TE Bvwg Beschluss 2019/12/2 W233 2202150-1

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Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W233 2202150-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschießt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, gegen das als Bescheid bezeichnete Dokument des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zahl 54424003-161549990, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 16.11.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 3).

Mit Schriftsatz vom 27.08.2018 beauftragte die Beschwerdeführerin die Rechtsanwälte Mag. Bischof und Mag. Lepschi, in 1090 Wien, mit ihrer Vertretung (AS 89 f).

Im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt bestätigte die Beschwerdeführerin, dass sie im laufenden Asylverfahren von Rechtsanwalt Mag. Lepschi vertreten wird und ihm auch eine Zustellvollmacht erteilt hat (AS 121).

Mit dem im Spruch näher umschriebenen Dokument wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (AS 181 ff).

Die Zustellverfügung dieses als Bescheid bezeichneten Dokuments richtet sich an die Beschwerdeführerin und nicht an ihren gewillkürten Vertreter (AS 234).

Das als Bescheid bezeichnete Dokument wurde nicht rechtswirksam zugestellt, da dieses Schriftstück ausschließlich an die Beschwerdeführerin persönlich durch Hinterlegung und nicht an ihren Rechtsvertreter zugestellt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz ergibt sich aus dem diesbezüglich unstrittigen Akteninhalt.

Die Feststellung, dass die Rechtsanwälte Mag. Bischof und Mag. Lepschi mit der Vertretung der Beschwerdeführerin beauftragt worden sind, stützt sich auf den in Akt einliegenden anwaltlichen Schriftsatz vom 27.03.2018.

Die Feststellung über die auf der Zustellverfügung namentlich genannte Beschwerdeführerin ergibt sich aus dieser Zustellverfügung selbst.

Die über Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Zustellnachweises des angefochtenen Bescheids vom Bundesamt mit Schreiben vom 28.11.2019 abgegeben Erklärung, dass die Zustellung an den gewillkürten Vertreter der Beschwerdeführerin deshalb unterblieben sei, da der Vertretungsbekanntgabe keine Zustellvollmacht zu entnehmen wäre, ist nicht geeignet eine rechtswirksame Zustellung an die Beschwerdeführerin zu begründen. Dies allein schon deshalb, da auch im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz des Ehemanns der Beschwerdeführerin (siehe das Verfahren des Bundesamtes zur Zahl 1189369403 - 180409639) dieser dem Bundesamt mit Schreiben vom 28.06.2018 bekanntgab, dass er die Rechtsanwälte Mag. Bischhof und Mag. Lepschi mit seiner Vertretung beauftragt habe, wobei diese Vollmacht den selben Wortlaut wie jene der Beschwerdeführerin aufweist. Im Verfahren des Ehemanns hat die belangte Behörde jedoch den Bescheid über seinen Antrag auf internationalen Schutz am 18.07.1018 an seine gewillkürte Vertretung rechtswirksam zugestellt. Warum die belangte Behörde die rechtswirksame Zustellung an die Beschwerdeführerin unterlassen hat, ist somit für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, 2014, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).

Grundsätzlich hat eine Bevollmächtigung in dem Verfahren, in dem der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist, verfahrensrechtliche Wirkungen (VwGH 29.05.2013, 2011/22/0130).

Eine allgemeine Vertretungsvollmacht schließt die Zustellungsbevollmächtigung im Allgemeinen ein (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, 2014, Rz 202/1). Dass der in Rede stehenden Vollmacht, wie von der belangten Behörde mit Schreiben vom 28.11.2019 behauptet, eine Zustellvollmacht nicht zu entnehmen wäre, ist diesem Vollmachtschreiben jedoch nicht zu entnehmen, da es sich um eine allgemeine Vertretungsmacht handelt. Zudem hat die Beschwerdeführerin die Frage des Bundesamtes, ob sie auch eine Zustellvollmacht erteilt habe, ausdrücklich bejaht.

Da in der gegenständlichen Zustellverfügung die Beschwerdeführerin anstelle ihrer Rechtsvertretung als Adressatin der Entscheidung des Bundesamtes angeführt ist, kann diese Art der Zustellung nicht als wirksame Zustellung angesehen werden, da dem Rechtsvertreter das Dokument nach der Aktenlage nicht zugekommen ist; aus den Angaben der belangten Behörde ergibt sich auch, dass offensichtlich nicht einmal versucht wurde, dem Rechtsvertreter selbst zuzustellen ("[...] [Es] wird mitgeteilt, dass seitens von RA Mag. Bischof & Mag. Lepschi eine Vertretungsbekanntgabe [...] erfolgte, jedoch keine Zustellvollmacht ersichtlich ist. Aus diesem Grund wurde [...] der Bescheid nur an die oa. Fremde zugestellt.").

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde - sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - diese Person (in der Zustellverfügung) als Empfänger zu bezeichnen. Eine Zustellung an den Vertretenen ist unwirksam (§ 9 Abs. 3 ZustG) ((Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, 2014, Rz 203). Deshalb vermag die entsprechend der Zustellverfügung erfolgende persönliche Zustellung an die Beschwerdeführerin anstelle ihrer Rechtsvertretung keine Rechtswirkungen entfalten.

Wenn ein unzutreffender Empfänger in der Zustellverfügung genannt wird, so liegt kein Fall vor, bei dem im Sinne des § 7 ZustG durch das tatsächliche Zukommen des Dokumentes an den Empfänger eine Heilung eines Zustellmangels und damit eine wirksame Zustellung erfolgen könnte (VwGH 23.11.2016, Ra 2015/05/0092; VwGH 20.03.2018, Ro 2017/05/0015).

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Kenntnisnahme von einem Bescheid im Zuge einer Akteneinsicht durch einen Parteienvertreter bzw. der Umstand, dass diesem tatsächlich eine Kopie eines Bescheides zukommt, der im Original nicht dem im Verfahren ausgewiesenen Vertreter der Partei sondern der Partei selbst zugestellt wurde, den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen (vgl VwGH vom 30. September 1999, 99/02/0102, vom 12. April 1999, 98/11/0289, und vom 27. Mai 1999, 99/02/0083).

Genau dies ist gegenständlich der Fall: Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nur der Beschwerdeführerin als Vertretene zugestellt. Ihrer gewillkürten Vertretung ist bloß eine Kopie dieses Bescheides zugegangen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

behördliche Verständigung Bescheid Kopierakt Verfahrensmangel Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W233.2202150.1.00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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