TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/11 VGW-051/073/4182/2019

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

FPG §70
FPG §120
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Frank über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der LPD Wien, Abteilung Fremdenpolizei u. Anhaltevollzug, AFA Referat 2 - Fremdenpolizei, vom 07.02.2019, Zl. VStV/..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG),

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 100 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Dem Beschwerdeführer – im Folgenden: Bf - wurde mit angefochtenem Straferkenntnis zur Last gelegt, er sei als Fremder (§ 2 Abs. 4 1 FPG) nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach Eintritt der Durchsetzbarkeit nicht rechtzeitig aus dem Bundesgebiet ausgereist und habe sich am 26.2.2018 um 20:30 Uhr in Wien, C.-gasse noch unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,--, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage 4 Stunden, verhängt.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Durchsetzung des gegen den Bf verhängten Aufenthaltsverbotes sei wegen der Verhängung einer Freiheitsstrafe sowie eines Strafaufschubes verboten. Der Bf habe sich von seiner drogenabhängigen Frau scheiden lassen. Er habe sich allen gesundheitsbezogenen Weisungen unterzogen, weshalb mit Beschluss des LG für Strafsachen Wien vom 2.10.2017 die endgültige Strafnachsicht erfolgt sei. Der Bf sei nicht darauf hingewiesen worden, dass sein Aufenthalt unrechtmäßig sei. Der Bf habe ein sehr gutes Verhältnis zu seiner 2012 geborenen und bei Pflegeeltern untergebrachten Tochter. Der Bf halte sich mehr als 10 Jahre in Österreich auf und habe keine Bindungen nach Bulgarien und Mazedonien. Er gehe mittlerweile einer geregelten Arbeit nach. Auch wäre das Aufenthaltsverbot mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht zu erteilen gewesen.

Beweis wurde genommen durch Einsichtnahme in den Gesamtakt sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8.10.2019, fortgesetzt am 17.12.2019.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

Der Bf ist bulgarischer Staatsangehöriger.

Der Bf wurde mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 13.4.2012 wegen Übertretungen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt und ihm gemäß § 39 SMG ein Strafaufschub bis 13.4.2014 gewährt.

Das LG für Strafsachen Wien vom hat am 2.10.2017 hinsichtlich dieser Verurteilung die endgültige Strafnachsicht wegen Ablaufes der Probezeit beschlossen.

Der Bf unterzog sich von 6.3.2012 bis zumindest April 2017 einer Drogentherapie.

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 19.8.2015 wurde der Bf wegen § 125 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.

Mit Bescheid vom 23.6.2012 wurde über den Bf ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes und bis 11.8.2022 gültiges Aufenthaltsverbot erlassen. Dieses Aufenthaltsverbot wurde nicht aufgehoben.

Der Bf hat eine am ...2012 geborene Tochter, die bei Pflegeeltern untergebracht ist. Seit Jänner 2016 hat der Bf ein Kontaktrecht zu seiner Tochter, das er einmal monatlich 2 Stunden im Rahmen begleiteter Besuche in Anspruch nimmt. Die Ausweitung des persönlichen sowie unbegleiteten Kontaktes wurde mit Schriftsatz seiner Rechtsanwältin vom 27.1.2020 beantragt, ein eigeninitiativer Antrag durch den Bf wurde nicht eingebracht. Weitere familiäre Bindungen wurden nicht vorgebracht.

Der Bf weist ab 18.9.2012 Versicherungszeiten auf. Ab 9.10.2012 war er bei wechselnden Arbeitsgebern stets kurze Zeit überwiegend geringfügig beschäftigt, unterbrochen von Arbeitslosigkeit. Seit 20.11.2014 bezieht der Bf Notstandshilfe/Überbrückungshilfe. Unterbrochen wurde dieser Bezug von kurzfristigen Beschäftigungen bei diversen Arbeitsnehmern als Arbeiter. Die Dauer betrug jeweils einen bzw. mehrere Tage. Die längsten Beschäftigungen waren von 1.7.2019 bis 4.10.2019 sowie von 23.10.2019 bis dato als geringfügig Beschäftigter.

