TE Vwgh Erkenntnis 1965/11/25 0811/65

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Veröffentlicht am 25.11.1965
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Index

Polizeirecht
yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen sind
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/04 Sprengmittel Waffen Munition

Norm

AVG §56
AVG §68 Abs2
VwGG §34 Abs1
WaffG 1938

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Härtel, Dr. Dolp, Dr. Skorjanec und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde des Regierungsrates der Niederösterreichischen Landesregierung Dr. Otto M in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. März 1965, Zl. III-1778-1/65, betreffend Waffenschein, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte mit der an den Magistrat der Stadt Waidhofen a.d. Ybbs gerichteten Eingabe vom 2. Juli 1964 den Antrag auf Ausstellung eines Waffenscheines für „Jagdgewehr, Pistole, Modell und Kaliber: FN Browing Kal. 7,65 mm, Beschußnummer 573.184“. Hinsichtlich des Bedürfnisses zum Führen der angeführten Schußwaffen gab der Genannte an, daß er auf Grund einer Jagdkarte des Magistrates der Stadt Waidhofen a.d. Ybbs die Jagd ausübe und daß für ihn als leitenden Beamten der Sicherheitsbehörde ein Bedürfnis zum Führen der Pistole bestehe, „wenn gegebenenfalls erforderlich“; er fügte jedoch das Ersuchen bei, von einer derartigen Einschränkung abzusehen. Die genannte Behörde stellte daraufhin dem Beschwerdeführer den „Waffenschein Nr. 422/1964 Gültig auf 3 Jahre“ mit folgendem Text aus: „Herrn RegR. Dr. Otto M. wohnhaft in W, geboren 1929 in A wird hiedurch die Erlaubnis zum Führen von Jagdwaffen und Pistole FN Browing 573.184, 7,65 mm innerhalb des Gebietes der Republik Österreich erteilt. Magistrat Stadt Waidhofen a.d. Ybbs, den 7. Juli 1964. Der Bürgermeister: K“. Dieser Waffenschein wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 8. Juli 1964 zugestellt.

