellung zu nehmen oder etwaige Mängel in angemessener Frist nach Erhalt der Mitteilung abzustellen.

(2) Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass nach Ablauf der gesetzten Frist die Mängel, deretwegen das Aufsichtsverfahren eingeleitet wurde, nicht abgestellt sind, ordnet sie mit Bescheid die gebotenen, angemessenen Maßnahmen an, die die Einhaltung der verletzten Bestimmungen sicherstellen, und setzt eine angemessene Frist fest, innerhalb der der Maßnahme zu entsprechen ist.“

17       Die zitierten Bestimmungen des § 25d Abs. 1 und 2 TKG 2003 wurden mit der Novelle BGBl. I Nr. 102/2011 in das TKG 2003 eingefügt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1389 BlgNR 24. GP, 13) führen hierzu Folgendes aus:

Zu § 25d:

Mit dieser Bestimmung wird Art. 30 Abs. 5 und 6 UniversaldienstRL umgesetzt. Der Intention [der] Richtlinie ist zu entnehmen, dass diese Bestimmung nur für auf Dauer gerichtete Vertragsverhältnisse abzielt und daher Prepaid-Karten nicht als Vertrag im Sinne dieser Bestimmung gelten. Verhältnismäßige und sachlich gerechtfertigte Klauseln, insbesondere solche, die sich auf Nebenleistungen beziehen, sind jedoch nicht als negativer Anreiz im Sinne des Abs. 2 zu verstehen, etwa kostenlose Mobiltelefone, welche nach vorzeitiger Beendigung des Vertrages ganz oder teilweise bezahlt werden müssen. Zu berücksichtigen ist auch die bisherige Judikatur des OGH zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei langen Vertragsbindungen im Sinne einer beidseitigen Interessensabwägung (siehe OGH 30.05.2006 3 Ob 121/06z, OGH 20.03.2007 4 Ob 227/06w, OGH 10.06.2008 4 Ob 91/08y).“

18       Die maßgebenden Bestimmungen der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002, ABl L 108 vom 24. April 2002, 51, idF der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (iF: Universaldienstrichtlinie), lauten auszugsweise wie folgt:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

...

(4) Die Endnutzerrechte betreffenden Bestimmungen dieser Richtlinie gelten unbeschadet der gemeinschaftlichen Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere der Richtlinien 93/13/EWG und 97/7/EG, und der mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehenden nationalen Vorschriften.

...

Artikel 30

Erleichterung des Anbieterwechsels

...

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen, keine anfängliche Mindestvertragslaufzeit beinhalten, die 24 Monate überschreitet. Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass die Unternehmen den Nutzern die Möglichkeit anbieten, einen Vertrag mit einer Höchstlaufzeit von 12 Monaten abzuschließen.

(6) Unbeschadet etwaiger Mindestvertragslaufzeiten stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung für die Verbraucher nicht als negativer Anreiz für einen Anbieterwechsel wirken.“

19       Die Universaldienstrichtlinie war mit der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (...), ABl L 337 vom 18. Dezember 2009, 11 (iF auch: Änderungsrichtlinie) umfassend (u.a. in den Art. 1 und 30) geändert worden. Zu den in Art. 30 vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen führen die Erwägungsgründe der Änderungsrichtlinie auszugsweise Folgendes aus:

„(47) Damit die Verbraucher in den vollen Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Umfelds kommen, sollten sie in der Lage sein, in voller Sachkenntnis ihre Wahl zu treffen und den Anbieter zu wechseln, wenn dies in ihrem Interesse ist. Dabei muss unbedingt dafür gesorgt werden, dass sie davon nicht durch rechtliche, technische oder praktische Hindernisse wie Vertragsbedingungen, Verfahren oder Gebühren abgehalten werden. Die Festlegung zumutbarer Mindestlaufzeiten in Verbraucherverträgen wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. ... Wie die Erfahrung in einigen Mitgliedstaaten gezeigt hat, besteht die Gefahr, dass Verbraucher ohne ihre Einwilligung auf einen anderen Anbieter umgestellt werden. Auch wenn dies in erster Linie eine Angelegenheit für die Vollzugsbehörden sein sollte, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, in Bezug auf den Wechsel des Anbieters jenes Mindestmaß an verhältnismäßigen Maßnahmen zu treffen - einschließlich der Auferlegung angemessener Sanktionen -, das erforderlich ist, um diese Gefahren zu minimieren und den Verbraucherschutz im Übertragungsverfahren zu gewährleisten, ohne dass der Wechsel für die Verbraucher an Attraktivität verliert.“

