TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/9 I412 2100124-1

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Veröffentlicht am 09.01.2019
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Entscheidungsdatum

09.01.2019

Norm

ASVG §73a
B-VG Art133 Abs4

Spruch

I412 2100124-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX vertreten durch Mag. Dr. Hubert Fischer, 6721 Thüringerberg 197, gegen den Bescheid der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) vom 29.10.2014, Zl. XXXX ,

zu Recht erkannt:

A)

XXXX ist verpflichtet, für die im Zeitraum 01.10.2011 – 31.10.2018 gebührende Alterspension die in der Anlage A) angeführten Krankenversicherungsbeiträge gemäß §§ 73 und 73a zu entrichten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 29.10.2014, Zl. XXXX , verpflichtete die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) Herrn XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet), gemäß § 73a Abs 1 ASVG monatliche Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.12.2011 in der Höhe von EUR 91,10, für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 in der Höhe von EUR 84,81, für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013 in der Höhe von EUR 86,05 und ab 01.01.2014 in der Höhe von EUR 84,42 für seine vom Arbeitgeber in Liechtenstein monatlich bezogenen Pensionsleitungen zu entrichten. Zusätzlich wurde er verpflichtet, Beiträge aufgrund der von der genannten Pensionskasse bezogene Sonderzahlungen an die belangte Behörde zu entrichten.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zumindest seit 01.10.2011 neben einer österreichischen Pension in der Höhe von EUR 76,67 eine Rente der staatlichen liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Höhe von CHF 1.646,-beziehe. Außerdem erhalte er eine Altersrente zumindest seit 01.10.2011 in der Höhe von monatlich CHF 2.039,60 sowie Sonderzahlungen von gesamt CHF 3.984,60 pro Jahr. Diese werde auf Grundlage des liechtensteinischen BPVG (Gesetz über die betriebliche Vorsorge) ausbezahlt.

Diese Rente beruhe auf 24,82% vorobligatorischen Beiträgen. Nach der Verlegung des Sitzes der Pensionskasse in die Schweiz seien 24,42% der Beiträge dort entrichtet worden. Seit der Sitzverlegung sei das schweizerische Bundesgesetz über die berufliche Alters- Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge (BVG) zur Anwendung gelangt. 50,76% der Rente würden auf Beiträgen im Zeitraum von der Einführung des BPVG bis zur Sitzverlegung beruhen.

Die belangte Behörde vertritt die Meinung, dass die anzuwendende Vorschrift das liechtensteinische BPVG sei und nicht das schweizerische BVG, da die Qualifikation der Beiträge – also, ob diese obligatorisch oder überobligatorisch geleistet worden seien – nach den liechtensteinischen Rechtsvorschriften zu erfolgen habe. Auch die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht führe die gegenständliche Vorsorgeeinrichtung im Sinne des BPVG immer noch im Verzeichnis. Feststellbar sei nur noch, dass 24,82% der Beiträge vor Einführung des Obligatoriums geleistet worden seien.

Bei den Leistungen nach dem BPVG handle es sich auch nicht um typische Betriebspensionen, die dadurch gekennzeichnet seien, dass es sich um ergänzende Leistungen zum gesetzlich vorgesehenen Pensionssystem handle, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einseitig gewähre oder zusage. Die Leistungen aus der BPVG seien dagegen eine gesetzlich vorgesehene Leistung für alle Arbeitnehmer, es bestehe keine Freiwilligkeit für den Dienstgeber und die Beiträge würden in etwa paritätisch vom Dienstgeber und vom Dienstnehmer erbracht.

Die Rente bestehe aber nicht nur aus obligatorischen, sondern auch aus nichtobligatorischen Bestandteilen. Auch die nichtobligatorischen Teile seien nicht als „freiwilliger rechtlicher Vertrag“ zu qualifizieren. Bei der Auszahlung der Rente werde nicht zwischen dem obligatorischen und dem nichtobligatorischen Teil unterschieden, es erfolge eine gemeinsame Auszahlung und der Dienstnehmer könne über beide in vollkommen gleicher Weise verfügen. Auch steuerrechtlich würden diese beiden Teile folgerichtig gleich behandelt werden.

