TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/4 W233 2118322-2

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W233 2118325-2/4E

W233 2118322-2/4E

W233 2118321-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan und 3.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 31.10.2019, Zahl: 831253209 - 190517676 (ad 1.), Zahl: 831253307 - 190517153 (ad 2.) und Zahl: 831253405 - 190517706 (ad 3.) zu Recht:

A) Den Beschwerden wird Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Mandatsbescheiden vom jeweils 21.05.2019 hat die belangte Behörden den Beschwerdeführern gegenüber festgestellt, dass die Voraussetzung des § 12a Abs. 4 Z 2 AsylG 2005 nicht vorliegen und erkannt, dass ihnen daher der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt wird.

Diese Mandatsbescheide wurden dem gewillkürten Vertreter aller drei Beschwerdefüher am 23.05.2019 rechtswirksam zugestellt.

I.2. Mit Schriftsatz vom 05.06.2019 haben die gewillkürt vertretenen Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Vorstellung gegen diese Mandatsbescheide an die belangte Behörde eingebracht.

I.3. Am 18.06.2019 hielt ein Organwalter der belangten Behörde in einem Aktenvermerk vom 18.06.2019 rückwirkend fest, dass das Ermittlungsverfahren am 06.06.2019 eingeleitete worden sei.

I. 4. Mit Schriftsatz vom 26.06.2019 wurden den gewillkürt vertretenen Beschwerdeführern das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan vom 23.11.2018 zur Abgaben einer Stellungnahme übermittelt. Dieser Schriftsatz ist den Beschwerdeführern am 28.06.2018 rechtswirksam zugestellt worden.

I.5. Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge.

I.6. Gegen diese Bescheide erhoben die gewillkürt vertretenen Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Gegen die Mandatsbescheide vom 21.05.2019, mit denen den Beschwerdeführern der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt worden ist, ist am 05.06.2019 eine Vorstellung erhoben worden. Das Rechtsmittel der Vorstellungen ist noch am 05.06.2019 bei der belangten Behörde eingegangen.

Die belangte Behörde hat innerhalb der Frist von zwei Wochen ab dem Einlagen der Vorstellung am 05.06.2019 keine Schritte zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens iSv § 37 AVG gesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Beschwerdeführer, aus welchen auch keine Hinweise auf die Einleitung von Ermittlungsschritten nach Einlangung der Vorstellung ablesbar sind. Im Besonderen stellt der im Akt der Erstbeschwerdeführerin einliegende Aktenvermerk vom 18.06.2019, womit rückwirkend von der belangten Behörde festgestellt wird, dass bereits am 06.06.2019 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre, keine rechtswirksame Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dar.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

1.1. § 57 AVG lautet:

"(1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen."

Ist ein Bescheid gemäß § 57 Abs. 3 erster Satz AVG von Gesetzes wegen außer Kraft getreten, so darf die Behörde bei sonstiger Unzuständigkeit nicht dahin entscheiden, dass der Spruch dieses Bescheides in bestimmter Weise (in Erledigung einer Vorstellung) abgeändert oder bestätigt werde (VwGH 20.10.1992, 92/11/0092, mwN).

Genau dies hat die belangte Behörde im Fall der Beschwerdefüher durch die Erlassung der nunmehr angefochtenen Bescheide getan.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinn des § 57 Abs. 3 AVG eine bestimmte Art von Ermittlungen oder eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie sich nach der Erhebung der Vorstellung durch die Anordnung von Ermittlungen mit der Angelegenheit befasst, die den Gegenstand des Mandatsbescheides bildet (VwGH 16.12.2014, Ro 2014/16/0075, mwN). Dies kann auch durch einen rein innerbehördlichen Vorgang erfüllt werden, so auch durch eine Anfrage an eine andere Abteilung derselben Behörde (VwGH 11.3.2016, Ra 2016/11/0025), allenfalls auch die Wiederholung von Ermittlungsschritten (VwGH 1.10.1991, 91/11/0058). Das Ermittlungsverfahren kann auch die Frage der Rechtzeitigkeit der Vorstellung betreffen (VwGH 16.12.2014, Ro 2014/16/0075, mwN). Auch ein Ersuchen um Übersendung des Gerichtsaktes, das den Gegenstand des Mandatsbescheides betrifft, kann ein Ermittlungsschritt sein, der die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bewirkt (VwGH 16.12.2014, Ro 2014/16/0075, mwN).

In allen drei vorliegenden Fällen ist nicht aktenkundig, dass sich die belangte Behörde, nachdem die Vorstellung am 05.06.2019 bei ihr eingelangt war, innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 57 Abs. 3 AVG mit der Angelegenheit befasst hätte, die Gegenstand des Mandatsbescheides war, indem sie im Sinne der Rechtsprechung Ermittlungen angeordnet oder durchgeführt hätte. Aus dem Inhalt der Verwaltungsakte geht keine derartige Tätigkeit der Behörde hervor. Die Abfassung eines Aktenvermerks am 18.06.2019, mit dem rückwirkend festgehalten wird, dass am 06.06.2019 ein solches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre, kann vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als ein solcher Ermittlungsschritt iSd § 57 Abs. 3 AVG angesehen werden, weil dieser Aktenvermerk weder der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes diente noch etwa der Partei ermöglichte, ihre Rechte oder rechtlichen Interessen geltend zu machen (vgl. VwSlg. 14.146 A/1994). Die belangte Behörde hat daher in den Fällen der Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren iSd § 57 Abs. 3 AVG nicht eingeleitet.

Somit sind die Mandatsbescheide am 19.06.2019 von Gesetzes wegen außer Kraft getreten. Daran ändert auch nichts, dass die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 26.06.2019 den gewillkürt vetretenen Beschwerdeführern Parteingehör einräumte, da dieser Ermittlungsschritt in ihren Verfahren nach Ablauf der Frist von zwei Wochen nach Einlangung ihrer Vorstellungen und somit verspätet gesetzt worden ist.

Damit war war die belangte Behörde, als sie die nunmehr angefochtenen Bescheide erließ, zur Entscheidung im Verfahren über die einzelnen Vorstellungen nicht mehr zuständig. Sie hätte somit nicht mehr im Vorstellungsverfahren entscheiden und die außer Kraft getretenen Mandatsbescheide nicht bestätigen dürfen.

Da die angefochtene Bescheide aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet sind, sind sie aufzuheben.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Sie kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht.

Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben, da der Sachverhalt feststeht, eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine Verhandlung nicht zu erwarten ist und dem auch die oben genannten Vorschriften nicht entgegenstehen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung faktischer Abschiebeschutz Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W233.2118322.2.00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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