TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/21 96/03/0178

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Veröffentlicht am 21.01.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §19 Abs1;
AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §64a Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VStG §51 Abs1;
ZustG §9 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/03/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerden des H, vertreten durch Dr. Günther Retter, Rechtsanwalt in Mödling, Enzersdorferstraße 6, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg 1. vom 11. Oktober 1995, Zlen. UVS-3/2793/3-1995, UVS-7/432/3-1995, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 (hg. Zl. 96/03/0178) und 2. vom 18. April 1996, Zl. UVS-3/4139/1-1996, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einem Verfahren betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (hg. Zl. 96/03/0179), zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der zu 1. angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 1995 wird, soweit er sich auf Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 2. Feber 1995 bezieht (Übertretung gemäß § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967), einschließlich der Vorschreibung der diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Im übrigen wird der zu 1. angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund und das Land Salzburg sind schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Die Beschwerde gegen den zu 2. angefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen zu 1. angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 12. Juni 1994 um

22.30 Uhr in Salzburg an einer näher bezeichneten Örtlichkeit ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug a) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von über 0,4 mg/l (Ergebnis der Alkomatprobe 0,52 mg/l) gelenkt, b) den Führerschein nicht mitgeführt. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu a) gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 und zu b) gemäß § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen zu a) in der Höhe von S 10.000,-- und zu b) in der Höhe von S 300,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Mit dem zu 2. angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. April 1996 wies diese den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Termines zur Teilnahme an der am 11. Oktober 1995, 08.00 Uhr, in Salzburg stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 iVm § 72 Abs. 4 AVG sowie § 24 VStG ab.

Gegen diese Bescheide richten sich die gegenständlichen Beschwerden, mit denen der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat (zu 96/03/0178) die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und beantragt in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und darüber in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gegen das Straferkenntnis erster Instanz der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 2. Februar 1995 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. Februar 1995, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien I, Ebendorferstraße 3, welcher sich auf eine ihm erteilte Vollmacht berief, Berufung, welche am 24. Februar 1995 bei der Erstbehörde einlangte. Mit Schreiben vom 28. Februar 1995 legte diese die Berufung der belangten Behörde zur Entscheidung vor, wo sie am 7. März 1995 einlangte. Mit Schreiben vom 16. August 1995 teilte der nunmehrige Beschwerdevertreter, Dr. Günther Retter, Rechtsanwalt in Mödling, mit an die Erstbehörde gerichtetem Schriftsatz mit, daß das Vollmachtsverhältnis mit Rechtsanwalt Dr. Karl Schön aufgelöst worden sei und der Beschwerdeführer nunmehr Rechtsanwalt Dr. Retter mit seiner Rechtsvertretung beauftragt und bevollmächtigt habe, und ersucht werde, das Bevollmächtigungsverhältnis zur Kenntnis zu nehmen und sämtliche Zustellungen an den nunmehrigen Rechtsvertreter vorzunehmen. Dieser Schriftsatz wurde am 16. August 1995 an die Erstbehörde adressiert zur Post gegeben.

Mit Verfügung vom 13. September 1995 beraumte die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung für Mittwoch, den 11. Oktober 1995, 08.00 Uhr, an und verfügte, Rechtsanwalt Dr. Schön als Vertreter des Beschwerdeführers zu laden. Am 18. September 1995 wurde die Ladung an Rechtsanwalt Dr. Schön zugestellt. Dieser teilte mit Schriftsatz vom 18. September 1995, eingelangt am 19. September 1995, der belangten Behörde mit, daß er den Beschwerdeführer nicht vertrete und ihm auch eine Anschrift des Beschwerdeführers nicht bekannt sei. Mit Schreiben vom 21. September 1995 teilte die belangte Behörde Dr. Karl Schön mit, daß von ihrer Seite "jedenfalls von einer rechtswirksamen Zustellung der Ladung des Beschuldigten zur öffentlichen mündlichen Verhandlung - durch die Zustellung an Sie - ausgegangen" werde. Eine Ladung an Rechtsanwalt Dr. Retter erging nicht. In einem Aktenvermerk vom 11. Oktober 1995 hielt die belangte Behörde fest, daß "heute um 07.50 Uhr" Rechtsanwalt Dr. Retter angerufen und mitgeteilt habe, daß nicht mehr Dr. Schön der ausgewiesene Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sei und er zur heutigen Verhandlung nicht erscheinen könne, da ihm sein Mandant erst gestern mitgeteilt habe, daß heute eine Verhandlung stattfinden würde. Der Beschwerdevertreter teilte hiebei der belangten Behörde mit, daß der Beschwerdeführer unbedingt persönlich einvernommen werden müsse und aus diesem Grund auch ein Dolmetscher für die persische Sprache erforderlich wäre. Die belangte Behörde führte die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 1995, von 08.00 Uhr bis 08.20 Uhr, wie anberaumt, durch, stellte fest, daß für den Beschwerdeführer niemand erschienen sei, vernahm einen Zeugen, schloß die Verhandlung und verkündete den nunmehr zu 1. angefochtenen Bescheid.