Zur Berechnung des Krankenversicherungsbeitrages müsse der Betrag von CHF in EUR umgerechnet werden auf Grundlage des Beschlusses H3 vom 15.10.2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäß § 90 der VO (EG) 987/2009, der auch im Verhältnis zu Liechtenstein maßgeblich sei.

2. Dagegen erhob der vertretene Beschwerdeführer Beschwerde und brachte vor, dass Pensionsleistungen, die auf vorobligatorischen Beiträgen beruhen, für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Krankenversicherungsbeitrag nicht berücksichtigt worden seien. Die Feststellung, dass auch nichtobligatorische Bestandteile der Rente als von den europarechtlichen Verordnungen umfasst seien und somit die gesamte Rente aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Anspruches und nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages ausbezahlt werde, sei unzutreffend.

Für Zeiträume vor dem Inkrafttreten des BPVG könne kein öffentlich – rechtlicher Anspruch auf Pensionsleistungen begründet werden, da für die Beitragsleistung keine (öffentliche) Rechtsgrundlage vorgelegen habe (vorobligatorische Beiträge) und diese aufgrund einer Betriebsvereinbarung einbezahlt werden haben können.

Überdies gehöre in seinem Fall zur ausländischen Pensionsleistung auch ein sogenanntes „Überobligatorium“, welches ebenfalls aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sei

Als Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherungsbeiträge könnten somit nur die im Bescheid erörterten und ausgewiesenen 12,8% der Pension des früheren liechtensteinischen Arbeitgebers herangezogen werden.

3. Am 19.01.2015 (eingelangt am 04.02.2015) wurde der Verwaltungsakt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Im Weiteren erfolgte die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2014/08/0047 anhängige Revisionsverfahren diese Problematik betreffend mit Beschluss vom 18.05.2015, GZ I401 2100124-1/2Z.

5. Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 09.08.2016 mitgeteilt, dass oben genanntes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nun vorliege und das Verfahren fortgesetzt werde. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht wurde der Beschwerdeführer aufgefordert bekannt zu geben, ob seine Beschwerde weiterhin aufrecht erhalten werde. Eine Antwort seitens des Beschwerdeführers langte nicht ein.

6. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I412 neu zugewiesen.

7. Mit Beschluss vom 31.07.2018, GZ I412 2004210-1/14Z, wurde das Verfahren bis zur Entscheidung über die Revision in der Rechtssache zur Zahl Ro 2018/08/0013, ausgesetzt.

8. Mit Schreiben vom 08.11.2018 wurde die belangte Behörde unter Hinweis aus das Erkenntnis des VwGH vom 10.10.2018 zu Zl. Ro 2018/08/0013, zur Neuberechnung der Beiträge aufgefordert.

9. Die von der belangten Behörde mit Schreiben vom 06.12.2018 vorgelegte Neuberechnung wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.12.2018 zum Parteiengehör übermittelt, woraufhin dieser kein inhaltliches Vorbringen erstattete.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Der Beschwerdeführer hat seinen ständigen Wohnsitz in R. in Vorarlberg.

1.2. Er bezieht eine monatliche Altersrente der ersten Säule der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung. Zusätzlich bezieht er zumindest seit 01.10.2011 eine monatliche Pensionszahlung der Hilti Pensionskasse in Höhe von CHF 2.039,60 zuzüglich jährlicher Sonderzahlungen in Höhe von CHF 3.984,6.

1.3. Das liechtensteinische Gesetz vom 20. Oktober 1997 über die betriebliche Personalvorsorge, LGBl Nr 12/2008 (BPVG), trat am 01.01.1989 in Kraft. Ab 01.01.1989 ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, für seine Arbeitnehmer die betriebliche Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenvorsorge zu verwirklichen, sofern diese Arbeitnehmer nach dem Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung beitragspflichtig sind und die die Voraussetzungen des Art 4 BPVG erfüllen. Zu diesem Zweck hat er seine Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung nach Maßgabe des BPVG zu versichern. Das BPVG wurde in seiner Gesamtheit als vom sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 notifiziert.

1.4. Von der Hilti Pensionskasse werden entsprechend dem Art 16 ihres Reglements die Renten in monatlichen Raten am Ende des Monats ausbezahlt.