20       Nur der Vollständigkeit halber: Am 20. Dezember 2018 ist die Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung), ABl L 321 vom 17. Dezember 2018, 36, in Kraft getreten. Diese ersetzt (u.a.) die Universaldienstrichtlinie; die Mitgliedstaaten haben entsprechend ihrem Art. 124 die Rechtsvorschriften zu ihrer Umsetzung bis zum 21. Dezember 2020 zu veröffentlichen und ab dem 21. Dezember 2020 anzuwenden; ihre Regelungen, so auch die Art. 105 und Art. 107 betreffend Vertragslaufzeit und -kündigung bzw. betreffend Angebotspakete, sind daher im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar.

21       Im vorliegenden Aufsichtsverfahren ist im Wesentlichen strittig, ob die in der Teilzahlungsvereinbarung für den Kauf eines Endgeräts enthaltene Bestimmung, wonach eine Kündigung des (gleichzeitig mit der Teilzahlungsvereinbarung abgeschlossenen) Mobilfunkvertrags durch den Teilnehmer nach Ablauf der Mindestvertragsdauer von 24 Monaten in jenen Fällen, in denen eine Teilzahlungsvereinbarung über 36 Monate abgeschlossen wurde, zur sofortigen Fälligstellung der offenen Restkaufpreisforderung führen kann, § 25d Abs. 2 TKG 2003 widerspricht.

22       Die mit der Novelle BGBl. I Nr. 102/2011 eingeführte Regelung des § 25d Abs. 2 TKG 2003 setzt Art. 30 Abs. 6 der Universaldienstrichtlinie um und ist daher im Sinne der letztgenannten Bestimmung und der damit verfolgten Zielsetzung auszulegen. Art. 30 Abs. 6 der Universaldienstrichtlinie wurde mit der Änderungsrichtlinie 2009/136/EG eingefügt und sieht vor, dass die Mitgliedstaaten - unbeschadet etwaiger Mindestvertragslaufzeiten - sicherstellen, dass die Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung für Verbraucher nicht als negativer Anreiz für einen Anbieterwechsel wirken. Erwägungsgrund 47 der Änderungsrichtlinie hält dazu (u.a.) fest, dass die Verbraucher in der Lage sein sollten, in voller Sachkenntnis ihre Wahl zu treffen und den Anbieter zu wechseln, wenn dies in ihrem Interesse ist. Dabei müsse unbedingt dafür gesorgt werden, dass sie davon (abgesehen von der Festlegung zumutbarer Mindestvertragslaufzeiten) nicht durch rechtliche, technische oder praktische Hindernisse wie Vertragsbedingungen, Verfahren oder Gebühren abgehalten werden.

23       Der Unionsgesetzgeber, der mit der Änderungsrichtlinie den Verbraucherschutz und die Nutzerrechte in der elektronischen Kommunikation verbessern wollte (vgl. den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderungsrichtlinie, KOM[2007] 698 endg., 3), geht also erkennbar von einem weiten Begriffsverständnis des in Art. 30 Abs. 6 der Universaldienstrichtlinie genannten „negativen Anreizes“ aus. Hinsichtlich der Beurteilung, welche Bedingungen und Verfahren als negativer Anreiz zu qualifizieren sind, verfügen die Mitgliedstaaten allerdings über einen gewissen Spielraum (vgl. zur - eine vergleichbare Formulierung aufweisenden - Regelung des Art. 30 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie, wonach etwaige direkte Gebühren für die Nummernübertragung die Teilnehmer vor einem Anbieterwechsel „nicht abschrecken“ dürfen, etwa EuGH 1.7.2010, Rs C-99/09, Polska Telefonia Cyfrowa, Rn. 20; 13.7.2006, Rs C-438/04, Mobistar, Rn. 34).