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1995, bei der belangten Behörde eingelangt am 25. Oktober 1995, beantragte der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Termines zur Teilnahme an der für den 11. Oktober 1995 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung mit der wesentlichen Begründung, daß der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 16. August 1995 schriftlich eingeschrieben bekanntgegeben habe, daß das Vollmachtsverhältnis zu Dr. Schön aufgelöst und nunmehr Rechtsanwalt Dr. Retter zum Vertreter des Beschwerdeführers bestellt worden sei, dieser keine Ladung zu der für den 11. Oktober 1995 anberaumten mündlichen Verhandlung erhalten habe und daher eine rechtswirksame Ladung des Beschwerdeführers nicht gegeben gewesen sei.

Mit dem zu 2. angefochtenen Bescheid vom 18. April 1996 wies die belangte Behörde diesen Wiedereinsetzungsantrag mit der wesentlichen Begründung ab, daß der belangten Behörde gegenüber bis ummittelbar vor der Berufungsverhandlung am 11. Oktober 1995 Dr. Schön als ausgewiesener Vertreter des Beschwerdeführers gegolten habe und die Mitteilung über einen Wechsel der Bevollmächtigung aktenkundig nachweislich der Berufungsbehörde nie zugegangen sei. Die belangte Behörde habe daher von einem aufrechten Bevollmächtigungsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Dr. Schön ausgehen müssen, welchem die Ladung zur mündlichen Verhandlung rechtmäßig zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer hätte der belangten Behörde den Wechsel der Bevollmächtigung zur Kenntnis bringen müssen, um "die diesbezüglichen rechtsrelevanten Konsequenzen" auszulösen. Durch die Mitteilung des Bevollmächtigungswechsels an die unzuständige Behörde habe er selbst die daraus für ihn erwachsenen Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen, weshalb die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen.

Zu I.:

Wenn der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 1995 zunächst vorbringt, dieser Bescheid sei nicht dem ausgewiesenen Beschwerdevertreter, sondern "direkt" dem Beschwerdeführer zugestellt worden, ist ihm zu erwidern, daß ein diesbezüglicher allfälliger Zustellmangel durch das tatsächliche Zukommen des Bescheides an den Beschwerdevertreter geheilt ist.

Insoweit die belangte Behörde mit dem zu 1. angefochtenen Bescheid über beide Spruchpunkte des Straferkenntnisses erster Instanz, also auch in Ansehung der Übertretung gemäß § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 entschieden hat, ist ihr folgendes zu entgegnen:

Die Berufung des Beschwerdeführers im hier wesentlichen

Teil lautete wie folgt:

"Berufung:

Mein Mandant hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Mein Mandant wurde, nachdem er ca. 45 Minuten in einer Bar aufhältig war und alkoholische Getränke konsumiert hat, beim Verlassen der Bar, ohne daß er beabsichtigte, ein Auto zu lenken, von Polizeibeamten ins Kommissariat gebracht.

Der Alkotest ergab unterschiedliche Ergebnisse, mein Mandant wurde nicht zur Blutabnahme aufgefordert.

Mein Mandant hat jedenfalls niemals im alkoholisierten Zustand einen Pkw gelenkt."

Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht diese eingeschränkte Anfechtung des Straferkenntnisses erster Instanz nicht berücksichtigt und dem Beschwerdeführer auch diesbezügliche einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorgeschrieben. Die beiden Spruchpunkte des Straferkenntnisses erster Instanz sind voneinander trennbar. Gegen Spruchpunkt b) richtete sich die Berufung des Beschwerdeführers nicht. Auf Grund der derart auf Spruchpunkt a) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingeschränkten Berufung fehlte es der belangten Behörde an der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Spruchpunkt b) einschließlich der diesbezüglich erfolgten Vorschreibung der Kosten des Berufungsverfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0019, mit weiterem Judikaturhinweis), weshalb der angefochtene Bescheid im angeführten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestrafung wegen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 richtet, ist folgendes zu erwägen:

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer seine Berufung vom 22. Feber 1995, vertreten durch seinen damaligen Rechtsvertreter Dr. Karl Schön, am 24. Feber 1995 bei der Erstbehörde, der Bundespolizeidirektion Salzburg, einreichte. Diese legte sie mit Schreiben vom 28. Feber 1995, bei der belangten Behörde eingelangt am 7. März 1995, zur Entscheidung vor. Die Mitteilung des Beschwerdeführers vom 16. August 1995, daß nicht mehr Dr. Karl Schön, sondern Dr. Günter Retter ihn vertrete, wurde vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. August 1995 an die Erstbehörde, nicht jedoch an die belangte Behörde übermittelt.