Der Bf verfügte bis 17.3.2016 über eine Duldung nach § 46a FPG. Nach deren Ablauf bemühte er sich nicht um eine Verlängerung. Erst am 15.1.2019 wurde ein erneuter Antrag auf Duldung eingebracht, der bis dato unerledigt ist.

Vermögen ist keines vorhanden.

Deutschkenntnisse sind vorhanden, jedoch war die Durchführung der Verhandlung ohne Dolmetscher nicht möglich.

Der Bf weist in Österreich somit keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in familiärer, privater, sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht auf.

Unter Abwägung mit Art. 8 EMRK hat der Bf auch die subjektive Tatseite der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Diese Feststellungen gründen sich auf die eindeutige Aktenlage.

Rechtliche Beurteilung:

Die in diesem Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF lauten:

§ 70.

(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.

die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.

der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

§ 120.

(1) Wer als Fremder nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. Die Verwaltungsübertretung gemäß erster Satz kann durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG in der Höhe von bis zu 200 Euro geahndet werden.

(1a) Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. Die Verwaltungsübertretung gemäß erster Satz kann durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG in der Höhe von 500 Euro geahndet werden.

(1b) Wer als Fremder aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachkommt, nachdem eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden ist, und ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG in Anspruch genommen oder bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht in Anspruch genommen hat, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 5 000 bis 15 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmens möglich ist.

(1c) Wer als Fremder

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

entgegen einem rechtskräftigen Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot unrechtmäßig in das Bundesgebiet einreist oder

2.

sich nach einer aufgrund der Erlassung eines rechtskräftigen Einreiseverbots oder Aufenthaltsverbots erfolgten Ausreise trotz aufrechtem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 5 000 bis 15 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmens möglich ist.

(2) Wer als Fremder

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

in einem Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels, eines Aufenthaltstitels oder einer Dokumentation vor der zur Ausstellung eines solchen Titels berufenen Behörde oder im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise oder des Aufenthalts gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wissentlich falsche Angaben macht, um sich einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen, oder

2.

in einem Asylverfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht wissentlich falsche Angaben über seine Identität oder Herkunft macht, um die Duldung seiner Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.

(3) Wer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

wissentlich die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs fördert, oder

2.

mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wissentlich erleichtert,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.

(4) Wer eine Tat nach Abs. 2 oder 3 begeht, obwohl er wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 5 000 Euro bis zu 15 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

(5) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1a, 1b und 1c Z 2 liegt nicht vor,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§ 50) ist;

2.

solange der Fremde geduldet ist (§ 46a),

3.

im Fall des Aufenthalts eines begünstigten Drittstaatsangehörigen ohne Visum,

4.

solange dem Fremden die persönliche Freiheit entzogen ist oder

5.

während der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55.

(6) Eine Bestrafung gemäß Abs. 1a schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1 begangenen Verwaltungsübertretung aus. Eine Bestrafung nach Abs. 1b schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1 und 1a begangenen Verwaltungsübertretung aus; eine Bestrafung nach Abs. 1c schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1 und 1a begangenen Verwaltungsübertretungen aus; eine Bestrafung nach Abs. 1c Z 2 schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1c Z 1 begangenen Verwaltungsübertretung aus.

(7) Eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 bis 1c liegt nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

(8) Der Fremde, dem eine Tat nach Abs. 3 zu Gute kommt oder kommen sollte, ist wegen Anstiftung oder Beihilfe nicht strafbar.

(9) Nach Abs. 3 ist nicht strafbar, wer die Tat in Bezug auf seinen Ehegatten, seinen eingetragenen Partner, seine Kinder oder seine Eltern begeht.

(10) Der Versuch in den Fällen der Abs. 1, Abs. 1c Z 1, Abs. 2 und 3 ist strafbar.