24       Gemäß dem Art. 30 Abs. 6 der Universaldienstrichtlinie umsetzenden § 25d Abs. 2 TKG 2003 dürfen Verträge von Unternehmen, die Kommunikationsdienste erbringen, unbeschadet etwaiger Mindestvertragslaufzeiten, keine Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung vorsehen, die für Teilnehmer als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel wirken. Der nationale Gesetzgeber hat die unionsrechtliche Regelung somit - abgesehen von der Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf sämtliche Teilnehmer (und nicht bloß Verträge mit Verbrauchern) - im Wesentlichen wortgleich umgesetzt und von einer näheren Präzisierung der als negativer Anreiz zu qualifizierenden Bedingungen und Verfahren im Gesetz Abstand genommen.

25       Die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 102/2011, mit der § 25d Abs. 1 und 2 TKG 2003 eingefügt wurde (ErlRV 1389 BlgNR 24. GP, 13), führen allerdings aus, dass verhältnismäßige und sachlich gerechtfertigte Klauseln, insbesondere solche, die sich auf Nebenleistungen beziehen, nicht als negativer Anreiz iSd § 25d Abs. 2 leg. cit. zu verstehen seien. Als Beispiel nennt der Gesetzgeber „etwa kostenlose Mobiltelefone, welche nach vorzeitiger Beendigung des Vertrages ganz oder teilweise bezahlt werden müssen“. Des Weiteren wird darin auf Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei langen Vertragsbindungen im Sinne einer beidseitigen Interessenabwägung verwiesen, die „auch zu berücksichtigen“ sei.

26       An die Materialien anknüpfend macht die Revision zunächst einleitend geltend, der dort verwiesene Fall einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages sei nur beispielhaft genannt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme eine Rechtfertigung einer Vertragsklausel als verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt auch bei Beendigung des Vertrags nach Ablauf der Mindestvertragsdauer in Betracht. Das weitere Argument des Verwaltungsgerichts, das Interesse der revisionswerbenden Partei, ihre IT-Systeme nicht ändern zu müssen, könne schon seiner „Art nach“ nicht höher gewichtet werden als das Schutzbedürfnis der Teilnehmer, verkenne das Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung; eine solche sei allerdings unterblieben. Wäre sie, unter Einbeziehung sämtlicher Interessen der Beteiligten, durchgeführt worden, hätte sich ergeben, dass die Interessen der revisionswerbenden Partei an der Aufrechterhaltung der inkriminierten Regelung überwögen, jedenfalls aber nicht geringer wögen als die Interessen der Teilnehmer. Dies sei auch deshalb ausschlaggebend, weil das Verwaltungsgericht insofern einen unrichtigen Maßstab angewendet habe, als eine Verwirklichung des Tatbestands nach § 879 Abs. 3 ABGB nur dann in Betracht komme, wenn die Interessen des Teilnehmers erheblich höher zu gewichten seien als die des Betreibers.