Dem Verwaltungsverfahren bzw. Verwaltungsstrafverfahren wohnt der Grundsatz inne, daß die Partei ihr "Anbringen" gemäß § 13 AVG an die zuständige Behörde zu richten hat (§§ 1 und 6 AVG iVm § 24 VStG). Berufungsbehörde und damit zuständige Behörde im Berufungsverfahren ist gemäß § 51 VStG der jeweilige unabhängige Verwaltungssenat. Daraus folgt, daß grundsätzlich - unbeschadet § 63 Abs. 5 AVG - jedes Anbringen der Partei im Berufungsverfahren betreffend Verwaltungsstrafsachen an den betreffenden unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde zu richten ist, wobei aber zu beachten ist, daß nach § 63 Abs. 5 AVG idF vor der Novelle 1995 (welche am 1. Juli 1995 in Kraft getreten ist; die gegenständliche Berufung wurde am 24. Feber 1995 bei der Erstbehörde eingebracht) der Berufungswerber die Wahlmöglichkeit hatte, die Berufung selbst sowohl bei der Erstbehörde als auch bei der Berufungsbehörde einzubringen. Welche Behörde die für Anbringen der Partei zuständige Behörde vor dem Ablauf der in § 64a AVG genannten Frist zur Erledigung durch Berufungsvorentscheidung ist, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Bekanntgabe des Vollmachtswechsels jedenfals erst nach Ablauf dieser Frist erfolgte.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß die Einbringung der Bekanntgabe des Vollmachtswechsels - ausschließlich - bei der Behörde erster Instanz (rund sechs Monate nach Einbringung der Berufung) nicht hinreichte, sondern die Erstbehörde für die Einbringung der Bekanntgabe des Vollmachtswechsels die unzuständige Behörde war. Wenn der Beschwerdeführer rügt, daß die Erstbehörde die Bekanntgabe des Vollmachtswechsels nicht an die belangte Behörde weiterreichte und damit die Bestimmung des § 6 Abs. 1 AVG ins Treffen führt, ist daraus für ihn nichts gewonnen, weil er die durch sein Anbringen bei der unzuständigen Behörde erwachsenen rechtlichen Nachteile selbst zu tragen hat (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 zu § 6 AVG auf Seite 94 angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Daraus folgt, daß die an den Beschwerdeführer zu Handen des vor der belangten Behörde ausgewiesenen Rechtsvertreters ergangene Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 1995 rechtmäßig erfolgte und daher auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfahrensmangel nicht gegeben ist.

In der Sache selbst ist der belangten Behörde jedoch zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer in der Berufung den ihm zur Last gelegten Sachverhalt bestritten und insbesondere vorgebracht hat, daß er nicht im alkoholisierten Zustand einen Pkw gelenkt, sondern nach dem Lenken des Kraftfahrzeuges Alkohol zu sich genommen habe. Bereits im Strafverfahren erster Instanz hatte er anläßlich seiner Einvernahme vom 13. Oktober 1994 diesbezüglich die Behauptung aufgestellt, "zwei Viertel Liter Wein" konsumiert zu haben, während in der Anzeige davon die Rede ist, er habe "ein Bier" konsumiert. Die belangte Behörde hat sich mit der Nachtrunkverantwortung des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt. Die Feststellung, der Beschwerdeführer habe angegeben, "unmittelbar" vor Beginn der Amtshandlung sein Fahrzeug an den Tatort gelenkt zu haben, ist nicht schlüssig begründet, weil er - wie die Behörde selbst erwähnte - von einem diesbezüglichen Zeitraum von

"ca. 15 Minuten" sprach.

Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der zu 1. angefochtene Bescheid im übrigen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Zu II.:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG in Verbindung mit § 24 VStG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Beschwerdeführer stützte sich in seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 24. Oktober 1995 im wesentlichen darauf, daß weder an ihn selbst (den "Einschreiter") noch an den "ausgewiesenen Rechtsvertreter" (den nunmehrigen Beschwerdevertreter) eine Ladung zu der für 11. Oktober 1995 anberaumten mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde erfolgt sei.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist setzt voraus, daß die Frist gegenüber der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, zu laufen begonnen hat, sodaß eine Säumnis dann nicht eintreten kann, wenn mangels Zustellung des die Frist auslösenden Aktes eine Frist gar nicht zu laufen begonnen hat. Auch eine Versäumung einer mündlichen Verhandlung kann nicht eintreten, wenn eine Partei hiezu nicht geladen worden ist, weil die Partei in diesem Fall nicht säumig geworden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Feber 1981, Zlen. 81/05/0013, 0014, mit weiterem Judikaturhinweis). Die Behauptung der nicht ordnungsgemäßen bzw. überhaupt nicht erfolgten Ladung - an diesen Wiedereinsetzungsgrund blieb der Beschwerdeführer gebunden, sodaß die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in diesem Rahmen zu prüfen waren (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seite 681 zitierte hg. Rechtsprechung) - vermag somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Verhandlung nicht zu rechtfertigen. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben.

Eine Rechtswidrigkeit des zu 2. angefochtenen Bescheides kann daher nicht erkannt werden, die dagegen erhobene Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den von der belangten Behörde (auch) hier geltendgemachten Vorlageaufwand, der nur im Verfahren zur hg. Zl. 96/03/0178 erwachsen ist, zu welchem die Verwaltungsstrafakten vorgelegt wurden.

Schlagworte

Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Ende Vertretungsbefugnis Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996030178.X00

Im RIS seit

20.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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