1.5. Der anzuwendende Wechselkurs ist in der Anlage monatlich festgehalten.

1.6. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargelegte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde und der Einspruchsbehörde sowie aus dem Akteninhalt des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Der Sachverhalt blieb vom Beschwerdeführer unbestritten.

Die herangezogenen Wechselkurse ergeben sich aus der Aufstellung der belangten Behörde vom 24.07.2018 für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum und sind durch die Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag der Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Im gegenständlichen Verfahren wurde kein entsprechender Antrag gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Europarechtliche Bestimmungen:

3.2. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit normiert (auszugsweise):

„Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

(...)

w) 'Renten' nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an deren Stelle treten können, und Beitragserstattungen sowie, soweit Titel III nichts anderes bestimmt, Anpassungsbeträge und Zulagen;“

Artikel 3

Sachlicher Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen

a)       …

d)       Leistungen bei Alter

(2) Sofern in Anhang XI nichts anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit sowie für die Systeme betreffend die Verpflichtungen von Arbeitgebern und Reedern."

3.3. Die Artikel 30 und 90 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit lauten wie folgt:

„Artikel 30

Beiträge der Rentner

Erhält eine Person Renten aus mehr als einem Mitgliedstaat, so darf der auf alle gezahlten Renten erhobene Betrag an Beiträgen keinesfalls den Betrag übersteigen, der bei einer Person erhoben wird, die denselben Betrag an Renten in dem zuständigen Mitgliedstaat erhält.
Artikel 90

Währungsumrechnung

Bei der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung gilt als Wechselkurs zweier Währungen der von der Europäischen Zentralbank veröffentliche Referenzwechselkurs. Die Verwaltungskommission bestimmt den Bezugspunkt für die Festlegung des Wechselkurses.“

3.4. Der Beschluss der Verwaltungskommission Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäß Artikel 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates lautet (auszugsweise) wie folgt:

1.       Der Umrechnungskurs ist zum Zwecke dieses Beschlusses als Tageskurs zu verstehen, der von der Europäischen Zentralbank veröffentlicht wird.

2.       Sofern in diesem Beschluss nicht anders angegeben, gilt der Umrechnungskurs, der an dem Tag veröffentlicht wurde, an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat.

(…)

3.5. Die VO Nr. 883/2004 gilt seit dem Inkrafttreten ihrer Durchführungsverordnung Nr. 987/2009 am 1. Mai 2010 in den EU-Mitgliedstaaten und hat die bisher gültigen VO (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 - mit wenigen Ausnahmen (vgl. Art. 90 VO (EG) Nr. 883/2004) - ersetzt.

Seit dem 01.06.2012 gelten die VO (EG) Nr. 883/2004 und deren Durchführungsverordnung VO (EG) Nr. 987/2009 auch im Verhältnis zu Liechtenstein.

3.6. Maßgebliche Bestimmungen des ASVG:

Gemäß § 73a Abs 1 ASVG ist von ausländischen Renten, die den Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 oder der VO (EWG) Nr 1408/71 und 574/72 oder eines auch Regelungen über die Krankenversicherung beinhaltenden bilateralen Abkommens über die soziale Sicherheit unterliegen, ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs 1 und 1a ASVG zu entrichten, sofern ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der Krankenversicherung besteht. Nach der Bestimmung des § 657 Abs 3 ASVG in Verbindung mit der Verordnung zur Feststellung der Verfügbarkeit der technischen Mittel für den Einbehalt von Beiträgen zur Krankenversicherung, BGBl II Nr 295/2011, ist § 73a ASVG seit dem 01.10.2010 anwendbar.

3.7. Mit § 73a ASVG werden unter anderem die in der VO (EG) Nr 883/2004 enthaltenen Rechtsgrundlagen zur Möglichkeit der Einbehaltung von Krankenversicherungsbeiträgen von Rentenleistungen eines anderen Mitgliedstaates (vgl EBRV 937 BlgNR 24.GP, 1 f) präzisiert.

