TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 W146 2222626-1

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W146 2222626-1/5E

Im NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat II, vom 05.08.2019, GZ. 02 090/3-DK/19, betreffend Suspendierung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 18.07.2019 wurde der Beschwerdeführer vorläufig vom Dienst suspendiert.

2. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 05.08.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) iVm § 112 Abs. 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde nach dem vorliegenden Sachverhalt davon ausgeht, dass bei einer Belassung des Beschwerdeführers im Dienst wesentliche dienstliche Interessen gefährdet wären, nämlich die ordnungsgemäße Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche und korrekte Erfüllung des gesetzlichen Auftrages. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer durch seine Stellung als Bediensteter des BMF und somit als Amtsträger der Republik in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit bzw. eine bedeutende Vertrauensstellung habe.

Nachdem der Beschwerdeführer in offensichtlich betrunkenem Zustand am 16.07.2019 und am 17.07.2019 seinen Dienst antreten habe wollen und auch zu der am 18.07.2019 stattgefundenen Disziplinarverhandlung (GZ. 02 087-DK/19) in XXXX stark alkoholisiert und verspätet erschienen sei, sei im Zusammenhang mit seinem bestehenden Alkoholproblem (stationäre Behandlung seiner Alkoholsucht im KH XXXX von 13.03.2019 bis 04.05.2019) eine Belassung im Dienst nicht vertretbar. Es sei zu erwarten, dass der Beschwerdeführer weiterhin die immer noch bestehenden Weisungen vom 21.12.2018 nicht befolgen und den achtungsvollen Umgang mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen nicht nachkommen werde bzw. könne.

Zur Sicherung der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes sei daher die Suspendierung zu verfügen gewesen.

3. Der Beschwerdeführer erhob eine Beschwerde. Im Betreff führte er das Disziplinarerkenntnis, die vorläufige Suspendierung und die Suspendierung an. Der Beschwerde ist sinngemäß und zusammengefasst zum Disziplinarerkenntnis zu entnehmen, dass er stark alkoholisiert gewesen sei und trotzdem die Verhandlung durchgeführt worden sei. Aufgrund der Alkoholisierung habe der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgeben können und der Rechtsanwalt habe viele hinter den Anklagepunkten stehenden Gründe nicht wissen können. Dem Beschwerdeführer sei es nicht erlaubt gewesen, auf Grund seiner Alkoholisierung Stellung zu nehmen, dennoch sei das Disziplinarverfahren durchgeführt worden. Aus diesem Grund erfolge die "Anfechtung" des bereits rechtskräftigen Verfahrens insoweit als ein "Antrag auf Nichtigkeit" gestellt werde und bei einer Neuverhandlung auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Beweise zu berücksichtigten seien. Dies gelte auch für die Strafbemessung in Höhe von Euro 12.000,-, die vom Beschwerdeführer niemals getilgt werden könne und ihn in den finanziellen Ruin bringe.

Weiters führte er aus, dass er sich freiwillig und aus eigenen Antrieb in eine Alkoholentwöhnung nach XXXX begeben habe, um seinen Willen auf Einsicht in Besserung kund zu tun und zu zeigen, dass er alles daransetze, um seinen Dienstgeber positiv zu stimmen. Dennoch sei er weiterhin von seinem Teamleiter durch die im Dezember erhaltenden Weisungen fortlaufend gequält, erniedrigt und diskriminiert worden. Als das Disziplinarverfahren angestanden sei, sei er nach fast zwei Jahren Schlaflosigkeit drei Tage vor der Verhandlung in ein tiefes Loch gefallen und sei kurz vor einem Nervenzusammenbruch gestanden. Durch die affektive bipolare Störung sei eine heftige Depression aufgetreten (ausgelöst durch die Disziplinarverhandlung) und der Beschwerdeführer habe versucht, diese Depression mit Alkohol in "Selbstmedikation" zu kompensieren. Über diese Krankheit würden bereits Gutachten aufliegen, auf die nie eingegangen worden sei. Weiters sei er 5 Jahre gemobbt worden und sei nur gewartet worden, bis er zu Alkohol greife. Der Vorstand habe davon gewusst, es sei aber zu keiner positiven Reaktion gekommen, ganz im Gegenteil, er habe den Teamleiter in seiner "brutalen, persönlich angreifenden Art" unterstützt. Dieses "Bossing" habe auch mit einer schweren einhergehenden Depression, die der Beschwerdeführer mit übermäßigen Alkoholkonsum zu kaschieren versucht habe, zur vorläufigen bzw. endgültigen Suspendierung geführt. Es werde aus diesem Grund ersucht, auch einmal das "Geschehen" aus dem Blickwinkel des Beschwerdeführers zu untersuchen und dann ein Urteil zu fällen.