(11) Wird einem Fremden während eines anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 120 Abs. 1, 1a, 1b oder 1c der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, ein Aufenthaltstitel gemäß dem AsylG 2005 oder dem NAG rechtskräftig erteilt oder eine Dokumentation gemäß dem NAG ausgestellt, so ist dieses Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. § 45 Abs. 2 VStG gilt.

Der Bf hielt sich zum Tatzeitpunkt in Österreich auf, obwohl er aufgrund eines rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes zur Ausreise verpflichtet gewesen wäre. Die objektive Tatseite ist sohin erfüllt.

Da das Fremdenpolizeigesetz über das Verschulden keine Aussage trifft, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem das Verschulden des Täters nicht von der Behörde zu beweisen, sondern ohne weiteres anzunehmen ist.

Als Gründe nach Artikel 8 EMRK für das Vorliegen einer privaten, beruflichen oder familiären Integration des Bf im Bundesgebiet wurde seine minderjährige Tochter, die lange Aufenthaltsdauer, seine erfolgreiche Drogentherapie sowie sein Bemühen um berufliche Integration geltend gemacht.

Die Besuchskontakte zu seiner bei Pflegeeltern untergebrachten Tochter bestehen zwar seit 2016, sind jedoch mit 2 Stunden monatlich unter Aufsicht nicht intensiv. Zudem konnte der Bf nicht glaubhaft machen, ernsthaft an einer Ausweitung interessiert zu sein. Zwar bemühte er sich in der Verhandlung, diesen Eindruck zu erwecken, doch unterließ er es, einen diesbezüglichen Antrag einzubringen. So wurde in der Verhandlung vorgebracht, am 7.1.2020 fände eine Verhandlung vor dem zuständigen Bezirksgericht statt, doch dies entsprach nicht den Tatsachen. Vielmehr suchte der Bf in Begleitung seines Rechtsbeistandes an diesem Tag das Bezirksgericht ... auf, um im Rahmen des Amtstages Erkundigungen einzuholen. Der tatsächliche Antrag wurde erst am 27.1.2020 eingebracht. Das Verwaltungsgericht Wien geht daher davon aus, dass der Bf den Kontakt zu seiner Tochter lediglich dazu benutzt, um seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu müssen und sich durch Zeitablauf eine Duldung zu sichern. Es wurde auch nichts vorgebracht bzw. durch psychologische Gutachten belegt, das darauf schließen ließe, dass die Tochter des Bf eine derart innige Bindung zu ihm aufgebaut hätte, dass die spärlichen Besuchskontakte im überwiegenden Interesse des Kindeswohles und somit unerlässlich wären.

Auch das im Verfahren vorgebrachte Bemühen des Bf um Integration am Arbeitsmarkt kann angesichts seiner rudimentären Beschäftigungen meist als Hilfsarbeiter und den jahrelangen Bezug von Notstandshilfe nicht nachvollzogen werden. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es dem Bf ohne Reisepass schwer fällt, eine Arbeit zu finden, ist sein Bemühen um Integration nicht glaubwürdig, zumal nicht vorgebracht wurde, was der Bf während der letzten Jahre tatsächlich getan hat. Es wurden keinerlei Tätigkeiten gemeinnütziger Art oder in Vereinen oder Ähnliches, geschweige denn eine berufliche (Fort)Bildung vorgebracht, die auf ein Bemühen hätten schließen lassen können.

Dass der Bf seit Jahren keine Drogen mehr konsumiert und seit etwa 2 bis 3 Jahren auch keine Medikamente ist zwar positiv, jedoch nicht als integrationsbegründendes Merkmal anzusehen, zumal man von einem Erwachsenen erwarten kann, sein Leben drogenfrei zu meistern.