Speziell zur Einbehaltung von Krankenversicherungsbeiträgen ist nur jener Mitgliedstaat berechtigt, der auch für die Tragung der Kosten im Versicherungsfall der Krankheit zuständig ist [vgl Art 30 Abs 1 VO (EG) Nr 883/2004]. Als Grenze für die von Auslandsrenten einzuhebenden Beiträge setzt Art 30 VO (EG) Nr 987/2009 jenen Betrag fest, der einzuheben wäre, würde es sich um eine Inlandsrente handeln. § 73a Abs 1 ASVG bezieht alle vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfassten Leistungen in die Beitragspflicht ein, ohne die ausländische Leistung an einen Katalog, der nach nationaler Systematik der Beitragspflicht in der Krankenversicherung unterliegenden österreichischen Pensionen zu messen. Nicht erfasst werden Leistungen, die nicht der VO (EWG) Nr 1408/71 oder VO (EG) Nr 883/2004 bzw. der in diesen Verordnungen angesprochenen Rechtsvorschriften unterliegen (Spiegel in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm, § 73 ASVG, Rz 6, 8 und 13/1, VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0047, Ro 2014/08/0064).

Von den von § 73a Abs 1 ASVG erfassten Leistungen aus gesetzlichen Rentensystemen, auf die sich das Koordinierungssystem der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 bzw der VO (EG) Nr 883/2004 bezieht oder in Bezug auf die ein Mitgliedsstaat eine Erklärung nach Art 5 der VO (EWG) Nr 1408/71 bzw Art 9 der VO (EG) Nr 883/2004 abgegeben hat, sind die "ergänzenden Rentensysteme" im Sinne der Richtlinie 98/49/EG des Rates zur Wahrung ergänzender Rentenansprüche von Arbeitnehmern und Selbstständigen, die innerhalb der europäischen Gemeinschaft zu- und abwandern, zu unterscheiden (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0047, Ro 2014/08/0064). Dem dritten Erwägungsgrund dieser Richtlinie zufolge bezieht sich die VO (EWG) Nr 1408/71 und gemäß Art 90 Abs 2 der VO (EG) Nr 883/2004 auch diese nur auf die den Koordinierungssystem unterworfenen gesetzlichen Rentensysteme. Dem fünften Erwägungsgrund der genannten Richtlinie zufolge darf keine Rente oder Leistung sowohl in Bestimmungen dieser Richtlinie, als auch den Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und (EWG) Nr 574/72 bzw der VO (EG) Nr 883/2004 unterworfen sein.

Unter das Regime des § 73a ASVG fallen die von dem jeweiligen internationalen Instrument erfassten ausländischen Pensionen. Für die unter den Geltungsbereich der VO (EG) Nr 883/2004 fallenden ausländischen Pensionen sind Beiträge einzuheben. Hierzu zählt unbestritten die Leistung der AHV. Das BPVG wurde vom Fürstentum Liechtenstein in seiner Gesamtheit als vom sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 notifiziert (Erklärungen Liechtensteins und Norwegens gemäß Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, ABl. (EU) C 127/35 vom 29. Mai 2003). Da die obligatorische Versicherung im BPVG geregelt ist, fällt sie in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und des § 73a ASVG.

3.8. Der Beschwerdeführer richtet sich in seiner Beschwerde in erster Linie gegen die Vorschreibung von Beiträgen für seine von der Hilti Pensionskasse bezogenen Pensionsleistungen samt Sonderzahlungen und beantragt insbesondere die Nichteinbeziehung der vor- bzw. überobligatorischen Beiträge in den Krankenversicherungsbeitrag.

Der Verwaltungsgerichtshof kam dazu in seinem Erkenntnis vom 07.04.2016, Ro 2014/08/0047, bekräftigt durch das Erkenntnis vom 29.04.2016, 2014/08/0057, zu folgender Rechtsansicht:

Der Verwaltungsgerichtshof hält an seinen im Vorlagebeschluss vom 10. September 2014, Ro 2014/08/0047, geäußerten Auffassungen insofern fest, als die genannten österreichischen Alterspensionen vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfasst sind. Zur Vermeidung einer indirekten Diskriminierung setzt die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von ausländischen Leistungen die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von gleichartigen inländischen Leistungen voraus. Umgekehrt hat das Fehlen einer inländischen Beitragspflicht für gleichartige inländische Leistungen die Unzulässigkeit einer Beitragspflicht für ausländische Leistungen zur Folge. Eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gewährte Rentenleistung ist zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig iSd Art. 5 lit. a der Verordnung Nr. 883/2004. Eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem (zB nach den Kriterien von "vorobligatorischen", "obligatorischen", "überobligatorischen" oder "freiwilligen" Beiträgen, mit denen ein konkretes "Alterskapital" aufgebaut worden ist) ist ausgeschlossen.

