TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 W191 2226000-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a

Spruch

W191 2226000-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch LegalFocus, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zahl 810948500-190984436, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Asylverfahren:

1.1.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 25.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.1.1.2. Nachdem der BF vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und vor dem Bundesasylamt (in der Folge BAA) einvernommen worden war, wies das BAA den Antrag des BF mit Bescheid vom 02.09.2011, Zahl 11 09. 485-BAT, gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 AsylG mit einer Ausweisung des BF nach Indien.

1.1.1.3. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der Asylgerichtshof (in der Folge AsylGH) mit Erkenntnis vom 13.11.2012, Zahl C11 421.393-1/2011/16E, als unbegründet ab.

Die Entscheidung erwuchs am 27.11.2012 in Rechtskraft.

1.1.1.4. Der BF reiste in Folge nicht aus Österreich aus, sondern verblieb im Bundesgebiet.

1.1.1.5. Am 15.03.2017 wurde ein Heimreisezertifikat (Ersatzreisepapier) für den BF bei der Indischen Botschaft in Wien beantragt.

1.1.2. Verfahren zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen:

1.1.2.1. Auf Grundlage des Festnahmeauftrages des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom 06.12.2018 wurde der BF zwecks Vorführung zur Indischen Botschaft in Wien zur Erlangung eines Heimreisezertifikates - Ausfüllen und Unterfertigung von Formularen - am selben Tag festgenommen und vorgeführt.

Die Indische Botschaft teilte mit, dass die Angaben des BF in Indien überprüft würden.

1.1.2.2. Im Anschluss an die Vorführung wurde dem BF ein Mandatsbescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG vom 06.12.2018 ausgehändigt, mit dem ihm gemäß § 57 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) aufgetragen wurde, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der im Bescheid genannten Bundesbetreuungseinrichtung (in Tirol) zu nehmen, und der BF verpflichtet wurde, der Wohnsitznahme innerhalb von drei Tagen nachzukommen. Dieser Bescheid wurde dem BF zusammen mit einer Information über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Information betreffend Gebietsbeschränkung nach Unterbringung in einer Betreuungseinrichtung am 06.12.2018 persönlich zugestellt. Im Anschluss wurde der BF aus der Anhaltung entlassen.

1.1.2.3. Am 12.12.2018 erfolgte die Mitteilung seitens der dem BF zugewiesenen Betreuungseinrichtung, dass der BF in der Einrichtung nicht eingetroffen sei.

1.1.2.4. Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikates seitens der Indischen Botschaft am 10.12.2018 erfolgte am 11.02.2019 seitens des BFA eine Buchungsanfrage für einen Abschiebeflug für den Zeitraum vom 03.03.2019 bis 05.03.2019. Da mittlerweile Zweifel seitens der Indischen Botschaft an der Identität des BF entstanden waren, wurden weitere Ermittlungen seitens der Indischen Botschaft für die definitive Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderlich, weshalb am 01.03.2019 eine Stornierung der erfolgten Flugbuchung seitens des BFA erfolgen musste.

1.1.2.5. Von 19.01.2019 bis 02.03.2019 befand sich der BF in Verwaltungsstrafhaft.

1.1.2.6. Am 27.02.2019 wurde der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi zur Klärung seiner Identität und Ermittlung weiterer Personendaten seitens des BFA niederschriftlich einvernommen.

1.1.2.7. Am 02.03.2019 wurde der BF auf Grundlage des Festnahmeauftrages des BFA vom 01.03.2019 festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.

1.1.2.8. Am 02.03.2019 trat der BF in Hungerstreik.

1.1.2.9. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 04.03.2019 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bescheid wurde dem BF am selben Tag persönlich zugestellt.

1.1.2.10. Am 05.03.2019 wurde der BF erneut der Indischen Botschaft in Wien vorgeführt. Er machte Angaben zu seiner Person und leistete eine Unterschrift. Laut Mailverkehr im Verwaltungsakt (Seite 231) "stimmte seine ID leider nicht gänzlich".

1.1.2.11. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 29.03.2019, Zahl W154 2216408-1/10E, wurde die Beschwerde gegen den o.a. Schubhaftbescheid vom 04.03.2019 als unbegründet abgeweisen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

1.1.2.12. Am 11.04.2019 wurde der BF im PAZ Hernalser Gürtel im Stande der Schubhaft erneut zu seinen Personalia einvernommen. Er füllte erneut Formulare zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aus.

