TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 94/05/0214

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Helmut und der Gertraud Gabriel in Hofkirchen i.T., vertreten durch Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwalt in Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Dezember 1993, Zl. BauR - 010060/82 - 1993 Ki/En, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1.

Josef Berghuber in Hofkirchen i.T. 36,

2.

Gemeinde Hofkirchen i.T., vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte beantragte am 15. April 1991 die Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau zu seinem landwirtschaftlichen Anwesen in Form einer 41,10 m mal 15 m großen, teilweise unterkellerten Halle. Die Beschwerdeführer sind nicht unmittelbare Nachbarn, ihr Grundstück ist rund 60 m vom Baugrundstück entfernt, weshalb sie dem Bauverfahren zunächst nicht beigezogen wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0125, die Beschwerde des Erstmitbeteiligten gegen einen aufhebenden Bescheid der Vorstellungsbehörde als unbegründet ab, weil die belangte Behörde zu Recht die Parteistellung der Beschwerdeführer im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens bejaht hat. Auch bei der gegebenen Entfernung könne in Anbetracht der für das Projekt vorgesehenen Nutzung eine Belästigung nicht ausgeschlossen werden, wobei es Sache des Baubewilligungsverfahrens sein werde, klarzustellen, ob diese mögliche Beeinträchtigung der subjektiven Rechte der Beschwerdeführer tatsächlich erfolgt.

In ihrer Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 13. Mai 1991 beantragten die Beschwerdeführer die Abweisung des Baubewilligungsansuchens. Sie rügten u.a. (neben einer Fülle von Einwendungen, die ihre subjektiv-öffentlichen Rechte nicht betreffen können), daß es durch die Errichtung und Benützung des Bauwerkes zu erheblichen Staubemissionen kommen werde, die sich auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer als Immissionen niederschlagen würden. Der auf dem Baugrundstück infolge Verwendung der Halle erzeugte Lärm würde sich als unzumutbare Belästigung auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer auswirken, wobei die Hallenwand selbst als Schallreflektor wirke, sodaß der erzeugte Lärm noch verstärkt ins Wohngebiet abgestreut werde. Schließlich sei nicht auszuschließen, daß z.B. schädliche Gase und Geruchsstoffe als Emissionen durch die Verwendung der Halle erzeugt würden und auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer unzumutbare Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen hervorrufen würden. Sie seien in ihren Rechten gemäß § 23 Abs. 2 Oö Bauordnung beeinträchtigt.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 66 Abs. 2 AVG der Berufung Folge und verwies die Angelegenheit zur Durchführung einer neuerlichen Bauverhandlung an den Bürgermeister. Die Durchführung bzw. Wiederholung einer mündlichen Bauverhandlung erscheine unvermeidlich.

Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. April 1993 Folge, hob den Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurück. Tragender Grund dieser Aufhebung war, aus dem Verfahrensakt sei in keiner Weise zu ersehen, daß im gegenständlichen Fall ein Ermittlungsverfahren darüber, ob eine Vorgangsweise nach § 66 Abs. 2 AVG an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erforderlich bzw. zulässig wäre, durchgeführt worden sei. In der Bescheidbegründung fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die Berufungsbehörde auch nur in Ansätzen mit dieser Frage auseinandergesetzt habe.

Dieser Vorstellungsbescheid blieb unbekämpft.

Mit Ersatzbescheid vom 28. September 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin vom 22. August 1992 gemäß § 66 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 95 Abs. 1 der Oö Gemeindeordnung 1990 sowie aufgrund des Bescheides der belangten Behörde vom 16. April 1993 in Zusammenhang mit § 102 Abs. 5 letzter Satz der Oö Gemeindeordnung 1990 sowie aufgrund des § 50 der Oö Bauordnung 1976 insofern Folge, als die Angelegenheit zur Durchführung einer neuerlichen Bauverhandlung an den Bürgermeister verwiesen wurde. In der Begründung heißt es:

"Mit Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 16.04.1993 BauR-010060/81-1993 Ki/Lan wurde die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen, vorwiegend mit der Begründung, daß die seinerzeitige Zurückverweisung an die I. Instanz ohne Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens verfügt wurde, eine Zurückverweisung aber nur dann stattzufinden hat, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

In Befolgung der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde ist die Baubehörde II. Instanz auf Grund der Berufungsvorbringen der Ehegatten Gabriel zu diesem Ergebnis gekommen.

So bringen die Berufungswerber vor, daß die Baubehörde auf Grund des mangelhaften Antrages überhaupt kein Bauverfahren hätte einleiten dürfen, da aus den Einreichunterlagen der maßgebende Sachverhalt nicht festgestellt werden kann.