Nach dem Urteil des EuGH C-453/14 (Knauer), Rz 32 bis 36, ist Art. 5 lit. a der Verordnung Nr. 883/2004 nur auf Leistungen anwendbar, die in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fallen.

Zwei Leistungen bei Alter können nicht allein deshalb als gleichartig im Sinne des Art. 5 lit. a der Verordnung Nr. 883/2004 angesehen werden, weil sie beide in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen.

Der Begriff "gleichartige Leistungen" iSd Art. 5 lit. a der Verordnung Nr. 883/2004 ist dahin auszulegen, dass er sich im Wesentlichen auf zwei Leistungen bei Alter bezieht, die unter Berücksichtigung auf das durch diese Leistungen und die sie einführenden Regelungen verfolgte Ziel vergleichbar sind.

Die von der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge (sog. „II. Säule“) und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter verfolgen dasselbe Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor dem Ruhestand entspricht und sind gleichartig iSd Art 5 lit a der VO Nr. 883/2004.

3.10. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die "vorobligatorischen Rentenanteile", also jene Anteile der Rente, die aufgrund von vor dem Inkrafttreten des BPVG geleisteten Beiträgen anfallen bzw die „überobligatorischen Rententeile“ aufgrund freiwilliger Zahlungen, die über die obligatorische Vorsorge hinausgehen, würden nicht der Beitragspflicht des § 73a ASVG unterliegen, ist dies nicht zutreffend. Auch diese Leistungen verfolgen im Sinne der obigen Ausführungen das Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung des Lebensstandards zu gewährleisten, der jenen vor ihrem Ruhestand entspricht, womit sie dasselbe Ziel wie das österreichische gesetzliche Pensionssystem verfolgen. Diese Beiträge zum Aufbau eines konkreten "Alterskapitals" sind damit "gleichartig" iSd Art 5 lit a der Verordnung Nr 883/2004 und Teil der Beitragspflicht des § 73a ASVG (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0047, Ro 2014/08/0064).
Daher musste die belangte Behörde nicht hinsichtlich "vorobligatorischen" und "überobligatorischen" Rentenanteilen einerseits und "obligatorischen" Rentenanteilen andererseits unterscheiden, sondern hatte gemäß § 73a ASVG die gesamte von der Hilti Pensionskasse ausbezahlte monatliche Rente der Beitragspflicht zur Krankenversicherung zu unterwerfen und im Rahmen der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.

3.11. Damit bedarf es im Weiteren der Beurteilung, von welchem Referenzkurs bei der Umrechnung der Altersrente in der Höhe von monatlich CHF 2.039,6 in Eurobeträge anzusehen ist.

Nach Art. 90 der VO Nr. 987/2009 gilt bei der Anwendung der VO Nr. 883/2004 und der VO Nr. 987/2009 als Wechselkurs der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Referenzwechselkurs. Die Verwaltungskommission bestimmte mit dem Beschluss Nr. H3 vom 15.10.2009 (geändert durch den Beschluss Nr. H7 vom 25.06.2015) den Zeitpunkt für die Festlegung des Wechselkurses.

Zur Höhe des österreichischen Krankenversicherungsbeitrages führt der VwGH in seiner Entscheidung vom 10.10.2018 zu Zl. Ro 2018/08/0013 aus, dass die von § 73a ASVG vorgesehen Bemessung und Entrichtung der Beiträge nach den in § 73 Abs. 1 ASVG festgesetzten Regeln eine Umrechnung der in ausländischer Währung bezifferten ausländischen Anspruchsrente in Eurobeträge voraussetzt.

Gemäß Nr. 1 des den Wechselkurs regelnden Beschlusses der Verwaltungskommission Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 ist der Umrechnungskurs zum Zwecke dieses Beschlusses als Tageskurs zu verstehen, der von der Europäischen Zentralbank veröffentlicht wird.