27       Die Revision führt dazu im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht hätte bei seiner Abwägung auch berücksichtigen müssen, dass die zu beurteilende vertragliche Regelung bedeutende Vorteile für die Teilnehmer und gleichzeitig erhebliche Nachteile für die revisionswerbende Partei als Betreiberin mit sich bringe. Dem Teilnehmer werde die Möglichkeit geboten, ein Endgerät weit unter dem Marktpreis anzuschaffen; entscheide er sich für eine Ratenzahlung des Kaufpreises, werde dieser kostenlos, also ohne Verzinsung, gestundet. Auch im Fall der Geltendmachung des Terminverlusts durch die revisionswerbende Partei habe der Teilnehmer nur die Differenz auf den aushaftenden Kaufpreis zu bezahlen. Demgegenüber trage die revisionswerbende Partei nicht nur den aus der kostenlosen Stundung resultierenden Zinsverlust, sondern auch das Uneinbringlichkeits- bzw. Bonitätsrisiko. Dem Teilnehmer werde nicht nur die Möglichkeit einer Einmalzahlung für das Endgerät angeboten, sondern - neben der 36-monatigen - auch eine 12- bzw. 24-monatige Laufzeit für die Geräteteilzahlungsvereinbarung; er habe damit ohnehin eine Wahlmöglichkeit entsprechend seinen Interessen. Zwischen dem Servicevertrag und dem Kaufvertrag über das Endgerät als Nebenleistung bestehe ein klarer, für den Teilnehmer erkennbarer Konnex; der Kauf setzte den gleichzeitigen Abschluss eines Servicevertrags voraus. Die Gründe für die inkriminierte Regelung seien im Wesentlichen im hohen Implementierungsaufwand für eine monatliche Verrechnung der Geräteteilzahlungsentgelte auch nach Beendigung des Servicevertrages gelegen, nicht aber in der Absicht, die Teilnehmer über die Mindestvertragsdauer hinaus an sich zu binden. Durch den Terminverlust werde zudem das vertragliche Synallagma und damit das dispositive Recht, das von einem Zug-um-Zug-Prinzip ausgehe, (wieder) hergestellt.

28       Daran anknüpfend macht die Revision sekundäre Verfahrensmängel geltend, weil das Verwaltungsgericht es unterlassen habe, die auf Basis des Vorbringens der revisionswerbenden Partei gebotenen weiteren Feststellungen zu treffen.

29       Das Vorbringen der Revision zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

30       Die revisionsgegenständliche Regelung der von der revisionswerbenden Partei angebotenen Teilzahlungsvereinbarung betrifft den Kauf eines „preisgestützten“ Endgeräts unter Vereinbarung von monatlichen Ratenzahlungen; der Kaufvertrag setzt den gleichzeitigen Abschluss eines bestimmten, ebenfalls von der revisionswerbenden Partei angebotenen Mobilfunkvertrags („Servicevertrag“) voraus. Während die von der revisionswerbenden Partei vorgesehene Mindestvertragslaufzeit (die zugleich die gesetzlich höchstzulässige Bindungsfrist darstellt) des Mobilfunkvertrags 24 Monate beträgt, hat der Teilnehmer hinsichtlich des Endgerätekaufs die Möglichkeit, sich für eine Teilzahlungsvereinbarung mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten zu entscheiden. Der vom Teilnehmer zu zahlende Kaufpreis erhöht sich bei Abschluss einer Teilzahlungsvereinbarung nicht und der Teilnehmer kann die Teilzahlungsvereinbarung durch Begleichung des noch aushaftenden Kaufpreises jederzeit vorzeitig beenden.

31       Mit der im vorliegenden Aufsichtsverfahren beanstandeten Vertragsbestimmung behält sich die revisionswerbende Partei das Recht vor, die gesamte noch offene Restkaufpreisforderung für das Endgerät mit dem Endigungszeitpunkt des Mobilfunkvertrags fällig zu stellen, wenn der Mobilfunkvertrag vom Teilnehmer ordentlich (also nach Ablauf der Mindestlaufzeit von 24 Monaten) gekündigt wird. Ausgehend von den Feststellungen steht die Teilzahlungsvereinbarung für das Endgerät in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mobilfunkvertrag (der Kauf eines Endgeräts setzt den gleichzeitigen Abschluss eines Mobilfunkvertrags voraus).