Mit Eingabe vom 1. September 1964 beantragte der Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt Waidhofen a.d. Ybbs die „Aufhebung bzw. Streichung der Einschränkung auf das o.a. bestimmte Pistolenmodell“ in dem Waffenschein vom 7. Juli 1964 mit der Begründung, daß diese Einschränkung gesetzlich nicht begründet sei; unter einem bat er für den Fall, als seinem Ansuchen stattgegeben werden sollte, ihn zur Vorlage des Waffenscheines „behufs Streichung der Einschränkung“ aufzufordern. Mit Bescheid vom 9. Oktober 1964 sprach jedoch der bezeichnete Magistrat aus, daß dem Antrag des Beschwerdeführers, in dem Waffenschein Nr. 422/1964 die Einschränkung auf eine bestimmte Waffe zu streichen, keine Folge gegeben werde. Er begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß gemäß Erlaß des Bundesministeriums für Inneres vom 25. Dezember 1955, Zl. 134.047/4-1955, in den Waffenschein die Marke, das Kaliber und die Herstellungsnummer der Waffe zu vermerken seien und dieser Erlaß im § 31 des Waffengesetzes vom 18. März 1938, DRGBl. I S. 265, in der derzeit geltenden Fassung seine Deckung finde. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer die Berufung ein, in der er geltend machte, daß der genannte Erlaß nicht die generelle Wirkung einer Verordnung, sondern lediglich die Wirkung einer Weisung der Oberbehörde an die untergeordnete Behörde habe und daß zwar die erstinstanzliche Behörde der verfassungsmäßig verankerten Verpflichtung zur Befolgung der Weisungen der vorgesetzten Organe nachgekommen sei, trotzdem aber eine gesetzwidrige Entscheidung vorliege. Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 24. März 1965 die Berufung ab. In der Begründung des Bescheides führte sie aus, es habe der Beschwerdeführer zutreffend auf die im Artikel 20 B-VG statuierte Weisungsgebundenheit der Organe der Verwaltung hingewiesen, jedoch werde in dieser Gesetzesstelle weiters auch normiert, daß ein Verwaltungsorgan die Befolgung einer solchen Weisung nur dann ablehnen dürfe, wenn diese entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden sei oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde; im vorliegenden Falle könne aber kein Zweifel bestehen, daß keine dieser Voraussetzungen gegeben sei, weshalb sowohl die erstinstanzliche Behörde als auch die Berufungsbehörde an den in Rede stehenden ministeriellen Erlaß gebunden seien. Abschließend bemerkte die belangte Behörde, daß sie im übrigen auch keine Möglichkeit habe, die Gesetzmäßigkeit bzw. den Umfang der Rechtswirksamkeit des zitierten Erlasses selbst zu überprüfen oder eine solche Überprüfung zu beantragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß auf seinen ausdrücklichen Antrag hin in den Waffenschein vom 7. Juli 1964 die Einschränkung auf die oben bezeichnete Pistole aufgenommen worden sei und daß diese Einschränkung infolge Eintritt der Rechtskraft des als Bescheid zu wertenden Waffenscheines bindenden Charakter besitze, (res iudicata); es stünde ihm daher frei, die Aufhebung der seinerzeit von ihm selbst beantragten Einschränkung zu begehren, und er habe ein gesetzliches Recht auf die Streichung der Einschränkung, weil diese im Waffengesetz nicht vorgesehen sei. Die Verweigerung der Aufhebung der Einschränkung stelle insofern eine Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf das Führen einer Faustfeuerwaffe dar, als er beim allfälligen Führen einer solchen Waffe entgegen der Einschränkung auf die konkret bestimmte Waffe mit einer Strafsanktion zu rechnen hätte; darüber hinaus stelle die in Rede stehende Einschränkung ein unzumutbares Erschwernis beim Wechsel der Faustfeuerwaffe dar, weil für einen solchen Fall neuerlich an die Behörde mit einem gebührenpflichtigen Ansuchen herangetreten werden müßte. Eine weitere Kontrolle der Gültigkeit des Waffenscheines sei jedenfalls dann nicht notwendig, wenn von vornherein von der Behörde sowohl das Bedürfnis zum Führen der Waffe als auch die Verläßlichkeit der Person festgestellt worden sei. Im übrigen sei im oben genannten Erlaß des Bundesministeriums für Inneres nicht davon die Rede, daß eine Waffenscheineintragung betreffend das Waffenmodell - soweit es sich nicht um Kriegswaffen handle - verweigert werden solle. Ein weiterer Beweggrund für den Erlaß möge darin zu finden sein, daß die Führung von Faustfeuerwaffen, die nach ihrer Bauart schon als Kriegswaffen gälten, verhindert werden sollte, doch hätte es zu einer solchen Normierung einer „Verordnung secundum legem“ gemäß § 31 des Waffengesetzes mit Gesetzescharakter bedurft, in welcher die Abgrenzung zwischen Kriegswaffen (Kriegsgerat) und zivil erlaubten Faustfeuerwaffen vorgenommen werden könnte; der Beschwerdeführer verweist hiebei auf das Gesetz über die Aus- und Einfuhr von Kriegsgeräten vom 6. November 1935, DRGBl. I S. 1337. Er macht schließlich geltend, daß der in Rede stehende Ministerialerlaß eine mit der angestrebten Verwaltungsvereinfachung nicht in Einklang zu bringende Mehrbelastung der Behörden bedeute und daß im Hinblick auf Artikel 18 Abs. 2 B-VG die begehrte Aufhebung der Einschränkung beim Führen einer Faustfeuerwaffe zu verfügen gewesen wäre.