Zur Suspendierung führte er zusammengefasst aus, dass die erwähnten Gründe auch zur Suspendierung zutreffen würden. Der Beschwerdeführer habe einfach nicht mehr können. Der Beschwerdeführer habe schon damit gerechnet, dass die Disziplinarstrafe sein endgültiges finanzielles Ende bedeuten würde. Die Alkoholisierung sei krankheitsbedingt vorherzusehen gewesen. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers weise auf ein schon länger bestehendes "Burn Out" hin.

Aus allen diesen Gründen werde gebeten, der Beschwerde wie folgt stattzugeben:

a.) "Aufrollen" und Neuverhandlung des Disziplinarverfahrens unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers

b.) Kürzung der Disziplinarstrafe auf 25 %

c.) Würdigung der Beweise des Beschwerdeführers, die nie wahrgenommen worden seien.

d.) Wenn es schon die §§ 43 und 44 BDG gebe, warum sei der § 43a BDG nie überprüft worden, umso mehr als genug Beweise vorliegen würden und "Bossing" in höchsten Ausmaß betrieben worden sei.

e.) Aufhebung der Suspendierungsmaßnahmen und Akzeptanz eines Krankenstandes - der Beschwerdeführer sei psychisch und physisch nicht im geringsten in der Lage, der Arbeit nach zu gehen.

4. Mit Schriftsatz vom 20.08.2019 (eingelangt beim BVwG am 21.08.2019) legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor.

5. Mit Entscheidung vom 24.09.2019 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis als unzulässig zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

1.2. Zum Sachverhalt

Dem Beschwerdeführer wurden mit 21.12.2018 mehrere Weisungen erteilt, ua. folgende Weisung:

"Sie sind verpflichtet, ohne Alkoholeinfluss (nüchtern) zum Dienst zu erscheinen. Es ist auch verboten, während der Dienstzeit oder in Arbeitspausen Alkohol zu konsumieren."

Diese Weisung wurde vom Beschwerdeführer am 21.11.2018 nachweislich zur Kenntnis genommen.

Es besteht der begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer in offensichtlich betrunkenem Zustand am 16.07.2019 und am 17.07.2019 seinen Dienst antreten wollte und auch zu der am 18.07.2019 stattgefundenen Disziplinarverhandlung (GZ 02 087-DK/19) in XXXX stark alkoholisiert und verspätet erschienen ist und im Zusammenhang mit seinem bestehenden Alkoholproblem (stationäre Behandlung seiner Alkoholsucht im KH XXXX von 13.03.2019 bis 04.05.2019) eine Belassung im Dienst nicht vertretbar ist. Es ist zu erwarten, dass der Beschwerdeführer weiterhin die immer noch bestehenden Weisungen vom 21.12.2018 nicht befolgen und den achtungsvollen Umgang mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen nicht nachkommen wird.

Es bestehen substantiierte Anhaltspunkte für diese Verdachtsgründe, die sich insbesondere auf den Aktenvermerk von HR Dr. XXXX vom 16.07.2019, die E-Mail von TL AD XXXX vom 16.07.2019, die E-Mail von AD XXXX vom 16.07.2019, den Aktenvermerk von HR Dr. XXXX vom 17.07.2019 und das Verhandlungsprotokoll vom 18.07.2019 stützen.