Im konkreten werfen die Berufungswerber der Baubehörde vor, daß unter anderem der Abstand zu den Nachbargrundgrenzen falsch erhoben wurde, Befund und Gutachten des technischen Sachverständigen seien unrichtig und falsch, die Traufenanhebung und Firstanhebung unrichtig angegeben ist, die Staubemmissionen die befürchtet werden nicht beurteilt wurden, auf den befürchteten Lärm nicht eingegangen bzw. die Reflektorwirkung der Hallenwand nicht berücksichtigt wurde, schädliche Gase, Geruchsstoffe als Emmissionen durch die Verwendung der Halle erzeugt werden können.

Auf Grund dieser massiven Einwendungen ohne Beurteilung durch und Beiziehung von weiteren Sachverständigen eine verläßliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht möglich erscheint.

Da die aufgezeigten Vorwürfe nicht von einem Sachverständigen alleine beurteilt werden können, erscheint eine Erörterung durch Beiziehung weiterer Sachverständiger auf einen Verhandlungstermin unumgänglich. ..."

Der Berufungsbescheid trägt unter den maschingeschriebenen Worten "Der Bürgermeister-Stellvertreter" die leserliche Unterschrift des Familiennahmes "Lachmair" und den unleserlichen Vornamen; daß der Vorname "Johann" heißt, ergibt sich für den Verwaltungsgerichtshof aus der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer.

In dieser Vorstellung brachten die Beschwerdeführer u.a. vor, der Gemeinderat habe die von den Beschwerdeführern beantragte Sachentscheidung verweigert. Er habe nicht den maßgeblichen Sachverhalt ermittelt und habe demgemäß die Verweisung der Angelegenheit an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit keinem Wort begründet. Eine Verletzung des § 18 Abs. 4 AVG wird in der Vorstellung allerdings nicht gerügt, obwohl der Vizebürgermeister J.L. in der Vorstellung mehrfach erwähnt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Der Gemeinderat habe sich nunmehr mit der Frage, ob die Durchführung bzw. Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich sei, auseinandergesetzt. Nach den der belangten Behörde vorliegenden Verfahrensunterlagen könne eine exakte Entscheidung nur nach Wiederholung der mündlichen Bauverhandlung getroffen werden. Nur im Zuge einer mündlichen Verhandlung werde es möglich sein, die umfangreichen Einwendungen der Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben durch entsprechende Sachverständigenbeweise zu überprüfen. Unter dem Aspekt der Zweckmäßigkeit wäre die Durchführung der mündlichen Verhandlung bzw. der unmittelbaren Beweisaufnahme durch die Berufungsbehörde selbst mit keiner Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinne des § 66 Abs. 3 AVG verbunden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juni 1994 ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren subjektiven Rechten auf Entscheidung durch den Gemeinderat in der Sache selbst und auf Nichterlassung einer kassatorischen Entscheidung ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dafür sowie auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen "Gesetzwidrigkeit" des Bescheidinhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Berufungsbehörde ist, gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt, an die tragenden Gründe eines aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden. Diese Bindung erstreckt sich auch auf die Aufsichtsbehörde selbst und auf den Verwaltungsgerichtshof. Sie bezieht sich sowohl auf Fragen des materiellen Rechts als auch solche des Verfahrensrechts (Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 149 ff, m. w.N.).

Tragender Grund des den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Februar 1993 aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides war, daß sich die Berufungsbehörde nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob eine Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz erforderlich bzw. zulässig wäre. Dementsprechend hätten sich auch in der Begründung jenes Bescheides keinerlei Angaben darüber, weshalb eine Wiederholung der Berufungsverhandlung unvermeidlich sei, gefunden. Die Unterlassung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens bzw. die fehlende Darlegung der Entscheidungsgründe belastete den damals bei der Vorstellungsbehörde angefochtenen Bescheid mit einer Mangelhaftigkeit. Es ist daher zu prüfen, ob diese Mängel mit dem Bescheid vom 28. September 1993 beseitigt würden.

Der Nachbar besitzt im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf, daß im Falle einer Verletzung seiner - von der Baubehörde wahrzunehmenden - Rechte eine Bewilligung nicht erteilt wird. Er ist daher in seinen subjektiven Rechten verletzt, wenn die Behörde entgegen der Vorschrift des § 66 Abs. 4 AVG nicht in der Sache selbst entscheidet, sondern gesetzwidrig gemäß § 66 Abs. 2 AVG die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zurückverweist (vgl. hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/05/0123, m.w.N.). Bei der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG kommt es nicht auf den Umfang der erforderlichen Erhebungen an, zu deren Vornahme sich die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 1 AVG der Erstbehörde bedienen kann, sondern entscheidend ist die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 544). Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für eine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen, die daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen, beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Rechtsstufe oder selbst vorzunehmen (siehe das schon zitierte Erkenntnis vom 7. November 1995, m.w.N.). Es bedarf einer Begründung, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht durch die Berufungsbehörde, sondern im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/05/0293, m.w.N.).