Wie der Eingabe des Beschwerdeführers vom 1. September 1964 und dem Beschwerdevorbringen selbst entnommen werden kann, hat der Genannte mit der bezeichneten Eingabe nicht etwa die Ausstellung eines weiteren Waffenscheines, der seinem Inhalte nach eine Erweiterung des bereits ausgestellten Waffenscheines auf Pistolen aller Art bedeuten sollte, angestrebt, sondern er hat in dieser Eingabe ausdrücklich angeführt, daß die im Waffenschein vom 7. Juli 1964 enthaltene Beschränkung auf ein bestimmtes Pistolenmodell gesetzlich nicht begründet und daher zu streichen sei. Überdies bringt er in der Beschwerde zum Ausdruck, daß ihm ein Recht auf die Streichung dieser Einschränkung zugestanden sei, ohne daß es eines Ansuchens um Ausstellung eines weiteren Waffenscheines - das für ihn auch mit weiteren Kosten verbunden wäre - bedürfe. Ferner hebt der Beschwerdeführer selbst - wie den obigen Ausführungen entnommen werden kann - auch hervor, daß der ihm ausgestellte Waffenschein als Bescheid zu werten und in Rechtskraft erwachsen sei. Was das letztere Vorbringen anlangt, so weist der in Rede stehende Waffenschein zwar nicht die Bezeichnung „Bescheid“ auf, doch sollte mit diesem Waffenschein seinem Wortlaut zufolge („…. wird hiedurch die Erlaubnis …. erteilt“) dem Beschwerdeführer entsprechend dessen Ansuchen vom 2. Juli 1964 die Erlaubnis zum Führen von Jagdwaffen und der in dem Ansuchen näher bezeichneten Pistole verliehen werden, sodaß schon aus diesem Grunde Bedenken gegen die Annahme, die Behörde habe mit diesem Waffenschein in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise gemäß dem angeführten Ansuchen ein Rechtsverhältnis mit bindender Wirkung gestalten wollen, nicht bestehen können. Zieht man weiters in Betracht, daß für den Magistrat der Stadt Waidhofen a.d. Ybbs auch kein Anlaß vorgelegen hat, die Erteilung der Erlaubnis zu begründen, weil mit dem Waffenschein dem Ansuchen des Beschwerdeführers vollinhaltlich Rechnung getragen worden ist (siehe § 58 Abs. 2 AVG 1950), so gelangt man zu dem Ergebnis, daß trotz des Fehlens der Bezeichnung „Bescheid“ dieser Waffenschein Bescheidcharakter trägt und nicht etwa bloß eine Beurkundung darstellt. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 25. Jänner 1955, Zl. 107/52 und 799/59, und vom 16. September 1960, Slg. N.F. Nr. 5361/A, dargelegt hat - auch ein Gewerbeschein trotz des Umstandes, daß ihm die Bezeichnung „Bescheid“ fehlt, insoweit, als mit ihm die Kenntnisnahme der Gewerbeanmeldeng beurkundet wird, Bescheidcharakter zukommt. Ist aber der Waffenschein von 7. Juli 1964 als Bescheid im Sinne des § 56 AVG 1950 anzusehen, so wäre es dem Beschwerdeführer, falls er gegen die Richtigkeit seines Inhaltes Bedenken gehabt und aus diesem Grund eine Abänderung seines Inhaltes angestrebt hätte, freigestanden, diesen Bescheid auf Grund der Bestimmung des § 2 Abs. 1 zur Durchführung des Waffengesetzes vom 19. März 1938, Deutsches RGBl. I S. 270 (in der geltenden Fassung), mit einer Berufung zu bekämpfen, ähnlich wie er dies hinsichtlich des Bescheides des Magistrates der Stadt Waidhofen a.d. Ybbs vom 9. Oktober 1964 getan hat. Da jedoch der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen eine Berufung gegen den als Bescheid zu wertenden Waffenschein vom 7. Juli 1964 nicht eingebracht hat, ist der Waffenschein in Rechtskraft erwachsen, d.h. also, daß eine Abänderung des Bescheides auf Grund der Bestimmungen des § 68 Abs. 1 AVG 1950 nur insoweit zulässig sein konnte, als die Fälle des § 69 AVG 1950 (Wiederaufnahme des Verfahrens) oder des § 71 AVG 1950 (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) vorgelegen waren oder die Behörde einen Anlaß zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG 1950 fand. Da jedoch irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß die Fälle des § 69 oder des § 71 AVG 1950 gegeben gewesen sein könnten, weder nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch ansonsten nach der Aktenlage vorhanden sind und da weiters auch im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Partei ein Anspruch auf eine Verfügung nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG 1950 nicht zusteht, erscheinen die Beschwerdeausführungen, denenzufolge dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf die von ihm begehrte Abänderung des Waffenscheines zukommen sollte, nicht berechtigt. Bemerkt sei, daß bei richtiger Betrachtungsweise nach der Aktenlage ein Anlaß für die Einbringung einer Berufung des Beschwerdeführers an sich offenbar nicht bestehen konnte, weil dem Genannten entsprechend seinem Antrag vom 2. Juli 1954 mit dem Waffenschein vom 7. Juli 1964 die Erlaubnis zum Führen von Jagdwaffen und weiters die Erlaubnis zum Führen einer Pistole jenes Modelles und Kalibers, wie es in dem angeführten Antrag angegeben war, erteilt worden ist, wobei hervorgehoben sei, daß nach den oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen die Einschränkung auf die Pistole eines bestimmten Modells und Kalibers auf den „ausdrücklichen Antrag“ des Beschwerdeführers hin in den Waffenschein aufgenommen worden ist. Es erscheint daher nicht ganz verständlich, wenn der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 1. September 1964 die „Aufhebung bzw. Streichung der Einschränkung“ auf das bestimmte Pistolenmodell mit der Begründung verlangt hat, daß die Einschränkung gesetzlich nicht begründet sei. Sollte der Beschwerdeführer der Auffassung gewesen sein, daß er einen Anspruch darauf habe, daß ihm ein Waffenschein nicht bloß für die im Antrag vom 2. Juli 1964 näher bezeichnete Pistole, sondern für jede Pistole überhaupt zukomme, so wäre es ihm unbenommen gewesen, ein Ansuchen auf Ausstellung eines Waffenscheines mit der Erlaubnis zum Führen von Pistolen jeglicher Art einzubringen, doch kann die Eingabe vom 1. September 1964 im Hinblick darauf, daß mit ihr ausdrücklich die Abänderung des bereits ausgestellten Waffenscheines mit dem Hinweis auf die „gesetzlich nicht begründete“ Einschränkung verlangt worden ist, nicht als ein solches Ansuchen um Ausstellung eines weiteren Waffenscheines gewertet werden, ganz abgesehen davon, daß die Beschwerdeausführungen selbst darauf hindeuten, daß der Beschwerdeführer ein derartiges Ansuchen im Hinblick auf die neuerlich auflaufende Gebühr gar nicht stellen wollte. Die Entscheidung der Frage jedoch, ob einem solchen Ansuchen des Beschwerdeführers um Ausstellung eines weiteren Waffenscheines für das Führen von Pistolen jeglicher Art zu entsprechen gewesen wäre oder nicht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Auf Grund der aufgezeigten Erwägungen ergibt sich sohin, daß es nicht eine Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers bedeutet, wenn mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid dem Antrag des Beschwerdeführers auf Abänderung des als Bescheid zu wertenden Waffenscheins vom 7. Juli 1964 der Erfolg versagt worden ist. Demgemäß war die Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. November 1965

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Tod des Beschwerdeführers Verwaltungsgerichtsbarkeit Bescheidcharakter von Erledigungen nach AVG §68

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1965:1965000811.X00

Im RIS seit

31.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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