Bis dato hat der Beschwerdeführer das Vorliegen von Schuldausschlussgründen nicht bewiesen.

Soweit dem Beschwerdeführer keine Schuldausschließungsgründe zukommen, musste diesem einsichtig sein, dass sein oben dargestelltes Verhalten gegen die angeführte Weisung verstößt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Weisung und die nachweisliche Kenntnisnahme ergeben sich aus den diesbezüglichen im Akt aufliegenden Schreiben.

Zum begründeten Verdacht ist auszuführen, dass sich dieser auf den Aktenvermerk von HR Dr. XXXX vom 16.07.2019, die E-Mail von TL AD XXXX vom 16.07.2019, die E-Mail von AD XXXX vom 16.07.2019, den Aktenvermerk von HR Dr. XXXX vom 17.07.2019 und das Verhandlungsprotokoll vom 18.07.2019 stützt. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht substantiiert diese Vorfälle.

Hinsichtlich der Frage, ob dem Beschwerdeführer klar war, dass das dargestellte Verhalten gegen eine Weisung verstößt, ist darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer - in einer objektiven Betrachtung, soweit kein bis dato bewiesener Schuldausschließungsgrund vorliegt - durchaus zuzutrauen ist, dies zu erkennen; inwieweit Schuldausschluss- oder Milderungsgründe vorliegen, ist im Disziplinarverfahren zu beurteilen; ein entsprechendes Gutachten hat der Beschwerdeführer (noch) nicht beigeschafft, alleine die vorgelegten Unterlagen reichen als Beweis für das Vorliegen eines Schuldausschlussgrundes nicht aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979 lauten:

"§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt."

"§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,

1. wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder

2. wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder

3. wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Die Staatsanwaltschaft hat die zuständige Dienstbehörde umgehend vom Vorliegen einer rechtswirksamen Anklage gegen eine Beamtin oder einen Beamten wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts zu verständigen.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 210/2013)

(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Disziplinarkommission oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3a) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Disziplinarkommission, gemäß Abs. 3 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Disziplinarkommission das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(4a) Nimmt die Beamtin oder der Beamte während der Suspendierung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auf oder weitet eine solche aus oder übt sie oder er während der Suspendierung eine unzulässige Nebenbeschäftigung aus, erhöht sich die Kürzung des Monatsbezugs gemäß Abs. 4 um jenen Teil, um den ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel ihres oder seines Monatsbezugs übersteigen. Zu diesem Zweck hat die Beamtin oder der Beamte unverzüglich ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung bekannt zu geben. Kommt sie oder er dieser Pflicht nicht nach, so gilt der ihrer oder seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung.

(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Disziplinarkommission unverzüglich aufzuheben.

(6) Die Beschwerde gegen eine (vorläufige) Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(7) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam."

Auslegung:

Allgemeine Voraussetzung für eine Suspendierung im Sinne des BDG 1979 ist, dass schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Es genügt im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ein entsprechend konkreter Verdacht ("begründeter Verdacht" iSd § 109 Abs. 1 BDG); die Dienstpflichtverletzung muss zum Zeitpunkt der Suspendierung auch noch nicht nachgewiesen sein (VwGH 20.11.2001, 2000/09/0133; 29.11.2002, 95/09/0039; 4.9.2003, 2000/09/0202). Bei einem konkreten Verdacht handelt es sich um "hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte", aus denen nach der Lebenserfahrung mit Wahrscheinlichkeit auf ein Vergehen geschlossen werden kann (VwGH 27.6.2002, 2001/09/0012; 29.4.2004, 2001/09/0086; 16.9.2009, 2009/09/0121).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei schwerer Belastung des Betriebsklimas. Für eine Suspendierung sind greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung von ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite erforderlich (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 21. 4. 2015, Ro 2015/09/0004, mit umfangreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur).

Eine Suspendierung ist aber dann unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen oder lediglich bloße Gerüchte und vage Vermutungen vorliegen. Es müssen vielmehr greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen (vgl. dazu VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0035, mwN).