§ 66 AVG lautet:

"(1) Notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hat die Berufungsbehörde durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlicher Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.

(3) Die Berufungsbehörde kann jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

Anläßlich der in der Sache am 10. Mai 1991 ohne Beiziehung der Beschwerdeführer durchgeführten Verhandlung wurde die Frage der vom Vorhaben ausgehenden Emissionen wie folgt erörtert:

"Unter Rücksichtnahme auf die beabsichtigte Zweckwidmung bzw. Verwendung, insbesondere der Tatsache, daß die Baulichkeiten nicht die Errichtung einer Heizung miteinschließt, ist mit Emissionen ausgehend vom Bauvorhaben bzw. Immissionen für die Nachbarschaft in keinster Weise zu rechnen."

Es erfolgte weder eine Befundaufnahme über den Verwendungszweck der Halle, noch wurden konkrete Feststellungen darüber getroffen, welche Emissionen in welchem Ausmaß zu erwarten sind und inwiefern eine Belästigung von Nachbarn dadurch eintreten kann. Es ist jedenfalls zweckmäßig, daß das erforderliche umwelttechnische und das allenfalls erforderliche medizinische Gutachten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erstattet werden, weil bei dieser Gelegenheit auch auf die örtlichen Gegebenheiten Bedacht genommen und insbesondere die allfällige Belästigungswirkung auf das Grundstück der Beschwerdeführer geprüft werden kann. Eine Verhandlung in Anwesenheit der Sachverständigen, des Bauwerbers und der Nachbarn in Form von Rede und Gegenrede bietet die beste Gewähr dafür, daß die Vereinbarkeit des Projektes mit § 23 Abs. 2 Oö BauO 1976 umfassend geprüft werden kann. Es geht nicht darum, daß schon in einer Verhandlung erstattete Gutachten etwa aufgrund von Darlegungen in einer Berufung ergänzt werden, sondern es muß davon ausgegangen werden, daß die Frage der Beeinträchtigung durch Immissionen in der seinerzeit abgehaltenen Verhandlung überhaupt nicht erörtert wurde. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung der Berufungsbehörde teilte, es sei eine weitere Verhandlung unvermeidlich.

Dafür, daß mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Gemeinderat, also einer Kollegialbehörde, eine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinne des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre, ergeben sich weder aus den Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen irgendwelche Anhaltspunkte.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG müssen schriftliche Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. Zweck dieser Bestimmung ist es, daß für die Parteien des Verfahrens die Identität des Genehmigenden erkennbar sein muß (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1988, sowie Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, 194). Während die Beschwerdeführer anläßlich der Vorstellungserhebung die Identität des unterfertigenden Vizebürgermeisters offenbar ohne weiteres erkennen konnten, machen sie nunmehr geltend, daß die Grunderfordernisse gemäß § 18 Abs. 4 AVG nicht vorlägen, weil die Unterschrift dessen fehle, der die Erledigung genehmigt habe.

Die belangte Behörde konnte im angefochtenen Bescheid darauf nicht eingehen, zumal die im Gemeindeakt befindliche Urschrift - neben der Funktionsbezeichnung - sehr wohl eine leserliche Unterschrift enthält.

Nach den Angaben der belangten Behörde in der Gegenschrift ist auf den zugestellten Ausfertigungen der Name des Genehmigenden und der Beglaubigungsvermerk der Kanzlei mit eigenhändiger Unterschrift des Beglaubigenden angebracht. Diesen Ausführungen in der Gegenschrift haben die Beschwerdeführer weder widersprochen, noch eine Ausfertigung des ihnen übermittelten Berufungsbescheides vorgelegt. Für den Verwaltungsgerichtshof ergibt sich daher kein Anhaltspunkt, daß der Berufungsbescheid insoferne nicht der Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG nicht entsprochen hätte.

Schließlich ergibt sich aus dem oben dargelegten Spruch des Berufungsbescheides vom 28. September 1993 unzweifelhaft, daß damit der Bescheid des Bürgermeisters vom 13. Mai 1991 behoben wurde; es kann keine Rede davon sein, daß über die Berufung nicht bzw. nicht vollständig entschieden worden wäre.

Somit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung KassationNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994050214.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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