32       Das Argument der Revision, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Abwägungsentscheidung insofern einen falschen Maßstab angewandt, als § 879 Abs. 3 ABGB nur Fälle erfasse, bei denen unter Berücksichtigung aller Umstände ein Teil gröblich benachteiligt werde, ist von vornherein verfehlt: Gemäß § 25 Abs. 6 TKG kann die Regulierungsbehörde Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann widersprechen, wenn diese u.a. dem § 879 ABGB widersprechen. Durch diese aufsichtsbehördliche Prüfung soll sichergestellt werden, dass die von den Betreibern verwendeten Geschäftsbedingungen gewissen Mindestanforderungen gerecht werden (vgl. VwGH 31.1.2005, 2004/03/0066); weisen sie die von § 25 Abs. 6 TKG verpönten Inhalte auf, ist ihnen von der Regulierungsbehörde - vorweg - zu widersprechen. Dies schließt aber nicht aus, dass vertragliche Modalitäten, die diese jedenfalls verpönte Schwelle nicht erreichen, einer Prüfung iSd § 25d Abs. 2 TKG unterzogen werden.

33       Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, der inkriminierten Bestimmung komme die Eignung zu, als negativer Anreiz für einen Betreiberwechsel iSd § 25d Abs. 2 TKG zu wirken, ist nicht zu beanstanden:

34       Es hat zutreffend ausgeführt, dass mit der in Rede stehenden Bestimmung den Teilnehmern ein Anreiz geboten wird, den Mobilfunkvertrag selbst nach Ablauf der 24-monatigen Mindestvertragsdauer so lange nicht zu kündigen, bis auch die letzte der vereinbarten 36 Monatsraten für den Kauf des Endgeräts beglichen ist. Insbesondere jene Teilnehmer werden damit von einem Anbieterwechsel abgehalten, für welche die Zahlung der offenen Restkaufpreisforderung - diese kann bei Kündigung zum Ablauf der Mindestlaufzeit von 24 Monaten bis zu einem Drittel des Gesamtkaufpreises ausmachen - aufgrund ihrer finanziellen Mittel nicht (ohne Weiteres) möglich ist. Dass es sich bei diesem Teilnehmerkreis nur um ein nicht ins Gewicht fallendes Marktsegment handle, lassen die insoweit bloß spekulativen Revisionsausführungen, die zu Grunde legen, dem „normativen Durchschnittsteilnehmer“ würden ohnehin die Mittel für die erforderliche Einmalzahlung zur Verfügung stehen, nicht erkennen. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich gerade jene Teilnehmer für eine 36-monatige Stundung entscheiden, deren wirtschaftliche Verhältnisse dies nahelegen. In diesen Fällen kann die betreffende Klausel somit faktisch dazu führen, dass der Teilnehmer von einer für den Wechsel zu einem anderen Betreiber erforderlichen Kündigung des Mobilfunkvertrags mit der revisionswerbenden Partei Abstand nimmt, sodass die in Rede stehende Klausel als negativer Anreiz iSd § 25d Abs. 2 TKG wirkt.

35       Wenn die Revision demgegenüber auf näher dargestellte Vor- bzw. Nachteile der „Paketlösung“, die Wahlmöglichkeiten für den Teilnehmer und die von ihr geltend gemachten Gründe für die inkriminierte Regelung des Terminverlusts verweistund zudem geltend macht, damit würde das dem dispositivem Recht entsprechende Zug-um-Zug-Prinzip wiederhergestellt, sodass in einer Gesamtbetrachtung die revisionsgegenständliche Regelung, weil als verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt zu beurteilen, nicht als unzulässiger negativer Anreiz iSd § 25d Abs. 2 TKG qualifiziert werden könne, ist dem Folgendes zu entgegnen:

36       Die näheren Bedingungen der von der revisionswerbenden Partei angebotenen „Paketlösung“, also des Mobilfunkvertrags zusammen mit dem Kauf des Endgeräts, und damit die von der Revision hervorgehobenen Vor- bzw. Nachteile für die Vertragspartner, sind Teilelemente bzw. Konsequenzen dieser von der revisionswerbenden Partei angebotenen Vertragsgestaltung. Wenn diese - neben dem Mobilfunkvertrag mit der 24-monatigen Bindungsfrist - auch den Kauf eines Endgeräts derart anbietet, dass Eigentum und Nutzungsrecht am Endgerät sofort übertragen werden (dem Revisionsvorbringen nach werde ein Eigentumsvorbehalt nicht vereinbart), die Kaufpreiszahlung aber insofern gestundet wird, dass der Kaufpreis (u.a.) in 36 gleichbleibenden monatlichen Raten bezahlt werden kann, fällt es auch in ihre Ingerenz, ihre Abläufe so zu organisieren, dass sie der von ihr eingegangenen Verpflichtung auch nachkommen kann. Dazu gehört auch, dass sie dem Teilnehmer die Zahlung des Kaufpreises in monatlichen Raten weiterhin (auch dann) ermöglicht, wenn dieser den Mobilfunkvertrag nach bzw. zum Ablauf der 24-monatigen Bindungsfrist kündigt: Bietet die revisionswerbende Partei Teile des „Pakets“ mit unterschiedlichen Laufzeiten an, also den Mobilfunkvertrag zu einer Bindungsdauer von 24 Monaten und den Kauf des Endgeräts über eine 36-monatige Laufzeit, kann sie sich nicht darauf verlassen, dass der Mobilfunkvertrag nach Ablauf der Mindestbindungsfrist von 24 Monaten vom Teilnehmer nicht gekündigt wird und weiter aufrecht bleibt, wird ihr doch von § 25d TKG eine längere Mindestbindungsdauer als 24 Monate ebenso verboten wie eine Vertragsgestaltung, die einen negativen Anreiz in dem genannten Sinn bewirkt. Muss der Betreiber aber damit rechnen, dass der Zweijahresvertrag auch tatsächlich nach zwei Jahren endet und bietet er gleichwohl einen Dreijahresvertrag für den Kauf des Endgeräts an, hat er seine Systeme entsprechend einzurichten. Erfordert die weitere Gewährleistung von Ratenzahlungen für das Endgerät nach Beendigung des Mobilfunkvertrags eine Umstellung der eigenen Systeme des Betreibers, wie von der revisionswerbenden Partei geltend gemacht, ist das also Konsequenz der Vertragsgestaltung durch sie selbst. Zu Recht hat daher das Verwaltungsgericht die von der revisionswerbenden Partei geltend gemachte Notwendigkeit der Umstellung der unternehmensinternen IT-Prozesse bzw. die dafür auflaufenden Kosten als unbeachtlich und die einen negativen Anreiz iSd § 25d Abs. 2 TKG bewirkende Vertragsgestaltung nicht rechtfertigend beurteilt.

37       Entgegen der Revision kann der beanstandete Terminverlust auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass das dispositive Recht grundsätzlich vom Zug-um-Zug-Prinzip ausgeht (§ 1052 ABGB) und durch die mit dem Terminverlust verbundene Konsequenz der Verpflichtung zur sofortigen Einmalzahlung des offenen Restbetrags insofern das vertragliche Synallagma wiederhergestellt werde: Bietet der Betreiber - als Ausfluss der Vertragsfreiheit und in Ausübung seiner unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten - als Teil der von ihm offerierten „Paketlösung“ eine Stundung des Restkaufpreises bei gleichbleibenden monatlichen Raten über 36 Monate hindurch an, hat er grundsätzlich den von ihm eingegangenen und inhaltlich ausgestalteten Vertrag einzuhalten, auch wenn das dispositive Recht „eigentlich“ etwas anderes, nämlich das Zug-um-Zug-Prinzip des § 1052 ABGB, vorsieht.

38       Nach dem Gesagten ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn das Verwaltungsgericht der inkriminierten Terminverlust-Regelung eine verpönte Wirkung iSd § 25d Abs. 2 TKG beimaß und demgemäß die Beschwerde der revisionswerbenden Partei insoweit abwies.

39       Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1VwGG als unbegründet abzuweisen.

40       Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal das Verwaltungsgericht - ein Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0007, mwN).

41       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Juli 2020

Gerichtsentscheidung

EuGH 62004CJ0438 Mobistar VORAB
EuGH 62009CJ0099 Polska Telefonia Cyfrowa VORAB

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020030008.J00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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