Nachdem der BF wiederholt falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hatte, wurde die Schubhaft aufrechterhalten.

1.1.2.13. Mit Schreiben vom 01.07.2019 stellte das BFA beim BVwG ein "Ansuchen um Genehmigung des 5. Monat in Schubhaft".

1.1.2.14. Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.07.2019, Zahl W197 2216408-2/3E, stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

1.1.2.15. Am 09.07. und 16.07.2019 besprach eine Mitarbeiterin des BFA den Fall mit den zuständigen Mitarbeitern der Indischen Botschaft in Wien. Es gab keine neuen Informationen.

1.1.2.16. Am 13.07.2019 begann der BF erneut einen Hungerstreik.

1.1.2.17. Am 18.07.2019 machte ein Referent des BFA mittels eines persönlichen Gesprächs im PAZ einen erneuten Versuch der Überprüfung der Identität des BF. Dieser behauptete nun, Staatsangehöriger Pakistans zu sein.

1.1.2.18. Am 19.07.2019 leitete das BFA ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der Pakistanischen Botschaft in Wien ein.

1.1.2.19. Am selben Tag stellte das BFA beim BVwG ein Ansuchen um Genehmigung des 6. Monats in Schubhaft, um die Identität des BF klären und seine Abschiebung durchführen zu können. Wie man anhand der unterschiedlichen Angaben zu seiner Herkunft bzw. zu seinen Eltern und anhand seines Verhaltens erkennen könne, komme der BF seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht wirklich nach.

1.1.2.20. Mit Erkenntnis des BVwG vom 01.08.2019, Zahl W186 2216408-3/3E, wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

1.1.2.21. Nachdem der BF ab 22.07.2019 erneut im Hungerstreik war, wurde er, da eine Heilbehandlung nicht möglich war und bis dahin kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden war und somit kein Abschiebetermin festlag, am 05.08.2019 aus der Schubhaft entlassen.

1.2. Gegenständliches Verfahren:

1.2.1. Mit Schreiben seines gewillkürten Vertreters vom 28.08.2019 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 "Z" FPG.

Begründet wurde dieser Antrag damit, dass der BF bei sämtlichen fremdenpolizeilichen Verfahren mitgewirkt hätte. Er sei acht Monate in Schubhaft gewesen und die Indische Botschaft hätte kein Heimreisezertifikat für ihn ausgestellt, obwohl er selbständig mit der Botschaft Kontakt aufgenommen hätte. Es sei daher davon auszugehen, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF grundsätzlich nicht möglich sei. Seine Abschiebung sei offenbar unmöglich. Der BF hätte mehrmals Kontakt mit der Caritas Rückkehrhilfe und der Indischen Botschaft aufgenommen und werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren nicht entziehen.

1.2.2. Mit Schreiben vom 27.09.2019 wurde dem BF schriftlich Parteiengehör gewährt und die Möglichkeit eingeräumt, konkrete Fragen zu seiner Person, zu seinen Lebensumständen und zu seinem Verhalten in Österreich (etwa warum er wiederholt falsche Angaben zu seiner Person und Herkunft gemacht habe und warum er nicht bereit sei, der Behörde seine wahren Personaldaten zu nennen) zu beantworten.

1.2.3. Mit Schreiben seines Vertreters ohne Datum, beim BFA eingelangt am 14.10.2019, beantwortete der BF diese Fragen damit, dass er stets gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht und am behördlichen Verfahren mitgewirkt habe. Er habe mehrmals ein Formular für ein Heimreisezertifikat ausgefüllt und auch nach Ende der Schubhaft wieder Kontakt mit der Indischen Botschaft aufgenommen.

1.2.4. Mit Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 15.10.2019 wurde der BF, der eine Vorstrafe aufwies (Tat: 30.09.2016) wegen § 223 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB, Urkundenfälschung, Gebrauch einer falschen oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.2.5. Da der Antrag auf Duldung (siehe oben Punkt 1.2.1.) keine Angabe darüber enthalten hatte, nach welcher Ziffer des § 46a Abs. 1 FPG der Antrag gestellt werde, forderte das BFA den BF mit Schreiben ohne Datum, laut Verwaltungsakt offenbar per Mail am 05.11.2029 seinem Vertreter zugestellt, auf, dies binnen Frist bekanntzugeben.

