TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/21 97/09/0300

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Veröffentlicht am 21.01.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §20a;
AuslBG §20b Abs3;
AuslBG §4 Abs7;
AuslBG;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Hans SVERAK Kfz-Reparatur und Handelsgesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 5. August 1997, Zl. 10/13113/1653659/1997, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 27. November 1996 beim Arbeitsmarktservice

Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "jugoslawischen" Staatsangehörigen Ivica Milovanovic für die berufliche Tätigkeit als "Handelsarbeiter mit teilweisem Verkauf".

Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien mit Bescheid vom 21. Jänner 1997 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997, BGBl. Nr. 646/1996, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, die Behörde habe erhebliche Verfahrensfehler begangen und kein Ersatzkraftstellungsverfahren (im Sinne von § 4 Abs. 1 AuslBG) durchgeführt. Die beantragte ausländische Arbeitskraft werde zur Durchführung bereits übernommener Aufträge dringend benötigt. Der beantragte Ausländer habe die Schule bis zum erfolgreichen Abschluß der Reifeprüfung in Wien absolviert; er sei daher "im Bundesgebiet voll integriert". Des weiteren besitze der beantragte Ausländer einen unbefristeten Sichtvermerk und sei zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Mit (dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei am 7. August 1997 zugestellten) Schreiben vom 14. Juli 1997 gewährte die belangte Behörde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör. Im Rahmen dieses Vorhaltes wurde die beschwerdeführende Partei von der Überschreitung der für das Kalenderjahr 1997 festgesetzten Bundeshöchstzahl, die zur Anwendung kommenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG und die im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren in Kenntnis gesetzt.

Die beschwerdeführende Partei ließ die ihr eingeräumte Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen und erstattete kein Vorbringen zu diesem Vorhalt der belangten Behörde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. August 1997 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG und in Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 246) seien nach der Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Stichtag Ende Juni 1997 bereits 268 786 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten. Es sei festgestellt worden, daß die beantragte ausländische Arbeitskraft nicht bereits aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG unselbständig beschäftigt sei, daß diese keinen Arbeitslosengeldanspruch habe, und daß für diese auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft hätte eine weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 zur Folge. Auf die beantragte ausländische Arbeitskraft würden auch nicht die Voraussetzungen für eine Überziehung der Bundeshöchstzahl nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BGBl Nr. 278/1995) zutreffen. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Sie bringt dazu im wesentlichen vor, der beantragte Ausländer sei beim "Hauptverband der ö.SV-Träger" versichert und besitze über seinen leiblichen Vater "Anspruch auf sozialversicherungsrechtliche Leistungen"; des weiteren sei ihm ein unbefristet wirksamer "WE-SV" erteilt worden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft werde zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes sowie der Durchführung bereits übernommener Aufträge benötigt. Es sei nicht erklärlich, aus welchem Grund "die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes" die beantragte Beschäftigung nicht zulasse. Die belangte Behörde habe ihr keine qualifizierten Ersatzkräfte zugewiesen. Am 16. April 1997 sei eine Bescheinigung gemäß § 20b AuslBG ausgestellt worden. Für diese Bescheinigung sei die Bundeshöchstzahl kein rechtliches Kriterium. Aufgrund dieser Bescheinigung hätte die belangte Behörde die beantragte Beschäftigungsbewilligung auch ohne Berücksichtigung der Bundeshöchstzahl erteilen müssen.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl Nr. 257/1995 (i.V.m. § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl Nr. 646/1996 und BGBl Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. cit. nicht erfüllt, dann kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen - wie etwa des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG - die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würden (vgl. in dieser Hinsicht die hg. Erkenntnisse vom 26. September 1996, Zl. 96/09/0269, und vom 19. November 1996, Zl. 96/09/0306, m. w.N.).

Soweit sich die Beschwerde mit dem Vorliegen eines rechtmäßigen Aufenthaltes der beantragten ausländischen Arbeitskraft im Bundesgebiet und dem Erfordernis eines Ersatzkraftstellungsverfahrens im Sinne von § 4 Abs. 1 AuslBG auseinandersetzt, gehen diese Beschwerdeausführungen - abgesehen davon, daß die Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG von der belangten Behörde nicht angewendet wurden - demnach an dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG vorbei.

Insoweit die beschwerdeführende Partei erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet, der beantragte Ausländer sei beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger versichert bzw. er besitze über seinen Vater Anspruch auf "sozialversicherungsrechtliche Leistungen", stellt dieses Vorbringen - abgesehen davon, daß diesem Vorbringen nicht zwingend zu entnehmen ist, daß der beantragte Ausländer deshalb notwendigerweise Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat - lediglich eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 VwGG) dar. Die beschwerdeführende Partei hat im Verwaltungsverfahren die Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 und die ihr im Rahmen des behördlichen Vorhaltes vom 14. Juli 1997 bekanntgegebenen Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG nicht in Zweifel gezogen. Solcherart durfte die belangte Behörde aber zu Recht davon ausgehen, daß die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung - im Hinblick auf die damit verbundene weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 - im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren zu prüfen war (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0092).

Die beschwerdeführende Partei hat trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren nicht behauptet (noch viel weniger nachgewiesen), daß an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein gesamtwirtschaftliches Interesse bestünde, oder inwieweit die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchtszahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV; BGBl. Nr. 278/1995) in anderer Weise erfüllt seien. Das Vorbringen, der beantragte Ausländer werde für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes sowie für die Durchführung übernommener Aufträge dringend benötigt, reicht in dieser Hinsicht nicht aus; den behördlichen Vorhalt vom 14. Juli 1997 ließ die beschwerdeführende Partei unbeantwortet. Aber auch in der Beschwerde wird kein Sachverhalt dargetan, der im Bundeshöchtszahlenüberziehungsverfahren in Betracht kommen könnte. Solcherart sind auch die Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 (lit. a) der BHZÜV nicht erfüllt (vgl. hierzu auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0159 und die darin angegebene Vorjudikatur).

Insoweit die beschwerdeführende Partei meint, die von ihr erlangte vorläufige Berechtigung zur Beschäftigungsaufnahme nach § 20b Abs. 1 AuslBG und die über diese Voraussetzungen ausgestellte Bescheinigung (§ 20b Abs. 2 AuslBG) führe dazu, daß ihr die beantragte Beschäftigungsbewilligung deshalb ohne Beachtung der Bewilligungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 7 AuslBG hätte erteilt werden müssen, verkennt sie die Rechtslage. Für eine derartige Vorgangsweise der Behörde besteht im AuslBG keine Grundlage. Die ausschließlich an die Nichteinhaltung der gesetzlichen Entscheidungsfrist (§ 20a AuslBG) - und somit nicht an eine inhaltliche Prüfung des Ansuchens, ein Tätigwerden oder eine Bestätigung der Behörde - geknüpfte Rechtsfolge der vorläufigen Berechtigung zur Beschäftigungsaufnahme (§ 20b AuslBG) führt weder zur Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen, noch tritt dadurch eine inhaltliche Bindung der Behörde dahingehend ein, daß dieser eine Ablehnung des Antrages verwehrt wäre (vgl. § 20b Abs. 3 AuslBG).

Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte schon deshalb abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß von der mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG). Dem steht auch nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegen, weil mit verwaltungsrechtlichen Eingriffen in das Recht, Ausländer zu beschäftigen, "civil rights" nicht verletzt würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0326, und die darin angegebene weitere Judikatur).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997090300.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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