Verschulden bzw. die Strafbemessung sind - anders als im nachfolgenden Disziplinarverfahren - im Suspendierungsverfahren nicht zu beurteilen (VwGH 30.06.2004, 2001/09/0133).

Anwendung auf den konkreten Sachverhalt:

Gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 war im Gegenstand lediglich zu prüfen, ob eine begründete Verdachtslage hinsichtlich einer Dienstpflichtverletzung vorliegt und diese wegen ihrer Art das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung des Beschwerdeführers im Dienst gefährdet.

Wie bereits ausgeführt, setzt die Verfügung der Suspendierung den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei schwerer Belastung des Betriebsklimas.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn sie davon ausgeht, dass die vorliegenden Beweismittel insgesamt den Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung (§ 44 BDG) begründen.

Das Gericht teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass durch die Belassung des Beschwerdeführers wesentliche dienstliche Interessen gefährdet wären.

Die Suspendierung beinhaltet einen Präventionsgedanken: Der Beamte soll an der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen gehindert werden. Dies ist aber nur dann möglich und sinnvoll, wenn nach der "Art" der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen zu erwarten ist, dass eine Belassung im Amt als besondere Gelegenheit zur neuerlichen Begehung der gleichen oder ähnlichen Dienstpflichtverletzungen genützt würde. Auch schwere Störungen des Dienstbetriebes (etwa durch Alkoholismus eines Beamten) oder des Betriebsklimas werden aber von Präventionsziel des § 112 BDG erfasst sein (Vgl. dazu Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, (4. Auflage), S. 510). Eine Gefährdung der Ordnung des Dienstbetriebes hat die Judikatur etwa bei mehrfacher Nichtbefolgung von Weisungen angenommen (Vgl. dazu Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, (4. Auflage), S. 511).

Aufgrund des begründeten Verdachts des vorgeworfenen Verhaltens ist es nachvollziehbar, dass zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer weiterhin die immer noch bestehenden Weisungen vom 21.12.2018 nicht befolgen wird. Es ist daher von einer Gefährdung der ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes auszugehen.

Eine abschließende rechtliche Beurteilung des im Verdachtsbereich vorgeworfenen Verhaltens muss bei der Suspendierung noch nicht getroffen werden (VwGH 6.11.2012, 2012/09/0036).

Soweit der Beschwerdeführer auf seinen Gesundheitszustand Bezug nimmt, ist festzuhalten, dass - wie bereits ausgeführt - bis dato kein bewiesener Schuldausschließungsgrund vorliegt. Inwieweit Schuldausschluss- oder Milderungsgründe vorliegen, ist im Disziplinarverfahren zu beurteilen; ein entsprechendes Gutachten wurde (noch) nicht beigeschafft. Ein diesbezüglich offenkundiger Einstellungsgrund (diagnostizierte Schuldunfähigkeit im Zeitpunkt der Tat) liegt daher nicht vor.

Im vorliegenden Fall liegen keine offenkundigen Einstellungsgründe, wie Verjährung, Bagatellcharakter oder bereits diagnostizierte Schuldunfähigkeit vor (Vgl. dazu Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, (4. Auflage), S. 509).

Letztlich ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich ist, ob der Beschwerdeführer zu Recht suspendiert wurde. Das Verhalten anderer Personen oder eine Überprüfung, ob "Bossing" vorliegt, ist daher nicht Sache des Beschwerdeverfahrens. Auch ist das Bundesverwaltungsgericht nicht zuständig über den Krankenstand abzusprechen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Festgehalten wird zur Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis, dass die belangte Behörde diese bereits zurückgewiesen hat.

Im vorliegenden Fall konnte im Hinblick darauf, dass der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides notwendige Sachverhalt den Akten zu entnehmen war und einer weiteren Klärung in einer Verhandlung nicht bedurfte, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Gegenstand gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

Alkoholisierung Dienstantritt Dienstbetrieb Dienstpflichtverletzung Suspendierung Verdachtsgründe Weisungsverstoß wesentliche Interessen des Dienstes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W146.2222626.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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