Diese Frist lief ohne Antwort ab.

1.2.6. Mit Bescheid vom 08.11.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Z 3 FPG ab.

In der Bescheidbegründung führte das BFA aus, dass sich der BF im bisherigen Verfahren nicht kooperativ verhalten hätte. Er hätte der Behörde seine wahre Identität verschwiegen. Auf Aufforderung im PAZ Hernalser Gürtel am 18.07.2019 hätte er teilweise verweigert, entsprechende Schriftstücke zum Zweck der Ausstellung eines Heimreisezertifikates auszufüllen bzw. zu unterschreiben. Weiters hätte er dabei [Anmerkung: erstmals] angeführt, dass er Staatsbürger von Pakistan sei, um seine Identität erneut zu verschleiern.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Duldung lägen daher nicht vor.

1.2.7. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schreiben seines nunmehrigen gewillkürten Vertreters vom 26.11.2019 fristgerecht Beschwerde an das BVwG wegen "inhaltlich falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung".

In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen das Vorbringen im Antrag wiederholt. Die Identität des BF könne "somit als geklärt angesehen werden". Gegenüber der Behörde sei der BF kooperativ. Die Mutter des BF stamme aus Pakistan, er selbst aber aus Indien. Der BF sei nie gerichtlich verurteilt worden und habe sich insgesamt wohl verhalten.

Die Gründe für die Nichtausstellung eines Reisedokuments lägen nicht im Einflussbereich des BF.

Beantragt wurde, "nach mündlicher Verhandlung festzustellen, dass die Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Duldungskarte sowie die Vorschreibung von 30,- Beschwerdegebühr nicht zulässig sind; sowie festzustellen, dass die Karte für Geduldete auszustellen ist".

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten samt Vorakten des Bundesamtes und Gerichtsakten des AsylGH und des BVwG, beinhaltend insbesondere:

o Aktenteile zum Asylverfahren des BF, beendet mit Abweisung seiner Beschwerde gegen die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des AsylGH vom 13.11.2012, rechtskräftig mit 27.11.2012

o Aktenteile zum Verfahren betreffend aufenthaltsbeendende Maßnahmen (mit drei Entscheidungen des BVwG zur Schubhaft aus 2019)

o Berichte über die mehrmalige Aufnahme eines Hungerstreiks durch den BF im Stande der Schubhaft, weswegen er schließlich auch aus der Schubhaft entlassen wurde

o wiederholte niederschriftliche Einvernahmen des BF

o Schriftverkehr mit dessen Vertreter

o Strafkarte betreffend rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des BF

o den gegenständlichen Antrag, den angefochtenen Bescheid vom 08.11.2019 und die Beschwerde vom 26.11.2019

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.

3.1. Der BF, nach seinen damaligen Angaben ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr schlepperunterstützt und irregulär nach Österreich ein und stellte am 25.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 02.09.2011, Zahl 11 09. 485-BAT, wies das BAA diesen Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab und verband die Entscheidung gemäß § 10 AsylG mit einer Ausweisung des BF nach Indien.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der Asylgerichtshof (in der Folge AsylGH) mit Erkenntnis vom 13.11.2012, Zahl C11 421.393-1/2011/16E, als unbegründet ab.

Die Entscheidung erwuchs am 27.11.2012 in Rechtskraft.

3.2. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung in der Folge nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

3.3. Der BF wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 15.10.2019 (Vorstrafe - Tat: 30.09.2016) wegen § 223 Abs. 2 StGB (Urkundenfälschung, Gebrauch einer falschen oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

3.4. Der BF befand sich im Verfahren betreffend aufenthaltsbeendende Maßnahmen in den Jahren 2018 und 2019 nach ca. zwei Monaten Verwaltungsstrafhaft mehr als fünf Monate lang in Schubhaft. Die Schubhaft bzw. deren Fortsetzung wurde mit insgesamt drei Erkenntnissen des BVwG für rechtmäßig erklärt.

3.5. Der BF stellte am 05.09.2019 gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte.

Der BF machte im Laufe des Verfahrens keine übereinstimmenden Angaben zu seinen Personalia. Zuletzt gab er im Juli 2019 erstmals an, pakistanischer Staatsangehöriger zu sein. Er hat seine wiederholte Behauptung, er habe von sich aus Kontakt mit der Indischen Botschaft in Wien sowie mit der Rückkehrhilfe der Caritas aufgenommen, nicht belegt oder sonstwie glaubhaft gemacht.

4. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes, des Asylgerichtshofes und des BVwG.

Der BF machte im Laufe des Verfahrens keine übereinstimmenden Angaben zu seinen Personalia. Zuletzt gab er im Juli 2019 erstmals an, pakistanischer Staatsangehöriger zu sein.

Wie das BFA ausgeführt hat, ist die persönliche Glaubwürdigkeit des BF nicht gegeben. Er hat seine wiederholte Behauptung, er habe von sich aus Kontakt mit der Indischen Botschaft in Wien sowie mit der Rückkehrhilfe der Caritas aufgenommen, nicht belegt oder sonstwie glaubhaft gemacht. Er hat keinerlei Bestätigung dafür, dass er sich erfolglos bei der Indischen Botschaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte, vorgelegt und auch keine zeugenschaftliche Aussage dafür vorgelegt oder angeboten. Darüber hinaus erscheint die persönliche Glaubwürdigkeit des BF auch wegen seiner Angaben zu seinem Verhalten nicht gegeben (er gab an, er sei nie strafgerichtlich verurteilt worden und habe nichts falsch gemacht - dementgegen wurde über ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Monaten wegen Urkundenfälschung verhängt und hat er zwei Monate in Verwaltungsstrafhaft verbracht). Der BF ist wiederholt in Hungerstreik getreten und hat zuletzt seine Entlassung aus der Schubhaft mittels eines Hungerstreiks erzwungen.

5. Rechtliche Beurteilung:

5.1. Anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

5.2. Rechtlich folgt daraus:

5.2.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 26.11.2019 beim BFA eingebracht und ist beim BVwG am 02.12.2019 eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchteil A):

Das BVwG hat der Entscheidung die Sach- und Rechtslage zugrundezulegen, die es zum Entscheidungszeitpunkt vorfindet (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof - VwGH 30.01.2007, 2006/18/0414; VwGH 11.12.2009, 2006/10/0146, oder VwGH 27.09.2005, 2002/01/0206), soweit nicht auf Grund von Übergangsbestimmungen ein Rückgriff auf eine frühere Rechtslage angeordnet wird.

5.2.2. Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

Gemäß § 46a Abs. 3 FPG liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Gemäß § 46a Abs. 4 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

Der BF stützt seinen Antrag im gegenständlichen Fall - inhaltlich - darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen im Sinne von § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheine, wenngleich er die von ihm geltend gemachte Ziffer im Antrag nicht angegeben hat und sie auch auf Aufforderung um Ergänzung innerhalb gewährter Nachfrist nicht genannt hat.

Das mit 01.11.2017 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2017 und die darin enthaltenen Bestimmungen des § 46 FPG setzen es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.

Der BF hat im gegenständlichen Verfahren zwar mehrfach angegeben, die Indische Botschaft erfolglos um die Ausstellung eines Reisepasses ersucht zu haben, hat seine Behauptung aber in keiner Weise belegt. Es besteht sohin kein Nachweis darüber, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes mit der indischen Botschaft in Wien überhaupt Kontakt aufgenommen hätte.

Im Gegenteil hat er mehrmals über Aufforderung des BFA mittels Ladung und Vorführung Formulare bei der Indischen Botschaft zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ausgefüllt - wobei er sich anfangs teilweise geweigert hat -, dabei aber nicht immer übereinstimmende Angaben gemacht.

Zuletzt hat er im Gegensatz dazu im Juli 2019 überdies angegeben, dass er pakistansicher Staatsangehöriger sei.

Da der BF sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, sich um die Erlangung eines Reisedokuments bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde zu bemühen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen - und seine Mitwirkungspflichten im Verfahren mehrfach verletzt hat -, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

5.2.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Mit der Beschwerde wurde nichts weiteres Entscheidungsrelevantes vorgebracht, zumal sich aus den Behauptungen des BF kein Tatsachenvorbringen findet, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen für die Ausstellung einer Duldungskarte ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung dazu; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Duldung Glaubwürdigkeit Identität Mitwirkungspflicht Reisedokument strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W191.2226000.1.00

Im RIS seit

19.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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