Auch wenn der Bf seit mehr als 10 Jahren in Österreich aufhältig ist und ein gewisses Interesse hat, im Inland zu verbleiben, überwiegt das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremden- und Aufenthaltsrechtes. Das Verhalten des Bf stellt eine maßgebliche Verletzung der öffentlichen Ordnung dar. Auch ist festzuhalten, dass der Bf während seines Aufenthaltes zweimal straffällig wurde, drogenabhängig war und keine nennenswerte berufliche Tätigkeit entfaltet hat, sondern vielmehr über lange Jahre Sozialleistungen bezogen hat. Zudem hat der Bf vor 2012 außer von 1. bis 28.2.2007 überhaupt keine Versicherungszeiten aufzuweisen, weshalb nicht nachvollzogen werden kann, welcher Tätigkeit er davor in Österreich nachging. Diese Zeiten können daher weder als integrationsbegründend, noch –verfestigend gewertet werden.

Die im Verfahren vorgelegte handschriftliche Mitteilung der Firma D., wonach der Bf im März 2020 voraussichtlich als Malergehilfe angestellt wird kann ebenso wenig als integrationsbestimmend gewertet werden wie ein Schreiben der Firma E. an das AMS, wonach der Bf am 28.11.2019 vorstellig war und in Evidenz gehalten wird.

Der Bf kam als bereits Erwachsener nach Österreich, weshalb er in seinem Heimatland sozialisiert wurde. Der in der Beschwerde vorgebrachten sozialen Ächtung dort wegen seiner früheren Drogenabhängigkeit ist entgegen zu halten, dass der Bf diese nicht erwähnen muß.

Dem Aufenthalt des Bf kommt im Ergebnis kein solcher Stellenwert zu, dass insgesamt seine persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden.

Der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften kommt aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Die sanktionslose Duldung des Aufenthaltes von Fremden, die rechtskräftige Entscheidungen missachten, führt letztlich dazu, dass Fremde, die sich rechtskonform verhalten und ihre - auch im Sinne des Art. 8 EMRK bestehenden – Interessen an einem Aufenthalt in Österreich rechtskonform verfolgen, gegenüber Personen, die sich illegal in Österreich aufhalten und behördliche bzw. gerichtliche Entscheidungen ignorieren, benachteiligt wären. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Vollziehung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen erheblich erschwert würde, weshalb gravierende öffentliche Interessen an der Erhaltung der Einreise- und Einwanderungsbestimmungen bestehen. Dem Bf war sein illegaler Aufenthalt bewusst. Dass er nicht auf seinen unrechtmäßigen Aufenthalt hingewiesen worden war, ist insofern irrelevant, da ihm das Aufenthaltsverbot bekannt war. Zudem wurde nicht vorgebracht, dass er sich bei der zuständigen Behörde über seinen Aufenthaltsstatus erkundigt hätte.

Der Bf konnte somit nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschriften ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Ein Strafausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG konnte ebenso wenig dargetan werden.

Die subjektive Tatseite ist daher jedenfalls verwirklicht.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) ist als hoch zu qualifizieren.

Die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die gegenständliche Tat konnte im Hinblick auf die offenkundige Rechtswidrigkeit des Aufenthalts des Bf zum Tatzeitpunkt nicht als gering erachtet werden, sondern muss als schwerwiegend eingeschätzt werden.

Erschwerend waren die vorsätzliche Tatbegehung sowie zwei strafrechtliche Verurteilungen zu werten. Mildernd war kein Umstand.

Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Bf sind als unterdurchschnittlich zu beurteilen.

Unter Zugrundelegung der dargelegten Strafbemessungskriterien konnte die von der Behörde in der Höhe der Mindeststrafe verhängte Geldstrafe nicht herabgesetzt werden, da die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe im vorliegenden Fall als tat- und schuldangemessen zu bewerten ist und sich auch als dringend erforderlich erweist, um den uneinsichtigen Bf das mit der gegenständlichen Tat verbundene Unrecht vor Augen zu führen und um ihn in Hinkunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen wirksam abzuhalten.

Auch die behördlich festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe steht in angemessener Relation zur verhängten Geldstrafe (vgl. § 16 VStG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten ergibt sich aus den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtmäßiger Aufenthalt; Aufenthaltsverbot; Interessensabwägung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.051.073.4182.2019

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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