Gemäß Nr. 2 gilt der Umrechnungskurs, der an dem Tag veröffentlicht wurde, an dem der Träger den entsprechenden Vorgang ausgeführt hat. Nach den Ausführungen des VwGH in seinem Erkenntnis vom 10.10.2018, Zl. Ro 2018/08/0013 ist unter der für den Bezugszeitpunkt maßgeblichen „Ausführung des entsprechenden Vorgangs“ jener Vorgang zu verstehen, der einen Anwendungsfall der Grundverordnung darstellt, im vorliegenden Fall sohin die gleichgestellte Fälligkeit der liechtensteinischen Rentenleistung.

Für die Höhe des österreichischen Krankenversicherungsbeitrages ist daher die Umrechnung gemäß Nr. 2 des Beschlusses Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäß Artikel 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vorzunehmen. Es ist daher bei den laufenden ausländischen Rentenleistungen jeweils der Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung des ausländischen Pensionsversicherungsträgers (bsp. monatlich, vierteljährlich) heranzuziehen.

Gemäß Art 16 des Reglements der Hilti Pensionskassse erteilt die Anstalt die Zahlungsaufträge an die Post oder Bank am Ende des jeweiligen Kalendermonats.

Damit ist der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Wechselkurs, der am letzten Postwerktag des jeweiligen Monats verlautbart wurde, zu Grunde zu legen.

Die von der EZB festgelegten Referenzkurse finden sich täglich aktualisiert auf der Homepage der Österreichischen Nationalbank (OeNB).

Beispielhaft ergibt sich zum 31.10.2011 für die Umrechnung eines CHF in einen EUR der festgelegte tägliche Referenzkurs der EZB von 0,8203. Die Altersrente in der Höhe von CHF 2.039,6 beläuft sich an diesem Tag auf einen umgerechneten Eurobetrag von EUR 1.673,08. Auf diesen Eurobetrag entfielen Krankenversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 85,33 (KV-Beitrag = 5,1%, wobei sich dieser Betrag auch in der tabellarischen Aufstellung der belangten Behörde vom 06.12.2018 findet.

Die Beiträge in der Krankenversicherung von mit inländischen Pensionsleistungen vergleichbaren liechtensteinischen Renten einschließlich Sonderzahlungen gemäß § 73a ASVG, gegen deren Höhe der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs keinen Einwand erhoben hat, waren für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.10.2018 in der in der Anlage dieser Entscheidung angeführten Höhe abzuändern.

3.12. Da der Bezug der auszuzahlenden Altersrente gegenständlich laufend ist, ist unter Berücksichtigung der Wechselkursanpassungen die monatliche (Neu-) Berechnung der zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung über den 31.10.2018 (bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage) hinaus vorzunehmen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der beteiligten Parteien, der unstrittig feststehende Sachverhalt und der dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Akt der belangten Behörde erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 02.09.2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext "any hearing at all") erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „technische“ Fragen betrifft, und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher in Anwendung von § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, verwiesen wird diesbezüglich insbesondere auf die die Erkenntnisse des VwGH vom 07.04.2016, Ro 2014/08/0047 sowie vom 10.10.2018, Zl Ro 2018/08/0013; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Anlage A)

Laufende Renten:

Tag

Umrechnungs-kurs

Rente in CHF

Rente in € / Beitrags-grundlage

Beitrag

31.10.2011

0,8203

2039,6

1673,08

85,33

30.11.2011

0,8153

2039,6

1662,88

84,81

30.12.2011

0,8226

2039,6

1677,77

85,57

31.01.2012

0,8300

2039,6

1692,87

86,34

29.02.2012

0,8298

2039,6

1692,46

86,31

30.03.2012

0,8302

2039,6

1693,27

86,36

30.04.2012

0,8321

2039,6

1697,15

86,55

31.05.2012

0,8326

2039,6

1698,17

86,61

29.06.2012

0,8313

2039,6

1695,52

86,47

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31.08.2012

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2039,6

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31.12.2012

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28.02.2013

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2039,6

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86,23

31.10.2014

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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